07.03.2022

Fürsorge- und Schutzpflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beamten (3)

Unter Berücksichtigung der Corona-Pandemie – Teil 3

Fürsorge- und Schutzpflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beamten (3)

Unter Berücksichtigung der Corona-Pandemie – Teil 3

Ein Beitrag aus »apf Baden-Württemberg« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
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Mit der Fürsorgepflicht wird das personenrechtliche Element des Dienst- und Treueverhältnisses zwischen dem Dienstherrn und den Beamten, das durch Art. 33 Abs. 4 GG17 gewährleistet ist, besonders deutlich. Der Grundsatz der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten gehört zu den hergebrachten und nicht nur zu berücksichtigenden, sondern zu beachtenden Grundsätzen des Berufsbeamtentums gem. Art. 33 Abs. 5 GG. Die Fürsorgepflicht bildet das Gegenstück zur Treuepflicht des Beamten gegenüber dem Dienstherrn (Teil 3).

8. Verletzung der Fürsorgepflicht

Bei Verletzung der Fürsorgepflicht durch den Dienstherrn stehen dem Beamten folgende Ansprüche zu: – Erfüllungsanspruch, – Folgenbeseitigungsanspruch, – Schadensersatzanspruch, – Amtshaftungsanspruch.1

9. Erfüllungsanspruch

§ 78 Satz 1 Bundesbeamtengesetz (BBG) und § 45 Satz 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) enthalten nach ihrem Wortlaut primär einen Handlungsauftrag, der als solcher noch nicht unmittelbar Rechtsansprüche auslöst. So kann z. B. aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht kein Anspruch auf Beförderung abgeleitet werden, wohl aber auf ordnungsgemäße Behandlung der Ernennungsangelegenheiten einschließlich Beachtung der gesetzlich für die Ernennung vorgeschriebenen Form. Ist der Dienstherr objektiv seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen, so hat der Beamte einen Erfüllungsanspruch – auch als Primäranspruch bezeichnet – auf fürsorgegerechtes Verhalten bzw. auf Unterlassung fürsorgewidriger Beeinträchtigung. Dieser Anspruch, der im Gegensatz zum Schadensersatzanspruch kein Verschulden und kein rechtswidriges Verhalten des Dienstherrn voraussetzt, ist regelmäßig nicht auf eine bestimmte Leistung, sondern „nur“ auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung gerichtet (§ 40 VwVfG/Art. 40 BayVwVfG). Erst beim Hinzutritt weiterer Umstände wie der Anspruchszuweisung für die Beihilfe (§ 80 BBG/Art. 96 BayBG) hat der Beamte einen Rechtsanspruch auf das fürsorgegerechte Verhalten des Dienstherrn.2


Beispiel: Mängel der Dienstwohnung

Nach § 72 Abs. 2 BBG oder Art. 74 Abs. 2 BayBG kann der Dienstvorgesetzte z. B. einen Forstbeamten anweisen, eine Dienstwohnung zu beziehen; hierbei handelt es sich um einen Verwaltungsakt. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn erstreckt sich darauf, die Dienstwohnung in ordnungsgemäßem Zustand zu übergeben, zu halten und die gefahrlose Benutzung durch den Beamten und seine Familie zu ermöglichen. Für den Fall einer zugewiesenen, die Gesundheit schädigenden Wohnung hat der Dienstherr unverzüglich die Räumung anzuordnen, wenn die Beeinträchtigung nicht anders behoben werden kann. Wegen Erkrankung des Beamten infolge einer vom Dienstherrn verschuldeten mangelhaften Beschaffenheit der Wohnung (Schimmelpilzbefall der Wand durch Feuchtigkeit) kann der Beamte neben zu gewährender Dienstunfallversorgung Schadensersatz wegen einer Fürsorgepflichtverletzung geltend machen.3

