15.10.2010

Personalwirtschaft für die Zukunft

Das kleine 1 × 1 der Personalentwicklung

Personalwirtschaft für die Zukunft

Das kleine 1 × 1 der Personalentwicklung

Strategische Ziele festzulegen, ist Aufgabe der Behördenleitung. | © Guillermo lobo - Fotolia
Strategische Ziele festzulegen, ist Aufgabe der Behördenleitung. | © Guillermo lobo - Fotolia

Spätestens der Blick auf die Altersstruktur in der eigenen Verwaltung bringt es an den Tag: Die demografische Entwicklung ist auch hier längst angekommen – mit all ihren Herausforderungen. Der steigende Altersdurchschnitt der Belegschaft, der fehlende (und teilweise schlechter qualifizierte) Nachwuchs sowie der Wissensverlust durch das Ausscheiden Älterer erfordern eine strategische Personalentwicklung.

Was für eine strategische Personalentwicklung ­unverzichtbar ist

„Wo haben wir und wo brauchen wir bis wann welches Personal?“ lautet die Einstiegsfrage in eine systematische Personalentwicklung. Eine Analyse der Ausgangssituation mit Altersstrukturanalyse und Bestandsaufnahme bisheriger Personalentwicklungsaktivitäten liefert hierfür erste Antworten und Handlungsbedarfe. Weitere ergeben sich aus den Fragen: „Wie werden sich die Aufgaben ändern, und welche Anforderungen erwachsen daraus für welche Zielgruppen?“ und „Welche strategischen Ziele hat die Verwaltung?“

Ein wichtiges Instrument für die Beantwortung der letztgenannten Fragen ist das Anforderungsprofil. Anforderungsprofile für einzelne Stellen und Rahmenprofile als standardisierte Anforderungsprofile für Personen mit gleicher Aufgabenstellung wurden bisher eher im Zusammenhang mit Stellenbesetzungsverfahren gesehen, wo sie als erster Schritt eines professionellen Verfahrens und zum Nachweis eines rechtssicheren und insbesondere dem AGG entsprechenden Auswahlverfahrens unverzichtbar sind. Im Rahmen einer systematischen Personalentwicklung nehmen sie jedoch ebenfalls eine Schlüsselrolle ein: Nur wenn klar benannt wird, welche fachlichen und außerfachlichen (methodischen, sozialen und persönlichen) Anforderungen für eine erfolgreiche Aufgabenbewältigung zukünftig erfüllt sein müssen, kann in einem Abgleich mit den vorhandenen Kompetenzen der Personalentwicklungsbedarf eines Mitarbeiters bzw. einer Mitarbeiterin oder einer bestimmten Personengruppe festgelegt werden.


Auch für die Verwaltung als Ganzes kann sich dabei ergeben, dass zukünftig einzelne „Kernkompetenzen“ zunehmend wichtiger werden – beispielsweise Lerninteresse, die Fähigkeit, mit sich ständig verändernden Anforderungen umgehen zu können, oder auch die Fähigkeit, sich auf Personen mit anderen kulturellen Hintergründen einstellen zu können.

Welche Aufgabe den Führungskräften bei der Personalentwicklung zukommt

Den Rahmen für diesen Abgleich zwischen Soll und Ist bezogen auf eine einzelne Person bietet nach wie vor das Mitarbeitergespräch (MAG). Losgelöst vom Alltagsgeschäft und gut vorbereitet soll in diesem strukturierten Gespräch zwischen Mitarbeiterin bzw. Mitarbeiter und unmittelbarer Führungskraft über vorab festgelegte Themen wie auch über erforderliche Personalentwicklungsmaßnahmen gesprochen werden. In der Praxis kommt dieser Aspekt jedoch häufig zu kurz. Dies liegt teilweise daran, dass keine abgestimmten Kriterien vorliegen, die der Führungskraft eine Grundlage für die Einschätzung von Kompetenzen und Potenzialen bieten, teilweise aber auch daran, dass die Führungskräfte ihre Rolle im Prozess der Personalentwicklung noch nicht in ausreichendem Maße wahrnehmen.

