22.05.2023

Zurückstellung einer „Regelbeförderung“ wegen Zweifeln an der gesundheitlichen Eignung

Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs

Zurückstellung einer „Regelbeförderung“ wegen Zweifeln an der gesundheitlichen Eignung

Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs

Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Baden-Württemberg« | © emmi - Fotolia / RBV
Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Baden-Württemberg« | © emmi - Fotolia / RBV

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) ging es bei einem Antrag auf Zulassung der Berufung um die erfolglose Klage eines Polizeibeamten in Bezug auf seine nicht vollzogene Beförderung beim Verwaltungsgericht (VG).

Der Polizeibeamte rügte, die tatsächlichen Annahmen, die diesem Urteil zugrunde lägen, seien unvollständig und vor allem unzutreffend, weil sich aus dem polizeiärztlichen Gutachten vom 14.02.2020 keine hinreichend nachvollziehbaren Erkenntnisse ergäben, die grundsätzliche Zweifel an seiner gesundheitlichen Eignung begründeten.

Die Feststellungen im Gutachten stünden im krassen Widerspruch zur nicht näher begründeten Diagnose einer beginnenden demenziellen Entwicklung, die allein auf Verdachtsäußerungen aus dem Kreis seiner Vorgesetzten beruhe und die wegen der bestehenden „Verstimmungen“ ärztlicherseits hätte hinterfragt werden müssen. Da das polizeiärztliche Gutachten in der Zusammenfassung davon ausgehe, dass im Hinblick auf seine depressive Episode eine weitgehende bis vollständige Remission eingetreten sei, fehlten Anhaltspunkte, weshalb bei ihm gesundheitliche Umstände vorliegen könnten, wonach die gesundheitliche Eignung für eine Ernennung zweifelhaft sei oder gar fehle. Auch die Feststellung „neuerer Probleme“, die auf dem Abschneiden des klageführenden Beamten bei einem Test beruhe, machten die Beurteilung nicht nachvollziehbar, weil er während der gesamten polizeiärztlichen Untersuchung im Hinblick auf sein Verhalten unauffällig gewesen sei.


Polizeibeamter sieht Bedarf an einem weiteren Fachgutachten

Widersprüchliche Testergebnisse hätten allenfalls die Schlussfolgerung erlaubt, dass Bedarf für eine weitere Aufklärung durch ein zusätzliches Fachgutachten bestehe. Entgegen der Auffassung des VG, welches das polizeiärztliche Gutachten für nachvollziehbar und schlüssig erachte, könne eine nachvollziehbare Begründung für die dort gestellten Diagnosen nicht gefunden werden. Damit konnte der Polizeibeamte nicht durchdringen. Nach den Feststellungen des VGH ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) anerkannt, dass eine Beförderung zurückgestellt werden darf, wennim Auswahlzeitpunkt nachvollziehbare und begründete Zweifel an der gesundheitlichen Eignung eines Beamten bestehen. Des Nachweises einer bestimmten Krankheit bedürfe es insoweit nicht, zumal die Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Beamten sich hier aufgrund seiner erheblichen Fehlzeiten geradezu aufdrängten. Diesbezüglich hatte das VG festgestellt, dass er im Jahr 2019 an 278 Tagen dienstunfähig erkrankt war. Dessen Einwand, der Amtsarzt hätte allenfalls Anlass gehabt, weitere Aufklärung zu betreiben, ist unverständlich, denn gerade dies ist durch den Amtsarzt veranlasst worden.

Im maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung bestanden Zweifel an der gesundheitlichen Eignung des Beamten. Diese wurden anschließend durch den Krankheitszeitraum vom 17.02.2020 bis zur Arbeitsaufnahme am 01.06.2021 bestätigt. Dass das in Auftrag gegebene Fachgutachten eines Klinikums zu dem Ergebnis kommt, es bestehe nur eine „akzentuierte Persönlichkeit“ bzw. eine „akzentuierte Persönlichkeitsstruktur“, ändert daran nichts. Des Weiteren kritisierte der Polizeibeamte, dass eine eigene Ermessensentscheidung des Dienstherrn im Zusammenhang mit der Zurückstellung seiner Beförderung nicht erfolgt sei. Dem Schreiben des Dienstherrn vom 09.12.2019 sei eine solche nicht zu entnehmen.

Ernennung eines seit längerer Zeit dienstunfähig erkrankten Beamten verstößt schon gegen den Leistungsgrundsatz

Damit erweise sich die Auffassung des VG, die Zurückstellung der Beförderung sei anhand der Faktenlage rechtmäßig, als unzutreffend. Dem konnte seitens des VGH nicht gefolgt werden. Die Ernennung eines seit längerer Zeit dienstunfähig erkrankten Beamten verstößt schon gegen den Leistungsgrundsatz. Dies gilt nicht nur für die Auswahlentscheidung unter mehreren Bewerbern um einen ausgeschriebenen Dienstposten. Auch die „Regelbeförderung“ eines Beamten setzt seine gesundheitliche Eignung für dieses Amt voraus. Bei der Regelbeförderung handelt es sich um eine echte Beförderung, bei der der Leistungsgrundsatz nicht außer Acht gelassen werden darf. Ein Dienstherr ist auch nicht berechtigt und kann erst recht nicht verpflichtet sein, unter Missachtung des öffentlichen Interesses an möglichst effektiver Aufgabenerfüllung und bestmöglicher Besetzung der Beamtenstellen ein Beförderungsamt einem Beamten zu übertragen, der für das Amt gesundheitlich nicht geeignet ist.

Gegebenheiten des Einzelfalls, die dafürsprechen könnten, dem Beamten trotz längerer Erkrankung ein Beförderungsamt zu übertragen, waren hier nicht ersichtlich. Nach alledem bestanden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des VGUrteils i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens. Solche sind schließlich nur zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit dieser Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies war hier nicht der Fall. Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO lagen hier auch nicht vor.

Die vom Beschwerdeführer vorgetragenen tatsächlichen Schwierigkeiten haben sich für das VG nicht gestellt, da es das polizeiärztliche Gutachten für nachvollziehbar und überzeugend gehalten hat. Die vom Beschwerdeführer angeführten „Widersprüche“ waren in Anbetracht seiner eigenen, von ihm aber ausgeblendeten Fehlzeiten nicht von Belang. Rechtliche Schwierigkeiten bestehen ebenfalls nicht. Die berechtigten Zweifel des Dienstherrn, ob der seit längerer Zeit dienstunfähig erkrankte Beamten in dem angestrebten Amt auf Dauer verwendet werden könnte, wurden durch den polizeiärztlichen Dienst bestätigt, nicht aber ausgeräumt.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 31.05.2022 – 3 ZB 21.290 –.

 

Entnommen aus der Fundstelle Baden-Württemberg 3/2023, Rn. 29  

 
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