10. Folgenbeseitigungsanspruch

Hat der Dienstherr fürsorgepflichtwidrig gehandelt und dadurch eine Lage geschaffen, die mit der Fürsorgepflicht nicht in Einklang steht, hat der Beamte einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf, dass diese rechtswidrige Lage beseitigt, z. B. eine rechtswidrige beamtenrechtliche Umsetzung rückgängig gemacht wird. Der Folgenbeseitigungsanspruch – auch als erster Sekundäranspruch bezeichnet –, der nicht vom Verschulden eines Amtsträgers abhängt, knüpft nicht an die Rechtswidrigkeit des Eingriffs, sondern des durch diesen geschaffenen Zustands an.4 Der Folgenbeseitigungsanspruch geht auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands; andernfalls kommen Schadensersatzansprüche in Betracht. Er ist nicht nur auf die Beseitigung der Folgen eines rechtswidrigen Verwaltungsakts beschränkt – insoweit enthält § 113 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eine rein prozessuale Regelung –, sondern er kann gegen alle Störungen geltend gemacht werden, auch gegen solche, die lediglich auf schlichtem Verwaltungshandeln beruhen wie die Rückgängigmachung der Zuweisung eines neuen Dienstzimmers, wenn dieses zu klein für die Verrichtung der Aufgaben oder gesundheitsschädlich ist.5 Allerdings kann es nicht Rechtsfolge eines Folgenbeseitigungsanspruchs sein, einen Zustand herzustellen der vorher nicht bestanden hat.6

10.1 Beispiele

a) Beispiel 1: Die nicht ausgehändigte Urkunde

Regierungsamtmann Huber (BesGr. A 11) verstarb einen Tag, bevor ihm die Ernennungsurkunde zum Regierungsamtsrat (BesGr. A 12) hätte ausgehändigt werden sollen. Wonach richtet sich die Höhe des Witwengeldes für seine Ehefrau? Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz (Beamt- VG)7 beträgt das Witwengeld 55 v.H. des Ruhegehalts, das der Verstorbene erhalten hat oder hätte erhalten können, wenn er am Todestag in den Ruhestand getreten wäre. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG8 bestimmt, dass zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen u. a. das Grundgehalt zählt, das sich bei dem Verstorbenen nach der BesGr. A 11 richtet. Die Ehefrau hat keinen Anspruch darauf, versorgungsrechtlich so behandelt zu werden, als wäre dem Verstorbenen das statusrechtliche Amt eines Regierungsamtsrats in BesGr. A 12 verliehen worden. Aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der Folgenbeseitigung kann der Anspruch schon deshalb nicht gegeben sein, weil sich der Folgenbeseitigungsanspruch nur auf die Wiederherstellung des ursprünglichen, durch hoheitlichen Eingriff veränderten Zustands richtet. Diese Rechtsstellung hatte jedoch der Verstorbene niemals inne; denn die Ernennung erfolgt durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde9, wozu es nicht mehr – tragischerweise – gekommen ist.10

b) Beispiel 2: Kein Zwangsurlaub

Verwaltungsoberinspektor Meier ist bei einer kreisangehörigen Gemeinde tätig. Er erhielt im April die hausinterne Mitteilung, dass das „Rathaus“ am Freitag, dem 14. April – der 13. April, Christi Himmelfahrt, ist ein gesetzlicher Feiertag11 – geschlossen sei und dass von seinem Urlaubskonto antragslos der 14. April abgebucht werde, was auch geschah. Kann der Beamte verlangen, dass der abgebuchte Urlaubstag (ein sog. Brückentag) seinem Urlaubskonto wieder gutgeschrieben wird? Rechtsgrundlage für den Anspruch des Beamten ist der Folgenbeseitigungsanspruch. Danach hat der von einem hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht Betroffene Anspruch auf Beseitigung eines durch diesen Eingriff geschaffenen, noch andauernden rechtswidrigen Zustands. Der erfolgte Abzug des Urlaubstags ist mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig. Nach § 44 BeamtStG und der auf der Grundlage von Art. 93 Abs. 1 BayBG12 erlassenen UrlMV13 setzt nach dessen § 17 Abs. 1 die Genehmigung von Erholungsurlaub einen rechtzeitigen Antrag des Beamten voraus. Die einseitige Anordnung von Urlaub steht außerhalb des § 44 BeamtStG und kommt daher nur in speziell vorgesehenen Fällen in Betracht wie in § 39 BeamtStG über das vorläufige Verbot zur Führung der Dienstgeschäfte. Im Übrigen gibt es keinen „Zwangsurlaub“. Der abgebuchte Urlaubstag ist daher dem Beamten wieder gutzuschreiben.14

