14.07.2023

Der bayerische Digitale Bauantrag

Digitalisierung der bayerischen Verwaltung (Teil 1)

Der bayerische Digitale Bauantrag

Digitalisierung der bayerischen Verwaltung (Teil 1)

In der öffentlichen Verwaltung besteht mittlerweile die Erwartung, dass der Behördenkontakt auch online möglich ist.  | © blende11.photo - stock.adobe.com
In der öffentlichen Verwaltung besteht mittlerweile die Erwartung, dass der Behördenkontakt auch online möglich ist. | © blende11.photo - stock.adobe.com

Die Digitalisierung spielt in allen gesellschaftlichen Bereichen eine immer größere Rolle. So auch in der öffentlichen Verwaltung. Hier besteht mittlerweile die Erwartung, dass der Behördenkontakt zu einem immer größeren Teil auch online möglich ist. Diese Erwartungshaltung findet ihre rechtliche Grundlage im OZG, dessen Umsetzungsfrist zum Ende des Jahres 2022 ablief. Bis zu diesem Zeitpunkt waren Bund und Länder nach § 1 Abs. 1 OZG verpflichtet, ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Aber auch von Seiten der Verwaltung gibt es große Bestrebungen, die Prozesse zu digitalisieren. Auf diese Weise können Abläufe beschleunigt werden, wenn die Umstellung auch oft mit nicht unerheblichem finanziellem und organisatorischem Aufwand verbunden ist.

In Bayern wurde seit 2018 an der Digitalisierung des bauaufsichtlichen Verfahrens gearbeitet. Zum 1. März 2021 startete dann der Digitale Bauantrag bei mehreren unteren Bauaufsichtsbehörden. Der Digitale Bauantrag wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr in Zusammenarbeit mit dem IT-Dienstleistungszentrum des Freistaats Bayern in einem Pilotprojekt entwickelt. Für das Pilotprojekt wurden insgesamt 15 untere Bauaufsichtsbehörden aus allen bayerischen Regierungsbezirken ausgewählt, um gemeinsam mit diesen eine praxistaugliche Lösung für die Digitalisierung des bauaufsichtlichen Verfahrens zu konzipieren.

Dieser Beitrag gibt einen Einblick in die Rahmenbedingungen, die für die Digitalisierung des bauaufsichtlichen Verfahrens zu berücksichtigen waren (I.), sowie die darauf resultierende technische Konzeption der Lösung (II.), die für das Verständnis der rechtlichen und fachlichen Konzeption entscheidend ist. Weiter werden die durch die Digitalisierung bedingten Abweichungen von den Vorgaben der BayBO, des BayAbgrG und der BauVorlV (III.) dargestellt sowie der räumliche Anwendungsbereich, in dem die DBauV anzuwenden ist (IV.). Es folgt eine Übersicht über noch offene Problemfelder (V.), bevor der Beitrag mit einem Fazit und einem Ausblick schließt (VI.).


I. Rahmenbedingungen

Der Digitale Bauantrag hat sich in den von den vorherrschenden Bedingungen vorgegebenen Rahmen einzufügen. Dies betrifft insbesondere die Unterschiede zwischen den einzelnen unteren Bauaufsichtsbehörden (1.) sowie die Rechtslage (2.), die grundsätzlich auf ein auf Papier basierendes Verwaltungsverfahren ausgerichtet ist.

  1. Unterschiedliche Voraussetzungen bei Bauaufsichtsbehörden

Der Freistaat Bayern ist ein Flächenstaat mit 2056 Gemeinden und 138 unteren Bauaufsichtsbehörden. Bei den 138 unteren Bauaufsichtsbehörden handelt es sich um Landratsämter, kreisfreie Städte, Große Kreisstädte sowie Gemeinden mit großer (§ 5 Abs. 1 ZustVBau i. V. m. Art. 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBO) oder kleiner Delegation (§ 5 Abs. 2 ZustVBau i. V. m. Art. 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayBO). Im Vergleich zwischen den unteren Bauaufsichtsbehörden bestehen deutliche Unterschiede hinsichtlich der Zahl an Anträgen und Anzeigen, die dort eingehen. Als Extremfall sei hier die Landeshauptstadt München als größte bayerische untere Bauaufsichtsbehörde genannt, während auf der anderen Seite einige Große Kreisstädte und Delegationsgemeinden pro Jahr Anträge und Anzeigen im allenfalls niedrigen dreistelligen Bereich erhalten.

