30.03.2023

WEG-Reform: Klagerecht einzelner Eigentümer versagt

Urteil des Bundesgerichtshofs

WEG-Reform: Klagerecht einzelner Eigentümer versagt

Urteil des Bundesgerichtshofs

Das WEG wurde im Dezember 2020 umfassend reformiert.  | © fotomek - stock.adobe.com
Das WEG wurde im Dezember 2020 umfassend reformiert.  | © fotomek - stock.adobe.com

Nach der umfassenden Reform des Wohnungseigentumsgesetzes Ende 2020 (PUBLICUS berichtete umfassend) befassen sich immer mehr Gerichte mit den geänderten Vorschriften. In dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) wird klargestellt, dass es einzelnen Eigentümern nach der neuen Rechtslage nicht möglich ist, Verletzungen des Gemeinschaftseigentums gerichtlich geltend zu machen.

Ein Mehrfamilienhaus in Frankfurt a.M. enthielt fünf Wohnungen, dessen jeweilige Eigentümer eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) bildeten. Wird eine Immobilie in separate Wohnungseinheiten geteilt, findet das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) Anwendung. Danach erhalten die jeweiligen Eigentümer bestimmte Rechte und Pflichten, um die Verwaltung des gemeinsamen Eigentums zu sichern. Das WEG wurde im Dezember 2020 umfassend reformiert. Diese gesetzlichen Änderungen beschäftigen nun immer mehr die Gerichte, wie auch diese hier besprochene Entscheidung deutlich macht.

Umbauarbeiten bereits begonnen

Der Eigentümerin der Erdgeschosswohnung waren – neben ihrer eigenen Wohnung – auch vier Kellerräume zugewiesen. Sie beabsichtigte, diese Räume unter anderem als Gästezimmer mit eigenem Zugang zur Terrasse zu nutzen. Dazu veranlasste sie einen Deckendurchbruch vom Keller in ihre Wohnung. Auch war vorgesehen, durch Erd- und Fundamentarbeiten den Kellerboden um 25 cm tiefer zu legen, um eine entsprechende Raumhöhe zu erreichen. Die Umbauarbeiten wurden in mehreren Eigentümerversammlungen besprochen, ohne dass es zu einer Einigung gekommen war.


Eine Eigentümerin aus dem zweiten Obergeschoss störte sich an den Umbauarbeiten und ging gerichtlich dagegen vor. Sie forderte – neben einigen Auskunftsersuchen – die Beseitigung des Deckendurchbruchs und die Wiederherstellung des Fußbodenaufbaus der Kellerräume. Das Amtsgericht gab der Klage überwiegend statt, nur der Deckendurchbruch könne bestehen bleiben. Die dagegen eingelegte Berufung war indes erfolgreich. Diese Entscheidung bestätigte nunmehr der BGH, wenn auch mit einer anderen rechtlichen Begründung.[1]

Zu differenzieren: Sonder- und Gemeinschaftseigentum

Die Bundesrichter unterschieden zunächst zwischen einer möglichen Verletzung des Gemeinschafts- und des Sondereigentums der Eigentümerin der Erdgeschosswohnung. Die Unterscheidung zwischen diesen Eigentumsformen ist für das Wohnungseigentumsrecht kennzeichnend. Während man an der privaten Wohnung Sondereigentum hat, erhält man am Gemeinschaftseigentum (wie etwa dem Grundstück oder dem gemeinsamen Dach) nur einen Anteil. Hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums mangelte es an der sog. Prozessführungsbefugnis der Eigentümerin. Die Prozessführungsbefugnis ist grundsätzlich gegeben, wenn der Kläger ein eigenes Recht im eigenen Namen geltend macht. Ohne das Vorliegen der Prozessführungsbefugnis ist eine Klage schon unzulässig. Im Verfahrensrecht heißt das, dass das Gericht keine Entscheidung in der Sache trifft, sondern im Wege eines Prozessurteils die Klage abweist.

Nach Ansicht der Richter war die Eigentümerin nicht berechtigt, eine Verletzung des gemeinschaftlichen Eigentums einzuklagen. Dies folge allerdings nicht aus dem neu eingefügten § 9a Abs. 2 WEG. Nach der neuen Rechtslage übt die Gemeinschaft der Eigentümer die Rechte aus dem Gemeinschaftseigentum aus. Klarstellend hielt der BGH dazu fest, dass danach nur die Eigentümergemeinschaft als solche eine Verletzung des Gemeinschaftseigentums gerichtlich geltend machen kann.

Diese Vorschrift käme aber nicht zur Anwendung, da das Gerichtsverfahren der Eigentümerin bereits vor der Gesetzesänderung in Gang gesetzt worden sei. Damit sei die Eigentümerin zunächst prozessführungsbefugt gewesen.

BGH: Eigentümerin nicht zur Klage befugt

Allerdings habe im Revisionsverfahren der vertretungsberechtigte Verwalter der Eigentümergemeinschaft mitgeteilt, dass es der klagenden Eigentümerin ausdrücklich untersagt wurde, den Prozess gegen die Umbauarbeiten zu führen. Dazu sei auf einen entsprechenden Beschluss der Wohnungseigentümer verwiesen worden. Aufgrund dieser eindeutigen Erklärung sei die Prozessführungsbefugnis der Eigentümerin – auch ohne Anwendung der geänderten Vorschrift – entfallen.

Keine Verletzung des Sondereigentums

Im Übrigen sei die Klage auch hinsichtlich einer Verletzung des Sondereigentums abzuweisen. Grundsätzlich sei die Eigentümerin zwar hinsichtlich einer Störung des Sondereigentums prozessführungsbefugt. Allerdings müsse sich die Störung auf den räumlichen Bereich des Sondereigentums beziehen. Insbesondere müssten sich die Umbauarbeiten direkt auf die Wohnung der Eigentümerin auswirken. Dies habe die Eigentümerin aber nicht hinreichend dargelegt.

Praxistipp

Auch wenn der BGH zu dem Ergebnis kommt, dass die geänderte Vorschrift hier keine Anwendung findet, ist dieses Urteil für die Praxis sehr aufschlussreich. So wird klargestellt, dass einzelne Eigentümer nach der Reform nicht mehr „auf eigene Faust“ eine Verletzung des Gemeinschaftseigentums einklagen können. Unbenommen dessen können gerichtliche Klagen wegen einer Verletzung des Sondereigentums weiterhin angestrengt werden.

Besprochen im RdW 15/2022, Seite 717.

[1] BGH, Urteil vom 28.01.2022 – V ZR 86/21.

 
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