11. Schadensersatzanspruch

Ist sowohl die Erfüllung der Fürsorgepflicht als auch die Wiederherstellung des früheren Zustands über einen Folgenbeseitigungsanspruch nicht möglich, kommt als zweiter Sekundäranspruch ein Schadensersatzanspruch wegen Fürsorgepflichtverletzung in Betracht. Dieser Anspruch besteht unabhängig vom Amtshaftungsanspruch (unten 12.); denn die dem Dienstherrn obliegende Fürsorgepflicht ist zugleich eine dem Beamten gegenüber bestehende Amtspflicht der damit betrauten Bediensteten, für die der Dienstherr haftet.15

11.1 Herleitung des Schadensersatzanspruchs

Als Rechtsgrund für den Schadensersatzanspruch wegen Fürsorgepflichtverletzung hat das BVerwG zunächst die §§ 276, 278 und 618 Abs. 3 BGB angeführt, wonach ein klagbarer Erfüllungsanspruch, dem schuldhaft nicht genügt werde, der Umwandlung in einen Schadensersatzanspruch fähig sein müsse.16 Inzwischen bezeichnet das BVerwG das Beamtenverhältnis selbst als Rechtsgrundlage des Schadensersatzanspruchs und weist diesen als quasivertraglichen Ausfluss der Sonderrechtsbeziehung zwischen dem Beamten und dem Dienstherrn aus.17 Der Schadensersatzanspruch setzt im Einzelnen Folgendes voraus:18

11.2 Verletzung der Fürsorgepflicht

Der Dienstherr begeht eine Fürsorgepflichtwidrigkeit, wenn er gegen seine Fürsorge- und Schutzpflicht verstößt und dadurch eines der oben genannten (3. ff.) Rechtsgüter wie die Gesundheit oder das Eigentum des Beamten verletzt wird. Das ist der Fall, wenn z. B. infolge einer vom Dienstherrn zu vertretenden mangelhaften Beschaffenheit der Dienstwohnung (oben 9.) der Beamte einen Dienstunfall erleidet oder wenn der Beamte infolge dieser Ursache erkrankt; dann hat der Dienstherr Dienstunfallversorgung zu gewähren und/oder unter der Voraussetzung des Verschuldens Schadensersatz wegen Fürsorgepflichtverletzung zu leisten.19 Dasselbe gilt, wenn der Dienstherr während der Corona-Pandemie die Präsenzpflicht eines Lehrers anordnet und der Lehrer erkrankt, weil kein ausreichender Hygieneplan gegen die Infektion mit dem Coronavirus besteht (oben 1.3).20 Die materielle Beweislast für eine Verletzung der Fürsorgepflicht trägt der Beamte, der daraus einen Anspruch herleitet.21

11.3 Dienstherrnzurechnung

Die Schadensersatzhaftung des Dienstherrn setzt eine Zurechnungsnorm voraus, die das schuldhafte Handeln von Menschen dem Dienstherrn als juristische Person des öffentlichen Rechts zurechnet. Als solche Zurechnungsnormen kommen in Betracht: – die Organhaftung nach § 89 i. V. m. § 31 BGB22 und – die Haftung für den Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB.23

11.4 Verschulden

 Ein Schadensersatzanspruch wegen Fürsorgepflichtverletzung setzt ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten der für den Dienstherrn handelnden Personen voraus. Ein Schuldvorwurf scheidet in der Regel aus, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht – wie die Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte (§§ 5, 9 VwGO) – das Verhalten des Amtsträgers nachträglich als rechtmäßig und (objektiv) pflichtgemäß beurteilt. Von einem Beamten kann nämlich grundsätzlich keine bessere Rechtseinsicht erwartet werden, als ein Kollegialgericht sie nach sorgfältiger Prüfung gewonnen hat.24 Der Dienstherr haftet auch im Rahmen der Fürsorgepflicht für Vorsatz und Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB), und zwar für jede Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 2 BGB)25 der Personen, deren Verhalten sich der Dienstherr nach § 89 i. V. m. § 31 BGB oder nach § 278 BGB (oben 11.3) zurechnen lassen muss.26

