26.07.2023

Der bayerische Digitale Bauantrag

Digitalisierung der bayerischen Verwaltung (Teil 3)

Der bayerische Digitale Bauantrag

Digitalisierung der bayerischen Verwaltung (Teil 3)

In der öffentlichen Verwaltung besteht mittlerweile die Erwartung, dass der Behördenkontakt auch online möglich ist.  | © blende11.photo - stock.adobe.com
In der öffentlichen Verwaltung besteht mittlerweile die Erwartung, dass der Behördenkontakt auch online möglich ist. | © blende11.photo - stock.adobe.com

In der Fortsetzung des 2. Teils des Beitrags „Der bayerische Digitale Bauantrag“ wird der räumliche Anwendungsbereich, in dem die DBauV anzuwenden ist (IV.) dargestellt. Es folgt eine Übersicht über noch offene Problemfelder (V.), bevor der Beitrag mit einem Fazit und einem Ausblick schließt (VI.).

IV. Räumlicher Anwendungsbereich

Der räumliche Anwendungsbereich der DBauV ist in § 1 Abs. 2 und 3 DBauV geregelt. Zum Start des Digitalen Bauantrags am 1. März 2021 umfasste der Anwendungsbereich fünf untere Bauaufsichtsbehörden, bei denen es sich ausschließlich um Landratsämter handelte. Mit der Zeit wurde der Anwendungsbereich immer weiter vergrößert. In § 1 Abs. 2 DBauV werden die Behörden gelistet, die sowohl untere Bauaufsichts- als auch Abgrabungsbehörde sind, also Landratsämter und kreisfreie Städte. In § 1 Abs. 3 DBauV werden die Behörden gelistet, die nur untere Bauaufsichtsbehörden sind, also Große Kreisstädte und Gemeinden mit großer oder kleiner Delegation nach § 5 ZustVBau i. V. m. Art. 53 Abs. 2 BayBO.

Der Anwendungsbereich wird sukzessive, meist monatlich, erweitert. Zum 1. Januar 2023 fand die umfangreichste Erweiterung statt, als zehn untere Bauaufsichtsbehörden in den räumlichen Anwendungsbereich aufgenommen wurden.1Vgl. Verordnung v. 09.12.2022, GVBl. 2022 S. 753. Die Erweiterung kann jeweils durch Ressortverordnung des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr geschehen, vgl. § 2 Nr. 5 und 6 DelV i. V. m. Art. 80a Satz 3 BayBO. Mittlerweile umfasst der räumliche Anwendungsbereich bereits über ein Viertel der bayerischen unteren Bauaufsichtsbehörden. Es ist wahrscheinlich, dass bis zum Ende des Jahres 2023 mindestens die Hälfte der bayerischen unteren Bauaufsichtsbehörden den Digitalen Bauantrag anbieten werden. Wenn dieser Punkt überschritten ist, wird zu prüfen sein, inwiefern Regelungen aus der DBauV als „Standardverfahren“ in die BayBO bzw. die BauVorlV übernommen werden können.


V. Offene Problemfelder

An der derzeitigen Ausgestaltung des bayerischen Digitalen Bauantrags gibt es an verschiedenen Stellen noch Verbesserungspotenzial.

1. Digitale Genehmigung

Wie oben (I.2.) bereits dargestellt, kann eine Baugenehmigung mittlerweile grundsätzlich in digitaler Form erteilt werden. Die elektronische Form wird gewahrt, wenn ein elektronisches Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen wird, Art. 3a Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG. Allerdings ist die Verwendung der qualifizierten elektronischen Signatur mit erheblichen Kosten verbunden. Besonders zu berücksichtigen ist insofern, dass alle Personen, die in der Bauaufsichtsbehörde Bescheide unterzeichnen dürfen, eine eigene qualifizierte elektronische Signatur benötigen würden. Hinzu kommt der nicht unerhebliche Organisationsaufwand für den Einsatz innerhalb der Bauaufsichtsbehörde. Versuche in der Praxis sind daher zum Ergebnis gekommen, dass der Einsatz einer qualifizierten elektronischen Signatur innerhalb einer Bauaufsichtsbehörde nicht angemessen und sinnvoll ist.

Nach Art. 3a Abs. 2 Satz 4 Nr. 3 BayVwVfG wird die elektronische Form auch gewahrt, wenn ein elektronischer Verwaltungsakt durch De-Mail-Nachricht nach § 5 Abs. 5 De-Mail-Gesetz versendet wird, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt. Allerdings hat sich die De-Mail in der Praxis nicht durchgesetzt. Der Bundesrechnungshof hat deutlich formuliert: „Das BMI ist gescheitert, De-Mail als elektronisches Pendant zur Briefpost in der Bundesverwaltung zu etablieren. Verwaltung, Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen nutzen De-Mail fast gar nicht zur elektronischen Kommunikation“.2BRH, Bemerkungen 2021 Nr. 5, S. 1. Der Bundesrechnungshof regt daher an, dass das BMI entscheiden solle, ob es „De-Mail als Kommunikationsmittel für die Bundesverwaltung [aufgebe]“.3BRH, Bemerkungen 2021 Nr. 5, S. 5. Ein Rückgriff auf De-Mail scheidet daher mangels Verbreitung und weil im Raum steht, dieses Kommunikationsmittel abzuschaffen, aus.