Zu den Aufgaben der Führungskraft gehört es, den Entwicklungsbedarf der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erkennen, ihre Entwicklung zu fördern, ihnen aber auch kritische Rückmeldung zu wahrgenommenen Leistungen zu geben. Dass Führungskräfte zur Wahrnehmung dieser Aufgaben häufig selbst Entwicklungsbedarf haben, zeigte sich insbesondere bei der Einführung der leistungsorientierten Bezahlung nach § 18 TVÖD, wo genau dies gefordert wird.

Welche Aufgabe den Personalentwicklern und der Behördenleitung zukommt

Personalentwicklungsbedarfe aus den einzelnen Bereichen zusammenzuführen und zusätzlich für die Gesamtverwaltung strategisch bedeutende Bedarfe zu identifizieren, gehört mittlerweile in vielen Verwaltungen zum Aufgabenbereich des Personalentwicklers bzw. der Personalentwicklerin. Konzepte hierfür zu entwickeln, Führungskräfte entsprechend zu beraten bzw. hierfür zu qualifizieren sowie die Umsetzung geeigneter Maßnahmen zu unterstützen, ergänzen die Aufgabenstellungen eines Personalentwicklers.

Strategische Ziele vorzugeben, vorrangige Zielgruppen auszuwählen und zielführende Maßnahmen festzulegen, ist jedoch Aufgabe der Behörden- bzw. Verwaltungsleitung. Der Personalentwickler bzw. die Personalentwicklerin kann die Entscheidungsfindung allerdings durch Datenanalyse und ermittelte Handlungsbedarfe unterstützen.

Mit Blick auf die demografische Entwicklung ergeben sich für das strategische Ziel „Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit der Organisation“ Handlungsbedarfe insbesondere hinsichtlich „älterer Beschäftigter“, „Nachwuchskräften“ und des Wissenstransfers zwischen beiden Gruppen. Gleichzeitig zwingt dieses Ziel aber auch zur Auseinandersetzung mit der Frage, wie Personalentwicklung dazu beitragen kann, dass die Leistungsfähigkeit und Motivation der Beschäftigten gehalten und gefördert wird: keine neue Frage im Rahmen von Personalentwicklung, aber mehr denn je von strategischer Bedeutung.

Wie mittels Personalentwicklungsmaßnahmen und ­-programmen dem demografischen Wandel begegnet werden kann

Je nach Ausgangslage und vordringlichem Handlungsbedarf können mit Blick auf Herausforderungen durch die demografische Entwicklung folgende Personalentwicklungsmaßnahmen in Betracht kommen:

Personalmarketing (um qualifizierte Nachwuchskräfte zu gewinnen), Einarbeitungsprogramme (um die Einstiegsmotivation möglichst lange aufrechtzuerhalten), Gesundheitsförderung und Prävention (um die Leistungsfähigkeit zu erhalten), Potenzialeinschätzungen (um gezielt Potenziale identifizieren und fördern zu können), Führungskräftequalifizierung (um die Führungskräfte in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben im Rahmen der Personalentwicklung wahrzunehmen sowie die Motivation ihrer Beschäftigten zu fördern), altersgemischte Zusammensetzung von Teams (um das wechselseitige Verständnis zwischen Älteren und Jüngeren zu fördern), Mentoringprogramme und Wissensmanagement (um das Wissen einzelner Beschäftigter in geeigneter Form an andere weiterzugeben bzw. für die Organisation zu erhalten), lebensphasen- bzw. lebensereignisorientierte Personalentwicklungsmaßnahmen (um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern).

Fazit

Grundlage einer strategischen Personalentwicklung sind vor allem Altersstrukturanalysen, eine Ermittlung zukünftig erforderlicher Kompetenzen und verbindliche Zielsetzungen.Nur so kann eine zielorientierte Auswahl geeigneter Maßnahmen erfolgen und Personalentwicklung einen Beitrag zur Bewältigung des demografischen Wandels leisten. Leitung und Führungskräfte sind hierbei jeweils besonders gefordert.

Hinweis der Redaktion: Der Beitrag wird fortgesetzt. Lesen Sie in der nächsten Ausgabe „Potenziale entdecken und ­entwickeln“.

 

Dr. Anne Drescher

Personalentwicklungsberaterin und -trainerin, dpe Drescher Personalentwicklung, Potsdam
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