11.5 Kausalität

Zwischen der Fürsorgepflichtverletzung und dem konkreten Schaden wie Erkrankung des Beamten (oben 9. Beispiel) muss ein adäquater Kausalzusammenhang bestehen. Liegt die Rechtsverletzung in einem Unterlassen, so kann ein Kausalzusammenhang nur angenommen werden, wenn das gebotene pflichtgemäße Verhalten nicht nur möglicherweise, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Eintritt des Schadens verhindert hätte. Der Beamte trägt die Beweislast für die Sachverhalte, aus denen sich beim Schadensersatzanspruch die Pflichtverletzung, der konkrete Schaden und der adäquate Ursachenzusammenhang zwischen beiden herleiten.27

11.6 Mitverschulden

Ein mitwirkendes Verschulden des Geschädigten bei der Entstehung oder Abwendung des Schadens kann entsprechend § 254 BGB berücksichtigt werden. Das Mitverschulden ist eine Einwendung und daher von Amts wegen zu beachten. Ein Mitverschulden liegt z. B. vor, wenn der geschädigte Beamte selbst gegen Unfallverhütungsvorschriften verstoßen hat und dadurch der Schaden mitverursacht wurde. Hierzu rechnet auch die Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2 BGB. Danach wird bei einem körperlich verletzten Beamten eine Pflicht zu einer Operation dann zu bejahen sein, wenn die Operation einfach und gefahrlos ist.28

11.7 Gebrauch eines Rechtsmittels

§ 839 Abs. 3 BGB, wonach eine Ersatzpflicht ausgeschlossen ist, wenn der Geschädigte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels – damit sind alle förmlichen und nicht förmlichen Rechtsbehelfe gemeint29 – abzuwenden, wird auf Schadensersatzansprüche wegen Fürsorgepflichtverletzung analog angewandt. So ist ein Schadensersatzanspruch ausgeschlossen, wenn der geschädigte Beamte es vorwerfbar versäumt hat, den Schaden durch ein Bemühen, um eine beschleunigte Bearbeitung seines Antrags auf Ruhestandsversetzung abzuwenden.30 Für den Schadensersatzanspruch des Beamten beim Verstoß des Dienstherrn gegen die Pflicht zur Bestenauslese (oben Fn. 26) ist Voraussetzung, dass unterlegenen Kandidaten die Auswahlentscheidung rechtzeitig, d. h. zwei Wochen vor dem vorgesehenen Zeitpunkt der Stellenbesetzung mitgeteilt wird, und dass auch während eines laufenden Rechtsschutzverfahrens nach Abschluss einer Instanz jeweils genug Zeit bleibt, die Überprüfung einer nachteiligen Entscheidung, ggf. durch das BVerfG, einzuleiten. Eine Rechtsschutzvereitelung durch den Dienstherrn liegt insbesondere dann vor, wenn der Dienstherr die Ernennung ohne vorherige Mittelung an die unterlegenen Bewerber vornimmt. In diesen Fällen kann dem unterlegenen Bewerber nicht vorgeworfen werden, er habe es versäumt, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.31

11.8 Haftungsausschlussregelung

Den Charakter einer Einwendung hat auch die Haftungsausschlussregelung des § 46 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG).32 Fügt demnach ein Beamter bei einer Diensthandlung einem anderen Beamten eine Verletzung zu, so hat das für den Dienstherrn zur Folge, dass er dem Geschädigten Unfallfürsorgeleistungen gem. §§ 30 ff. BeamtVG33 schuldet, es sei denn, der Schädiger hat den Dienstunfall vorsätzlich herbeigeführt. Das BVerfG hat die Ausschlussregelung für verfassungsgemäß erklärt.34

11.9 Umfang des Schadensersatzanspruchs

Der Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Fürsorgepflicht richtet sich in der Regel auf Ausgleich in Geld (§ 251 Abs. 1 BGB), ggf. auch auf Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB), etwa auf Richtigstellung einer diskriminierenden Tatsachenbehauptung, die ein Dienstvorgesetzter Dritten gegenüber hinsichtlich des Beamten aufgestellt hat (oben 6.2). Eine Naturalrestitution scheidet jedoch dann aus, wenn beamtenrechtliche Vorschriften entgegenstehen. So ist eine Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt unzulässig (§ 8 Abs. 2 BeamtStG/§ 12 Abs. 2 Satz 2 BBG); auch die Beförderung eines bereits in den Ruhestand getretenen Beamten ist nicht möglich.35 Bei schuldhafter Verletzung der Fürsorgepflicht kommt ein auf Ersatz des immateriellen Schadens gerichteter Schmerzensgeldanspruch gem. § 253 Abs. 2 BGB in Betracht, auch wenn keine unerlaubte Handlung vorliegt.36