Gemäß Art. 31 Abs. 5 Nr. 2 BayDiG wird die Schriftform auch durch die Verwendung von elektronischen Siegeln im Sinne des Abschnitts 5 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 ersetzt.4Hier müsste es im Gesetz Kapitel III Abschnitt 5 heißen. Diese Möglichkeit wurde erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens in das BayDiG aufgenommen und steht allen an einem Verfahren Beteiligten zur Verfügung.5Vgl. LT-Drs. 18/23580, S. 11. Derartige Siegel stehen auch bereits zur Verfügung. Rechtlich kann daher unter Verwendung eines entsprechenden Siegels die elektronische Form gewahrt und durch Übersendung in den Postkorb auch rechtsförmlich zugestellt werden. Hier stellen sich derzeit jedoch noch praktische Probleme bei der technischen Umsetzung, so dass diese Variante bislang noch nicht genutzt werden kann.

Ein weiteres Problem, das lange ungelöst war, ist die elektronische Zustellung. Diese ist aber mittlerweile über Art. 25 Satz 1 i. V. m. Art. 24 BayDiG möglich, indem ein elektronischer Verwaltungsakt in den Postkorb des Nutzerkontos des Adressaten eingestellt und damit zum Datenabruf durch Datenfernübertragung verfügbar gemacht wird. Zentrale Voraussetzung ist die Zustimmung des Beteiligten in die Zustellung durch Bereitstellung zum Datenabruf, Art. 25 Satz 2 BayDiG. Für die Baugenehmigung ist diese Zustellungsart aber noch nicht nutzbar, da die elektronische Form noch als Hürde im Wege steht.

2. Zustellung an Nachbarn

Ein schwer zu lösendes Problem im digitalen Baugenehmigungsverfahren ist die Zustellung einer Ausfertigung der Baugenehmigung an den Nachbarn, der einem Bauvorhaben nicht zugestimmt hat, Art. 66 Abs. 1 Satz 4 BayBO. Zwar ist die elektronische Zustellung mittlerweile grundsätzlich möglich. Auch ist denkbar, dass einige Personen in ihrem Nutzerkonto allgemein ihre Bereitschaft erklären, Verwaltungsakte digital zugestellt zu erhalten. Allerdings kann von Behördenseite der Postkorb des Nutzerkontos des Nachbarn nicht adressiert werden. Adressierbar ist derzeit immer nur der Postkorb derjenigen Person, die einen Vorgang elektronisch eingereicht hat. Eine umfassende Lösung dieses Problems ist daher nur dann denkbar, wenn die Bürgerinnen und Bürger verpflichtet würden, ein Nutzerkonto zu haben und dessen Postkorb vergleichbar einem Briefkasten regelmäßig zu kontrollieren. Dies wird – wenn überhaupt – in absehbarer Zukunft jedoch nicht geschehen.

In der Praxis ist dies kein entscheidendes Problem, da dem Nachbarn nur die Baugenehmigung zuzustellen ist, nicht aber eine Ausfertigung der Bauvorlagen. Es müssen also insbesondere nicht die großformatigen Bauzeichnungen ausgeplottet werden.

3. Beteiligung der Fachstellen

Wie eine Bau- oder Abgrabungsbehörde innerhalb eines Genehmigungsverfahrens die Fachstellenbeteiligung durchzuführen hat, ist gesetzlich nicht konkret geregelt, weder Art. 65 Abs. 1 BayBO noch das BayAbgrG enthalten hierzu Formvorgaben. Die Ausgestaltung der Fachstellenbeteiligung bleibt also der Bauaufsichts- oder Abgrabungsbehörde überlassen. Im Rahmen der digitalen Antragsbearbeitung ist es konsequent, auch die Fachstellenbeteiligung digital durchzuführen. Die verschiedenen Fachanwendungen bieten dafür üblicherweise ein erwerbbares Beteiligungsmodul an. Freilich ist es weiterhin möglich, die Fachstellenbeteiligung in Papierform durchzuführen. Dies wird auch auf absehbare Zeit möglich bleiben, allerdings ist absehbar, dass die digitale Beteiligung deutlich häufiger wird, irgendwann vermutlich sogar überwiegend stattfindet.6In der Kommentarliteratur heißt es noch häufig, die Anhörung der Stellen erfolge üblicherweise schriftlich, vgl. nur Weinmann in BeckOK BauordnungsR Bayern, 24. Ed. 01.12.2022, Art. 65 Rn. 16 sowie Laser in Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 5. Aufl. 2022, Art. 65 Rn. 12.

