15.12.2010

Die neue Grundwasserverordnung

Erste Bundesverordnung im Gefolge des neuen WHG endlich in Kraft

Die neue Grundwasserverordnung

Erste Bundesverordnung im Gefolge des neuen WHG endlich in Kraft

Vom guten Zustand des Grundwassers profitieren auch künftige Generationen. | © Maria.P. - Fotolia
Vom guten Zustand des Grundwassers profitieren auch künftige Generationen. | © Maria.P. - Fotolia

Bedeutung der Grundwasserverordnung

Mit der Verordnung zum Schutz des Grundwassers vom 09.11.2010 (BGBl. I S. 1513), die am 16.11.2010 in Kraft getreten ist, wird das EU-Grundwasserrecht (Grundwasserrichtlinie und Wasserrahmenrichtlinie) endlich in nationales Recht umgesetzt. Die EU-Grundwasserrichtlinie war bereits am 16.01.2007 in Kraft getreten. Ihre Umsetzung hätte deshalb spätestens bis zum 16.01.2009 erfolgen müssen. Die Umwege der Wasserrechtsgesetzgebung in der Bundesrepublik im Gefolge der Föderalismusreform vom September 2006 mit dem gescheiterten Vorhaben, ein Umweltgesetzbuch zu erarbeiten, und die anschließende Reparatur über das WHG 2010 haben zu den Verzögerungen geführt. Die Grundwasserverordnung ist ein erster Schritt im untergesetzlichen Regelwerk zur Präzisierung des WHG, dem weitere, z. B. für Oberflächengewässer, folgen müssen.

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AwSV

Regelungsgegenstand und Ziel der Grundwasserverordnung

Die Verordnung regelt den Schutz des Grundwassers mit dem Ziel, Kriterien für die Beschreibung, Beurteilung, Einstufung und Überwachung des Grundwasserzustands sowie für die Ermittlung und Umkehrung signifikanter und anhaltender steigender Trends von Schadstoffkonzentrationen in Grundwasserkörpern festzulegen. Auch sollen Maßnahmen ergriffen werden mit dem Ziel, den Eintrag von Schadstoffen in das Grundwasser zu verhindern oder zu begrenzen und eine Verschlechterung des Grundwasserzustands zu vermeiden. Damit sollen zum einen der gute mengenmäßige und der gute chemische Grundwasserzustand erhalten oder wieder hergestellt werden, zum anderen sollen alle signifikanten und anhaltenden steigenden Trends von Schadstoffkonzentrationen umgekehrt werden. Die neue Grundwasserverordnung übernimmt aus dem Landesrecht die Vorschriften zur Bestimmung, Beschreibung und Überwachung der Grundwasserkörper sowie zur Einstufung ihres mengenmäßigen Zustands. Sie integriert damit die grundwasserbezogenen Vorschriften zur Umsetzung der Anhänge II und V der Wasserrahmenrichtlinie, um einen kohärenten und umfassenden Vollzug aller EU-rechtlichen Vorgaben zum Grundwasserschutz zu gewährleisten. Die Verordnung dient auch der Umsetzung der „Richtlinie 2009/90/EG der Kommission vom 31.07. 2009 zur Festlegung technischer Spezifikationen für die chemische Analyse und die Überwachung des Gewässerzustands gemäß der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates“. Es soll sichergestellt werden, dass die Ergebnisse der Grundwasseranalysen von guter Qualität und EU-weit vergleichbar sind.

Guter chemischer Zustand

Die Beurteilung des chemischen Zustands richtet sich zum einen nach den Vorgaben der Grundwasserrichtlinie – den europäischen Qualitätsnormen für Nitrat, Pflanzenschutzmittel und Biozide; zum anderen richtet sie sich nach den auf Grundlage dieser Vorgaben national festzulegenden Schwellenwerten (vgl. Anlage 2 zur Grundwasserverordnung). Ein Grundwasserkörper ist im guten chemischen Zustand, wenn die im Grundwasser ermittelten Schadstoffkonzentrationen kumulativ;


  • an keiner Messstelle im Grundwasserkörper die Schwellenwerte überschreiten oder keine Anzeichen für Einträge von Salzen oder anderen Schadstoffen aufgrund menschlicher Tätigkeiten erkennen lassen;
  • das Erreichen der Bewirtschaftungsziele in mit dem Grundwasser in hydraulischer Verbindung stehenden Oberflächengewässern nicht ausschließen oder beeinträchtigen,
  • keine signifikante Verschlechterung des ökologischen oder chemischen Zustands der Oberflächengewässer zur Folge haben und
  • unmittelbar von dem Grundwasserkörper abhängende Landökosysteme nicht signifikant schädigen können.

