06.11.2020

Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland

Glücksspielmonopol [p]re-loaded

Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland

Glücksspielmonopol [p]re-loaded

Man hat eingesehen, dass das aktuelle Glücksspielrecht gegen Verfassungsbeschwerden und Klagen zum EuGH nicht immun ist. | © Aliaksandr Marko - stock.adobe.com
Man hat eingesehen, dass das aktuelle Glücksspielrecht gegen Verfassungsbeschwerden und Klagen zum EuGH nicht immun ist. | © Aliaksandr Marko - stock.adobe.com

Eine intermittierende föderalistische Dauerveranstaltung hat sich wieder an die Oberfläche wahrnehmbarer Rechtsakte zurückgearbeitet. Es geht mal wieder um das Glücksspielwesen und seine halbseidenen Regulierungsversuche. Diesmal ist es kein Gesetz und noch kein Staatsvertrag geworden; es sind auch keine neuen Entscheidungen von EuGH oder BVerfG angefallen, sondern es finden sich eine Notifikation an die EU-Kommission und ein amtlich veröffentlichter Umlaufbeschluss der Staatskanzleien. Die Vorgeschichte wurde teilweise bereits von PUBLICUS kritisch begleitet: https://publicus.boorberg.de/deutsche-gluecksspielmonopole-gekippt/, https://publicus.boorberg.de/aktuelles-spielhallenrecht-teil-1/, https://publicus.boorberg.de/aktuelles-spielhallenrecht-teil-2/.

Der neue Staatsvertrag liegt im Entwurf vor und heißt überraschungsfrei: „Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag 2021 – GlüStV 2021)“.

Die erwähnte Notifikation dieses Regulierungsvorhabens findet sich online unter den Adressen https://ec.europa.eu/growth/tools-databases/tris/de/search/?trisaction=search.detail&year=2020&num=304 (differenzierter, vom 18.05.2020) und https://ec.europa.eu/growth/tools-databases/tris/de/search/?trisaction=search.detail&year=2020&num=585 (knapper, vom 21.09.2020). Sie nennt in einer Kurzzusammenfassung unter anderem folgende Eckpunkte:


Die deutschen Bundesländer haben sich für den Zeitraum ab dem 1. Juli 2021 auf einen Glücksspielstaatsvertrag 2021 verständigt. Die deutschen Länder können Online-Casinospiele jeweils für ihr Hoheitsgebiet erlauben (§ 22c). Ein staatliches Monopol für Sportwetten sei nicht mehr vorgesehen.  Das staatliche Lotterieveranstaltungsmonopol (§ 10) wird eingeschränkt, aber die Regulierung der Pferdewetten (§ 27), der Spielhallen (§§ 24 bis 26)   und der Spielbanken (§ 20) werden im Wesentlichen beibehalten. Und die Empfehlungen der Kommission (2014/478/EU) vom 14. Juli 2014 zum Schutz von Nutzern von Online-Glücksspieldienstleistungen seien berücksichtigt. Die Mitteilungen sind im Kommissions-Portal „tris“ zu finden mithilfe der Notifizierungsnummern 2020/304/D und 2020/585/D (Deutschland).

Ein Umlaufbeschluss der Staatskanzlei-Chefs vom 8.9.2020 (MBl. NRW Nr. 25b, Seiten 579b ff.) der Länder regelt nunmehr bundeseinheitlich (!) eine Vorwirkung (!!) des geplanten GlüStV 2021 für Konzessionserteilungen ab sofort. Der Wortlaut ist nachzulesen z.B. unter: https://www.bayern.de/wp-content//uploads/2020/09/umlaufbeschluss-gluecksspiel.pdf. Eine Vermutung zur Motivation dieser amtlich publizierten Vorwirkung von Gesetzen (vgl. die Habilitationsschrift von Michael Kloepfer aus dem Jahr 1974 und die Untersuchung von Annette Guckelberger „Vorwirkung von Gesetzen im Tätigkeitsbereich der Verwaltung: Eine Rechtsvergleichende Studie des Deutschen und Schweizerischen Rechts“ aus 1997) könnte lauten: Man hat eingesehen, dass das aktuelle Glücksspielrecht gegen Verfassungsbeschwerden und Klagen zum EuGH nicht immun ist.

 

Dr. Alexander Konzelmann

Leiter der Boorberg Rechtsdatenbanken RDB, Stuttgart
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