15.09.2011

Lokal handeln – Klimaschutz in der Stadt

Bausteine der städtischen Klimaschutzpolitik

Lokal handeln – Klimaschutz in der Stadt

Bausteine der städtischen Klimaschutzpolitik

Klimaschutz hat neben einer ökologischen auch eine wirtschaftliche und soziale Dimension. | © Goinyk Volodymyr - Fotolia
Klimaschutz hat neben einer ökologischen auch eine wirtschaftliche und soziale Dimension. | © Goinyk Volodymyr - Fotolia

Weltweit häufen sich die Schreckensmeldungen von Flutwellen, Dürren und Wirbelstürmen. Auch in Deutschland ist der Klimawandel fortschreitend zu spüren: So fiel in den Bayerischen Alpen die Erwärmung in den letzten 50 Jahren doppelt so hoch aus wie im globalen Durchschnitt. Gletscher verschwinden, Gebirge bedrohen Mensch und Natur mit Bergrutschen und Felsstürzen. Extremwetterereignisse nehmen zu, Hitzewellen und verstärkte Pollenbelastung gehen zulasten unserer Gesundheit. Auch die Ausdehnung der Risikogebiete für Zecken übertragene Hirnhautentzündungen (FSME) oder die Ausbreitung der asiatischen Tigermücke als potenzieller Krankheitsüberträger sind Zeugen des Klimawandels. Klimapolitik kann den Klimawandel nicht mehr rückgängig machen, sie muss aber seine Folgen eindämmen.

Strategien der Klimapolitik

Klimapolitik verfolgt Strategien zum Klimaschutz. Bausteine des Klimaschutzes sind die Energieeinsparung, die Steigerung der Energieeffizienz und der Ausbau der erneuerbaren Energien bei gleichzeitiger Reduktion des Einsatzes fossiler Brennstoffe. Maßnahmen für den Klimaschutz zielen auf die Minimierung des Ausstoßes von Kohlendioxid (CO2) und anderen klimafeindlichen Treibhausgasen ab, damit die Aufheizung der Erdatmosphäre im 21. Jahrhundert auf einem erträglichen Niveau gehalten werden kann.

Klimapolitik muss sich auch mit Anpassungsstrategien befassen. Sie zielen darauf ab, die Anfälligkeit von Mensch und Umwelt gegenüber den Folgen des Klimawandels zu verringern. Die Anpassung zieht sich als Querschnittsaufgabe durch sämtliche Bereiche der Stadtpolitik. Nur beispielhaft seien hier der Hochwasserschutz, die Sicherung der Wasservorräte, der Umbau der Kommunalwälder zu robusten Mischwäldern, die Anpassung städtischer Infrastruktur wie Stromnetze oder Abwasserentsorgung an Extremwetterereignisse, die Erhaltung und Schaffung ausreichender Frischluftschneisen für ein verträgliches Stadtklima oder das Katastrophenmanagement genannt.


Resolution des Bayerischen Städtetags

Die Vollversammlung des Bayerischen Städtetags hat am 20. und 21. Juli 2011 in Bad Reichenhall über städtische Klimaschutzpolitik beraten und eine Resolution mit Forderungen an Bund und Land verabschiedet. In der Präambel wird der Atomausstieg und die Absicht von Bund und bayerischer Staatsregierung begrüßt, die Energiewende zu den erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Die Städte sehen in der Energiewende Chancen für einen nachhaltigen Klimaschutz sowie für ein modernes Energiesystem, das sich auf erneuerbare Energien und eine dezentrale Energieversorgung stützt. Dabei muss auch für die Endlagerung der radioaktiven Abfälle eine Lösung gefunden werden. Die Energieversorgung muss umweltfreundlich, wirtschaftlich und sozialverträglich sein.

Städte und Gemeinden sind von der Umstellung auf erneuerbare Energien fünffach betroffen: Als Planungsträger, Grund- und Gebäudebesitzer, größte öffentliche Auftraggeber, Vorbild für Bürgerschaft und Wirtschaft sowie vor allem durch ihre Stadtwerke. Die kommunalen Energieversorgungsunternehmen befinden sich schon jetzt mitten im Umstellungsprozess auf erneuerbare Energien mit einer Fülle dezentraler Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung, Wasserkraft, Windkraft oder Photovoltaik. Ohne die Stadtwerke und ohne die Vielfalt dezentraler kommunaler Kraftwerke ist die Energiewende nicht zu meistern.

Der Bayerische Städtetag unterstützt die Strategie des „Energiepolitischen Dreisprungs“: Energie sparen, Energieeffizienz steigern und Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ausbauen.

