23.11.2020

Neue Abfallvorschriften für Kommunen und Wirtschaft

Die Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ist in Kraft getreten

Neue Abfallvorschriften für Kommunen und Wirtschaft

Die Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ist in Kraft getreten

Für die Bewirtschaftung der Abfälle sind die Landkreise, Städte und Gemeinden als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zuständig. ©monticellllo-adobe.stock.com
Für die Bewirtschaftung der Abfälle sind die Landkreise, Städte und Gemeinden als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zuständig. ©monticellllo-adobe.stock.com

Nach einem diskussionsreichen Gesetzgebungsverfahren ist am 29.10.2020 das Gesetz zur Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie in Kraft getreten (BGBl I S. 2232). Dieses Gesetz nimmt vor allem umfangreiche Änderungen im Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) vor. Das seit 2012 geltende KrWG enthält die zentralen Regelungen für die Entsorgung von Abfällen in Deutschland. Diese nationalen Regelungen sind maßgeblich von Vorgaben im EU-Recht geprägt, deren fristgerechte Umsetzung auch Anlass für das aktuelle Gesetzgebungsvorhaben war. Beispielsweise handelt es sich bei der neuen, auf der nationalen Ebene zu erfüllenden Recyclingquote für Siedlungsabfälle (§ 14 Abs. 1 KrWG) um eine 1:1-Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie. An anderer Stelle gehen die neuen Regelungen im Sinne des vom KrWG bezweckten Ressourcenschutzes über die Vorgaben das EU-Rechts hinaus.

Für die Bewirtschaftung der Abfälle nach den Vorgaben des KrWG sind zum einen die Landkreise, Städte und Gemeinden als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zuständig. Mit Ausnahme der Verpackungsabfälle obliegt den Kommunen die Entsorgung aller Abfälle aus Privathaushalten als hoheitliche Aufgabe im Rahmen der Daseinsvorsorge. Zum anderen wird die gewerbliche Abfallentsorgung von privaten Entsorgungsunternehmen durchgeführt. Im Rahmen der Produktverantwortung nimmt das KrWG zudem die Hersteller und Vertreiber für die Vermeidung und Entsorgung von produktbezogenen Abfällen in die Pflicht. An dieser grundsätzlichen Aufgabenverteilung zwischen Kommunen und Wirtschaft ändert die Novelle nichts, es werden aber zum Teil neue bzw. strengere Anforderungen an die Akteure formuliert.

Getrenntsammlungspflichten

Gemäß einer vom Umweltbundesamt kürzlich veröffentlichten Untersuchung fielen 2018 in Deutschland durchschnittlich 128 kg Restmüll pro Einwohner und Jahr an. 1985 waren es bei der letzten vergleichbaren Untersuchung noch 239 kg. Diese annähernde Halbierung ist laut dem Umweltbundesamt nahezu ausschließlich auf die Reduzierung der im Restmüll verbleibenden Wertstoffmengen (Altpapier, Altglas, Metalle, Kunststoffe und Bioabfälle) zurückzuführen.


Die Novelle des KrWG ordnet die bisher schon bestehende Pflicht zur Getrenntsammlung dieser Abfallarten nun ausdrücklich den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zu (§ 20 Abs. 2 KrWG). Es wird so richtigerweise hervorgehoben, dass es im Kern eine kommunale Aufgabe ist, bei den Haushalten eine getrennte Sammlung von wertstoffhaltigen Abfällen durchzuführen. Neu hinzu kommt aufgrund von EU-Vorgaben die Verpflichtung für die Kommunen, ab 2025 auch Textilabfälle getrennt zu sammeln. In der Praxis geschieht dies häufig schon, allerdings sind in diesem Bereich oftmals auch gewerbliche Sammlungen, gemeinnützige Organisationen und freiwillige Rücknahmesysteme im Rahmen der Produktverantwortung tätig. Soweit sie jeweils die Anforderungen des KrWG erfüllen, können diese Angebote auch künftig bestehen bleiben.

Erhöhten Aufwand für die Kommunen wird vielerorts die neue Vorgabe bedeuten, dass Sperrmüll nunmehr in einer Weise gesammelt werden muss, welche die Vorbereitung zur Wiederverwendung und das Recycling der einzelnen Bestandteile ermöglicht. Soweit dies noch nicht geschehen ist, müssen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger nun Konzepte für einen möglichst ressourcenschonenden Umgang mit dem anfallenden Sperrmüll entwickeln. Dies kann etwa die Einrichtung von kommunalen Gebrauchtwaren-Kaufhäusern beinhalten, wofür es bereits viele gute Praxisbeispiele gibt. Bei der konkreten Ausgestaltung der Sperrmüllsammlung besteht für die Kommunen allerdings ein Spielraum, der es erlaubt, die örtlichen Verhältnisse im Entsorgungsgebiet zu berücksichtigen.

Klagerecht gegen gewerbliche Sammlungen

Zu begrüßen ist die gesetzliche Klarstellung, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger einen Anspruch darauf haben, dass die Bestimmungen des Anzeigeverfahrens für gewerbliche Sammlungen von wertstoffhaltigen Haushaltsabfällen eingehalten werden (§ 18 Abs. 8 KrWG). Hierdurch erhält eine betroffene Kommune notfalls ein Klagerecht gegen die zuständige Abfallbehörde, wenn eine von dieser gebilligte private Abfallsammlung (z. B. von Alttextilien oder Altpapier) die wirtschaftliche Funktionsfähigkeit oder Planungssicherheit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers beeinträchtigt. Ein vergleichbarer Anspruch in Bezug auf gemeinnützige Sammlungen wurde nicht eingeführt. Mit der Klarstellung hat der Gesetzgeber auf ein 2018 ergangenes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts reagiert, das der kommunalen Seite zwischenzeitlich ein Klagerecht gegen gewerbliche Sammlungen abgesprochen hatte. Die gesetzliche Klarstellung bedeutet eine Gleichbehandlung von öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und privaten Entsorgungsunternehmen. Beide Seiten können nun gerichtlichen Rechtsschutz gegen eine für sie ungünstige Behördenentscheidung in Anspruch nehmen.

