14.12.2020

Nolden: „Lange bestehende Konzepte für Online-Lehre konnten praktisch ausprobiert werden“

PUBLICUS-Umfrage zur Lehre in der Pandemie – Folge 2

Nolden: „Lange bestehende Konzepte für Online-Lehre konnten praktisch ausprobiert werden“

PUBLICUS-Umfrage zur Lehre in der Pandemie – Folge 2

Ein Beitrag aus »Publicus – Schwerpunkt Corona« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »Publicus – Schwerpunkt Corona« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

Die Pandemie verändert die Lehre, das Lernverhalten und das Miteinander von Lehrenden und Studierenden. Im Rahmen dieser PUBLICUS-Umfrage haben wir Lehrende zu ihren konkreten Erfahrungen und Eindrücken mit der veränderten Lehrsituation befragt. Heute: Prof. Dr. Frank Nolden, HSF Meißen.

 

Was sind die für Sie wesentlichen Erfahrungen, die Sie in den letzten Monaten mit dem Online-Unterricht gemacht haben?

Nolden: Wir haben als Gesamtorganisation erfreulich schnell gelernt, mit der Veränderung in der Pandemiesituation umzugehen. Die Kolleginnen und Kollegen in der Administration und unter den Lehrenden haben sich erfolgreich große Mühe gegeben, die Umstellungen technisch, didaktisch und menschlich vorzunehmen. Insgesamt gesehen haben wir einen großen Schub in Richtung auf eine weitreichende Digitalisierung der Lehre, Forschung und auch der Akademischen Selbstverwaltung gemacht – das wird auch nach der COVID-Krise bleiben. Viele Studierende sprechen die Lehrenden deutlich mit dem Wunsch an, dass sie aus Gründen der besseren Aufnahme von Wissen möglichst viel Präsenzlehre erhalten – allerdings gibt es auch Haltungen, die im Moment auf eine sehr starke Nutzung der Online-Lehre abzielen, meist jedoch vor dem Hintergrund der möglichen Gefährdung von Personen im eigenen Haushalt.


Nennen Sie bitte die dabei für Sie wichtigsten Unterschiede gegenüber der Präsenzlehre.

Nolden: Die Präsenzlehre ist und bleibt die wichtigste und nicht wegzudenken Lehrform, denn sie erlaubt es in seminaristischen Kleinformaten mit bis zu 25 Teilnehmern, Lernerfolge strukturiert und für Studierende und den Lehrenden nachvollziehbar zu organisieren. Vermittelte Kompetenzen und Kenntnisse sind sofort erkennbar und wenn dieser Erfolg ausbleibt, kann nachgesteuert werden. Die Online-Lehre nimmt als Ergänzung, Unterstützung und Vorbereitung der Präsenzlehre einen bedeutsamen und auch in der Post-COVID-Zeit nicht mehr wegzudenken Platz ein. Prüfungen, bestimmte (z.B. sozialwissenschaftliche) Fächer und wohl auch Studienbeginner benötigen wohl auch zukünftig ausgeprägte Präsenz von Studierendem und Lehrendem.

Welche technischen Hilfsmittel und Systeme kommen aktuell zum Einsatz, um Onlineveranstaltungen abzuhalten? Mit welchen Tools haben Sie persönlich dabei die besten Erfahrungen gesammelt?

Nolden: Die HSF Meißen setzt für die Lehre vorrangig die Webinar-Software „edudip“ ein, welches sich bewährt hat und ständig in enger Kooperation mit dem Dienstleistungsanbieter nach unseren Bedarfen weiterentwickelt wird. Daneben werden „jitsi“, „webex“ als Konferenzsysteme genutzt. Sie erfüllen i.W. die Anforderungen, die wir an Lehrveranstaltungen und Besprechungen formulieren.

Gab es Schwierigkeiten bei Klausuren und mündliche Prüfungen, die unter veränderten Bedingungen abgehalten werden mussten? Wenn ja: Welche?

Nolden: Nein, außer natürlich den allfälligen Raum- und sonstigen Organisationsfragen. Bislang führen wir alle Prüfungen in den etablierten Formaten, wie bislang auch, durch. Organisatorisch unterliegen diese natürlich weiterhin gewissen Schwierigkeiten, weil das Hygienekonzept – unter sich ständig verändernden Umständen – immer wieder neu überdacht und vermittelt werden muss und letztlich einzuhalten ist.

Wie haben sich die Leistungen und Lernerfolge der Studierenden im Zusammenhang mit der Online-Lehre entwickelt?

