31.07.2023

Bettensteuer ist mit dem Grundgesetz vereinbar

Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts

Bettensteuer ist mit dem Grundgesetz vereinbar

Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts

Ein Beitrag aus »Die Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz« | © emmi - Fotolia / RBV
Ein Beitrag aus »Die Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz« | © emmi - Fotolia / RBV

Die sog. Bettensteuer auf entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben ist verfassungskonform. Das hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden und vier Verfassungsbeschwerden von Hotelbetreibern aus Hamburg, Bremen und Freiburg zurückgewiesen. Das BVerfG unterstreicht, dass der Gesetzgeber beruflich veranlasste Übernachtungen von der Aufwandbesteuerung ausnehmen könne, dies aber nicht müsse.

Zum Sachverhalt

Seit 2005 haben zahlreiche Städte und Gemeinden die sog. Bettensteuer auf entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben eingeführt. Sie beläuft sich meist auf einen niedrigen Prozentsatz des Übernachtungspreises (Nettoentgelt) und wird i. d. R. vom Übernachtungsgast (Steuerträger) bei der Buchung oder der Anmeldung im Beherbergungsbetrieb erhoben. Der Beherbergungsbetrieb ist Steuerschuldner und führt die Übernachtungssteuern an das Finanzamt ab.

Seit einem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Juli 2012 nehmen deutschlandweit sämtliche Übernachtungssteuergesetze beruflich veranlasste Übernachtungen von der Steuer aus. Vier Hotelbetreiber aus Hamburg, Bremen und Freiburg klagten ohne Erfolg gegen Steueranmeldungen bzw. gegen eine kommunale Übernachtungssteuersatzung.


Länder sind für Bettensteuer gesetzgebungsbefugt

Die Verfassungsbeschwerden hatten keinen Erfolg. Die Länder sind nach Ansicht des BVerfG befugt gewesen, eine Bettensteuer einzuführen. Es handele sich dabei um örtliche Aufwandsteuern i. S. d. Art. 105 Abs. 2 a Satz 1 Grundgesetz (GG), die bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig seien. Steuergegenstand sei jeweils der Aufwand des Beherbergungsgastes für die Möglichkeit einer entgeltlichen Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb. Dieser von den Übernachtungsgästen betriebene Aufwand werde bei den Beherbergungsbetrieben als Steuerschuldner erhoben (indirekte Steuererhebung). Die Übernachtungsteuer sei damit auf Abwälzung auf die Konsumenten angelegt.

Die Bettensteuer sei weder der Umsatzsteuer noch einer anderen bundesrechtlich geregelten Steuer gleichartig. Es handelt sich weder um flächenartige Umsatzsteuern auf Landes- oder Kommunalebene noch sei der Aufwand einer entgeltlichen Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb bisher durch eine spezielle Steuer des Bundes belegt. Demnach besteht nach Ansicht des BVerfG keine Sperrwirkung für die Gesetzgebungsbefugnis der Länder.

Die Einführung der Bettensteuer verletze hier auch nicht die Grenzen rechts- und bundesstaatlicher Kompetenzausübung, da sie keine Lenkungswirkung habe und die Landesgesetzgeber ihre Rechtsetzungskompetenz nicht missbraucht hätten.

Grundsatz der gerechten Lastenverteilung gewahrt

Nach Ansicht des BVerfG sind die Steuern auch materiell verfassungsgemäß. Der mit der Besteuerung verbundene Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG sei gerechtfertigt, weil die Ausgestaltung der Steuerregelungen die Anforderungen des Gleichheitsgrundrechts (Art. 3 Abs. 1 GG) wahre und die Beschwerdeführerinnen nicht unverhältnismäßig belaste. Die Bestimmung der Beherbergungsbetriebe zu Steuerschuldnern verletze nicht den Grundsatz der gerechten Lastenverteilung.

Die indirekte Erhebung der Steuern bei den Beherbergungsbetrieben sei im Sinn einer gleichheitsgerechten Steuererhebung nachvollziehbar und nicht willkürlich. Die Beherbergungsbetriebe stünden in einer besonderen rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehung zum Steuergegenstand, denn sie leisteten einen maßgebenden Beitrag zur Verwirklichung des steuerbegründenden Tatbestands der Übernachtung. Die Übernachtungsteuer sei zudem auf Abwälzung angelegt. Die Beschwerdeführerinnen könnten die Übernachtungsteuer ohne Weiteres von den Übernachtungsgästen, die aus nicht-beruflichem Anlass übernachten, vereinnahmen.

Ausnahme für berufliche Übernachtungen zulässig, aber nicht notwendig

Auch die Ausnahmen von der Besteuerung für beruflich veranlasste Übernachtungen sind mit dem Gleichheitsgrundrecht (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar, so das BVerfG weiter. Bei den Ausnahmetatbeständen handele es sich um Abweichungen von der – mit der Wahl des Steuergegenstandes „entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben“ – einmal getroffenen Belastungsentscheidung, die ihrerseits am Gleichheitssatz zu messen seien.

Danach könne ein Normgeber die berufliche Veranlassung als Anknüpfungspunkt für eine Differenzierung bei der Aufwandbesteuerung wählen und für die Berufsausübung zwingend erforderliche Übernachtungen von der Besteuerung ausnehmen, um etwa der (lokalen) Wirtschaftsförderung zu dienen. Der Gesetzgeber sei aber nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen dazu gezwungen, von einer Besteuerung beruflich veranlasster Übernachtungen abzusehen.

Die angegriffenen Vorschriften leiden nach Ansicht des BVerfG auch nicht an einem mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbaren strukturellen Erhebungs- und Vollzugsdefizit. Dass die faktischen Erhebungsschwierigkeiten, die aus der Steuerausnahme für zwingend beruflich veranlasste Übernachtung resultierten, derart in den angegriffenen Regelungen angelegt seien, dass das Recht widersprüchlich auf Ineffektivität angelegt wäre, sei angesichts der Nachweis-, Haftungs- und Sanktionsregelungen nicht ersichtlich.

Zusätzlicher Aufwand für Hotelbetreiber zumutbar

Auch der Eingriff in die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerinnen aus Art. 12 Abs. 1 GG durch deren Indienstnahme als Zahlstelle für die Übernachtungsteuer ist gerechtfertigt, so das BVerfG weiter. Eine für die Beschwerdeführerinnen weniger belastende Bestimmung zum Steuerentrichtungspflichtigen stelle kein gleich geeignetes Mittel dar, da die Haftung als Steuerschuldner für die Durchsetzung der Steuerpflicht offensichtlich effektiver sei.

Eine direkte Erhebung bei den Übernachtungsgästen ist nach Ansicht des BVerfG nicht praktikabel. Den Beschwerdeführerinnen sei es insgesamt zumutbar, die Steuererhebung durch ihre Mitwirkung zu ermöglichen. Durch die Pflichten insbesondere zur Steueranmeldung sowie zur Abführung der Steuer entstehe ihnen zwar ein zusätzlicher, allein der Übernachtungsteuer geschuldeter Aufwand.

Diese zusätzlichen Pflichten im Besteuerungsverfahren stellten aber eine unternehmenstypische Tätigkeit dar, die über ähnliche Belastungen des Melderechts und des Umsatzsteuerrechts nicht hinausgehe.

Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22.03.2022 – 1 BvR 2868/15, 1 BvR 354/16, 1 BvR 2887/15, 1 BvR 2886/15 –.

 

Entnommen aus der Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz 4/2023, Rn. 43.

 

Burkhard Müller

Geschäftsführender Direktor, Landkreistag Rheinland-Pfalz
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