01.03.2021

Gölz: „Virtuelle Klassenräume haben sich bei uns bewährt.“

PUBLICUS-Umfrage zur Lehre in der Pandemie – Folge 12

Gölz: „Virtuelle Klassenräume haben sich bei uns bewährt.“

PUBLICUS-Umfrage zur Lehre in der Pandemie – Folge 12

Ein Beitrag aus »Publicus – Schwerpunkt Corona« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »Publicus – Schwerpunkt Corona« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

Die Pandemie verändert die Lehre, das Lernverhalten und das Miteinander von Lehrenden und Studierenden. Im Rahmen dieser PUBLICUS-Umfrage haben wir Lehrende zu ihren konkreten Erfahrungen und Eindrücken mit der veränderten Lehrsituation befragt. Heute: Lars Gölz, Niederlausitzer Studieninstitut für kommunale Verwaltung.

 

Was sind die für Sie wesentlichen Erfahrungen, die Sie in den letzten Monaten mit dem Online-Unterricht gemacht haben?

Gölz: Die Umstellung von Präsenz- in Online-Unterricht fühlte sich zunächst an wie ein Sprung ins kalte Wasser. Anfangs probierten wir verschiedene Dinge aus. So erstellten wir Lehrvideos und gaben den Teilnehmenden Hausaufgaben. Dann verteilten wir Klassen auf je zwei Unterrichtsräume und übertrugen dabei das Unterrichtsgeschehen mittels Kamera von einem in den anderen Raum. Auch probierten wir aus, wie sich eine Lehrveranstaltung mittels eines Live-Streams übertragen lässt. Auf Hinweis eines unserer Seminardozenten landeten wir schließlich bei Anbietern, die virtuelle Klassenräume zur Verfügung stellen. Das geniale dabei ist, dass man sowohl als Dozent als auch als Teilnehmer lediglich einen PC mit Internetverbindung, Kamera, Mikrofon und einen Browser benötigt. Wir waren verblüfft, wie einfach das ging und wie flexibel man sich bei den Anbietern an- sowie abmelden oder das erworbene Paket up- oder downgraden kann. Auch stellten wir fest, dass der überwiegende Teil der Dozenten und der Teilnehmenden sich extrem schnell auf die Technik einließ.


Nennen Sie bitte die dabei für Sie wichtigsten Unterschiede gegenüber der Präsenzlehre.

Gölz: Da man unter Online-Unterricht unterschiedliche Anwendungen verstehen kann, möchte ich mich hier auf die virtuellen Klassenräume beschränken, da sich diese bei uns bewährt haben. Unter einem virtuellen Klassenraum haben wir für uns beim Niederlausitzer Studieninstitut eine Software definiert, bei der Teilnehmende und Dozenten mit Video- und Tonübertragung kommunizieren können und bei der gleichzeitig noch Anwendungen wie ein öffentlicher Chat, ein virtuelles Whiteboard und die Möglichkeit, Bildschirminhalte freizugeben, zur Verfügung stehen. Damit lassen sich schon sehr viele Aspekte eines Präsenz-Unterrichts abbilden.

Wir haben hierzu auch eine einfache Grafik erarbeitet, die zeigt, dass sich mit dieser Technik die meisten Methoden ansprechen lassen, die im Präsenz-Unterricht angewendet werden.

Die beiden gravierendsten Unterschiede zum Präsenz-Unterricht sind, dass die Dozierenden während ihrer eigenen Aktionen nahezu keine Wahrnehmung hinsichtlich der Körpersprache der Teilnehmenden haben und dass Teilnehmenden und Dozierenden das dreidimensionale Raumerlebnis fehlt.

Welche technischen Hilfsmittel und Systeme kommen aktuell zum Einsatz, um Onlineveranstaltungen abzuhalten? Mit welchen Tools haben Sie persönlich dabei die besten Erfahrungen gesammelt?

Gölz: Wie bereits erwähnt, haben wir verschiedene Dinge ausprobiert und sind bei den Softwareanbietern gelandet, die virtuelle Klassenräume mit den bereits genannten Funktionen anbieten. Das Thema Datenschutz spielte bei unseren Überlegungen auch eine sehr wichtige Rolle. Daher kamen für uns nur Anbieter infrage, die ihre Server in Deutschland betreiben und die Einhaltung von europäischem Datenschutzrecht garantieren.

