07.11.2022

Was wird aus den verfassungswidrigen Corona-Bußgeldern? (2)

Folgen der Nichtigkeitserklärung von Straf- und Ordnungswidrigkeitenvorschriften durch den Thüringer Verfassungsgerichtshof (Teil II)

Was wird aus den verfassungswidrigen Corona-Bußgeldern? (2)

Folgen der Nichtigkeitserklärung von Straf- und Ordnungswidrigkeitenvorschriften durch den Thüringer Verfassungsgerichtshof (Teil II)

Ein Beitrag aus »Thüringer Verwaltungsblätter« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »Thüringer Verwaltungsblätter« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

Am 01.03.2021 hat der Thüringer Verfassungsgerichtshof (ThürVerfGH) durch Urteil die Coronaschutzverordnungen für Mai 2020 ganz und für Juni bis November 2020 teilweise für mit der Thüringer Landesverfassung unvereinbar und nichtig erklärt. Durch Beschluss vom 14.12.2021 hat er zudem einzelne Bestimmungen einer Coronaschutzverordnung von Dezember 2020 für nichtig erklärt (Teil II).

D. Möglichkeit der Wiederaufnahme von Ordnungswidrigkeitsverfahren

Nachdem sich so auf beiden Wegen eine Wiederaufnahmemöglichkeit im Falle von Strafurteilen, die auf einem für nichtig erklärten Gesetz beruhen, auch im Thüringer Landesrecht gefunden hat, stellt sich die Frage, ob dies auch für behördliche und gerichtliche Entscheidungen in Ordnungswidrigkeitenverfahren gilt. Dazu ist zum einen – wenn man § 79 Abs. 1 BVerfGG in das ThürVerfGHG hineinliest oder eine analoge Anwendung für möglich hält – die Reichweite des § 79 Abs. 1 BVerfGG durch Auslegung zu bestimmen. Zum anderen muss geprüft werden, ob die für eine Wiederaufnahme bei Strafurteilen streitenden allgemeinen Erwägungen auf Ordnungswidrigkeitenentscheidungen übertragbar sind.

I. Auslegung des § 79 Abs. 1 BVerfGG

§ 79 Abs. 1 BVerfGG gilt seinem Wortlaut nach für „ein rechtskräftiges Strafurteil“. Ein Bußgeldbescheid oder eine gerichtliche Ordnungswidrigkeitenentscheidung ist kein „Strafurteil“ im technischen Sinne der StPO. Es ist auch nicht – anders als ein Strafbefehl (§§ 373a Abs. 2, 410 Abs. 3 StPO) – einem Strafurteil durch ausdrückliche gesetzliche Anordnung gleichgestellt. Allerdings ist im verfassungsrechtlichen Kontext beim Begriff der Strafe häufig auch das Ordnungswidrigkeitenrecht mitgemeint: im Kontext der parlamentarischen Immunität, Art. 46 Abs. 2 GG ist die Einbeziehung von Ordnungswidrigkeiten strittig;48 das Ordnungswidrigkeitenrecht wird auf die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für „Strafrecht“ (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1) gestützt;49 nulla poena sine lege (Art. 103 Abs. 2 GG)50 und heute wohl auch ne bis in idem (Art. 103 Abs. 3 GG)51 gelten auch für Ordnungswidrigkeiten.


Der Wortlautbefund ist somit keineswegs eindeutig. Auch der Begriff des „Urteils“ schließt eine Anwendung auf Bußgeldbescheide nicht aus.52 Zwar bezeichnet der Begriff Urteil im Allgemeinen eine gerichtliche Endentscheidung, der Bußgeldbescheid ist diesem aber funktional hinreichend ähnlich – die Schuld wird festgestellt und eine Sanktion festgesetzt –, sodass er trotz Entscheidung durch die Verwaltungsbehörde einer weiten Auslegung des Urteilsbegriffs unterfallen kann. Außer- dem werden Bußgelder auch durch Gerichtsurteil verhängt – im Rechtsmittelverfahren (§§ 71 Abs. 1 OWiG, 411 Abs. 4 StPO) oder bei Zusammenhang zu einer Straftat (§ 45 OWiG).53

Wenn man die Wortlautgrenze bei § 79 Abs. 1 BVerfGG enger zieht, lassen sich die im Folgenden bezüglich einer weiten Auslegung vorgebrachten Argumente bezüglich einer analogen Anwendung auf Bußgeldbescheide nutzen. Alternativ kann man § 79 Abs. 1 BVerfGG als Teil der „allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren“ begreifen und nach § 46 Abs. 1 OWiG sinngemäß anwenden.54

1. Meinungsstand

Der bisherige Meinungsstand zu der Frage ist gespalten: Die Literatur bejaht in den letzten Jahrzehnten nahezu einhellig die Anwendbarkeit des § 79 Abs. 1 BVerfGG auf Ordnungswidrigkeitenentscheidungen, oft ohne klar zwischen weiter Auslegung und Analogie zu differenzieren.55 Die Rechtsprechung ist weniger klar und tendiert eher zum gegenteiligen Ergebnis: Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hat 1962 ausführlich begründet eine Anwendung auf Ordnungswidrigkeiten nach dem damaligen Ordnungswidrigkeitengesetz von 1952 abgelehnt. 56 Gestützt darauf und auf eigene Erörterungen hat das Berliner Kammergericht 1991 die Anwendbarkeit bezogen auf das heutige Ordnungswidrigkeitenrecht (OWiG von 1968) ebenfalls verneint.57

