15.08.2011

Rückenwind für die Windenergie

Energiewende: Repowering planungsrechtlich abgesichert

Rückenwind für die Windenergie

Energiewende: Repowering planungsrechtlich abgesichert

Die Segel sind gesetzt – auch auf dem Festland. | © Giovanni Rinaldi - Fotolia
Die Segel sind gesetzt – auch auf dem Festland. | © Giovanni Rinaldi - Fotolia

Der Bundestag hat am 30. 06. 2011 das Gesetzespaket zur Umsetzung der Energiewende beschlossen. Während der Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität zeitlich gestaffelt bis Ende 2022 erfolgen wird, ist eine kontinuierliche Erhöhung des Anteils der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien vorgesehen. Im Jahre 2050 soll ihr Anteil mindestens 80 Prozent betragen.

Der weitere Ausbau der Windenergie wird einen elementaren Anteil hierzu leisten. Angesichts der schwindenden Verfügbarkeit freier Flächen und der technischen Fortentwicklung der Anlagen erlangt onshore (an Land) das Repowering von Windenergieanlagen eine immer größere Bedeutung für diesen Ausbau. Nach „klassischem” Verständnis werden hierbei vorhandene Windenergieanlagen durch eine geringere Anzahl neuer, leistungsstärkerer Anlagen ersetzt.

Im Rahmen der Energiewende hat der Bundestag auch das Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung in den Städten und Gemeinden beschlossen, das am 29.07.2011 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 1509) verkündet worden und einen Tag später in Kraft getreten ist. Mit dem Gesetz werden Änderungen in das Baugesetzbuch (BauGB) und in die Planzeichenverordnung eingefügt, die der wachsenden Bedeutung des Klimaschutzes Rechnung tragen sollen. Diese Änderungen basieren maßgeblich auf den Ergebnissen der „Berliner Gespräche zum Städtebaurecht“, einer Gesprächsreihe, in der ausgewiesene Baurechtsexper-ten den Änderungsbedarf im Baugesetzbuch und in der Baunutzungsverordnung diskutiert haben.


Der Bericht der Gespräche ist abrufbar unter www.difu.de/publikationen/2010/berliner-gespraeche-zum-staedtebaurecht.html). Im Folgenden werden die im Hinblick auf die Windenergienutzung und das Repowering relevanten Änderungen bzw. Anpassungen dargestellt.

Verankerung des Klimaschutzes im BauGB und Weiterentwicklung des Teilflächennutzungsplanes

Das BauGB erhält künftig eine dem § 2 Abs. 2 Nr. 6 Satz 7 ROG entsprechende Klimaschutzklausel, wonach den Erfordernissen des Klimaschutzes sowohl durch Maßnahmen Rechnung zu tragen ist, die dem Klimawandel entgegenwirken, als auch durch solche, die der Anpassung an den Klimawandel dienen. Dieser Grundsatz muss in die planerische Abwägung mit einbezogen werden (künftiger § 1a Abs. 5 BauGB). Die wachsende Bedeutung des Klimaschutzes kann eigene Darstellungen bzw. Festsetzungen in den Bauleitplänen oder entsprechende Vereinbarungen in städtebaulichen Verträgen erfordern. Dem trägt der Gesetzgeber Rechnung durch Ergänzungen bzw. Präzisierungen der Darstellungs- bzw. Festsetzungskataloge in § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB und § 9 Abs. 1 BauGB. Für das Instrument des städtebaulichen Vertrages wird § 11 Abs. 1 Nr. 4 BauGB entsprechend präzisiert.

Durch eine Anpassung des § 5 Abs. 2b BauGB wird klargestellt, dass ein sachlicher Teilflächennutzungsplan auch dann aufgestellt werden kann, wenn er neben Darstellungen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB noch weitere Darstellungen enthält. Zudem wird die Möglichkeit zur Aufstellung räumlicher Teilflächennutzungspläne geschaffen (BT-Drs. 17/6076 S. 9). Dies ermöglicht beispielsweise den Samtgemeinden in Niedersachsen, einen Flächennutzungsplan zur Steuerung der Standorte von Windenergieanlagen nur für das Gebiet einer Mitgliedsgemeinde aufzustellen.