11.10 Verjährung

Schadensersatzansprüche wegen Fürsorgepflichtverletzung verjähren gem. § 195 BGB in drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Berechtigte von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, jedoch nicht vor Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 BGB). Zur Kenntnis der Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm gehören bei Schadensersatzansprüchen die Pflichtverletzung, der Eintritt eines Schadens und die Kenntnis von der eigenen Schadensbetroffenheit.37

 

Anmerkung der Redaktion: Der Beitrag wird fortgesetzt.

Erschienen in apf Heft 9/2021

 

1 Metzler-Müller/Rieger/Seeck/Zentgraf, BeamtStG, 5. Aufl. 2020, § 45 Erl. 5.

2 Conrad, in: Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Kommentar, Stand: April 2021, § 45 BeamtStG, Rn. 33–34; Metzler- Müller (Fn. 1), § 45 BeamtStG, Erl. 5.1; Stehle, Beamtenrecht Baden- Württemberg, 4. Aufl. 2020, Rn. 356; Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht in der Praxis, 10. Aufl. 2020, § 10 Rn. 57; Wichmann/ Langer; Öffentliches Dienstrecht. Das Beamten- und Arbeitsrecht für den öffentlichen Dienst, 8. Aufl. 2017, Rn. 268 (Teilnahme an einer Fortbildung); Grigoleit, in: Battis, BBG, 5. Aufl. 2017, § 78 Rn. 6 und 19 (§ 78 BBG begründet primär Erfüllungsansprüche und ist nur sekundär Grundlage für Schadensersatzansprüche); Hilg, apf 2013, 11 f.

3 BVerwG, Urt. v. 21.09.2000 – 2 C 5.99 –, BayVBl. 2001, 216 = ZBR 2001, 134; VGH BW, Urt. v. 25.06.1987 – 4 S 1724/85 –, ZBR 1988,92; Rüth, in: Brinktrine/Voitl, Beamtenrecht Bayern, Kommentar, 2020, Art. 74 BayBG, Rn. 10 und 21; Grigoleit (Fn. 2), § 72 BBG, Rn. 6; Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht (Fn. 2), § 10 Rn. 35 und 35a.

4 Hilg, Verwaltungsgerichtsbarkeit, herausgegeben von der Bayer. Verwaltungsschule, Stand: 01.01.2016, S. 257 f.; Conrad (Fn. 2), § 45 BeamtStG, Rn. 36–45; zur Rückgängigmachung einer Umsetzung siehe Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 11. Aufl. 2019, § 28 Rn.

5; Hilg, apf 2016, 203/208 ff. und 339 (Berichtigung). 5 VG Bayreuth, Urt. v. 04.05.2005 – B 5 K 04.60 –, ZBR 2006, 430; dazu Hilg, apf 2015, 202/205 ff. (Ärger mit dem neuen Dienstzimmer).

6 Metzler-Müller (Fn. 1), § 45 BeamtStG, Erl. 5.2; BVerwG, Urt. v. 28.05.2003 – 2 C 35.02 –, ZBR 2003, 385/386; zum Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch siehe Wienbracke, Verwaltungsprozessrecht, 3. Aufl. 2019, Rn. 395–399.

7 Vgl. Art. 36 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG (VSV Nr. 2033); § 34 Abs. 1 Satz 1 LBeamtVGBW (VSV BW Nr. 2033).

8 Vgl. Art. 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBeamtVG; § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBeamtVGBW.

9 § 10 Abs. 2 Satz 1 Bundesbeamtengesetz (BBG); § 8 Abs. 2 Satz 1 Beamtenstatusgesetz; Reich, BeamtStG, Kommentar, 3. Aufl. 2018, § 8 Rn. 8 (Aushändigung verlangt eine körperliche Übergabe).