Dieser Beschluss wurde zwar vom Bundesgerichtshof 1992 im Rechtszug bestätigt,58 dieser ließ aber ausdrücklich als für den Fall nicht entscheidend offen, ob § 79 Abs. 1 BVerfGG auf die Wiederaufnahme von Ordnungswidrigkeiten analog angewandt werden könne. Da dies die letzte obergerichtliche Äußerung zu dem Thema war, kann keine klare Aussage über die Position der Rechtsprechung getroffen werden. Aus der für Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht zuständigen Verwaltungsgerichtsbarkeit kommt noch die Stimme des Verwaltungsgerichtshofs Kassel, das 1979 in einem Beschluss davon ausging, dass bei entsprechender Anwendung des § 79 Abs. 1 BVerfGG auf die verwaltungsgerichtliche prinzipale Normenkontrolle nach § 47 VwGO auch Bußgeldentscheidungen erfasst seien.59

2. Gesetzgebungshistorie

Der Kern der Bestimmung des § 79 BVerfGG fand sich schon in der ursprünglichen Fassung des BVerfGG von 195160. Er ist in der Ausschussberatung61 entstanden. Im Regierungsentwurf62 wurde die Auswirkung von Nichtigerklärungen von Gesetzen auf Einzelakte überhaupt nicht thematisiert, was wohl als Verweis auf die allgemeinen Rechtskraftregeln zu verstehen gewesen wäre.63 Im Entwurf der SPD-Fraktion fand sich eine Bestimmung, die die Frage der Wiederaufnahme bereits abgeschlossener Verfahren dem Ermessen des BVerfG im Einzelfall überantwortet hätte.64 Im Bericht des Ausschusses65 wird § 79 BVerfGG als „Ergebnis langer und eingehender Verhandlungen“ bezeichnet, nach dem „der Rechtsfriede und die Rechtssicherheit dem Rechtsschutz des einzelnen vorgehe“.66

Als Beispiele für aufrechtzuerhaltende Akte werden Verwaltungsakte und zivilrechtliche Entscheidungen genannt.67 Dieser Grundsatz müsse nur für das Strafrecht durchbrochen werden; eine Vollstreckung derartiger Strafen könne „nicht verantwortet werden“.68 Außerdem wird auf den Zusammenhang zum Verfahren der Verfassungsbeschwerde hingewiesen: Wer diese nicht gegen die fachgerichtliche Entscheidung nutzt, um sich auf die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes zu berufen, profitiert auch nicht von der von jemand anderem angeregten Nichtigerklärung.69 Dass um die Regelung heftig gerungen wurde, zeigt auch der (abgelehnte) Änderungsantrag der Zentrumsfraktion, den § 79 Abs. 2 BVerfGG zu streichen,70 und die praktikable Regelung der Rückabwicklung der Rechtsprechung zu überlassen.

Im Bericht des Rechtsausschusses ist zur Frage der Erstreckung des Begriffes Strafurteil auf Bußgeldentscheidungen nichts enthalten. Allerdings wurde bei den Beratungen des § 79 Abs. 1 BVerfGG im Ausschuss das Bußgeldverfahren erwähnt, ohne es in den Gesetzeswortlaut aufzunehmen.71 Beim historischen Hintergrund darf man allerdings nicht nur die Entwicklung des BVerfGG betrachten, sondern auch die des Ordnungswidrigkeitenrechts. Dieses war zur Zeit des Erlasses des BVerfGG erst im Entstehen begriffen: 1949 wurde mit dem Wirtschaftsstrafgesetz72 die erste umfassendere Regelung für das seit dem Ersten und besonders im und nach dem Zweiten Weltkrieg stark angewachsene und völlig zersplitterte Verwaltungsstrafrecht vorgelegt.73 Als erstes umfassendes „Rahmengesetz“74 mit klarer Trennung der beiden Rechtsgebiete75 wurde das Ordnungswidrigkeitengesetz 195276 erlassen, dessen Entwurf noch vor der Verabschiedung des BVerfGG im Bundestag beim Bundesrat eingebracht worden war.77

Das heutige Ordnungswidrigkeitenrecht wurde erst 1968 geschaffen.78 Und erst in dieser Zeit wurde die Masse der heutigen Ordnungswidrigkeitentatbestände aus den bisherigen leichten Straftaten (Übertretungen) geschaffen; zuvor waren etwa Verkehrsverstöße strafbar.79 Das Ordnungswidrigkeitenrecht war dementsprechend bei Entstehung des § 79 BVerfGG noch kein etabliertes Rechtsgebiet, bei dem man selbstverständlich davon ausgehen könnte, dass der Rechtsausschuss es bei der Formulierungsarbeit im Blick hatte.