Erhebliche Unterschiede bestehen auch bei der technischen Ausrüstung. Diese wird von den jeweiligen Kommunen als Sachaufwandsträger zur Verfügung gestellt. In Bayern gibt es untere Bauaufsichtsbehörden, die im bauaufsichtlichen Verfahren bereits einen vollständig digitalen internen Workflow und entsprechende Hard- und Software haben. Es gibt aber auch untere Bauaufsichtsbehörden, die noch (fast) vollständig auf Papier arbeiten. Bei der digitalen Vorgangsbearbeitung kommen dabei in Bayern acht unterschiedliche Fachanwendungen[1] zum Einsatz. Im Vergleich zwischen diesen Fachanwendungen gibt es ganz erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Zahl an Behörden, bei denen sie im Einsatz sind.

All diese Besonderheiten waren zu berücksichtigen, um eine bayernweit einheitliche Lösung zu entwickeln. Ziel war es nicht, nur bestimmte untere Bauaufsichtsbehörden an den Digitalen Bauantrag anzubinden. Vielmehr sollte es allen bayerischen unteren Bauaufsichtsbehörden möglich sein, den Digitalen Bauantrag anzubieten. Dies ist auch Gebot des § 1 Abs. 1 OZG.

  1. Rechtliche Problemfelder

Als hervorstechendes Beispiel für Probleme der Digitalisierung des Verwaltungsverfahrens kann die Baugenehmigung herangezogen werden (siehe dazu nachfolgend III.4. sowie V.1.). Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinfachung baurechtlicher Regelungen und zur Beschleunigung sowie Förderung des Wohnungsbaus[2] am 1. Februar 2021 war nach Art. 68 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO a. F. die elektronische Form gemäß Art. 3a BayVwVfG als Ersatz der Schriftform ausgeschlossen. Zur Vorbereitung eines vollständig digitalen Baugenehmigungsverfahrens wurde dieser Halbsatz aufgehoben. Damit wurde es ermöglicht, eine Baugenehmigung in elektronischer Form zu erteilen. Die elektronische Form ist gewahrt, wenn eine Baugenehmigung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, Art. 3a Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG. Sie ist auch gewahrt, wenn die Baugenehmigung durch eine De-Mail-Nachricht nach § 5 Abs. 5 De-Mail-Gesetz versendet wird, bei der die Bestätigung des akkreditierten Diensteanbieters die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lässt, vgl. Art. 3a Abs. 2 Satz 4 Nr. 3 BayVwVfG. Darüber hinaus sieht das BayVwVfG unmittelbar keine für das bauaufsichtliche Verfahren praktikablen Möglichkeiten für die elektronische Form vor.

Aber nicht nur beim Formerfordernis der Baugenehmigung stellen sich Probleme, sondern auch bei weiteren Formerfordernissen. Die BayBO und die BauVorlV sehen an zahlreichen Stellen Unterschriftserfordernisse vor, teilweise auch von mehreren Personen. Dies gilt insbesondere für den Bauantrag (siehe dazu nachfolgend III.2.) sowie die Bauvorlagen (siehe dazu nachfolgend III.3.), vgl. Art. 64 Abs. 4 Satz 1 BayBO. Will man das bauaufsichtliche Verfahren vollumfänglich digitalisieren, ist ein solches Unterschriftserfordernis hinderlich, da es zu einem Medienbruch führt.