10 BVerwG, Urt. v. 12.06.1979 – 2 C 19.75 – ZBR 1979, 335/336; Hilg, apf 2013, 10/12; Reich, BeamtVG, Kommentar, 2. Aufl. 2019, § 20 Rn. 2 und 3; § 5 Rn. 4 (Grundgehalt ist i. S. v. § 27 BBesG zu verstehen, das dem Beamten bei seinem Tod zugestanden hat).

11 Christi Himmelfahrt ist in Bayern – und auch in anderen Bundesländern wie in Brandenburg – nach Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 Feiertagsgesetz (FTG; VSV Nr. 2054) ein gesetzlicher Feiertag. Das Fest wird 40 Tage nach Ostern gefeiert und fällt immer auf einen Donnerstag.

12 Vgl. § 89 BBG, § 71 LBG BW (VSV BW Nr. 2030-1).

13 VSV Nr. 2031-5. Nach § 3 Abs. 1 UrlMV haben die Beamten in jedem Kalenderjahr Anspruch auf 30 Arbeitstage Erholungsurlaub unter Fortgewährung der Leistungen des Dienstherrn.

14 VG Potsdam, Urt. v. 21.08.2019 – 2 K 2857/18 –; Baßlperger in: Weiß/ Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern (Fn. 2), Art. 93 BayBG, Rn. 184; Heizer, in: Brinktrine/Voitl, Beamtenrecht Bayern (Fn. 3), Art. 93 BayBG, Rn. 66 und 66.2; Stehle, Beamtenrecht BW (Fn. 2), Rn. 369 – Soweit während der Hochphase der Corona- Pandemie vorübergehend Dienststellen geschlossen wurden, gilt dasselbe (Baßlperger a. a. O., Rn. 72).

15 Conrad (Fn. 2), § 45 BeamtStG, 46 und 47; Grigoleit (Fn. 2), § 78 BBG, Rn. 22; Metzler-Müller (Fn. 1), § 45 BeamtStG, Erl. 5.4.

16 Leuser/Gerner/Kruis, BayBG a. F., Kommentar, 2. Aufl. 1970, Art. 86 Erl. 4b.

17 Conrad (Fn. 2), § 45 BeamtStG, Rn. 48 und 49; Schnellenbach/Bodanowitz (Fn. 2), § 10 Rn. 58; Metzler-Müller (Fn. 1), § 45 BeamtStG, Erl. 5.3; Wichmann/Langer (Fn. 2), Rn. 270; BVerwG, Urt. v. 21.12.2000 – 2 C 39.99 –, ZBR 2001, 295/296 = DVBl. 2001, 744; BVerwG, Urt. v. 21.09.2000 – 2 C 5.99 –, ZBR 2001, 134/138 ff. = BayVBl. 2001, 216.

18 Conrad (Fn. 2), § 45 BeamtStG, Rn. 50; Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht (Fn. 2), § 10 Rn. 51.

19 BVerwG, Urt. v. 21.09.2000 – 2 C 5.99 –, ZBR 2001, 134/138; Schnellenbach/ Bodanowitz (Fn. 2), § 10 Rn. 35a.

20 Hilg, apf 2021, 33 f.; Hessischer VGH, Beschl. v. 14.05.2020 – 1 B 1308/20 –. Nicht nur in Hessen, sondern in allen Bundesländern und im Bund gibt es entsprechende Hygienepläne, so in Bayern ein Maskenschutzkonzept oder ein umfassendes Testkonzept für die Beschäftigten des Freistaats. Es wird für den Weg zu den nächstgelegenen Testzentren und die Durchführung des Schnelltests Dienstbefreiung gewährt (BBBNachrichten. Zeitschrift für den öffentlichen Dienst in Bayern, März/ April 2021, S. 10 ff.). Beim Bezirk Oberbayern ist bereits vor dem ersten Lockdown im März 2020 ein Krisenstab eingesetzt worden, der die aktuelle Lage um das Virus analysiert und Maßnahmen beschließt, die die „Mitarbeitenden“ schützen und gleichzeitig die Arbeitsfähigkeit der Verwaltung sicherstellen soll (BezirksBlatt März/April 2021, S. 3).

21 BVerwG, Urt. v. 30.01.1997 – 2 C 10.96 –, ZBR 1997, 231; zur Beweislast siehe Schnellenbach/Bodanowitz (Fn. 2), § 10 Rn. 68–70.