Zudem ist zu bemerken, dass sich im Zuge der Entwicklung des Ordnungswidrigkeitenrechts auch die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme eines solchen Verfahrens gewandelt haben: Im WiStrG 1949 beschränkte § 94 dies auf Wiederaufnahmen zugunsten des Betroffenen eines nicht gerichtlich nachgeprüften Bußgeldbescheids bei neuen Tatsachen binnen fünf Jahren. Das OWiG 1952 erweiterte diese Regelung in § 66 auf gerichtlich nachgeprüfte Entscheidungen. Im Jahr 1968 wurde das Ordnungswidrigkeitenverfahrensrecht grundlegend reformiert und insb. enger mit der StPO verzahnt.80 Die Wiederaufnahme wurde dabei in § 85 OWiG 1968 durch einen Verweis auf die Normen der StPO mit punktuellen Anpassungen geregelt und so die Wiederaufnahmemöglichkeiten erweitert, wenn es auch bei Einschränkungen für die Fälle der neuen Tatsachen blieb.81

Die Gesetzesbegründung sieht die Frage, ob § 79 Abs. 1 BVerfGG nach dieser neuen Systematik auf Ordnungswidrigkeiten anwendbar ist, lässt sie aber ausdrücklich offen; dies müsse im BVerfGG geregelt werden.82 Diese Feststellung war aber offenbar zwei Jahre später schon wieder vergessen: Bei der umfassenden Überprüfung83 des BVerfGG 197084 findet sich zu diesem Thema nichts mehr; § 79 Abs. 1 BVerfGG wird zwar neu gefasst, aber nur bezüglich der genauen Anforderung an die BVerfG-Entscheidung geändert (Verwerfung einer Auslegung und Unvereinbarerklärung reichen auch).85 Anzeichen, dass damit die Rechtsprechung des BayObLG und die darauf folgende kurze Diskussion86 rezipiert und die enge Auslegung festgeschrieben werden sollte, finden sich nicht.87

Später gibt es keine Änderungen des § 79 BVerfGG mehr und nur noch Detailänderungen an § 85 OWiG. Die historische Auslegung führt somit zu keinem eindeutigen Ergebnis. An keiner Stelle hat sich der Gesetzgeber bewusst für oder gegen die Einbeziehung der Ordnungswidrigkeiten in den § 79 Abs. 1 BVerfGG entschieden. In der Begründung zum OWiG 1968 ist vielmehr erkennbar, dass er dies für eine offene Frage hielt. Die Entscheidung muss also anhand von Wertungsgesichtspunkten im Rahmen der teleologischen Auslegung erfolgen.

3. Telos des § 79 Abs. 1 BVerfGG

§79 BVerfGG bildet einen Kompromiss im Spannungsfeld von Gerechtigkeit und Rechtssicherheit.88 Die Gründe für die Regelung des § 79 Abs. 1 BVerfGG, die Auflösung bei Strafurteilen zugunsten der Gerechtigkeit und Verfassungsdurchsetzung im Einzelfall, sind die oben zur Begründung eines allgemeinen Rechtsgedankens dieses Inhalts genannten (C III.): Der Strafmakel drängt in besonderer Weise auf eine Wiederaufnahme, und es besteht auch kein Interesse von Dritten, die Sache ruhen zu lassen.

Diese Gründe sind auch die, die zur Abgrenzung von den prototypischen Fällen des § 79 Abs. 2 BVerfGG, Zivilurteile und Verwaltungsakte,89 geeignet sind. Diese haben weniger persönlichkeitsrelevante Folgen und oftmals sind neben Staat und dem durch eine Wiederaufnahme Begünstigten noch weitere Personen beteiligt, was eine gerechte Rückabwicklung erheblich erschwert.90 Das Ordnungswidrigkeitenrecht muss in eine dieser beiden Kategorien eingeordnet werden. Maßgeblich dafür ist die größere Ähnlichkeit in die eine oder andere Richtung bezüglich der für die Unterscheidung relevanten Merkmale. Das Argument, dass Ausnahmeregelungen wie § 79 Abs. 1 BVerfGG in Bezug auf § 79 Abs. 2 BVerfGG eng auszulegen seien,91 kann sich angesichts der Offenheit des Wortlauts und des historischen Befunds nicht gegenüber sachlichen Erwägungen durchsetzen.92

Aus dieser gesetzesorientierten Sicht ist auch Kritik am grundlegenden Konzept des § 79 BVerfGG, das als verfassungsmäßig anerkannt ist,93 nicht zu berücksichtigen – sei es der allgemein fehlende Anreiz für den Gesetzgeber, sorgfältig zu arbeiten,94 oder die allgemein fehlende Schutzwürdigkeit dessen, der keine Verfassungsbeschwerde eingelegt hat.

4. Vergleich der personellen Konstellationen

Ordnungswidrigkeitenentscheidungen ähneln Strafurteilen darin, dass sie in erster Linie zwischen Staat und Betroffenem spielen und „Folgeprozesse“ bei einer Aufhebung nicht zu erwarten sind.95 Als Verletzte spielen Dritte im Ordnungswidrigkeitenverfahren sogar eine geringere Rolle als im Strafverfahren; fast alle ihre strafprozessualen Rechte sind in § 46 Abs. 3 Satz 3 f. OWiG ausgeschlossen. Das unterscheidet die Ordnungswidrigkeitenentscheidung strukturell von anderen Entscheidungen; auch der vom Staat an den Bürger gerichtete Verwaltungsakt hat regelmäßig rechtliche Drittwirkungen (vgl. § 80a VwGO) oder faktische Auswirkungen auf Mitmenschen.

