27.03.2023

Kein Zuschuss für die Ersatzbeschaffung von größeren Haushaltsgeräten

Bundessozialgericht, Urt. v. 19.05.2022 – B 8 SO 1/21 R

Kein Zuschuss für die Ersatzbeschaffung von größeren Haushaltsgeräten

Bundessozialgericht, Urt. v. 19.05.2022 – B 8 SO 1/21 R

Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Baden-Württemberg« | © emmi - Fotolia / RBV
Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Baden-Württemberg« | © emmi - Fotolia / RBV

Ein Zuschuss für die Anschaffung von größeren Haushaltsgeräten (sog. weiße Ware) kommt im Sozialhilferecht grundsätzlich nur in Fällen der Erstausstattung in Betracht. Leistungen für einen erneuten Bedarfsanfall sind nur dann als „Wohnungserstausstattung“ zu gewähren, wenn eine erhebliche vom durchschnittlichen Bedarf abweichende spezielle Bedarfslage besteht. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) in Hinblick auf die Ersatzbeschaffung einer Waschmaschine herausgestellt.

Die Frau hat über Jahre ihre Wäsche mit der Hand gewaschen

Es ging in dem Verfahren um den Sozialhilfeanspruch einer alleinstehenden Frau, die neben einer Rente Grundsicherungsleistungen vom Land Berlin als zuständigen Sozialhilfeträger bezieht. Im Rahmen eines Umzugs im Jahr 2011 entsorgte die Frau ihre alte, nicht mehr funktionstüchtige Waschmaschine und wusch die Wäsche seitdem mit der Hand, gelegentlich auch in einem Waschsalon. Im Herbst 2015 machte sie beim Land erfolglos geltend, ihr sei nach Verschlechterung des Gesundheitszustands ein Zuschuss für die Anschaffung einer Waschmaschine zu gewähren. Sie erwarb ein Neugerät zum Preis von 299 € und löste dafür teilweise Gutscheine ein, die sie vom Warenhaus erhalten hatte und machte noch einen Restbetrag von 99,90 € als Zuschuss geltend.

Zu unterscheiden ist zwischen einer Erstanschaffung und einer Ersatzbeschaffung

Das BSG verneinte ebenfalls einen Anspruch auf den begehrten einmaligen Zuschuss. Ein entsprechender Anspruch resultiert nicht aus §§ 42 Nr. 2, 31 Abs. 1 Nr. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe – SGB XII). Danach werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten gesondert, also neben dem Regelsatz, erbracht. Für die Gewährung eines Zuschusses für die Ersatzbeschaffung eines Haushaltsgeräts, das verschleißbedingt nicht mehr gebrauchstüchtig ist, bietet § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII aber keine Rechtsgrundlage. Die Gewährung eines Zuschusses für die Anschaffung von Haushaltsgeräten kommt nur in Betracht, wenn es sich um einen Fall der Erstausstattung handelt.


Entsprechende Leistungen für die Wohnungserstausstattung können zwar im Einzelfall auch für einen erneuten Bedarfsanfall (Ersatzbeschaffung) als „Wohnungserstausstattung“ gewährt werden. Hier wurde jedoch der Untergang der alten Waschmaschine und damit der Ersetzungsbedarf durch die Abnutzung des Geräts über einen längeren Zeitraum ausgelöst. Damit fehlt es an einer erheblichen vom durchschnittlichen Bedarf abweichenden speziellen Bedarfslage, die für einen Anspruch auf „Erstausstattung“ in Fällen der Ersatzbeschaffung Voraussetzung wäre.

Kein Anspruch aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Frau den abnutzungs- und verschleißbedingten Verlust der Waschmaschine zunächst selbst kompensiert hat, indem sie ihre Wäsche auf andere Weise gewaschen hatte. Denn der Bedarf ist nicht erst entstanden, als die Frau zu einer Kompensation des Defekts der Waschmaschine aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage war. Der Anspruch auf Leistungen der Erstausstattung entfällt zwar nicht allein durch Zeitablauf, solange ein ungedeckter Bedarf besteht. Er ist insofern nicht zeitlich, sondern bedarfsbezogen zu verstehen. Gerade deshalb führt aber allein der Zeitablauf und das Hinzutreten weiterer Umstände nicht zum Entstehen des Anspruchs.

SGB XII gewährt mit dem Regelbedarf eine Pauschalleistung

Nach Einbeziehung der einmaligen Beihilfen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in die Regelleistung geht der Gesetzgeber i. S. einer typisierenden Betrachtung davon aus, dass alle wohnraumbezogenen Bedarfe, die nicht im Zusammenhang mit der spezifischen Situation der Erstausstattung stehen, von der Regelleistung umfasst werden. Bei vorübergehenden Spitzen eines vom Regelbedarf umfassten Bedarfs kommt nur die Gewährung eines Darlehens nach § 37 Abs. 1 SGB XII in Betracht, wie es hier im Widerspruchsverfahren von dem Sozialhilfeträger angeboten worden ist.

Bundessozialgericht, Urteil vom 19.05.2022 – B 8 SO 1/21 R –.

 

Entnommen aus der Fundstelle Baden-Württemberg 3/2023, Rn. 36.

 

Dr. Martin Kellner

Richter am Sozialgericht Freiburg i. Br.
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