20.03.2023

Onlinezugangsgesetz 2.0

Digitalisierung der Verwaltung (Teil 2)

Onlinezugangsgesetz 2.0

Digitalisierung der Verwaltung (Teil 2)

Ein Beitrag aus »Publicus« | © emmi - Fotolia / RBV
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Das Onlinezugangsgesetz sollte der Digitalisierung in der Verwaltung einen Schub verleihen. Nachdem der Stichtag für die Umsetzung gerissen worden ist, soll es jetzt einen neuen Anlauf geben. Folge 2 der PUBLICUS-Serie „Digitalisierung der Verwaltung“.

Das OZG ist gescheitert. Es lebe das OZG: Mit einem modifizierten Onlinezugangsgesetz soll jetzt auf das Nichterreichen des Umsetzungstermins Ende Dezember 2022 reagiert werden. Denn bis zum Stichtag waren lediglich 105 der 575 Verwaltungsleistungsschwerpunkte abgearbeitet (siehe Kasten: Das Onlinezugangsgesetz).

„Das OZG ist das Sinnbild für die größte politische Fehlentwicklung in der Digitalpolitik“, meint Michael Nitsche, Leiter Public Affairs bei S-Public Services, einem Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe, die auf kommunaler Ebene über eine sehr gute Vernetzung verfügt. Es handelt sich aus Nitsches Sicht um ein „Feigenblattprojekt“, da versucht wurde, bestehende analoge Verwaltungsabläufe in digitale Prozesse zu übersetzen.


Holger Branding, der als Abteilungsleiter für die IT-Architektur bei der Stadt Mannheim verantwortlich ist, sieht die geringe Beteiligung der Kommunen als einen Grund für das Scheitern des OZG 1.0. Und selbst der Bundestagsabgeordnete Steffen Bilger (CDU), der von 2018 bis 2021 parlamentarischer Staatssekretär für die digitale Infrastruktur beim Bundesministerium für Verkehr (und Digitales) war, sprach beim Ludwigsburger Digitalisierungsgespräch Mitte März von einer „ziemlichen Fehlleistung der Politik auf allen Ebenen“.

OZG 2.0: Entfristung, Schwerpunktsetzung, klarere Zuständigkeiten

Daher soll es jetzt ein modifiziertes OZG richten: „Die Umsetzung des OZG hat die Weichen für eine moderne Verwaltung gestellt. Es handelt sich um das bis dato größte Modernisierungsprojekt der Verwaltung“, heißt es in einem Referentenentwurf aus dem Bundesinnenministerium vom Januar 2023. Trotz erkennbarer Erfolge seien der Digitalisierungsgrad und die Zufriedenheit mit der Verwaltung hinter den Erwartungen der Bevölkerung und der Wirtschaft zurückgeblieben. Die Umsetzung des OZG sei aber immer dort erfolgreich, wo Bund und Länder gemeinsam und arbeitsteilig vorgegangen seien, heißt es in dem Entwurf.

Die wesentlichen Neuerungen des geplanten OZG-Änderungsgesetzes:

  • Streichung der OZG-Umsetzungsfrist zugunsten einer noch zu regelnden Schwerpunktsetzung und begleitenden Evaluierung.
  • Der Bund stellt zentrale Basisdienste bereit und ersetzt damit landeseigene Entwicklungen für Bürgerkonto und Postfach.
  • Regelung zum Verwaltungsverfahrensrecht mit dem Ziel einer einfachen und einheitlichen elektronischen Ersetzung der Schriftform.
  • Einführung eines qualifizierten elektronischen Siegels.
  • Stärkere Berücksichtigung der Belange der Kommunen.
  • Ein einheitliches und verbindliches Organisationskonto.
  • Bereitstellung eines einheitlichen Supports.
  • Veränderte Regelung des Einer-für-Alle-Prinzips durch eine Generalklausel.

In Baden-Württemberg hat sich unterdessen eine „OZG-Task-Force“ gegründet, in der Vertreter von rund 800 Kommunen vertreten sind, um der Stimme der Städte und Gemeinden bei diesem Projekt mehr Gehör zu verschaffen.

Das Onlinezugangsgesetz

Im Jahr 2017 wurde dem Grundgesetz-Artikel 91 c der Absatz 5 hinzugefügt. Darin ist geregelt, dass der übergreifende informationstechnische Zugang zu den Verwaltungsleistungen von Bund und Ländern durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates geregelt wird. Dies war der Ausgangspunkt für das am 18. August 2017 in Kraft getretene Onlinezugangsgesetz, das der Digitalisierung des Verhältnisses Bürger zu Verwaltung den Weg bereiten sollte.

In 575 OZG-Leistungsbündeln zusammengefasste 6.000 Verwaltungsleistungen sollten auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene bis Ende 2022 digitalisiert werden. 115 der 575 Leistungsbündel entfallen auf den Bund. Rund 90 Leistungen obliegen den Ländern – mit Regelungs- und Vollzugskompetenz bei Ländern und Kommunen. 370 Leistungen sind vom Bund zu regeln und von den Ländern und Kommunen zu vollziehen.

Bisherige OZG-Themenfelder und Zuständigkeiten

Nach dem Only-Once-Prinzip sollte jeweils ein Bundesland Lösungen für alle Bundesländer erarbeiten. So waren die Themenfelder verteilt:

  • Arbeit & Ruhestand: Nordrhein-Westfalen
  • Bauen & Wohnen: Mecklenburg-Vorpommern
  • Bildung: Sachsen-Anhalt
  • Ein-&Auswanderung: Brandenburg
  • Engagement & Hobby: Nordrhein-Westfalen, Kommunale Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund)
  • Familie & Kind: Bremen
  • Forschung & Förderung: Bayern (Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie)
  • Gesundheit: Niedersachsen
  • Mobilität & Reisen: Baden-Württemberg und Hessen
  • Querschnittsleistungen: Berlin
  • Recht & Ordnung: Sachsen
  • Steuern & Zoll: Hessen
  • Umwelt: Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein
  • Unternehmensführung & -entwicklung: Hamburg

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Die Serie: Digitalisierung der Verwaltung

 

 

 

 

Marcus Preu

Ltg. Lektorat und Redaktion, Rechtsanwalt
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