Dementsprechend ist auch die Rückabwicklung einer Ordnungswidrigkeitenentscheidung einfacher. Es muss nur eine Geldzahlung vom Bürger an den Staat geleistet werden.96 Dritte sind daran nur insoweit beteiligt, als dass auch eine gesellschaftliche Rehabilitierung angestrebt wird. Trotz der Vielzahl der Fälle, die bei der Nichtigerklärung einer Norm rückabgewickelt werden müssen, ist die Rückabwicklung also leistbar. Das allein reicht jedoch nicht für die Bejahung der hinreichenden Ähnlichkeit zu Strafurteilen. Es gibt auch ganze Kategorien von Verwaltungsakten, die gewöhnlich keine Drittwirkung haben, etwa Steuerbescheide, die aber trotzdem in § 79 Abs. 2 BVerfGG eingeordnet wurden.97

5. Wesen von Strafe und Geldbuße

Die ganz wesentliche Unterscheidung zwischen den beiden Kategorien des § 79 BVerfGG ist die sozial-ethische Dimension der Entscheidung: Ein Strafurteil ist immer auch mit einem „ehrenrührige[ n], autoritative[n] Unwerturteil“98 verbunden, das es im Zivil- und Verwaltungsrecht so nicht gibt. Wo diesbezüglich das Ordnungswidrigkeitenrecht einzuordnen ist, rührt an die seit über 100 Jahren geführte Diskussion um die Frage der wesensmäßigen Unterscheidung zwischen Kriminal- und Verwaltungsunrecht. 99

Dieser Debatte kann und soll hier nichts hinzugefügt werden. Es kommt hier genau genommen auch nicht auf den „materiellen Begriff der Ordnungswidrigkeit“100 an, sondern auf den Charakter des Bußgeldes im Vergleich zur Kriminalstrafe, denn für die Wiederaufnahme geht es um die Folgen der Entscheidung. Bei allen Unsicherheiten im Detail kann man diesbezüglich feststellen: Die Geldbuße unterscheidet sich von der Kriminalstrafe. Es fehlt am sozial-ethischen Unwerturteil, dem „Ernst staatlichen Strafens“ und dadurch dem ehrenrührigen Charakter. 101 Das mag man (auch) an der Nichteintragung im Bundeszentralregister festmachen.102 Allerdings werden dort auch geringe Strafurteile nicht erfasst, und Ordnungswidrigkeiten können durchaus registermäßig gespeichert, im Fahreignungs- und Gewerbezentralregister, langfristige Folgen haben.103 Und doch hat die „nachdrückliche Pflichtenmahnung“104 repressiven Cha rakter.105 Der Höhe nach können Bußgelder ganz erhebliche Summen erreichen, etwa im Kartellrecht,106 was auf einen nicht unerheblichen Unrechtsgehalt hinweist.107

Als Variante der hoheitlichen „Pflichtenmahnungen mit Vorwurfscharakter“108 unterfallen Ordnungswidrigkeiten auch dem besonderen Gesetzesvorbehalt des Art. 103 Abs. 2 GG.109 Auf dieser Basis kann man sagen, ein Bußgeld sei etwas wesenhaft anderes als eine Strafe und damit außerhalb der ratio des § 79 Abs. 1 BVerfGG.110 Umgekehrt passt aber auch die Perspektive, sie ähnelten sich als Arten staatlicher Sanktionen doch erheblich111 und die Entkriminalisierung und Geringer- Einstufung des Unrechts dürfe dem Täter nicht zum Schaden gereichen.112 Die – akademischen und kaum im Gesetz begründeten – Theorien zum Wesen der Geldbuße helfen also nur wenig weiter.

6. Vergleich des Wiederaufnahmerechts

Demgegenüber gesichert ist die aktuelle gesetzliche Ausgestaltung des Wiederaufnahmerechts. In ihr hat der Gesetzgeber bereits – auch auf der Grundlage der genannten Erwägungen – für alle Verfahrensordnungen einen Ausgleich von Gerechtigkeit bzw. Richtigkeit der Entscheidung und Rechtssicherheit gefunden. Die Zuordnung des Ordnungswidrigkeitenrechts bei § 79 BVerfGG muss sich an den dort zu findenden Wertungen orientieren. Das Recht der Wiederaufnahme von Ordnungswidrigkeitenentscheidungen wird in § 85 OWiG durch Verweis auf die StPO geregelt; für die hier allein interessierende Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten ist das § 359 StPO. Allerdings ist der Wiederaufnahmegrund der neuen Tatsachen oder Beweismittel (§ 359 Nr. 5 StPO) in § 85 Abs. 2 beschränkt: Die Bußgeldentscheidung muss mindestens 250 € Geldbuße ausgesprochen haben und die Wiederaufnahme innerhalb einer Frist von drei Jahren eingeleitet werden.

