15.10.2010

Der Public Corporate Governance Kodex

Transparenz in öffentlichen Unternehmen

Der Public Corporate Governance Kodex

Transparenz in öffentlichen Unternehmen

Öffenliche Unternehmen sollen durchschaubarer werden. | © AndreasG - Fotolia
Öffenliche Unternehmen sollen durchschaubarer werden. | © AndreasG - Fotolia

Im Sommer letzten Jahres hat die Bundesregierung den Public Corporate Governance Kodex des Bundes (PCGK) verabschiedet. Er richtet sich im Grundsatz an alle Unternehmen, die in einer Rechtsform des Privatrechts organisiert sind und an denen der Bund eine Mehrheitsbeteiligung hält. Ausgenommen sind börsennotierte Gesellschaften.

Ziel ist es, die Unternehmensführung und -überwachung transparenter und nachvollziehbarer zu gestalten und die Rolle des Bundes als Anteilseigner klarer zu fassen.

Der Kodex gliedert sich in die Abschnitte „Anteilseigner und Anteilseignerversammlung“, „Zusammenwirkung von Geschäftsleitung und Überwachungsorgan“, „Geschäftsleitung“, „Überwachungsorgan“, „Transparenz“ sowie „Rechnungslegung und Abschlussprüfung“. In ihm finden sich zum einen Regelungen, die geltendes Recht widerspiegeln und daher ohnehin zu beachten sind. Zum anderen enthält er Empfehlungen und Anregungen, die zu einer Verbesserung der Organisationsverfassung beitragen sollen.


Auf ein Schlagwort reduziert geht es um die Gewährleistung einer guten Corporate Governance in Bundesunternehmen.

„comply or explain“

Die Umsetzung erfolgt mittels des Mechanismus des „comply or explain“. Das für die Führung der Beteiligung zuständige Bundesministerium hat durch eine entsprechende Verankerung im Regelwerk des Unternehmens dafür zu sorgen, dass Geschäftsleitung und Aufsichtsorgan sich jährlich erklären, ob sie den Empfehlungen entsprechen. Abweichungen vom Kodex sind mithin durchaus zulässig, aber mit Blick auf die Anforderungen des jeweiligen Unternehmens im Einzelfall nachvollziehbar zu begründen. Nicht erklären muss sich das Unternehmen, wenn es lediglich den Anregungen des PCKG nicht Folge leisten kann oder will.

Die „Kodex”-Bewegung

Das Steuerungsinstrument für sich genommen unverbindlicher Verhaltenskodizes entstammt dem anglo-amerikanischen Rechtskreis und hat sich vor allem im Recht der börsennotierten Aktiengesellschaften schon länger durchgesetzt. Der PCGK knüpft denn auch konzeptionell wie inhaltlich eng an den Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) an, der im Jahre 2002 von einer unabhängigen Regierungskommission verabschiedet wurde und seitdem regelmäßig fortentwickelt wird. Da er nicht auf die besonderen Anforderungen öffentlicher Unternehmen zugeschnitten ist, haben verschiedene Länder und Kommunen (etwa Bremen, Brandenburg, Stuttgart und Saarbrücken) eigene Kodizes entwickelt. Parallel dazu hat die OECD im Jahre 2005 Grundsätze über die Corporate Governance für Staatsunternehmen veröffentlicht. Darin kommt das berechtigte Anliegen zum Ausdruck, auch bei öffentlichen Unternehmen mittels über die zwingenden gesetzlichen Vorgaben hinausgehender Empfehlungen zur Verbesserung der Unternehmensführung beizutragen und die Unternehmensverfassung gegenüber der Allgemeinheit transparent zu machen.

Freilich stellt die Vielgestaltigkeit öffentlicher Unternehmen den Verfasser eines Verhaltenskodexes vor besondere Herausforderungen. Diese unterscheiden sich nämlich voneinander nach Rechtsform, Größe, Geschäftsfeld, Zielsetzung und Eigentümerstruktur in so erheblichem Maße, dass eine einheitliche Erfassung an ihre Grenzen stößt. Ein maßgeschneiderter „Hauskodex“ ist allerdings nicht unbedingt die bessere Alternative. Viele Kommunen als Eigentümer wären mit seiner Erstellung überfordert. Überdies wäre die Vergleichbarkeit der Unternehmensverfassungen aus Sicht der Allgemeinheit in Frage gestellt. Das Projekt eines übergreifenden Verhaltenskodexes für öffentliche Unternehmen verdient daher Unterstützung.

