15.08.2011

Vorteile vermitteln – Wandel verankern

Veränderungsmanagement am Beispiel der Doppik-Einführung

Vorteile vermitteln – Wandel verankern

Veränderungsmanagement am Beispiel der Doppik-Einführung

Damit die Zeichen nicht auf Sturm stehen: Veränderungen müssen kommuniziert werden. | © Deminos - Fotolia
Damit die Zeichen nicht auf Sturm stehen: Veränderungen müssen kommuniziert werden. | © Deminos - Fotolia

Der Landkreis Ostallgäu bucht seit dem Haushaltsjahr 2008 nach Grundsätzen der Doppik. Die Umstrukturierung der Geschäftsbuchhaltung, der Aufbau einer Anlagenbuchhaltung sowie die Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung wurden zum 01. 01. 2008 gleichzeitig umgesetzt. Umfangreiche Veränderungsprozesse für die Mitarbeiter begleiteten die Umstellung.

Ganzheitliche Vision

Die Politik hatte im Grundsatzbeschluss des Kreistages aus dem Jahr 2006 zur Einführung des doppischen Haushalts-, Buchungs- und Rechnungswesens betont, dass die Systemumstellung stets als ein notwendiges Instrument zur Verwaltungsmodernisierung zu verstehen sei. Dieses Signal in eine ganzheitliche Vision erzeugte Verständnis und Bereitschaft für die damit verbundenen intensiven Arbeitsschritte im Projekt.

Projektteam

Im September 2006 begann das 4-köpfige Projektteam aus Mitarbeitern der Kämmerei und der Kreisrechnungsprüfung mit den Umsetzungsarbeiten. Die erste Projektphase bestimmte die Vorgabe, die Eröffnungsbilanz zum 01. 01. 2008 aufzustellen. Mit Hilfe eines öffentlichen Vergabeverfahrens wurde eine geeignete Softwarelösung der AKDB nach einem vorher erstellten Pflichtenheft gefunden. Besonders geachtet wurde auf ein integriertes System, in welchem die verschiedenen Bereiche des internen und externen Rechnungswesens auf einer einheitlichen Verfahrensplattform ohne weitere Schnittstellen abgebildet werden.


Einbindung von Führungskräften und Mitarbeitern

Die Struktur für die Vermögenserfassung und -bewertung zur Aufstellung der Eröffnungsbilanz wurde anhand der Bilanzgliederung des Sachanlagevermögens entwickelt. Die Mitglieder des Projektteams übernahmen Teilverantwortlichkeiten für einzelne Bilanzpositionen. Anschließend wurden Führungskräfte und Mitarbeiter in den Arbeitsgruppen mit ihren individuellen Fachkenntnissen und Erfahrungswerten in das Projekt eingebunden. So verstanden sich die Mitarbeiter aus den Fachbereichen sofort als Prozessbeteiligte und gestalteten ihren Teil der Veränderung selbst mit. Das Projektteam verfolgte von Anfang an die Strategie, die umfangreichen Erfassungs- und Bewertungsmaßnahmen nicht eigenständig vorzunehmen, sondern die zahlreichen Informationen, die bei den Mitarbeitern in den Fachbereichen bereits vorhanden waren, unter dem Blickwinkel der Bilanzanforderungen neu zu strukturieren. Dieser Ansatz setzte intensive Kommunikations- und Transferkompetenz zur verständlichen Übersetzung der doppischen Strukturen für die Mitarbeiter voraus. Handlungsanweisungen auf Papier waren zu Dokumentationszwecken erforderlich, ersetzten den persönlichen Kontakt und das Gespräch aber nie. Durch kommunikative Einbindung der Mitarbeiter wurden die erforderlichen Erfassungs- und Bewertungsaufgaben mit vertretbarem Aufwand erledigt.

Projektbegleitende Dokumentation

Im November 2008 wurde die Eröffnungsbilanz zum 01. 01. 2008 nach ca. eineinhalbjährigen Arbeiten im Kreistag termingerecht vorgestellt. Intensiv gestalteten sich die anschließenden örtlichen und überörtlichen Prüfungen des Bilanzwerkes. Dieser Projektprozess wurde wesentlich von der Dokumentationsqualität der vorangegangenen Projektschritte bestimmt. Eine projektbegleitende Dokumentation, die insbesondere die wesentlichen Festlegungen für die Vermögenserfassung und -bewertung enthält, sollte bei allen Verästelungen der Erfassungs- und Bewertungsarbeiten stets gepflegt werden.