In den übrigen großen Verfahrensordnungen ist durch Verweis das Wiederaufnahmerecht der ZPO – teils mit bereichsspezifischen Modifikationen – anwendbar.113 Die zulässigen Wiederaufnahmegründe in §§ 579 f. ZPO sind dabei in der Sache recht ähnlich zu denen in § 359 StPO. Wesentlicher Unterschied ist § 359 Nr. 5 StPO: die Zulässigkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens allein aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel, ohne dass dies mit einer Rechtsverletzung im Ausgangsprozess zusammenhängen müsste. Dies gibt es in den anderen Prozessordnungen nur stark eingeschränkt auf das Auffinden oder Benutzenkönnen eines älteren Urteils oder einer älteren Urkunde, § 580 Nr. 7 ZPO. Diese weite Formel findet sich auch nicht in den strafprozessualen Wiederaufnahmegründen zulasten des Verurteilten.114

In diesen Gesetzesbestimmungen ist die Wertung erkennbar, dass eine falsche Strafverurteilung deutlich eher wiederaufgenommen werden soll als andere Fehlurteile. Es reicht ohne weitere Voraussetzungen aus, die falsche Tatsachengrundlage zu beweisen. Zusätzlich kennt § 586 ZPO eine scharfe Frist zur Erhebung der Restitutions- bzw. Nichtigkeitsklage; nach fünf Jahren ist eine Wiederaufnahme in der Regel völlig ausgeschlossen. Die StPO kennt hingegen gar keine Frist für die Wiederaufnahme. Auch daraus ist die höhere Wichtigkeit der auch nachträglichen Herstellung der materiellen Gerechtigkeit im Strafverfahren zu erkennen. Das Ordnungswidrigkeitenverfahren positioniert sich zwischen den Verfahrensordnungen. Die Wiederaufnahme wegen bloßer neuer Tatsachen oder Beweismittel ist zwar möglich, aber nur oberhalb einer Bagatellschwelle von 250 € und innerhalb einer Frist von drei Jahren (§ 85 Abs. 2 OWiG).

Das wird mit dem geringeren Gewicht der lediglich finanziellen Rechtsfolge begründet.115 Gleichzeitig wird für die Erschütterung der Grundlagen des Urteils (§ 359 Nr. 4 StPO) oder den Einfluss durch eine Straftat (§ 359 Nr. 1 – 3 StPO) die Beschränkung durch eine Frist als im Widerspruch zum „allgemeinen Rechtsempfinden“ 116 stehend wahrgenommen – obwohl dies im Rahmen der ZPO so geregelt ist. Damit steht das Wiederaufnahmerecht des OWiG dem der StPO näher als dem der ZPO. Dieser Befund auf der Sachebene passt auch zu der systematischen Ebene, dem Verweis des OWiG auf die StPO.

7. Gesamtwertung

Beim Blick auf die normativen Wertungen des Gesetzgebers im Wiederaufnahmerecht überwiegen somit die Ähnlichkeiten der Ordnungswidrigkeitenentscheidungen mit den Strafurteilen. Dazu kommt die in der Konstellation des § 79 BVerfGG besonders wichtige Ähnlichkeit bezüglich der Schwierigkeit der Rückabwicklung. Aus teleologischen und systematischen Erwägungen ist deshalb ein weites Verständnis des Begriffs „Strafurteil“ in § 79 Abs. 1 BVerfGG geboten, das auch Bußgeldbescheide und Bußgeldentscheidungen der Gerichte einschließt.

Dabei sind die Einschränkungen des § 85 Abs. 2 OWiG nicht analog anzuwenden.117 Zwar beziehen sie sich auf § 359 Nr. 5 StPO und damit den wesentlichen Unterschied zwischen dem Wiederaufnahmerecht der StPO und der ZPO, sodass es naheläge, der Zwischenstellung des Ordnungswidrigkeitenrechts auf diese Weise auch im Rahmen des § 79 Abs. 1 BVerfGG Rechnung zu tragen. Allerdings ähnelt der Wiederaufnahmegrund des § 79 Abs. 1 BVerfGG in seiner Struktur – wenn überhaupt einem dem anderen Wiederaufnahmegründe – eher § 359 Nr. 4 StPO,118 für den keine Beschränkung im OWiG vorgesehen ist, da es jeweils um den Wegfall einer rechtlichen Grundlage des Urteils geht.

Da regelmäßig für die Entscheidung nach § 79 Abs. 1 BVerfGG keine neuen Tatsachenfeststellungen nötig sein werden – es kann sofort freigesprochen werden –, ist auch das praktische Bedürfnis des § 85 Abs. 2 OWiG deutlich reduziert, aufwendige Wiederaufnahmeverfahren – bei § 359 Nr. 5 StPO ist immer eine neue Tatsachenfeststellung nötig – zu vermeiden. Eine Beschränkung wie in § 85 Abs. 2 OWiG müsste der Gesetzgeber ausdrücklich einführen. Dass die Anwendbarkeit des § 79 Abs. 1 BVerfGG aus den Strukturen des Wiederaufnahmerechts im OWiG 1968 folgt, erleichtert auch den Umgang mit der verbreiteten Gegenauffassung unter der Geltung des OWiG 1952:119 Mit der Reform 1968 haben sich einige Wertungen des Ordnungswidrigkeitenrechts verändert, die sich auch im Wiederaufnahmerecht niedergeschlagen haben. Die Diskussion wurde damit zum Teil auf neue Grundlagen gestellt, auch wenn der Gesetzgeber damals über die Anwendbarkeit des § 79 Abs. 1 BVerfGG ausdrücklich nicht entscheiden wollte. Dadurch können Literatur und Rechtsprechung aus der vorherigen Zeit keine entscheidende Rolle mehr haben.

