15.10.2010

Beste Perspektiven für Absolventen

Studienreform an den Hochschulen des öffentlichen Dienstes

Beste Perspektiven für Absolventen

Studienreform an den Hochschulen des öffentlichen Dienstes

Ohne Umwege fit für die Zukunft. | © Robert Mizerek - Fotolia
Ohne Umwege fit für die Zukunft. | © Robert Mizerek - Fotolia

Die flächendeckende Einführung der gestuften Bachelor- und Masterstudiengänge ist eines der wichtigsten Ziele der Hochschulpolitik. Nach der Statistik der HRK führten im Sommersemester 2010 bereits 81 % aller Studiengänge an deutschen Hochschulen zu einem gestuften Abschluss. Drei Viertel aller Erstsemester immatrikulierten sich in einem Bachelor- oder Masterstudiengang. Es gibt derzeit in Deutschland insgesamt 5.817 Bachelor- und 4.989 Masterstudiengänge, davon an Fachhochschulen 2.335 Bachelor- und 1.374 Masterstudiengänge. Diese Zahlen zeigen, dass die neuen Studiengänge die Studienlandschaft bereits ganz überwiegend prägen. Die Fachhochschulen, die nur 25 % aller Studierenden stellen, spielen eine aktivere Rolle als die Universitäten. Die Universitäten bieten 77 % ihres Gesamtangebots in der gestuften Studienstruktur an; der Anteil an den Fachhochschulen beläuft sich dagegen auf 97 % (3.709 von 3.840). Das Jahr 2010, ursprünglich als Zielmarke anvisiert, wird nur eine Durchgangsstation auf dem Weg zum gemeinsamen europäischen Hochschulraum sein. Inzwischen werden Überlegungen für die Zeit nach 2010, für ein „Bologna 2020“, angestellt.

Zügige Umstellung der Studiengänge

Auch für den öffentlichen Dienst mit seinen bundesweit 36 Fachhochschulen mit insgesamt etwa 40.000 Studierenden gewinnen die Mobilität, die Interdisziplinarität, das lebenslange Lernen und der Wettbewerb um gute Studienbewerber wachsende Bedeutung. Die Ziele des Bolognaprozesses – wie das System gestufter und modularisierter Abschlüsse, die Qualitätssicherung durch Akkreditierung und die Flexi­bilisierung von Lern- und Lebenswegen – sind ebenso bedeutsam wie für den allgemeinen Hochschulbereich. In der Ausbildung des öffentlichen Dienstes werden die Studiengänge zügig auf das gestufte System umgestellt. Die Hochschulen des öffentlichen Dienstes (HöD) befürchten, andernfalls im Wettbewerb um gute Studienbewerber auf Dauer nicht mehr bestehen zu können, die Herauslösung aus dem Hochschulbereich zu riskieren und für sich und ihre Absolventen den Anschluss an den europäischen Hochschulraum zu verlieren. Die Überwindung der Abgrenzung zwischen dem allgemeinen Hochschulbereich und den HöD verspricht Effizienz- und Synergie-Effekte. Obwohl die Laufbahnausbildungen an die Vorgaben nicht unmittelbar gebunden sind, hat inzwischen die Mehrzahl der für die Ausbildung des gehobenen Dienstes verantwortlichen Hochschulen die Umstellung eingeleitet oder bereits abgeschlossen.

In der derzeitigen Diskussion wird der Bachelorabschluss von der universitären Seite in Misskredit gebracht. Dies verunsichert die Studierenden im Lande. Während die Uni-Studenten auf die Straße gehen, sind unsere Studierenden weitgehend zufrieden. Die Klagen vor allem aus den großen Universitäten – schlechte Studienbedingungen, fehlender Praxisbezug, überzogene Arbeits- und Prüfungsbelastung, hohe Abbrecher- und Durchfallquoten, ungünstige Berufschancen – treffen auf die HöD nicht zu. Sie haben kurze, meist nur dreijährige, praxisorientierte und klar strukturierte Studiengänge, in denen neben Fachkompetenzen auch Schlüsselkompetenzen vermittelt werden. Die HöD sind nicht mit den Bedingungen des Massenstudiums konfrontiert. Ihre Erfolgsfaktoren sind die gute Betreuung der Studierenden, geringe Dropout- bzw. hohe Erfolgsquoten und hervorragende Berufsaussichten. Die Berufsqualifizierung ist seit jeher praktizierte Selbstverständlichkeit. Verbesserungsmöglichkeiten wies die Ausbildung in der Verknüpfung der fachtheoretischen und fachpraktischen Ausbildung, der Leitbild- und Lernzielorientierung des Studienangebots, der Interdisziplinarität der Studienpläne, der Transparenz des Lernaufwands der Studierenden und der Qualitätssicherung des Studiums auf. Zur Aufarbeitung bietet die Einrichtung von Bachelorstudiengängen besondere Chancen für noch mehr Qualität.