Die private Entsorgungswirtschaft hat während des Gesetzgebungsverfahrens die Befürchtung geäußert, dass das Klagerecht von der kommunalen Seite genutzt würde, um private Entsorgungsstrukturen zu schwächen. Dies verkennt die Rolle der kommunalen Daseinsvorsorge, der es gerade nicht um die Verteidigung von Marktanteilen geht. Dadurch, dass die Kommunen nach dem KrWG prinzipiell für die Entsorgung aller Abfälle aus den Privathaushalten zuständig sind, haben sie hierfür dauerhaft das Personal und die notwendige Logistik vorzuhalten. Die Abfallentsorgung erfolgt auch dann zuverlässig, wenn die Erlössituation für wertstoffhaltige Abfälle sich zeitweise einmal verschlechtert und gewerbliche Sammlungen ihre Tätigkeit einstellen. Das Klagerecht im KrWG schützt die Kommunen allein davor, dass eine neue gewerbliche Sammlung dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger kurzfristig erhebliche Mengen an wertstoffhaltigen Haushaltabfällen entzieht und damit nicht nur seine Planungssicherheit, sondern auch die Stabilität der von den Bürgern zu zahlenden Abfallgebühren gefährdet.

Produktverantwortung

Auf die aktuelle Debatte über die Vernichtung von Retouren durch Onlinehändler reagiert der Gesetzgeber, indem er die Produktverantwortung um eine neue Obhutspflicht erweitert (§ 23 Abs. 2 Nr. 11 KrWG). Die Händler haben nun dafür zu sorgen, dass ihre Produkte auch im Fall der Rücknahme bzw. Rückgabe gebrauchstauglich bleiben und nicht zu Abfall werden. Ferner hat der Gesetzgeber eine Rechtsgrundlage dafür geschaffen, dass Hersteller und Vertreiber von Einwegkunststoffartikeln an den kommunalen Reinigungskosten von Grünflächen und Straßen beteiligt werden können (§ 25 Abs. 1 Nr. 4 KrWG). Eine aktuelle Studie des Verbandes kommunaler Unternehmen kommt zu dem Ergebnis, dass die kommunale Straßenreinigung jährlich Kosten in Höhe von rund 700 Mio. Euro für die Entsorgung von weggeworfenen Lebensmittelverpackungen, Getränkebechern und Zigarettenkippen im öffentlichen Raum aufwenden muss. Ebenso wie bei der Obhutspflicht muss die Bundesregierung zur näheren Ausgestaltung dieser Kostenbeteiligung allerdings noch eine Rechtsverordnung erlassen.

Bei der neuen Regelung zu den freiwilligen Rücknahmen (§ 26 KrWG) ist der Gesetzgeber den kommunalen Bedenken zumindest ein Stück weit entgegengekommen. Solche Rücknahmen werden z. B. den Kunden von größeren Bekleidungsketten für Alttextilien angeboten. Aus kommunaler Sicht überdehnen solche Angebote, sofern es sich nicht um eigene Produkte des Herstellers oder Händlers handelt, den Begriff der Produktverantwortung. Sie bergen zudem die Gefahr, dass den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern nicht planbare Mengen wertstoffhaltiger Haushaltsabfälle entzogen werden. Um dem entgegenzuwirken, verpflichtet das KrWG nun die Hersteller und Vertreiber, eine freiwillige Rücknahme von fremden Produkten mindestens für einen Zeitraum von drei Jahren anzubieten. Auch wenn eine stärkere Begrenzung der freiwilligen Rücknahmen aus grundsätzlichen Erwägungen wünschenswert gewesen wäre, ist es zu begrüßen, dass der Gesetzgeber mit der getroffenen Regelung die abfallwirtschaftliche Planungssicherheit der Kommunen berücksichtigt hat.

Fazit

Die Novelle des KrWG enthält eine Reihe von Regelungen, die den Ressourcenschutz stärken, wobei die zentrale Rolle der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die Gewährleistung einer recyclingfördernden und zuverlässigen Abfallentsorgung anerkannt wird. Dazu gehört auch, dass die Kommunen die wichtige Aufgabe der Abfallberatung (§ 46 KrWG) gegenüber den Bürgern wahrnehmen. Die stärkere Inpflichtnahme der Wirtschaft durch die neuen Regelungen zur Produktverantwortung ist zu begrüßen, insbesondere da hier ein bedeutsamer Beitrag zur Abfallvermeidung geleistet werden kann. Dass etwa im Bereich der Verpackungsabfälle noch viel zu tun ist, machen aktuelle Zahlen des Umweltbundesamtes deutlich: 2018 wurden in Deutschland pro Einwohner rund 228 kg Verpackungen verbraucht. Seit 2010 ist der Verpackungsverbrauch danach um rund 18 % gestiegen. Infolge der Corona-Pandemie dürfte diese Entwicklung sich 2020 noch verstärken, sodass auch nach der Novelle des KrWG die Themen Abfallvermeidung und Recycling weiter auf der Tagesordnung bleiben.

 

Dr. Torsten Mertins

ZENK Rechtsanwälte, Berlin
n/a