Gab es Schwierigkeiten bei Klausuren und mündliche Prüfungen, die unter veränderten Bedingungen abgehalten werden mussten? Wenn ja: Welche?

Gölz: Klausuren und mündliche Prüfungen wurden und werden bei uns unter Einhaltung der geltenden Vorschriften und der erforderlichen Hygieneregeln nur in Präsenzform durchgeführt. Der Aufwand ist derzeit zu hoch, diese online durchzuführen, da so nur unter erheblichem Aufwand sichergestellt werden kann, dass die Identität des Prüflings zu jeder Zeit gegeben ist, dieser während der gesamten Prüfungszeit keinen Kontakt zu anderen Personen aufnehmen und nicht auf unerlaubte Hilfsmittel zurückgreifen kann. Im Grunde müsste jeder private Raum, in dem sich ein Prüfling befindet, während der Prüfung videoüberwacht werden. Vom Aufwand einmal abgesehen, wäre das auch datenschutzrechtlich eine sehr heikle Sache.

Wie haben sich die Leistungen und Lernerfolge der Studierenden im Zusammenhang mit der Online-Lehre entwickelt?

Gölz: Bisher konnte ich an den Ergebnissen der Abschlussprüfungen im letzten Jahr noch keine deutliche Abweichung zu denen der Vorjahre feststellen. Nach Aussage einiger Dozenten dürften die einzigen Verlier diejenigen sein, die bereits im Präsenz-Unterricht wenig Motivation zeigten. Während diese im Präsenz-Unterricht noch von den Dozierenden aktiv motiviert werden könnten, sei das im virtuellen Klassenraum nicht mehr möglich, da man dort nicht mehr anhand der Körpersprache wahrnehmen könne, wer gerade nicht aufpasst.

Gibt es praktische Erfahrungen, die sich dauerhaft auf die Präsenz-Lehre nach überstandener Pandemie übertragen lassen?

Gölz: Der Unterricht in virtuellen Klassenräumen stellt in jedem Falle eine wichtige Ergänzung des Präsenzbetriebs dar. Da der Unterricht ortsungebunden ist, lassen sich damit kurzfristig schnelle Lösungen organisieren. So kann zum Beispiel bei Kapazitätsengpässen der Unterrichtsräume auf virtuelle Räume ausgewichen werden, bei Ausfall eines Dozenten kann kurzfristig ein Dozent eingesetzt werden, der sich an einem mehrere hundert Kilometer entfernten Ort befindet. Darüber hinaus macht es Sinn, dass die eine oder andere Unterrichtsstunde in Zukunft generell online abgehalten wird, damit die Fachkräfte von morgen bereits bei ihrer Ausbildung einen Einblick in derartige Technik bekommen. Als praxisnahe Anwendung haben wir vor kurzem in einem virtuellen Klassenraum im Rahmen eines kleinen Planspiels eine Stadtverordnetenversammlung nachgespielt. Das hat sehr gut funktioniert. Ähnliches werden wir daher auch in Zeiten ohne Corona durchführen.

Wie lauten die drei persönlich wichtigsten Schlagworte, die Ihnen im Kontext der Online-Lehre einfallen?

Gölz: Rein bezogen auf virtuelle Klassenräume: beste Alternative zu Präsenz-Unterricht, einfachste Handhabung, ortsungebunden.

 

Zur Person:

Lars Gölz (Dipl.-Verw., MPA), Jahrgang 1975, seit 2015 Studienleiter des Niederlausitzer Studieninstituts für kommunale Verwaltung und Dozent für Kommunalrecht, davor in verschiedenen leitenden Positionen der öffentlichen Verwaltung tätig sowie als nebenamtlicher Lehrbeauftragter, u.a. an der Hochschule Worms, Mitherausgeber der Vorschriftensammlung für die Verwaltung in Brandenburg.

Zur Hochschule:

Das Niederlausitzer Studieninstitut ist eines von zwei kommunalen Studieninstituten im Land Brandenburg. Seit dem Jahre 1991 bildet es Kommunalbedienstete für den mittleren und gehobenen Verwaltungsdienst aus und bietet zudem ein breites Spektrum an speziellen Seminarveranstaltungen zu kommunalen Fachthemen an. Zudem ist das Institut als zuständige Stelle für die Abnahme von Prüfungen in den entsprechenden Aus- und Fortbildungslehrgängen verantwortlich.

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Die Serie: PUBLICUS-Umfrage zur Lehre in der Pandemie



















 
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