Einführung von Sonderregelungen für die Windenergienutzung und das Repowering

Aufgrund der Empfehlungen aus den Berliner Gesprächen nimmt der Gesetzgeber erstmals Sonderregelungen für die Windenergienutzung und das Repowering in das BauGB auf. Hierdurch sollen Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit der Ergänzung bestehender Darstellungen zur Windenergienutzung im Flächennutzungsplan beseitigt und die Möglichkeiten zur Absicherung des Repowering ausdrücklich im BauGB verankert werden.

Im Hinblick auf die Ergänzung bestehender Darstellungen im Flächennutzungsplan wird ein neuer § 249 Abs. 1 BauGB mit folgendem Wortlaut eingefügt: „Werden in einem Flächennutzungsplan zusätzliche Flächen für die Nutzung von Windenergie dargestellt, folgt daraus nicht, dass die vorhandenen Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Erzielung der Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 nicht ausreichend sind. Satz 1 gilt entsprechend bei Änderung oder Aufhebung von Darstellungen zum Maß der baulichen Nutzung. Die Sätze 1 und 2 gelten für Bebauungspläne, die aus den Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt werden, entsprechend.” Nach der Gesetzesbegründung sollen mit der Regelung die in der Praxis bestehenden Unsicherheiten darüber beseitigt werden, ob und inwieweit eine rechtssichere Änderung oder Ergänzung bisheriger Ausweisungen für die Nutzung der Windenergie im Flächennutzungsplan (insbesondere für das Repowering) möglich ist (BT-Drs. 17/6076 S. 12).

Die hiermit angesprochenen Rechtsunsicherheiten basieren auf folgendem Hintergrund: Durch Darstellungen in Flächennutzungsplänen können die Gemeinden Standorte für Windenergieanlagen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB steuern (eine Steuerung privilegierter Vorhaben kann auch auf der Ebene der Raumordnungsplanung durch entsprechende Festlegungen erfolgen, vgl. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 17. 12. 2002, Az. 4 C 15.01) müssen diese Darstellungen auf einem schlüssigen Plankonzept beruhen, das sich auf den gesamten Außenbereich bezieht. Im Ergebnis muss der Planungsträger der Windenergie durch die getroffenen Darstellungen in substanzieller Weise Raum geben.

Insbesondere für das Repowering von Windenergieanlagen ist häufig die Ausweisung neuer Flächen erforderlich. Viele Gemeinden befürchteten in der Vergangenheit jedoch, mit der Ausweisung zusätzlicher Flächen für die Windenergie werde zugleich die Unzulänglichkeit der bisherigen Ausweisungen zum Ausdruck gebracht mit der Folge, dass die Darstellungen insgesamt nicht mehr den Anforderungen der Rechtsprechung („nicht genügend Raum für die Windenergie”) genügten. So bestand auch die Befürchtung, dass durch die Neuausweisungen die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in Frage gestellt werden könnte.

Durch den neuen § 249 Abs. 1 BauGB ist ein entsprechender Einwand gegen die vorhandenen Darstellungen im Flächennutzungsplan ausgeschlossen. Auch wenn die in der Praxis umstrittene Frage nach der Erforderlichkeit einer erneuten flächendeckenden Planung für das gesamte Gemeindegebiet bei Ausweisung zusätzlicher Flächen mit dieser Regelung nicht beantwortet ist, entschärft sie zumindest die dahinter liegende Problematik: Die Ergänzung einer der Steuerung von Windenergieanlagen dienenden Flächennutzungsplanung durch die Schaffung zusätzlicher planungsrechtlicher Grundlagen ist möglich, ohne dass das den bisherigen Ausweisungen zugrunde liegende Konzept in Frage gestellt würde. Entsprechendes gilt für Bebauungspläne, die aus den Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt werden. Mit den Neuausweisungen wird bei entsprechender Begründung im Flächennutzungsplan auch die Ausschlusswirkung nicht in Frage gestellt und zwar auch dann nicht, wenn sich die Neuausweisungen als fehlerhaft erweisen sollten.