Diese Freiheit bei der Wahl der Form der Behördenbeteiligung führt aber auch zu Problemen. Gerade überregional tätige Fachstellen, insbesondere auf Bundesebene, sehen sich mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Beteiligungsvarianten konfrontiert. Rechtlich ist dies zulässig. Die konkrete Ausgestaltung des Beteiligungsvorgangs liegt in der Hand der Bauaufsichts- oder Abgrabungsbehörde. Verweigert eine Fachstelle die Beteiligung in der durchgeführten Form, mag dies zwar in Fällen von Stellen, die von zahlreichen Bauaufsichts- und Abgrabungsbehörden beteiligt werden, nachvollziehbar sein. Allerdings läuft die Fachstelle damit Gefahr, dass Aspekte, die in ihrer Zuständigkeit liegen, nicht berücksichtigt werden. Andererseits sollte vonseiten der Bauaufsichts- und Abgrabungsbehörde gründlich abgewogen werden, ob ohne eine Stellungnahme der Fachstelle eine Genehmigung erteilt wird, die möglicherweise gerade wegen in deren Zuständigkeitsbereich liegender Aspekte rechts-widrig sein könnte.

Für diese problematische Konstellation gibt es aktuell keine zufriedenstellende Lösung. Die Verweigerung einer Beteiligung auf digitalem Wege ist jedenfalls spätestens dann nicht mehr nachvollziehbar, wenn die Zahl der unterschiedlichen digitalen Beteiligungsmöglichkeiten reduziert ist. Derzeit gibt es allein in Bayern acht verschiedene Fachanwendungen und damit acht unterschiedliche Beteiligungsmodule. Zwar sind diese Fachanwendungen auch in anderen Bundesländern im Einsatz, doch kann es insofern Unterschiede beim Beteiligungsverfahren geben. Sofern jedoch innerhalb eines Bundeslandes Beteiligungsvorgänge gleichförmig ablaufen, beispielsweise durch eine zentrale Plattformlösung, besteht kein Raum mehr für eine verweigernde Haltung.

VI. Fazit und Ausblick

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der bayerische Digitale Bauantrag ein wichtiger Schritt hin zur Digitalisierung des bauaufsichtlichen Verfahrens ist. Er hat sich in der Praxis bewährt und bietet den Antragstellern sowie den ihn nutzenden Bauaufsichts- und Abgrabungsbehörden einen spürbaren Mehrwert.

Gerade das Ziel der weitgehenden Freiheit von Medienbrüchen konnte beinahe vollständig erreicht werden; die letzte große Hürde stellt insofern die digitale Baugenehmigung dar. Viele rechtliche Probleme betreffend die Umstellung vom reinen Papierverfahren auf ein digitales Verwaltungsverfahren konnten gelöst werden. Freilich besteht noch einiges Verbesserungs- und Ausbaupotenzial, das genutzt werden sollte.

Eine wünschenswerte Ergänzung wäre insbesondere eine Beteiligungs- oder Kollaborationsplattform, wie sie auch von anderen Bundesländern angestrebt wird. Über eine zentrale Plattform könnten die Bauaufsichts- und Abgrabungsbehörden ihre Beteiligungsvorgänge steuern. Diese würden damit nach einem einheitlichen Muster erfolgen, wobei stets die verfahrensführende Behörde die Hoheit über die Berechtigungen und Abläufe haben müsste. Entsprechende Beteiligungsvorgänge sind bereits im XBau-Standard vorgesehen. Dies ist Grundvoraussetzung für eine sinnvolle Umsetzung, damit der Austausch keine aufwendigen Erfassungsvorgänge mit sich bringt, sondern idealerweise die Inhalte automatisiert in das jeweilige Fachverfahren übertragen werden können. In einer Ausbaustufe könnte der Bereich der Antragseinreichung ebenfalls über eine solche Plattform abgewickelt werden, sodass mehrere Akteure (bspw. Bauherr, Entwurfsverfasser und Fachplaner) insofern zusammenwirken können. Bei einer solchen Plattformlösung handelt es sich indes um ein sehr komplexes Vorhaben, so dass eine zeitnahe Umsetzung wohl kaum möglich sein dürfte. Dies umso mehr, als eine Plattform sinnvollerweise nicht nur für das bau- und abgrabungsaufsichtliche Verfahren zur Verfügung stehen müsste, sondern für alle komplexen Verwaltungsverfahren, die Beteiligungsvorgänge umfassen.

 

Entnommen aus den BayVBl. 10/2023, S. 325.

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Die Serie: Der bayerische Digitale Bauantrag

 

 

 

 

Dr. Korbinian Nuber

Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr
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  • 1
    Vgl. Verordnung v. 09.12.2022, GVBl. 2022 S. 753.
  • 2
    BRH, Bemerkungen 2021 Nr. 5, S. 1.
  • 3
    BRH, Bemerkungen 2021 Nr. 5, S. 5.
  • 4
    Hier müsste es im Gesetz Kapitel III Abschnitt 5 heißen.
  • 5
    Vgl. LT-Drs. 18/23580, S. 11.
  • 6
    In der Kommentarliteratur heißt es noch häufig, die Anhörung der Stellen erfolge üblicherweise schriftlich, vgl. nur Weinmann in BeckOK BauordnungsR Bayern, 24. Ed. 01.12.2022, Art. 65 Rn. 16 sowie Laser in Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 5. Aufl. 2022, Art. 65 Rn. 12.
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