Schließlich war der Umfang des Digitalen Bauantrags festzulegen. Die Verpflichtung aus § 1 Abs. 1 OZG, Verwaltungsleistungen auch elektronisch anzubieten, umfasst nach ganz herrschender Ansicht nur die Bereitstellung eines entsprechenden Antrags[3]. Das sich daran anschließende behördeninterne Verwaltungsverfahren ist von dieser Pflicht nicht umfasst[4]. Nichtsdestotrotz bietet eine digitale Antragstellung vor allem dann einen Mehrwert, wenn auch das Verwaltungsverfahren digital durchgeführt wird und der Rückweg zum Antragsteller ebenfalls digital ausgestaltet ist. Im Sinne einer zeitnahen Lösung, die für die am Baugenehmigungsverfahren beteiligten Personen einen spürbaren Nutzen bringt, wurde der Digitale Bauantrag in Bayern zunächst auf die Antragstellung begrenzt. Ergänzt wird diese durch die grundsätzliche Möglichkeit, dass die Behörden auch einen elektronischen „Rückkanal“ zur antragstellenden Person bedienen können. Nicht umfasst ist hingegen das eigentliche Verwaltungsverfahren, das gleichsam hinter einer „roten Linie“ liegt. Dessen Durchführung, insbesondere die Beteiligung von Fachstellen und gegebenenfalls Gemeinden, liegt in der eigenen Verantwortung der unteren Bauaufsichtsbehörden. Ob die Beteiligung über ein Modul der verwendeten Fachanwendung, in Papierform oder in anderer Ausgestaltung erfolgt, wird nicht zentral vorgegeben. Auf diese Weise kann den unterschiedlichen technischen Möglichkeiten Rechnung getragen werden (siehe dazu oben I.1.).

Eine Beschränkung bloß auf den Bauantrag schien von Anfang an wenig sinnvoll. Dieser ist zwar zentraler Inhalt des bauaufsichtlichen Verfahrens, doch gibt es darüber hinaus zahlreiche weitere Anträge und Anzeigen, wie beispielsweise die Baubeginnsanzeige, Art. 68 Abs. 8 BayBO, oder den Antrag auf Vorbescheid, Art. 71 BayBO. Um ein Auseinanderfallen der Einreichmöglichkeiten zu vermeiden, wurde der Digitale Bauantrag daher auf die wesentlichen bauaufsichtlichen Anträge und Anzeigen ausgedehnt, wie sich aus dessen sachlichem Anwendungsbereich in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 11 DBauV ergibt. Mitumfasst ist auch das Vorlegen von Unterlagen zur Genehmigungsfreistellung gemäß Art. 58 BayBO, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DBauV. Eine Besonderheit stellt insofern die Erklärung des Tragwerksplaners nach Maßgabe des Kriterienkatalogs im Sinne des Art. 62a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayBO i. V. m. Anlage 2 BauVorlV dar, die mit einem eigenen Online-Assistenten eingereicht werden kann (siehe näher dazu unten III.3.).

Wie bei den Papierformularen ist zudem auch das abgrabungsaufsichtliche Verfahren mitumfasst. Es können folglich im Rahmen des Digitalen Bauantrags auch Abgrabungsanträge und andere wesentliche abgrabungsaufsichtliche Anträge und Anzeigen eingereicht werden, einschließlich der Einreichung von Unterlagen für genehmigungsfreie Abgrabungen im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayAbgrG, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 12 bis 16 DBauV.

II. Technische Konzeption

Der Digitale Bauantrag greift auf bereits bestehende Basiskomponenten des Freistaats Bayern zurück, nämlich die BayernID, den Basisdienst Digitaler Antrag und den Formularserver. Hinzu kommt noch das Unternehmenskonto auf ELSTER-Basis. Durch Rückgriff auf diese Basiskomponenten konnte der Umsetzungsaufwand vergleichsweise gering gehalten werden.