Satz 2 der Regelung bezieht Änderungen oder Aufhebungen zum Maß der baulichen Nutzung und damit zum Beispiel die Anpassung oder Entfernung vorhandener Höhenbegrenzungen mit ein.

Gemeinden sollten in der Begründung zur Flächennutzungsplanänderung deutlich machen, dass sie die bisherigen Darstellungen nicht in Frage stellen, sondern zum Zwecke der Schaffung zusätzlicher planungsrechtlicher Grundlagen (für das Repowering) ergänzen wollen.

Der Gemeinde bleibt es allerdings unbenommen, ein völlig neues Plankonzept zur Steuerung der Windenergienutzung zu erstellen. Dieses muss dann den Anforderungen der oben zitierten Rechtsprechung entsprechen.

Die Absicherung des Repowering

Es wird ein neuer § 249 Abs. 2 BauGB mit folgendem Wortlaut eingefügt: „Nach § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 kann auch festgesetzt werden, dass die im Bebauungsplan festgesetzten Windenergieanlagen nur zulässig sind, wenn sichergestellt ist, dass nach der Errichtung der im Bebauungsplan festgesetzten Windenergieanlagen andere im Bebauungsplan bezeichnete Windenergieanlagen innerhalb einer im Bebauungsplan zu bestimmenden angemessenen Frist zurückgebaut werden. Die Standorte der zurückzubauenden Windenergieanlagen können auch außerhalb des Bebauungsplangebiets oder außerhalb des Gemeindegebiets liegen. Darstellungen im Flächennutzungsplan, die die Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 haben, können mit Bestimmungen entsprechend den Sätzen 1 und 2 mit Wirkung für die Zulässigkeit der Windenergieanlagen nach § 35 Absatz 1 Nummer 5 verbunden sein.”

Die Regelung dient der Unterstützung der Praxis der kommunalen Bauleitplanung (BT Drucks 17/6076 S. 13). Als Instrument zur Absicherung des Abbaus bestehender Windenergieanlagen ist neben der Kombination von Planung (Flächennutzungsplan oder Bebauungsplan) mit städtebaulichem Vertrag der sogenannte „Bebauungsplan für das Repowering” anerkannt. Dieser knüpft die Zulässigkeit neuer Windenergieanlagen durch eine Festsetzung auf der Grundlage von § 9 Abs. 2 Satz 1 BauGB an die Beseitigung bestimmter bestehender Altanlagen. Durch die neue Regelung des § 249 Abs. 2 BauGB wird diese Festsetzungsmöglichkeit ausdrücklich im Baugesetzbuch verankert. Von größerer Bedeutung ist dabei allerdings Satz 2, der diese Möglichkeit auf den Flächennutzungsplan erweitert. Der Abbau bestehender Anlagen kann damit künftig auch durch entsprechende Darstellungen im Flächennutzungsplan abgesichert werden, ohne das es hierzu, wie bisher, zusätzlicher Vereinbarungen in städtebaulichen Verträgen oder eines „Bebauungsplanes für das Repowering” bedürfte.

Fazit

Die Änderungen im Baugesetzbuch bringen Erleichterungen für die Praxis und beseitigen bestehende Rechtsunsicherheiten. Mit den Regelungen im neuen § 249 BauGB werden erstmals Sonderregelungen zur Windenergie im Baugesetzbuch verankert. Dies verdeutlicht auch die wachsende Bedeutung des Repowering. Auch deshalb ist in den kommenden Jahren eine deutlich stärkere Ausschöpfung des vorhandenen „Repowering-Potenzials” zu erwarten. Häufig stellen sich neben den vorstehend aufgeworfenen Fragen weitere Herausforderungen. Hierbei leistet die an Kommunen gerichtete, vom BMU unterstützte und in Kooperation mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund durchgeführte Repowering-InfoBörse (http://www.repowering-kommunal.de/) wertvolle Unterstützung.

 

Ass. iur. Christian Brietzke

Juristischer Mitarbeiter der Kommunalen Umwelt-AktioN U.A.N. im Projekt „Repowering-InfoBörse“, Hannover
n/a