16.08.2021

Rückkehr aus dem Homeoffice

Pflichten des Arbeitgebers

Rückkehr aus dem Homeoffice

Pflichten des Arbeitgebers

Ein Beitrag aus »RdW Kurzreport« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »RdW Kurzreport« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

 

Welche Pflichten oder Fürsorgepflichten haben Arbeitgeber in der immer noch nicht beendeten Corona-Zeit, wenn Mitarbeiter aus dem Homeoffice in den Betrieb zurückkehren? Pflichten bestehen insoweit nicht nur gegenüber den Mitarbeitern, die bei Beginn der Corona-Pandemie aufgrund der von ihnen ausgeübten Tätigkeit ins Homeoffice »geschickt« wurden, vorher aber noch nie Homeoffice gemacht haben, sondern auch gegenüber den Mitarbeitern, die überwiegend im Betrieb arbeiten und aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung oder Betriebsvereinbarung einige Tage im Monat im Home-Office arbeiten dürfen.

Kein gesetzlicher Anspruch auf Homeoffice

Nach wie vor gibt es keinen gesetzlichen Anspruch für Arbeitnehmer auf Homeoffice. Arbeitnehmer, die nicht aufgrund einzelvertraglicher oder kollektivrechtlicher Regelungen Homeoffice-Tage beanspruchen können, sind deswegen grundsätzlich verpflichtet, ihre vertragliche Tätigkeit am vereinbarten Arbeitsort zu erbringen. Daher kann der Arbeitgeber die Arbeitnehmer, die bei Ausrufung der Pandemie ins Homeoffice geschickt wurden, aufgrund seines Direktionsrechts jederzeit auffordern, wieder ins Büro in der Betriebsstätte zurückzukehren.

Eine derartige Weisung ist zulässig und kann nur auf ihre Angemessenheit überprüft werden. Im Rahmen der Prüfung der Angemessenheit wird z. B. geprüft, ob eine Ankündigungsfrist einzuhalten ist und wie lange diese sein soll. Eine Ankündigungsfrist kann insbesondere in den Fällen erforderlich sein, in denen der Arbeitnehmer Kinder zu betreuen hat, eine Betreuung durch Kita oder Schule wegen Corona aber nicht gewährleistet ist. Haben Arbeitgeber und Betriebsrat oder Arbeitgeber und Arbeitnehmer allerdings vor, bei oder in der Corona-Pandemie eine Vereinbarung über die Tätigkeit im Homeoffice getroffen, so ist diese einzuhalten. Wurde z. B. vereinbart, dass


– die Tätigkeit im Homeoffice bis Jahresende dauert, hat der Arbeitgeber kein Recht, den Arbeitnehmer vorher zur Tätigkeit im Betrieb aufzufordern.

– der Arbeitnehmer auf unbestimmte Dauer zwei Tage in der Woche im Homeoffice arbeitet und drei Tage im Betrieb, kann sich das Rückholrecht des Arbeitgebers nur auf die vorgesehenen drei Arbeitstage im Betrieb erstrecken.

– bei der Anordnung der Rückkehr in den Betrieb eine Ankündigungsfrist von zwei Wochen einzuhalten ist, kann keine sofortige Rückkehr angeordnet werden.

Notwendige Maßnahmen im Betrieb

Arbeitgeber haben gegenüber den Arbeitnehmern eine Fürsorgepflicht und müssen diese vor Gefahren für Leib und Leben schützen. In der Corona-Pandemie zielt diese Fürsorgepflicht konkret darauf ab, die Arbeitnehmer vor einer Infektion mit dem Virus zu schützen. Welche Maßnahmen in welchem Betrieb zu treffen sind, ergibt sich aus den länderspezifischen Verordnungen sowie aus den bundesweit geltenden SARSCoV- 2-Arbeitssschutzstandards. Zu den notwendigen Maßnahmen gehören u. a.