Der bayerische Digitale Bauantrag umfasst insgesamt zehn Onlineassistenten. Bei diesen handelt es sich um sogenannte intelligente Formulare. Sie begleiten die ausfüllende Person durch den Ausfüllprozess. Abhängig von den Angaben im Ausfüllprozess werden weitere Abfragen oder sogar ganze Themenkomplexe ein- oder ausgeblendet. Ferner gibt es zahlreiche Pflichtfelder, ohne deren Befüllung der Ausfüllprozess nicht fortgesetzt werden kann. Schließlich werden zahlreiche Hilfetexte eingeblendet, um den Ausfüllprozess zu unterstützen. Durch diese Ausgestaltung wird darauf hingewirkt, Anträge und Anzeigen, die mittels der Onlineassistenten eingereicht werden, vollständiger zu machen.

Die Onlineassistenten sind über das Verwaltungsportal des Freistaats Bayern erreichbar und werden üblicherweise auch auf der Homepage der betreffenden unteren Bauaufsichtsbehörde integriert. Für den Zugriff muss sich die einreichende Person über ein Nutzerkonto authentifizieren. Als Nutzerkonto stand anfangs nur die BayernID zur Verfügung, kürzlich erfolgte zusätzlich eine Anbindung des Unternehmenskontos auf ELSTER-Basis.

Die Übermittlung eines über einen Onlineassistenten eingereichten Antrags oder einer darüber eingereichten Anzeige erfolgt maschinensprachlich als XML-Datei[5]. Zusätzlich wird eine PDF-Datei erzeugt und übermittelt, die alle Angaben zusammenfasst. Die XML-Datei entspricht dem Austauschstandard XBau, dessen Anwendung für das digitale bauaufsichtliche Ver-fahren vom IT-Planungsrat deutschlandweit bindend vorgegeben ist[6]. Dieser Standard wird kontinuierlich weiterentwickelt, um die landesrechtlichen Spezifika der jeweiligen Bundesländer abbilden zu können. Auch die Erfordernisse weiterer Akteure wie der Architektenkammern oder der Landesämter für Statistik werden im Standard abgebildet.

Indem die Übermittlung maschinensprachlich erfolgt, kann der Antrag oder die Anzeige unmittelbar ins Fachverfahren der Bauaufsichtsbehörde übernommen werden. Auf diese Weise kann der aufwendige Erfassungsprozess entfallen. Eine händische Erfassung ist aber weiterhin anhand der zusätzlich übermittelten PDF-Datei möglich. Dies kann erforderlich werden, wenn es bei der Übertragung des Antrags oder der Anzeige in das Fachverfahren zu Problemen kommt. Ferner musste der XBau-Standard erst den bayerischen Anforderungen angepasst werden, so dass gerade anfangs noch nicht alle in den Onlineassistenten abgefragten Informationen maschinensprachlich übertragen werden konnten.

Anmerkung der Redaktion: Der Beitrag wird fortgesetzt.

 

Entnommen aus den BayVBl. 10/2023, S. 325.

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Die Serie: Der bayerische Digitale Bauantrag

 

 

 

[1] Dieser Begriff wird nachfolgend verwendet für Software für die Bearbeitung bauaufsichtlicher Vorgänge.

[2] Gesetz v. 23.12.2020, GVBl. 2020 S. 663.

[3] Vgl. etwa Herrmann/Stöber, NVwZ 2017, 1401/1404; Rüdebusch, Komm-Jur 2020, 41/42; Schulz, RDi 2021, 377/378.

[4] Vgl. Herrmann/Stöber, NVwZ 2017, 1401/1404.

[5] XML bedeutet „Extensible Markup Language“ und ist eine Auszeichnungssprache für die Darstellung hierarchisch strukturierter Daten als Textdatei; diese Textdatei können sowohl Menschen als auch Maschinen lesen; vgl. Veröffentlichung des World Wide Web Consortiums vom 10.02.1998, https://web.archive.org/web/20060615212726/http://www.w3.org/TR/1998/REC-xml-19980210, abgerufen am 01.04.2023.

[6] Vgl. zur verbindlichen Anwendbarkeit den Beschluss 2017/37 des IT-Planungsrats v. 05.10.2017, www.it-planungsrat.de/beschluss/beschluss-2017-37, abgerufen am 01.04.2023.

 

Dr. Korbinian Nuber

Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr
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