Die genannten Erwägungen treffen nicht für die Verwarnung nach § 56 OWiG zu, auf sie ist § 79 Abs. 1 BVerfGG nicht anzuwenden. 120 Sie ist nicht nur der Höhe nach ganz geringfügig, sondern enthält auch keine Entscheidung über die Schuld des Verwarnten. Vielmehr soll sie die Durchführung eines Bußgeldverfahrens mit Entscheidung ersparen.121 Entsprechend hat der Gesetzgeber auch sonst keine Wiederaufnahmemöglichkeit vorgesehen. 122 Es besteht kein Grund, von dieser Wertung für den Fall des § 79 Abs. 1 BVerfGG abzuweichen.

 

Anmerkung der Redaktion: Dieser Beitrag ist eine Fortsetzung.

Entnommen aus ThürVBl. 8/2022, S. 173.

48 Die herrschende Literatur bejaht dies gegen die Staatspraxis, Klein, in: Maunz/Dürig (Begr.)/Herzog/Scholz (Fortf.)/Herdegen/Klein (Hrsg.), GG, 95. Ergänzungslieferung (Juli 2021), Art. 46 Rn. 62; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG II (Fn. 11), Art. 46 Rn. 26.

49 BVerfG, Beschl. v. 16.07.1969, BVerfGE 27, 18, 32 f.; Wittreck (Fn. 11), Art. 74 Rn. 19.

50 StRspr z. B. BVerfG, Beschl. v. 01.12.1992, BVerfGE 87, 399, 411; Schulze- Fielitz (Fn. 35), Art. 103 II Rn. 19.

51 Schulze-Fielitz (Fn. 35), Art. 103 III Rn. 21.

52 So aber Schibel, BB 1984, 362, 362.

53 Bajohr (Fn. 8), S. 34; Fornauf/Heger, StraFo 2014, 284, 285 f.

54 So der Vorschlag bei Göhler, wistra 1984, 89, 89.

55 Aktuelle Kommentare Seitz/Bauer (Fn. 8), § 85 Rn. 15; Krenberger/ Krumm (Fn. 8), § 85 Rn. 26; Lemke/Mosbacher (Fn. 8), § 85 Rn. 15; Habetha/ Ulrich (Fn. 8), § 85 Rn. 13; Lutz, in: Mitsch, KK-OWiG (Fn. 7), § 85 Rn. 21; Hannich (Fn. 8), § 85 Rn. 15; Wieser (Fn. 8), § 85 Nr. 4.7; Lenz/ Hasel (Fn. 10), § 79 Rn. 30; Karpenstein (Fn. 12), § 79 Rn. 14; Kees, in: Barczak (Hrsg.), BVerfGG, 2018, § 79 Rn. 5; Bethge, in: Schmidt-Bleibtreu/ Klein/Bethge, BVerfGG (Fn. 12), § 79 Rn. 39; Schmidt, in: Hannich, KK-StPO (Fn. 16), vor § 359 Rn. 20; offenlassend Graßhof (Fn. 12), § 79 Rn. 8; ausführlicher aktuell nur: Bajohr (Fn. 8), S. 33 – 35; Fornauf/Heger, StraFo 2014, 284, 285 f.; älter: Preiser, NJW 1962, 844, 847; Hans, BB 1962, 1403, 1404; Kohlhaas, NJW 1963, 454; Sommerlad, NJW 1984, 1489, 1490; a. A. Apel, GewArch 1963, 5, 5 f.; Kneser, AöR 1964, 129, 170 f.; Asam (Fn. 36), S. 72 – 78; Schibel, BB 1984, 362, 362 f.; Pestalozza (Fn. 12), § 20 Rn. 75.

56 BayObLG, Beschl. v. 14.09.1962, NJW 1962, 2166.

57 KG, Beschl. v. 12.03.1991, WuW/E 9/1991, OLG 4701, 4702 f.; die dort zitierte Entscheidung OLG Schleswig, Beschl. v. 11.07.1961, SchlHAnz 1961, 306, plädiert für eine enge Auslegung des § 79 Abs. 1 BVerfGG nicht bezüglich des Ordnungswidrigkeitenrechts, sondern bezüglich der separaten Einziehung von Tatmitteln.

58 BGH, Beschl. v. 18.02.1992, NJW-RR 1992, 1130, 1130.

59 VGH Kassel, Beschl. v. 30.08.1979, NJW 1980, 2723.

60 BGBl. I S. 243.

61 Beschlussempfehlung, BT-Drs. 1/1724.

62 BT-Drs. 1/788.

63 BT-Drs. 1/788, S. 34; Pestalozza (Fn. 12), § 20 Rn. 74; Asam (Fn. 36), S. 16.

64 BT-Drs. 1/328, § 43 Abs. 2.

65 Damals noch mündlich im Plenum, BT-Plenarprotokoll 1/112, S. 4218A ff.

66 Abg. Neumayer als Berichterstatter, BT-Plenarprotokoll 1/112, S. 4234B.

67 Abg. Neumayer als Berichterstatter, BT-Plenarprotokoll 1/112, S. 4234B.

68 Abg. Neumayer als Berichterstatter, BT-Plenarprotokoll 1/112, S. 4234C.

69 Abg. Dr. Wahl als Berichterstatter, BT-Plenarprotokoll 1/112, S. 4227D.

70 Begründung: Abg. Dr. Reismann, BT-Plenarprotokoll 1/114, S. 4229B; Abstimmung: S. 4301B.

71 Asam (Fn. 36), S. 72, unter Verweis auf die dem Verfasser dieses Beitrags nicht zugänglichen Drucksachen des Rechtsausschusses, Nr. 94 Teil VI S. 67.