Neuorientierung der Studienangebote

Die HöD sehen den Bolognaprozess als Anlass für eine durchgreifende Studienreform, durch die die Studienangebote noch stärker von den Anforderungs- und Qualifizierungszielen her definiert werden. Die Überführung der Diplomstudiengänge des gehobenen Dienstes der Innen- und Steuerverwaltung, Sozialversicherung, Allgemeinen Finanzverwaltung, des Polizeidienstes, des Justizvollzugsdienstes, der Rechtspfleger und anderer Ausbildungsgänge in Bachelorstudiengänge wirkt sich auf die Studienstruktur und die Studieninhalte, auf die Organisationsabläufe in der Hochschule und in den Verwaltungen und auf die Entscheidungen der Studierenden aus. Die Umstellung vom Diplomverwaltungswirt bzw. Diplomfinanzwirt auf den Bachelor bringt grundlegende Neuerungen mit sich und bezieht alle Akteure an der Hochschule ein. Der Lernende steht mit seinem Arbeitsaufwand und den Kompetenzen im Vordergrund, die er im Laufe des Studiums erlangt (learning outcome). Neben der Modularisierung des Studiums werden die Studium- und Praxisphasen geändert und die Studieninhalte erweitert. Die Abnehmerseite wird in den Umgestaltungsprozess und in die Qualitätssicherung einbezogen. Die HöD vermitteln ihren Studierenden mehr noch als bisher neben dem notwendigen differenzierten Fachwissen auch System-, Methoden- und Sozialkompetenzen. Die Absolventinnen und Absolventen sollen befähigt werden, sich auf die Anforderungen einer sich schnell ändernden Verwaltung und eines insgesamt im Wandel begriffenen Arbeitsmarktes einzustellen.

Die Fortsetzung des mit dem Bolognaprozess eingeschlagenen Weges ist richtig und notwendig. Junge Menschen können mit dem Bachelor in überschaubarer Zeit einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss erwerben. Nach dem ersten Studium können sie eine Berufstätigkeit aufnehmen oder ein konstitutives bzw. berufsbegleitendes Masterstudium beginnen. Ein entscheidender Fortschritt des Bologna-Prozesses liegt darin, dass die grundständigen Studiengänge hochschulartenübergreifend den Zugang zu einschlägigen Masterstudiengängen eröffnen. Mit der Einrichtung von Masterstudiengängen können sich die Hochschulen auf dem Bildungsmarkt besonders positionieren, ihr Profil schärfen und auf die veränderte Nachfrage von Studierenden und deren zukünftigen Arbeitgebern reagieren. Mehr als 85 % der Bachelor-Absolventen an HöD finden auch unmittelbar im Anschluss an das Studium eine Stelle. Im Vergleich hierzu schaffen an den allgemeinen Fachhochschulen 59 % und an den Universitäten 22 % der Bachelorabsolventen den Direkteinstieg in den Beruf, wobei allerdings auch die verbliebenen Uni-Absolventen, insgesamt 86 %, spätestens nach eineinhalb Jahren vollbeschäftigt sind (HRK April 2009, INCHER Absolventenbefragung 10/2009). Auch in der Wirtschaft sind Bachelorabsolventen mit 90 % sehr willkommen (Unternehmensberatung Staufenbiel, 2009).

Eine Reform in diesem Ausmaß wird nicht immer reibungslos verlaufen und bedarf der weiteren Entwicklung. Auch an den HöD gibt es Vorschläge zur weiteren Optimierung des Bachelorstudiums. Es wird daran gearbeitet

die Wahlmöglichkeiten zu erhöhen,

in den Curricula ausreichend Zeit für eine kritische ­Reflexion der Studieninhalte einzuplanen,

die Arbeits- und Prüfungsbelastungen für die Studierenden zu überprüfen und ein realistisches Maß zu ­gewährleisten,

die ländergemeinsamen Vorgaben für die Bachelor- und Masterstudiengänge weitgehend zu flexibilisieren und keine über die ländergemeinsamen Strukturvorgaben hinausgehenden spezifischen Länderregelungen zu treffen, die die Gestaltungsfreiheit der Hochschulen einengen,

die Zusammenarbeit mit dem allgemeinen Hochschulbereich im Zusammenhang mit der Einrichtung verwaltungsspezifischer Masterstudiengänge zu vertiefen.

Die besonderen Chancen des Bolognaprozesses, berufsbegleitende Qualifikationen und Abschlüsse zu ermöglichen, müssen im Sinne eines lebenslangen Lernens im öffentlichen Dienst verstärkt genutzt werden. Belastbare Zahlen über den weiteren Karriereverlauf der Absolventen und darüber, ob sie zunächst eine Berufstätigkeit aufnehmen oder ihre akademische Ausbildung fortsetzen, liegen noch nicht vor. Es ist zu erwarten, dass die Reform zu einem positiven Verlauf der Ausbildung des öffentlichen Sektors beitragen wird, damit auch in Zukunft sehr gut ausgebildete Absolventinnen und Absolventen zur Verfügung stehen.

 

Prof. Walter Maier

Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg Präsident der Rektorenkonferenz der Hochschulen für den öffentlichen Dienst
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