30.08.2021

Corona-Regeln für Hartz-IV nicht grenzenlos

Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22.09.2020 – L 11 AS 415/20 B ER

Corona-Regeln für Hartz-IV nicht grenzenlos

Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22.09.2020 – L 11 AS 415/20 B ER

Ein Beitrag aus »RdW Kurzreport« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »RdW Kurzreport« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

Mit dem Sozialschutzpaket hat der Gesetzgeber die Weiterbewilligung von Hartz-IV-Leistungen in Corona-Zeiten vereinfacht, indem er eine abermalige Anspruchsprüfung bis zum Jahresende ausgesetzt hat. Dass diese neue Sonderregelung jedoch nicht grenzenlos gilt, hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG)1 nun erstmalig aufgezeigt.

Hintergrund

Zugrunde lag das Verfahren eines Mannes, der bereits seit 2013 Hartz-IV bezog. Er lebte mit seiner Frau in einem Haus, für das er einen sog. Mietkaufvertrag geschlossen hatte. Die monatlichen Zahlungen aus diesem Vertrag wurden durch das Jobcenter bisher als Miete berücksichtigt, obwohl sie Kaufpreisraten für das Haus darstellten. Nachdem das Jobcenter Klarheit über die genaue Art der Unterkunftskosten erhalten hatte, verweigerte es die Weiterbewilligung.

Demgegenüber verlangte der Mann weitere Leistungen und berief sich darauf, dass Grundsicherungsleistungen aufgrund der Corona-Pandemie von Amts wegen unter Annahme unveränderter Verhältnisse für zwölf Monate weiter zu bewilligen seien.


Fehlerhafter Bescheid

Das LSG lehnte dies ab. Es hat zunächst festgestellt, dass die ursprüngliche Leistungsbewilligung fehlerhaft war. Denn vom Jobcenter sei grundsätzlich nur die Miete zu übernehmen. Im vorliegenden Fall dienten die Raten jedoch der Abzahlung des Kaufpreises. Damit würden sie zu einer Vermögensbildung führen, die vom Jobcenter nicht übernommen werden dürfe.

Es bestehe auch kein Anspruch auf Fortbewilligung der Leistungen aufgrund der Sonderregelungen des Sozialschutzpakets. Mit der neuen Vorschrift des § 67 Abs. 5 S. 3 SGB II erfolge zwar die Weiterbewilligung von Grundsicherungsleistungen bei bereits seit Längerem im Bezug stehenden Betroffenen unter der Annahme unveränderter Verhältnisse ohne Überprüfung des weiteren Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen. Diese Vorschrift dürfe jedoch nicht dazu führen, dass ein Jobcenter »sehenden Auges« Leistungen zu Unrecht gewähre.

 

1 Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22.09.2020 – L 11 AS 415/20 B ER

Besprochen in RdW 2020, Heft 23/24, Randnummer 426.

 

Dietmar Marburger

Krankenkassenbetriebswirt
n/a