Nolden: Wir haben bislang keine „Einbrüche“ im Lernverhalten oder Wissensaufnahme bei den Studierenden feststellen können, was sicher auch an den Bemühungen der Lehrenden und der Lernenden liegt. Die Prüfungen werden auf dem üblichen (Schwierigkeits-) Niveau abgehalten. Allerdings haben anscheinend die Erstsemester mehr Probleme im Umgang mit der Online-Lehre als die erfahrenen Semester, so dass wir versuchen, diese vorrangig mit Präsenzlehre – die wir so lange wie möglich durchführen wollen – zu versorgen.

Gibt es praktische Erfahrungen, die sich dauerhaft auf die Präsenz-Lehre nach überstandener Pandemie übertragen lassen?

Nolden: Die lange bestehenden Konzepte für Online-Lehre konnten endlich praktisch ausprobiert und umgesetzt werden und werden als Ergänzung für die Präsenzlehre einen bedeutsamen Anteil haben.

Unter hohem äußeren Druck gelingen Dinge, die man ohne diesen nicht – in dieser Geschwindigkeit – für möglich gehalten hätte.

Wie lauten die drei persönlich wichtigsten Schlagworte, die Ihnen im Kontext der Online-Lehre einfallen?

Nolden:

  • Schub bei technischer Ausstattung und Lehrmethoden
  • Aktivierung und didaktische Schulung von Lehrenden findet statt
  • Bedarf nach einer Neuausrichtung der Lehre im Zusammenhang mit einer gelungenen Verbindung von Präsenz und E-Learning-Anteil

Zur Person: Prof. Dr. Frank Nolden Rektor der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege (FH), Fortbildungszentrum des Freistaates Sachsen mit Sitz in
Meißen (HSF Meißen).

 

Frank Nolden studierte in Kiel und Lausanne zunächst BWL und danach Rechtswissenschaften in Kiel und Lausanne. Er promovierte 1997 zum Naturschutz- und Verfassungsrecht. Zunächst arbeitete er einige Jahre für die Freie und Hansestadt Hamburg in der Steuerverwaltung und wechselte dann in die Zentralverwaltung der Universität zu Köln als Kanzlervertreter. Als Kaufmännischer Geschäftsführer der Umweltforschungszentrum Leipzig/Halle GmbH in der Helmholtz-Gemeinschaft kam er 2001 nach Mitteldeutschland und wechselte 2005 als Kanzler an die Universität Leipzig. 2013 wurde er Rektor der HSF Meißen und kurz darauf Professor für Staats-, Europa- und Verwaltungsrecht sowie Öffentliches Wirtschaftsrecht. 2017 wurde er als Rektor der HSF Meißen wiedergewählt.

Zur Hochschule: Hochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege (FH) und Fortbildungszentrum des Freistaates Sachsen (HSF)

 

Die HSF Meißen wurde 1992 gegründet und bildet seitdem für eine Tätigkeit in der öffentlichen Verwaltung und Justiz aus. Der Hochschulstandort befindet sich in der historisch bedeutsamen Stadt Meißen, der Wiege Sachsens.

In sieben grundständigen und zwei berufsbegleitenden (darunter ein Master-) Studiengängen bereiten sich derzeitig ca. 1.000 Studierende auf ihre künftigen Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung (der Kommunen, Landkreise und dem Freistaat, der Deutschen Rentenversicherung) und Justiz vor. Diese Aufgaben reichen anfangs von qualifizierten Sachbearbeitungstätigkeiten bis hin zu Tätigkeiten in der mittleren Führungsebene; nach mehr als 30 Jahren erreichen nicht wenige Absolventen höchste Positionen in Staat und Kommunen. Alle Studiengänge sind dual konzipiert. Im fachtheoretischen Studium an der Hochschule erworbenes Wissen und entwickelte Handlungskompetenzen können im berufspraktischen Studium bei Behörden des Freistaates Sachsen, in Landkreis-, Stadt- und Gemeindeverwaltungen, bei Gerichten und Staatsanwaltschaften und bei der DRV vertieft und auf ihre Praxistauglichkeit geprüft werden.

Die Hochschule unterhält ein Fortbildungszentrum, in welchem für alle Bediensteten des Freistaates und verstärkt auch Beschäftigte der kommunalen Familie Fort- und Weiterbildung angeboten wird.

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Die Serie: PUBLICUS-Umfrage zur Lehre in der Pandemie



















 

Ass. iur. Hanno Thielen

Leitender Lektor, Richard Boorberg Verlag Stuttgart
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