Signifikante und anhaltende steigende Trends von Schadstoffbelastungen

Grundwasserkörper sind so zu bewirtschaften, dass jeder ansteigende Belastungstrend umgekehrt wird. Ein signifikanter und anhaltender steigender Trend liegt vor, wenn die Regressionsgerade in 6 Jahren eine Steigung mit einer Signifikanz von 95 % aufweist. Die zuständige Behörde ergreift Maßnahmen zur Trendumkehr, wenn die Schadstoffkonzentration 75 % des Wertes einer Norm oder eines Schwellenwertes erreicht. Frühere Trendumkehrpunkte können festgelegt werden, wenn dies zum Schutz der Trinkwasserversorgung oder von Gewässer- oder Landökosystemen erforder-
lich ist. Die zuständige Behörde darf einen höheren Ausgangspunkt für Trendumkehrmaßnahmen festlegen, wenn die Bestimmungsgrenze bestimmter Schadstoffe es nicht ermöglicht, einen Trend in Höhe von 75 % des Schwellenwertes festzusetzen.

Bestehende Schadstofffahnen aus punktuellen Schadstoffquellen (schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten)

Bei Grundwasserkörpern, die aufgrund schädlicher Bodenveränderungen oder Altlasten als gefährdet eingestuft wurden, sind zusätzliche Untersuchungen über das Trendverhalten und die dabei festgestellten Schadstoffe durchzuführen. Wenn im Grundwasserkörper der durch die schädliche Bodenveränderung oder Altlast kontaminierte Bereich größer wird und dies zu einer weiteren Verschlechterung des chemischen Zustands des Grundwasserkörpers führt oder dies eine Gefahr für die menschliche Gesundheit, die öffentliche Wasserversorgung oder die Umwelt darstellt, ergreift die zuständige Behörde Maßnahmen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.

Schadstoffeinträge in das Grundwasser

Maßnahmen oder Handlungen, bei denen Einträge von besonders gefährlichen Stoffen (vgl. Anlage 7 der Grundwasserverordnung) zu erwarten sind, dürfen grundsätzlich nicht zugelassen werden. Davon darf nur abgewichen werden, wenn die Schadstoffe in so geringer Menge und Konzentration eingetragen werden, dass eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit ausgeschlossen ist. Einträge sonstiger Schadstoffe dürfen nur zugelassen werden, wenn eine nachteilige Veränderung des Grundwassers nicht zu besorgen ist und kein signifikanter und anhaltender steigender Trend von Schadstoffkonzentrationen im Grundwasser zu erwarten ist.

Umsetzung von Anhang II und V der Wasserrahmenrichtlinie

Die bisher im Landesrecht enthaltenen Bestimmungen über die Beschreibung und Einstufung der Gewässer in Anhang II und Anhang V der Wasserrahmenrichtlinie werden nunmehr in Bundesrecht überführt. Damit wird den Zielen der Föderalismusreform entsprochen, bei der Umsetzung von EU-Recht ausschließlich bundesrechtliche Regelungen vorzusehen. Mit dem Abbau von 16 Länderverordnungen wird ein Beitrag zur Deregulierung geleistet.

Fazit

Die Grundwasserverordnung ist ein erster wichtiger Schritt zur weiteren Kodifizierung des Wasserrechts auf Bundesebene. Noch nicht enthalten sind Bestimmungen zur Einführung von Geringfügigkeitsschwellenwerten für die Beurteilung, ob der Besorgnisgrundsatz des WHG eingehalten ist. Insoweit sind Abstimmungen mit dem Bodenschutzrecht und Kreislaufwirtschafts-/Abfallrecht erforderlich, die noch eine spannende Diskussion erwarten lassen. Das Vorhaben des Bundes, einseitig über die Grundwasserverordnung Benchmarks zu setzen, was im Vorfeld des Verordnungserlasses zu heftigen Diskussionen geführt hat, ist insoweit gescheitert – die Empfehlung des Bundesrates zu einem abgestimmten Vorgehen hat sich durchgesetzt.

Ulrich Drost

Ulrich Drost

Ministerialrat a.D. im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, Weilheim
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