Die Besonderheiten öffentlicher Unternehmen

Ein solcher Kodex muss jedoch dem besonderen rechtlichen Rahmen und den tatsächlichen Bedingungen Rechnung tragen, innerhalb derer sich die Tätigkeit öffentlicher Unternehmen vollzieht. Ausgangspunkt aller Überlegungen muss dabei die Einsicht sein, dass eine rein erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand unzulässig ist, eine Gebietskörperschaft sich vielmehr nur zur Verfolgung bestimmter öffentlicher Ziele an einer juristischen Person des Privatrechts beteiligen darf. Ein Spannungsverhältnis zwischen öffentlicher Zweckverfolgung und betriebswirtschaftlich effizienter Unternehmensführung ist nicht selten die Folge, insbesondere, wenn an der Gesellschaft im Zuge einer Public-Private-Partnership auch private Investoren beteiligt sind. Diese Zweckbindung und die sich daraus ergebenden Konsequenzen aufzuzeigen, muss zentrale Aufgabe eines Verhaltenskodexes für öffentliche Unternehmen sein.

Im Weiteren vollzieht sich der Einfluss der Gebietskörperschaft auf die Gesellschaft über das Aufsichtsorgan. Dabei werden regelmäßig Beamte aus der Beteiligungsverwaltung oder Abgeordnete als Funktionsträger tätig. Der jedenfalls das Aktienrecht prägende Grundkonflikt, der sich aus der Trennung von Anteilseigentum und Geschäftsleitung ergibt (Principal-Agent-Theorie), stellt sich daher bei öffentlichen Unternehmen in modifizierter und vor allem mehrschichtiger Weise. Das hat Folgen für die Auswahl, Qualifikation und die Unabhängigkeit der Mitglieder des Aufsichtsorgans. Gerade im kommunalen Bereich schließlich tritt ein weiteres Problemfeld zu Tage, das eine Herausforderung für die Corporate Governance öffentlicher Unternehmen bedeutet, nämlich der Widerspruch zwischen dem Geheimhaltungsbedürfnis der Gesellschaft und dem Interesse der Beteiligungsverwaltung wie der Allgemeinheit, über die Verwendung der eingesetzten öffentlichen Mittel Rechenschaft zu erhalten.

Würdigung des Kodex

Dass sich der PCGK eng an das für die börsennotierten Aktiengesellschaften maßgebliche Vorbild anlehnt, hat besonders gravierende Folgen für öffentliche Unternehmen in der Rechtsform der GmbH. Aus durchaus nachvollziehbaren Gründen wird damit im Grundsatz das stärker formalisierte und abgegrenzte Kompetenzgefüge des Aktienrechts auf die GmbH übertragen.

Nimmt man die Unterschiede zwischen den Kodizes in den Blick, so stellt der Kodex für die öffentlichen Unternehmen an nicht wenigen Stellen striktere Empfehlungen auf als sein kapitalmarktrechtliches Pendant. Das betrifft etwa Fragen der Vergütung und Bestellungsdauer der Geschäftsleitung, der Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder sowie den Abschluss von Beratungsverträgen mit Organmitgliedern. Über deren Überzeugungskraft ist hier nicht im Einzelnen zu richten. Besonderheiten des öffentlichen Bereichs spiegeln sie indessen nur insofern wider, als jede Verschärfung der Regeln der Corporate Governance die besondere Verantwortung der öffentlichen Hand für eine zweckentsprechende Verwendung öffentlicher Mittel herausstellt.

Die oben beschriebenen Eigenarten öffentlicher Unternehmen dagegen kommen im Kodex eindeutig zu kurz. Namentlich ist zu kritisieren, dass der öffentliche Auftrag und die aus seiner Verfolgung herrührenden Interessenkonflikte sowie die spezifischen Herausforderungen an das Aufsichtsorgan allenfalls beiläufig Erwähnung finden, ihre Bewältigung aber nicht im Einzelnen ausgeformt ist.

Fazit

Mit dem Public Corporate Governance Kodex des Bundes hat die Bundesregierung einen ersten wichtigen Schritt zur Verbesserung der Transparenz und Effizienz bei öffentlichen Unternehmen getan. Ihm müssen indes weitere folgen, weil der Kodex das spezifisch „Öffentliche“ dieser Unternehmen noch nicht genügend verarbeitet. Da diese Defizite noch augenfälliger werden, wenn man die kommunalen Unternehmen in die Betrachtung einbezieht, sollten Länder und Kommunen ihn nur in modifizierter Form übernehmen. Dann jedoch sollte er sich als ein sinnvolles Instrument moderner Unternehmensführung erweisen.

 

Prof. Dr. Jan Schürnbrand

Lehrstuhl f. Bürgerliches Recht, Handels-, Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
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