Neues Denken muss vermittelt werden

Neben den Arbeiten zur Eröffnungsbilanz wurde das bisherige kamerale Haushalts- und Buchungssystem umstrukturiert. An die Stelle von Verwaltungs- und Vermögenshaushalt traten Ergebnis- und Finanzhaushalt. Nicht mehr Haushaltsstellen, sondern Produkte und Konten bildeten nun die Grundlagen der Haushaltsführung. Ein neues Denken in Werten und deren Veränderungen an Stelle der bisher gewohnten Betrachtung von Geldflüssen wurde durch gezielte Schulungen vorgestellt und vermittelt. Das dafür benötigte theoretische Handwerkszeug in Fragen des doppischen Haushaltsrechts und des Rechnungswesens allgemein wurde ebenfalls kommuniziert.

Frühzeitige Qualifizierung geeigneten Personals

Zusätzlich zur Umstrukturierung der Geschäftsbuchhaltung entwickelte man eine funktionierende und effiziente Anlagenbuchhaltung neu. Die Arbeiten und Ergebnisse zu den Bilanzwerten der Eröffnungsbilanz flossen in diesen Bereich als Aufbaugrundlagen ein. Die zusätzlichen Buchungsanforderungen sind zu Projektbeginn bereits festzuhalten. Nach unseren Erfahrungen empfiehlt es sich, frühzeitig geeignetes Personal zum/zur Bilanzbuchhalter/-in für die Wahrnehmung der anspruchsvollen Aufgaben zu qualifizieren.

Vorteil: Ein einheitliches System der Mittelbewirtschaftung

Der Landkreis hatte sich entschieden, die Doppik zeitgleich mit der Kosten- und Leistungsrechnung einzuführen. Folglich startete das interne Rechnungswesen ebenfalls zum 01. 01. 2008.

Über eine Softwarelösung verteilen die Mitarbeiter seitdem ihre Arbeitszeiten auf die entsprechenden Produkte. Des Weiteren wurden ein standardisiertes unterjähriges Berichtswesen und eine flächendeckende Hochrechnung auf Grundlage von Quartalszahlen für das jeweilige Kostenbudget eingeführt. Auch in diesem intensiven Bereich sind frühzeitig die personellen, verfahrenstechnischen und kommunikativen Grundlagen zu legen. Der große Vorteil bestand darin, dass ein einheitliches System der Mittelbewirtschaftung eingeführt wurde, das die teilweise in aufwendigen Nebenrechnungen bei den einzelnen Führungskräften geführten Haushaltsüberwachungslisten sukzessive ersetzte.

Umsetzung in Projektschritten

Im nun vierten Jahr seit der Einführung der Doppik stehen die Budgetierung und die Einführung von Zielvereinbarungen als vorerst letzte Projektschritte vor ihrer Umsetzung. Zu Beginn wurden die verschiedenen Produkte, die mit der Einführung der Doppik seit 2008 bebucht werden, in der jeweiligen Verantwortungslinie analysiert. Bei Doppelzuständigkeiten wurden eindeutige Verantwortlichkeiten festgelegt. Das Ziel, die Fach- und Ressourcenverantwortung für die unterschiedlichen Produkte im Rahmen der Delegation eindeutig zu benennen, beinhaltete eine Bereinigungsfunktion bisheriger Arbeitsprozesse. Besonders herausgestellt wurde der wesentliche Vorteil der Budgetierung, nämlich die flexible Mittelbewirtschaftung.

Im Mittelpunkt: Kommunikation mit dem Mitarbeiter

Zusammenfassend betrachtet sind Zeiten, in denen Veränderungsprozesse stattfinden, tendenziell durch Unruhe gekennzeichnet. Das Veränderungsmanagement sollte hier mit stabilisierenden Orientierungspunkten auftreten. Klare Zielvorgaben und intensive Kommunikation sind wichtige Voraussetzungen für das Gelingen der Veränderung. Der Mitarbeiter sollte in den Mittelpunkt gestellt und an der Entwicklung beteiligt werden, um den nachhaltigen Erfolg der Veränderung zu ermöglichen. Unter diesem etwas anderen Betrachtungswinkel kann die Doppik viel zu einer erfolgreichen Verwaltungsmodernisierung beitragen.

 

Robert Pöschl

Projektleiter Doppik/KLR beim Landratsamt Ostallgäu, Marktoberdorf
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