15.10.2010

Dienstrechtsreform in Bayern

Vorbild für andere Bundesländer?

Dienstrechtsreform in Bayern

Vorbild für andere Bundesländer?

Ob mit der Reform der „große Wurf“ gelungen ist, bleibt abzuwarten. | © apfelweile - Fotolia
Ob mit der Reform der „große Wurf“ gelungen ist, bleibt abzuwarten. | © apfelweile - Fotolia

Am 14.07.2010 hat der Bayerische Landtag das „Gesetz zum Neuen Dienstrecht in Bayern“ beschlossen. Damit hat der Gesetzgeber den vorläufigen Schlussstrich unter eine intensive politische Diskussion über die Reform des öffent­lichen Dienstrechts in Bayern gezogen. Die Änderungen treten im Wesentlichen am 01.?01.?2011 in Kraft.

Ausgangspunkt: Föderalismusreform

Mit der sogenannten „Föderalismusreform I“ wurde im Jahr 2006 die Kompetenz zur Regelung des Laufbahn-, Besoldungs- und Versorgungsrechts der Landes- und Kommunalbeamten auf die Länder übertragen. Der Bund verfügt seitdem nur noch über das Recht zur konkurrierenden Gesetzgebung für die Statusrechte und -pflichten der Beamten in den Ländern (Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 des Grundgesetzes). Schon bald war klar, dass Bayern in diesem Bereich nicht nur Bundes- in Landesrecht überführen wird, sondern dabei auch eine Reform des öffentlichen Dienstrechts vornehmen wird. Im Januar 2010 wurde dann von der Staatsregierung der Entwurf eines Gesetzes zum Neuen Dienstrecht dem Landtag vorgelegt, mit dem Bayern das Laufbahn-, Besoldungs- und Versorgungsrecht der bayerischen Beamten und Richter künftig selbst regelt. Im Bayerischen Landtag wurde das Reformprojekt heftig diskutiert, der Gesetzentwurf wurde nach den Beratungen in den verschiedenen Ausschüssen noch an vielen Stellen überarbeitet, bevor er im Juli 2010 verabschiedet werden konnte.

 

Inhalt des Reformgesetzes

Das umfangreiche Artikelgesetz enthält folgende Gesetzesänderungen:


ein völlig überarbeitetes Bayerisches Besoldungsgesetz,

ein neues Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz,

ein neues Leistungslaufbahngesetz, in dem die bisher im Bayerischen Beamtengesetz und in der Laufbahnverordnung enthaltenen laufbahnrechtlichen Regelungen zusammengefasst werden,

Mit dem Artikelgesetz werden außerdem 14 weitere Landesgesetze geändert, unter anderem auch das Bayerische Beamtengesetz, das Bayerische Disziplinargesetz, das Bayerische Personalvertretungsgesetz, das Bayerische Richtergesetz, das Bayerische Reisekostengesetz, das Bayerische Umzugskostengesetz, das Rechnungshofgesetz, das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Staatsregierung und das Bayerische Abgeordnetengesetz.

Die Dienstrechtsreform ist damit noch keineswegs abgeschlossen, eine Reihe weiterer Gesetze muss noch an die neuen Regelungen angepasst werden. Neu gestaltet werden muss auch noch das „Gesetz über Kommunale Wahlbeamte“, einschließlich der dort enthaltenen Vorschriften zur ­Besoldung und Versorgung der Kommunalpolitiker in Bayern.

Inhaltliche Schwerpunkte der Reform

Die materiellen Änderungen der Dienstrechtsreform sind so vielfältig, dass sie hier nur kurz angedeutet werden können.

Laufbahnrecht

Schwerpunkt des Gesetzgebungsverfahrens war eine stärkere Leistungsorientierung des Laufbahnrechts.

Die vier Laufbahngruppen des einfachen, mittleren, gehobenen und höheren Dienstes werden durch eine durchgehende Leistungslaufbahn ersetzt, in die je nach Vor- und Ausbildung sowie gegebenenfalls unter Berücksichtigung beruflicher Leistungen in vier unterschiedlichen Qualifikations-
ebenen eingestiegen wird.