22 Conrad (Fn. 2), § 45 BeamtStG, Rn. 60–63; Hilg, apf 2020, 274/276 (zur Haftung des Beamten gegenüber außenstehenden Dritten).

23 Conrad (Fn. 2), § 45 BeamtStG, Rn. 64–65. Zum Outsourcing der Beihilfebearbeitung und zur Drittschadensliquidation siehe Schnellenbach/ Bodanowitz (Fn. 2), § 10 Rn. 59 mit Fn. 249; Hilg, apf 2012, 129/133 f.; apf 2020, 274/281.

24 BVerwG, Urt. v. 21.09.2000 – 2 C 5.99 –, ZBR 2001, 134/138 f.; Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht, § 10 Rn. 60.

25 Im Gegensatz hierzu haftet der Beamte selbst gegenüber seinem Dienstherrn gem. § 48 Satz 1 BeamtStG/§ 75 Abs. 1 Satz 1 BBG nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit (Hilg, apf 2020, 274/279 f.).

26 Conrad (Fn. 2), § 45 BeamtStG, Rn. 52–54; Grigoleit (Fn. 2), § 78 BBG, Rn. 21; BVerwG, Urt. v. 25.02.2010 – 2 C 22/09 –, ZBR 2011, 37: Einem Einstellungsbewerber steht ein Schadensersatzanspruch unmittelbar aus Art. 33 Abs. 2 GG zu, wenn der Dienstherr seinen Bewerbungsverfahrensanspruch schuldhaft verletzt (dazu Wichmann/Langer, Öffentliches Dienstrecht, Rn. 270).

27 BVerwG (Fn. 24), ZBR 2001, 134/139 f.; Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht, § 10 Rn. 61 und 70. Auch bei der umgekehrten Haftung des Beamten gegenüber dem Dienstherrn nach § 48 BeamtStG bestimmt sich die Kausalität nach der Adäquanztheorie (Conrad, § 45 BeamtStG, Rn. 55; Hilg, apf 2020, 274/281).

28 Conrad (Fn. 2), § 45 BeamtStG, Rn. 69 und 70. Zum Mitverschulden im Rahmen der Schadensersatzhaftung des Beamten gem. § 48 BeamtStG siehe Hilg, apf 2020, 303/304.

29 Auch Gegenvorstellungen sind „Rechtsmittel“; siehe Hilg, apf 2012, 33 f.

30 Conrad (Fn. 2), § 45 BeamtStG, Rn. 71; Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht, § 10 Rn. 62–62b.

31 Conrad (Fn. 2), § 45 BeamtStG, Rn. 221; BVerwG, Urt. v. 04.11.2010 – 2 C 16.09 –, DVBl. 2011, 228 = ZBR 2011, 91; dazu Hilg, apf 2011, 136 ff.

32 Vgl. Art. 49 BayBeamtVG (VSV Nr. 2033); § 63 LBeamtVGBW (VSV BW Nr. 2033).

33 Vgl. Art. 50 ff. BayBeamtVG; §§ 44 ff. LBeamtVGBW.

34 Conrad (Fn. 2), § 45 BeamtStG, Rn. 73; Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht, § 9 Rn. 3; Hilg, apf 2020, 274/275; BVerfG, Beschl. v. 08.01.1992 – 2 BvL 9/88 –, ZBR 1992, 150.

35 Conrad (Fn. 2), § 45 BeamtStG, Rn. 66 und 67; Grigoleit, § 78 BBG, Rn. 22; Reich, § 45 BeamtStG, Rn. 10.

36 Metzler-Müller (Fn. 1), § 45 BeamtStG, Erl. 5.3; Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht, § 10 Rn. 63; a. A. Conrad (Fn. 2), § 45 BeamtStG, Rn. 68: kein Anspruch auf Schmerzensgeld.

37 Metzler-Müller (Fn. 1), § 45 BeamtStG, Erl. 5.5; Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht, § 10 Rn. 63; Wichmann/Langer, Dienstrecht, Rn. 270 (S. 550).

 

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Die Serie: Fürsorge- und Schutzpflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beamten

 

 

 

Dr. Günter Hilg

Abteilungsdirektor a.D., Wolfratshausen
n/a