Forderungen an Bund und Land

Städte, Gemeinden und ihre Unternehmen werden als geborene Partner für Bund und Land weiter in erneuerbare Energien investieren. Sie brauchen dafür Rechts- und Planungssicherheit. Der Bayerische Städtetag hat folgende Forderungen an Bund und Land erhoben (Kurzfassung):

– Konsequent auf Energieeinsparung setzen
– Die Energieeffizienz steigern
– Nachhaltige Mobilität sichern und den Öffentlichen Personennahverkehr ausbauen
– Die Rolle der Stadtwerke sichern und ausbauen
– Den Ausbau der erneuerbaren Energien zügig vorantreiben
– Planung intensivieren und interkommunale Zusammenarbeit ausbauen
– Planungsentscheidungen transparent gestalten
– Genehmigungsverfahren vereinfachen und beschleunigen
– Bedingungen für kommunale Netzübernahmen erleichtern
– Standortgemeinden finanziell am Energieumbau beteiligen.

Handlungsmöglichkeiten der Stadtpolitik

Die Handlungsmöglichkeiten der Stadtpolitik sind vielseitig. Gefordert sind gleichermaßen die Stadträte, die Stadtverwaltungen und die städtischen Unternehmen. Städte können über ihre Stadtentwicklungskonzepte, die Bauleitplanung und eine aktive Verkehrspolitik Rahmenbedingungen für einen klimafreundlichen Alltag schaffen. In allen Bereichen der kommunalen Daseinsvorsorge finden sich große Potenziale zur Energieeinsparung und Steigerung der Energieeffizienz, von der Abwasserentsorgung bis zur Straßenbeleuchtung. Städte können über ihre Beschaffung klimafreundliche Technologien und Dienstleistungen befördern, wie umweltfreundliche Informationstechnologien („GreenIT“), Elektrofahrzeuge oder „grünen“ Strom. Auch der Einsatz ökologischer Baustoffe wie Holz gehört dazu. Mit ihren Liegen-schaften können Städte nicht nur selbst viel für die Strom- und Wärmeeinsparung tun, sie sind auch Vorbild. Es sind Städte, die die Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Vereine vor Ort am besten erreichen. Städte sind auch Berater und Promotor in Sachen Klimaschutz. Ebenso tragen kommunale Energieversorgungskonzepte von Städten und Stadtwerken sowie der Umstieg auf regenerativ erzeugten Strom, auf Bioerdgas und die Umstellung der kommunalen Fahrzeugflotte auf neuartige Antriebe und Treibstoffe zur Energiewende bei.

Wirtschaftliche und soziale Dimensionen des Klimaschutzes

Staat, Wirtschaft, Kommunen und jeder Einzelne sind aus ihrer Verantwortung gegenüber der Umwelt und den nachfolgenden Generationen zu Klimaschutz verpflichtet. Städtische Klimaschutzpolitik ist aber nicht nur ökologisch motiviert. Es gibt auch aus wirtschaftlichen Gründen keine Alternative zum Klimaschutz. Sollte es nicht gelingen, den Klimaschutz deutlich zu intensivieren, wird der fortschreitende Klimawandel bis 2100 allein in Deutschland 3.000 Milliarden Euro an Kosten für die Beseitigung von Umweltschäden, für die Anpassung an den Klimawandel und für erhöhte Energiekosten verursachen. Bayern und seine Kommunen werden aufgrund der besonderen Problematik des Alpenraums vergleichsweise hohe Kosten zu tragen haben.

Nicht zu vergessen sind die volkswirtschaftlichen Auswirkungen des Klimaschutzes. Investitionen in den Klimaschutz geben gerade auch der heimischen Wirtschaft und den heimischen Arbeitsmärkten Impulse. Somit ist Klimaschutz auch Wirtschaftsförderung.

Und letztendlich haben Maßnahmen zum Klimaschutz immer eine soziale Dimension. Sozial Schwächere leiden mehr unter steigenden Energie- und Umweltkosten als besser Verdienende. Maßnahmen für den Klimaschutz ersparen den Verbrauchern langfristig Kosten und bedeuten auch einen Gewinn an Lebensqualität.

Das Diskussionspapier des Bayerischen Städtetags, dem Teile dieses Beitrages entstammen, und die Resolution mit den Forderungen an Bund und Land können im Internet unter www.bay-staedtetag.de (Jahrestagungen) heruntergeladen werden.

 

Bernd Buckenhofer

Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags, München
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