72 Gesetz (des Wirtschaftsrates) zur Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts vom 26.07.1949, WiGBl. S. 193.

73 Dazu und zur Vorgeschichte Mitsch, in: Mitsch, KK-OWiG (Fn. 7), Einl. Rn. 16–35; Gürtler/Thoma/Seitz/Bauer, in: Göhler, OWiG (Fn. 8), Einl. Rn. 2–6.

74 Mitsch, in: Mitsch, KK-OWiG (Fn. 7), Einl. Rn. 36.

75 Hans, BB 1962, 1403, 1404.

76 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 25.03.1952, BGBl. I S. 177.

77 Die Schlussabstimmung fand am 01.02.1951 statt (BT-Plenarprotokoll 1/116, S. 4419B), während der Bundesrat schon am 19.01.1951 über seine Stellungnahme beriet (BR-Plenarprotokoll 47, S. 65D ff.). Dies führt Bay- ObLG, Beschl. v. 14.09.1962, NJW 1962, 2166, 2167 als Argument für eine Kenntnis des Bundestages vom neuen Ordnungswidrigkeitenrecht an, was Kohlhaas, NJW 1963, 454 und Hans, BB 1962, 1403, 1404 für ein Verkennen der Realitäten des Gesetzgebungsverfahrens halten.

78 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) vom 24.05.1968, BGBl. I 1968 S. 481.

79 Vgl. insb. Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (EGOWiG) vom 24.05.1968, BGBl. I 1968 S. 503; im Speziellen Art. 3 EGOWiG.

80 Regierungsentwurf BT-Drs. 5/1269, S. 23–26.

81 Regierungsentwurf BT-Drs. 5/1269, S. 109 f.; die Wiederaufnahmefrist für die Fälle neuer Tatsachen wurde vom Rechtsausschuss bei fünf Jahren belassen, BT-Drs. zu 5/2600, S. 11, und erst 1987 auf drei Jahre verkürzt (BGBl. I 1986 S. 977).

82 Regierungsentwurf BT-Drs. 5/1269, S. 110.

83 Bericht des Rechtsausschusses BT-Drs. 6/2171, S. 1.

84 Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 21.12.1970, BGBl. I 1970 S. 1765.

85 Bericht des Rechtsausschusses BT-Drs. 6/2171, S. 6; der Regierungsvorschlag einer erheblichen Veränderung der Ex-tunc-Nichtigerklärung wurde verworfen (S. 5 f.).

86 Vgl. die Nachweise bei Asam (Fn. 36), S. 72.

87 So deutet es aber KG, Beschl. v. 12.03.1991, WuW/E 9/1991, OLG 4701, 727.

88 Kees (Fn. 55), § 79 Rn. 3; Bethge (Fn. 12), § 79 Rn. 2.

89 Abg. Neumayer als Berichterstatter, BT-Plenarprotokoll 1/112, S. 4234B.

90 Letzteres sei ein wesentliches Argument bei der Gesetzgebung gewesen Kneser, AöR 1964, 129, 133; Asam (Fn. 36), S. 16; Problem der „Häufung von ‚Folgeprozessen‘“ Geiger, DRiZ 1951, 172, 175.

91 Darauf stützt seine Ablehnung der Auslegung wesentlich Pestalozza (Fn. 12), § 20 Rn. 75; Schibel, BB 1984, 362, 362; als Ausnahme nicht analogiefähig Apel, GewArch 1963, 5, 5 f.

92 Grundsätzlich zur Analogiefähigkeit des § 79 Abs. 1 BVerfGG Wagner, JuS 1970, 380, 380; Bajohr (Fn. 8), 31 f.

93 Eingehend für eine mit § 79 Abs. 2 BVerfGG vergleichbare Norm BVerfG, Beschl. v. 12.12.1957, BVerfGE 7, 194, 196; pauschaler BVerfG, Beschl. v. 11.10.1966, BVerfGE 20, 230, 235; Kees (Fn. 55), § 79 Rn. 3.

94 Kohlhaas, NJW 1963, 454.

95 BayObLG, Beschl. v. 14.09.1962, NJW 1962, 2166, 2167.

96 Für Geldbuße und Kosten nach öffentlich-rechtlichem Erstattungsanspruch, Kunz, in: Knauer (Hrsg.), MüKo-StPO, Bd. III/2, 2018, Einl. StrEG Rn. 53; Göhler, wistra 1984, 89, 92; andere Schäden nach StrEG i. V. m. §§ 46 Abs. 1, 110 OWiG.