– Desinfektionsspender und ausreichend Waschgelegenheiten in der Nähe der Arbeitsplätze und den Ein- und Ausgängen

– Einhaltung von Mindestabständen

– Anweisungen, in welchen Fällen ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen ist.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, sich stets über die aktuell einzuhaltenden Hygiene- und Arbeitsschutzstandards sowie die länderspezifischen Corona-Verordnungen zu informieren und seine Maßnahmen an diese anzupassen. Sollten hierzu Änderungen an/in der Arbeitsorganisation oder der Arbeitsumgebung notwendig sein, hat der Arbeitgeber diese vorzunehmen. Hält ein Arbeitgeber die aktuellen Vorgaben nicht ein, kann dem Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht in der Form zustehen, dass er die Arbeit im Betrieb verweigern und gegen den Willen des Arbeitgebers weiterhin im Homeoffice arbeiten kann.

Betriebsratsbeteiligung

Setzt ein Arbeitgeber lediglich die zwingenden gesetzlichen Vorgaben auf den Corona- Verordnungen um, hat der Betriebsrat keinerlei Mitbestimmungsrechte. Etwas anderes gilt nur, wenn die Corona-Verordnungen dem Arbeitgeber keine zwingenden Vorgaben machen, sondern sich ein Entscheidungsspielraum ergibt. Dann hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, weil die einzuführenden Maßnahmen die Ordnung im Betrieb betreffen und je nach Maßnahme auch eine Regelung zum Gesundheitsschutz darstellen.

Gleichbehandlung

Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es Arbeitgebern, grundsätzlich alle Arbeitnehmer gleich zu behandeln. Eine unterschiedliche Behandlung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen muss durch sachliche Gründe gerechtfertigt sein. Dieser Grundsatz gilt auch, wenn ein Arbeitgeber Tätigkeiten im Homeoffice durch einseitige Weisung beenden will oder beendet. Hat der Arbeitgeber z. B. eine ganze Abteilung bei Ausrufung der Pandemie ins Homeoffice geschickt, müsste er unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung alle Mitarbeiter der Abteilung zeitgleich wieder in die Betriebsstätte zurückrufen. Will er dies nicht, benötigt er sachliche Gründe dafür, dass er einen Teil der Mitarbeiter weiterhin im Homeoffice arbeiten lässt.

Sachliche Gründe können z. B. sein, dass der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, wenn zeitgleich alle Mitarbeiter in die Abteilung zurückkehren, der Arbeitgeber das Ansteckungsrisiko aber geringhalten will und deswegen für im Homeoffice tätige Mitarbeiter ein rollierendes System einführt. Ein sachlicher Grund kann auch sein, dass bestimmte Mitarbeiter ihre vertraglich vereinbarte Tätigkeit vollständig im Homeoffice erbringen können, während ein anderer Teil der Mitarbeiter die vertraglich vereinbarte Tätigkeit nur teilweise im Homeoffice erbringen kann und für den verbleibenden Rest auf nur in der Betriebsstätte vorhandene Arbeitsmittel angewiesen ist. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber die Rückkehr aus dem Homeoffice nur für einen Teil der Arbeitnehmer anordnen.

Wurden den Arbeitnehmern für ihre Tätigkeit im Homeoffice vom Arbeitgeber Arbeitsmittel überlassen, kann der Arbeitgeber bei Beendigung des Homeoffice verlangen, dass die überlassenen Arbeitsmittel zurückgegeben, in den Betrieb zurückgebracht und zukünftig wieder ausschließlich im Betrieb genutzt werden. War für bestimmte Arbeitsmittel – z. B. Smartphone – auch die Privatnutzung erlaubt, darf der Arbeitnehmer diese trotz Beendigung des Homeoffice weiterhin privat und damit auch außerhalb der Betriebsstätte nutzen. Arbeitet ein Arbeitnehmer aufgrund Vereinbarung regelmäßig einige Tage im Homeoffice, müssen ihm für die Tage im Homeoffice die benötigten Arbeitsmittel weiterhin zur Verfügung stehen.

Besprochen in RdW 2020, Heft 21.

 

Ralph Jürgen Bährle

Rechtsanwalt, Bährle & Partner
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