15.10.2010

Repowering von Windenergieanlagen

Chancen und Herausforderungen für die Kommunen

Repowering von Windenergieanlagen

Chancen und Herausforderungen für die Kommunen

Kommunen können durch Bauleitplanung den Kurs bestimmen. | © Giovanni Rinaldi - Fotolia
Kommunen können durch Bauleitplanung den Kurs bestimmen. | © Giovanni Rinaldi - Fotolia

Seit der Inbetriebnahme des ersten kommerziellen Windparks mit 30 kleinen Anlagen in Schleswig-Holstein (1988) hat die Windenergie eine rasante Entwicklung genommen: Die Bundesrepublik verfügt aktuell über einen Bestand von 21.308 Windenergieanlagen (Stand: 30.06.2010, Quelle: DEWI GmbH 2010). Allein im letzten Jahr erfolgte ein Zubau von 952 Anlagen. Der in Folge des Klimawandels und aufgrund der energiepolitischen Ziele notwendige weitere Ausbau der Windenergie kann onshore angesichts der Begrenztheit freier Flächen nur noch über das Repowering erfolgen.

Repowering bedeutet, dass mit der Errichtung neuer Windenergieanlagen bestehende Anlagen stillgelegt und rückgebaut werden. Die Neuanlagen sind in der Regel deutlich leistungsfähiger. Nach klassischem Verständnis zielt das Repowering auf eine Erhöhung der Stromproduktion bei gleichzeitiger Reduzierung der Anlagenanzahl ab. Hierdurch kann der vorhandene Raum besser genutzt werden. Die Raumordnung (insbesondere die Regionalplanung) und die Bauleitplanung haben im Rahmen des Repowering die Möglichkeit zur Neuordnung, Konzentration und Neuausweisung von Standorten für die Windenergie. Dabei ist planungsrechtlich sicherzustellen, dass die neuen Anlagen auf den dafür vorgesehenen Flächen planungsrechtlich zulässig sind und dass sie bestehende Anlagen tatsächlich ersetzen.

Dieser Artikel soll einen Überblick über Rahmenbedingungen, Vorteile und Handlungsmöglichkeiten geben. Der Fokus der Betrachtung gilt der gemeindlichen Bauleitplanung.


Rahmenbedingungen

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gewährt dem Betreiber einer Erzeugungsquelle aus erneuerbaren Energien einen Anspruch auf unverzügliche vorrangige Abnahme des produzierten Stroms (§ 8 Abs. 1 EEG) zu einer fest definierten Vergütung (§§ 16 ff EEG). Die Vergütung erhöht sich unter bestimmten Voraussetzungen um den sogenannten Repowering-Bonus und – bei Inbetriebnahme einer Anlage vor dem 01.01.2014 – um den Systemdienstleistungsbonus (jeweils 0,5 Cent pro Kilowattstunde). Die Standortgemeinde eines Windparks profitiert von der Ertragssteigerung im Rahmen der Gewerbesteuereinnahmen auch dann, wenn der Betreiber seinen Sitz an einem anderen Ort hat, denn sie erhält 70 % der anfallenden Gewerbesteuer (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG). Ein höherer Anteil kann vereinbart werden.

Aus diesen Bestimmungen ergeben sich unmittelbar keine städtebaulich relevanten Anforderungen für die Bauleitplanung. Allerdings sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein Impuls für das Repowering und insoweit bei der planerischen Abwägung zu berücksichtigen. Sie können Ziele des Vorhabens sein und finden als solche ihren Niederschlag in den Darstellungen und Festsetzungen der Bauleitpläne.

Standortsteuerung bei Windenergieanlagen

Das Baugesetzbuch (BauGB) enthält seit 1998 eine Privilegierung für Windenergieanlagen im Außenbereich: Das Vorhaben kann und wird sich im Regelfall gegen andere öffentliche Belange durchsetzen (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB). Raumordnung und Bauleitplanung können durch eine gezielte Standortsteuerung einen entscheidenden Einfluss auf die Ansiedlung von Windenergieanlagen (und anderen privilegierten Vorhaben) im Außenbereich nehmen. Nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bewirkt die Ausweisung von Standorten zugleich, dass Windenergieanlagen auf den übrigen Flächen im Außenbereich in der Regel ausgeschlossen sind. Die Gemeinden können eine eigene Steuerung für Windenergieanlagen durch Darstellungen von Sonderflächen, Sondergebieten oder Vorranggebieten für Windenergieanlagen im Flächennutzungsplan betreiben. Sie sind dabei allerdings an die standortbezogenen Festlegungen der Raumordnung ­
(§ 1 Abs. 4 BauGB) gebunden und insoweit bei der eigenen Konzentrationsplanung eingeschränkt. Die Regionalplanung sollte ihr Windenergiekonzept daher mit den Gemeinden abstimmen. Im Idealfall ergänzen bzw. ändern die Gemeinden ihre Flächennutzungspläne zeitgleich mit dem Inkrafttreten des Raumordnungsplans.