97 An der Verfassungsmäßigkeit einer dem § 79 Abs. 2 BVerfGG entsprechenden Regelung zweifelt dann auch gerade der BFH, Urt. v. 31.10.1957, BFHE 65, 520; ausgeräumt durch BVerfG, Beschl. v. 12.12.1957, BVerfGE 7, 194, 196 f.

98 BVerfG, Beschl. v. 16.07.1969, BVerfGE 27, 18, 33.

99 Einen Überblick geben z. B. Mitsch, in: Mitsch, KK-OWiG (Fn. 7), Einl. Rn. 50–118; Klesczewski, Ordnungswidrigkeitenrecht, Ein Lehrbuch, 2. Aufl., 2016, § 1 Rn. 4–52.

100 Klesczewski (Fn. 99), § 1 Rn. 4.

101 BVerfG, Beschl. v. 16.07.1969, BVerfGE 27, 18, 33; Gürtler/Thoma, in: Göhler, OWiG (Fn. 8), vor § 1 Rn. 9.

102 Gürtler/Thoma, in: Göhler, OWiG (Fn. 8), vor § 1 Rn. 9; Apel, GewArch 1963, 5, 5.

103 Das unterscheidet sich von der Rechtslage bis 1968, als das Verkehrszentralregister noch Verkehrsübertretungen erfasste. Die noch von Kohlhaas, NJW 1963, 454; Asam (Fn. 36), 76 f., diskutierten inoffiziellen Register bei Aufsichtsbehörden haben sich mit der Einführung des Gewerbezentralregisters und dem modernen Datenschutzrecht wohl erledigt.

104 BVerfG, Beschl. v. 16.07.1969, BVerfGE 27, 18, 33.

105 BVerfG, Beschl. v. 16.07.1969, BVerfGE 27, 18, 33; Gürtler/Thoma, in: Göhler, OWiG (Fn. 8), vor § 1 Rn. 9.

106 Sommerlad, NJW 1984, 1489, 1490; Bajohr (Fn. 8), S. 35.

107 Zu einem entsprechenden Zusammenhang bei Straftaten BVerfG, Beschl. v. 16.07.1969, BVerfGE 27, 18, 29.

108 Schulze-Fielitz (Fn. 35), Art. 103 II Rn. 19.

109 StRspr z. B. BVerfG, Beschl. v. 01.12.1992, BVerfGE 87, 399, 411; Schulze- Fielitz (Fn. 35), Art. 103 II Rn. 19.

110 BayObLG, Beschl. v. 14.09.1962, NJW 1962, 2166, 2167; Kneser, AöR 1964, 129, 170 f.; Asam (Fn. 36), S. 75; deshalb außerhalb des Wortlauts, aber trotzdem innerhalb der ratio Apel, GewArch 1963, 5, 5 f.

111 Der diskutierte Unterschied sei einem Laien nicht zu vermitteln Hans, BB 1962, 1403, 1404; „nicht trennscharf “ Bajohr (Fn. 8), S. 35.

112 Kohlhaas, NJW 1963, 454; Bajohr (Fn. 8), S. 35; Fornauf/Heger, StraFo 2014, 284, 286; die Anwendbarkeit von § 79 Abs. 2 BVerfGG wegen des Vollstreckungsverbots ohne Möglichkeit zum Austausch der Rechtsgrundlage als die bessere Lage zu begreifen, passt nicht zur Regelungssystematik, so aber Bahlmann, MDR 1963, 541, 543.

113 § 153 Abs. 1 VwGO; § 134 FGO; § 179 Abs. 1 SGG; § 79 Satz 1 ArbGG.

114 § 362 Nr. 4 StPO lässt allein ein Geständnis als neue Tatsache zu und § 362 Nr. 5 StPO braucht als sehr neue und hoch umstrittene Einfügung mit eingeschränktem Anwendungsbereich hier für die allgemeine Systematik nicht berücksichtigt zu werden.

115 Regierungsentwurf BT-Drs. 5/1269, S. 110.

116 Regierungsentwurf BT-Drs. 5/1269, S. 110.

117 Göhler, wistra 1984, 89, 91 Fn. 17; für die Frist des § 66 Abs. 1 Satz 3 OWiG 1952 Hans, BB 1962, 1403, 1405; a. A. Schibel, BB 1984, 362, 363.

118 Das LAG Bayern, Urt. v. 21.01.1953, JZ 1953, 558, 559 wollte – wohl in Unkenntnis des § 79 Abs. 2 BVerfGG und mangels einer Regelung für den BayVerfGH – die Parallelnorm § 580 Nr. 6 ZPO auf diese Konstellation anwenden.

119 Nachweise siehe Fn. 1 und 56; diesen Bruch beschreibt schon Göhler, wistra 1984, 89, 90, der neben den Gesetzesänderungen eine Verschiebung der „Unerträglichkeitsgrenze“ im Rechtsbewusstsein sieht.

120 Göhler, wistra 1984, 89, 91.

121 Gürtler/Thoma, in: Göhler, OWiG (Fn. 8), vor § 56 Rn. 4 m. w. N.

122 Gürtler/Thoma, in: Göhler, OWiG (Fn. 8), § 56 Rn. 40.

 

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Kilian Herzberg

Stud. Hilfskraft am Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Verfassungstheorie, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
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