Die sogenannten Verzahnungsämter zwischen den bisherigen Laufbahngruppen in den Besoldungsgruppen A 6, A 9 und A 13 fallen weg. Bei modularer Qualifizierung für Ämter der nächsthöheren Qualifikationsebene ist kein doppeltes Durchlaufen der Ämter mehr erforderlich.

Der Aufstieg vom mittleren in den gehobenen und vom gehobenen in den höheren Dienst wird durch ein System der modularen Qualifizierung ersetzt.

Die Zahl an Laufbahnen wird zu insgesamt sechs Fachlaufbahnen gebündelt (Verwaltung und Finanzen, Bildung und Wissenschaft, Justiz, Polizei und Verfassungsschutz, Gesundheit sowie Naturwissenschaft und Technik). Der Laufbahnwechsel wird erleichtert.

Die Beurteilungskriterien werden in das Gesetz aufgenommen.

Statusrecht

Wie in der gesetzlichen Rentenversicherung wird das Pensionseintrittsalter schrittweise auf 67 Jahre, bei Vollzugsbeamten auf 62 Jahre, angehoben.

Die Altersgrenze von 64 Jahren für einen voraussetzungslosen Ruhestand auf Antrag wird beibehalten. Vollzugsbeamte und schwerbehinderte Beamte können mit Vollendung des 60. Lebensjahres auf Antrag in den Ruhestand treten.

Besoldungsrecht

Der Einstieg in das Grundgehalt sowie der Aufstieg in den Grundgehaltsstufen wurden stärker leistungsabhängig gestaltet:

Abkehr vom Besoldungsdienstalter: Der Einstieg in die Grundgehaltstabelle erfolgt bei der erstmaligen Ernennung grundsätzlich in der Anfangsstufe. Ausnahmen gelten z. B. für Fachlaufbahnen mit fachlichem Schwerpunkt in technischer Ausrichtung, auch eine für die Beamtentätigkeit förderliche frühere hauptberufliche Tätigkeit kann berücksichtigt werden.

Der Aufstieg in den Grundgehaltsstufen erfolgt wie bisher in regelmäßigen Zeitabständen. Voraussetzung für den Stufenaufstieg ist aber künftig, dass die erbrachten Leistungen den mit dem jeweiligen Amt verbundenen Mindestanforderungen entsprechen; hierfür bedarf es einer Leistungsfeststellung.

Nicht anforderungsgerechte Leistungen hemmen das Vorrücken in den Stufen.

Die Regelungen zu flexiblen Leistungselementen, d. h. Leistungsprämien und Leistungsstufen, werden fortgeführt.

Versorgungsrecht

Das Referenzalter für die Berechnung des Versorgungsabschlags bei vorzeitigem Ruhestandseintritt wird wie die allgemeine gesetzliche Altersgrenze angehoben.

In Anlehnung an das Rentenrecht ist es künftig allerdings möglich, bei langjähriger Dienstzeit ohne Abschläge vorzeitig in den Ruhestand versetzt zu werden.

Fazit

Der Bayerische Landtag hat eine umfangreiche Reform des öffentlichen Dienstrechts in Bayern beschlossen und dabei den Schwerpunkt auf eine stärkere Betonung des Leistungsprinzips gesetzt. Das „Gesetz zum Neuen Dienstrecht in Bayern“ gibt den Dienstvorgesetzten in den staatlichen und kommunalen Verwaltungen mehr als bisher die Möglichkeit, bei ihren Beamten nach Leistung zu differenzieren. Der Eindruck, das Leistungsprinzip werde damit erstmals in das Beamtenrecht eingeführt, ist allerdings nicht richtig. Schon bisher gab es im Beamtenrecht etwa die Möglichkeit, gute oder gar herausragende Leistungen einer Beamtin oder eines Beamten bei der Beförderung zu berücksichtigen. Was in der Vergangenheit aber gelegentlich gefehlt hat, waren Dienstvorgesetzte, die das auch konsequent in die Praxis umgesetzt haben. Bereit gestellt werden müssen künftig aber auch die Haushaltsmittel, die für eine bessere Honorierung von Leistungsträgern im öffentlichen Dienst notwendig sind. In welchem Umgang die staatlichen und kommunalen Behörden von den zusätzlichen neuen Möglichkeiten Gebrauch machen, bleibt daher abzuwarten.

 

Anton Knoblauch

Regierungsdirektor, Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, Mitherausgeber der VSV Bayern, München
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