Die Konzentrationsplanung für Windenergieanlagen muss den allgemeinen Anforderungen des Abwägungsgebotes
(§ 1 Abs. 7 BauGB) entsprechen, also der Windenergie in substanzieller Weise Raum geben. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die Planung den gesamten Außenbereich für Windenergievorhaben sperrt oder unter dem Deckmantel der Steuerung Windenergieanlagen in Wahrheit verhindert (statt vieler: BVerwG, Urteile vom 17.12.2002 – Az. 4 C 15/01; vom 24.01.2008 – Az. 4 CN 2.07). Es besteht jedoch keine Verpflichtung zur Wahl des wirtschaftlich günstigsten Standortes.

Vorteile des Repowering und Bedeutung der Bauleitplanung

Die Vorteile des Repowering aus kommunaler Sicht liegen auf der Hand: Trotz einer Erhöhung der Stromproduktion kann die Anlagenanzahl reduziert, das Landschaftsbild entlastet und die lokale Akzeptanz verbessert werden. Der positive Beitrag zum Klimaschutz, die Verbesserung des Gewerbesteueraufkommens und die Stärkung der regionalen Wirtschaft sind mehr als nur Nebeneffekte.

Die steuernde Wirkung des Flächennutzungsplanes für Windenergieanlagen ist, wie bereits erwähnt, bedeutend für eine gezielte Standortplanung. Die konkrete Ausgestaltung der Standorte und die Umsetzung der Ziele eines Repowering-Vorhabens erfolgen häufig durch Bebauungspläne und städtebauliche Verträge. Die Städte und Gemeinden können über die Bauleitplanung wesentlich mehr Einfluss auf die Standortfestlegung und –ausgestaltung nehmen, als ihnen dies über ihre Beteiligung im Genehmigungsverfahren (Entscheidung über die Erteilung oder Versagung des Einvernehmens) möglich wäre. Das Einvernehmen darf nur versagt werden, wenn dem Vorhaben öffentliche Belange entgegenstehen. Mit der „Bauleitplanung für das Repowering“ nutzen Gemeinden ihren Gestaltungsspielraum und schaffen so eine relativ sichere Investitionsgrundlage.

Möglichkeiten zur planungsrechtlichen Absicherung
des Repowering

Beim Repowering besteht die Herausforderung darin, den Austausch bestehender Anlagen gegen neue Anlagen planungsrechtlich abzusichern. Hierbei bieten sich zwei mögliche Modelle an: Der „Bebauungsplan für das Repowering“ und die Kombination von Planung mit städtebaulichen Verträgen.

Der „Bebauungsplan für das Repowering“ enthält in der Regel zunächst als Festsetzung der Art der baulichen Nutzung die Festsetzung eines „Sondergebietes Windenergie“ (§ 1 Abs. 1, 2 und § 11 Abs. 1, 2 BauNVO). Die planende Gemeinde kann die Festsetzung mit dem Zusatz verbinden, dass das Gebiet für das Repowering vorgesehen ist. Durch Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung können wirtschaftliche und technische Aspekte eingebunden werden. Über eine Festsetzung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauGB kann die Gemeinde sicherstellen, dass die neuen Anlagen erst dann zulässig sind, wenn hierfür bestehende Anlagen stillgelegt und rückgebaut werden.

Eine andere Möglichkeit zur planungsrechtlichen Absicherung des Repowering liegt in der Kombination von Planung (Raumordnungsplan, Flächennutzungsplan, Bebauungsplan) mit einem städtebaulichen Vertrag. Der Vertrag sieht unter anderem die Verpflichtung zur Stilllegung und zum Rückbau der Altanlagen (zu einem bestimmten Zeitpunkt) vor.

Ausblick

Der Ausbau der Windenergie schreitet voran. Die Kommunen haben dabei eine tragende Rolle. Dies gilt umso mehr für das Repowering, das neue Chancen eröffnet, aber auch Herausforderungen bringt. Wertvolle Unterstützung leistet die Repowering-InfoBörse (www.repowering-kommunal.de) der Kommunalen Umwelt-AktioN U.A.N., die in Kooperation mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) betrieben und durch das Bundesumweltministerium gefördert wird. Sie informiert Kommunen bundesweit über fachliche, technische und rechtliche Fragen des Repowering sowie über Fragen der Akzeptanz. Weitere Hinweise zu den kommunalen Handlungsmöglichkeiten enthält der DStGB-Leitfaden N°94 („Repowering von Windenergieanlagen – Kommunale Handlungsmöglichkeiten“). Er steht auf der Internetseite der Repowering-InfoBörse zum Download bereit und verdeutlicht: Die Kommunen halten das Heft in der Hand!

 

Ass. iur. Christian Brietzke

Juristischer Mitarbeiter der Kommunalen Umwelt-AktioN U.A.N. im Projekt „Repowering-InfoBörse“, Hannover
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