15.03.2011

CleanTech Investments im Energiesektor

Ein Markt im Umbruch – kleines Leitsystem in Fragen und Antworten

CleanTech Investments im Energiesektor

Ein Markt im Umbruch – kleines Leitsystem in Fragen und Antworten

Das „regenerative Zeitalter“ ist angebrochen. | © Andreas Haertle - Fotolia
Das „regenerative Zeitalter“ ist angebrochen. | © Andreas Haertle - Fotolia

Der Energiesektor spielt für CleanTech-Investments eine zentrale Rolle. Welche Trends sehen Sie hier?

Dr. Alexander Dlouhy: Der Energiesektor befindet sich seit Jahren in einem stetigen und fundamentalen Umbruch. Jetzt ist das regenerative „Zeitalter“ angebrochen. Wir erinnern uns: Anfang der 90er Jahre wurde mit den großen europäischen Reformvorhaben – den „Binnenmarktpaketen“ – der Umbruch eingeleitet. Ziel war die Marktliberalisierung und die Einführung von Wettbewerb. Eines der wesentlichen Mittel war das Aufbrechen der Leitungsmonopole. Dies wurde flankiert durch die Entflechtung der Netze von den Wettbewerbsbereichen Erzeugung und Vertrieb. Seit Kurzem werden die Netzbetreiber von den Energieregulierungsbehörden reguliert und ihre Erlöse werden gekappt.

Hinzu kommt nunmehr eine stetig wachsende Fülle neuer, rechtlicher Vorgaben rund um die Themen Klimaschutz und Energieeffizienz. Dies erfordert sowohl in der Erzeugung als auch im Netzbereich erhebliche Investitionen. Der wichtigste Trend besteht heute also darin, den Energiesektor so umzubauen, dass er zu einem „CleanTech-Sektor“ wird.

Ist denn eine Energieversorgung bezahlbar, die in der Erzeugung und im Netz konsequent auf „CleanTech“ setzt? Die EEG-Umlage steigt, und das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht …

Dr. Sabine Schulte-Beckhausen: Hierbei handelt es sich um eine Kernfrage. Idealerweise würde sich die „neue Energiewelt“ über Marktmechanismen einstellen. Das ist aber nicht realistisch. Man denke nur an das Tauziehen um die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke. Ganz klar ist: Der Boom der Erneuerbaren Energien in Deutschland ist dem Instrumentarium des EEG zu verdanken. Den Preis für die umweltfreundliche Energieerzeugung zahlen in diesem System letztendlich die Kunden. Und dieser Preis wird steigen, umso mehr, als man weiter auf zentrale Lösungen setzt: Der Strom aus Offshore-Windparks muss zu den großen Verbrauchszentren transportiert werden. Insbesondere die netztechnische Erschließung der Offshore-Windparks ist mit hohen Kosten verbunden. Gleiches gilt, wenn die „Desertec“-Pläne für die solare Stromerzeugung in Nordafrika umgesetzt werden – auch dann muss der Strom über weite Strecken transportiert werden. Es ist Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass die Energie bezahlbar bleibt.


Wie passen die Investitionsanforderungen mit den Vorgaben zur Netzregulierung zusammen? Viele Netzbetreiber weisen darauf hin, dass durch die Regulierung Investitionen – und damit der Weg ins regenerative Zeitalter – gehemmt werden.

Dr. Sabine Schulte-Beckhausen: Es wird eine schwierige Aufgabe sein, das gerade erst eingeführte System der Anreizregulierung für Energienetze so fortzuentwickeln, dass sich Klimaschutzinvestitionen für die Netzbetreiber lohnen. Hier stehen wir am Anfang. Leider weist das Energiekonzept der Bundesregierung für eine „umweltschonende, bezahlbare und zuverlässige Energieversorgung“ vom September 2010 hier keinen konkreten Weg.

Was die Finanzierung der anstehenden Investitionen angeht, so hat man mit einem – gerade mit Blick auf den Umfang der erforderlichen Investitionen nicht gerade üppig ausgestatteten – „Energieeffizienzfonds“ eine direkte Förderung des klimafreundlichen Umbaus der Energiebranche auf den Weg gebracht. Aber dies wird nur ein kleiner Baustein im Instrumentarium der Politik bleiben. Es wird hohe Kosten verursachen, die Netze auszubauen und an die sich wandelnde Erzeugungsstruktur anzupassen, z. B. intelligente Netze einzuführen und neue Speichertechnologien zu integrieren. Solange nicht klar ist, dass diese Kosten in der Anreizregulierung anerkannt werden, werden die Investitionen nicht im wünschenswerten Umfang erfolgen.

Ein solcher Markt im Umbruch ist für Investoren von hohem Interesse. Welche Investoren sehen Sie im Energiemarkt, hat sich hier in den vergangenen Jahren etwas geändert?

Dr. Alexander Dlouhy: Hier muss man differenzieren. Während der Erzeugungsbereich stark von strategischen Investoren aus der Branche geprägt ist, sind an den Energienetzen zunehmend Finanzinvestoren interessiert. Man denke nur an das Engagement des australischen Pensionsfonds IFM im Höchstspannungsnetz der Vattenfall Europe, die heute als 50Hertz GmbH firmiert. Infrastrukturfonds wie Macquarie, First Reserve, Morgan Stanley, RREEF und andere zeigen großes Interesse an Energieinfrastrukturen. Diese sind attraktiv, weil die Netzbetreiber eine Aufgabe im Allgemeininteresse wahrnehmen und die Cash-Flows reguliert, also stabil und vorhersehbar sind.

Dr. Monika Pasetti: Im Renewables-Bereich betreten neben den Strategen und Projektentwicklern auch Finanzinvestoren das Spielfeld. Es gibt mittlerweile eine beachtliche Anzahl von Fonds, die verstärkt in Renewables investieren oder sich sogar ganz auf den CleanTech-Bereich spezialisiert haben. Der Investmentfokus ist dabei ganz unterschiedlich. Einige Investoren konzentrieren sich auf neue Technologien und beteiligen sich etwa an einem innovativen Wafer- oder Modulhersteller, um dessen Serienproduktion oder den Kapazitätsausbau zu unterstützen. Als weitere Beispiele unter vielen sind Investitionen in Smart-Grid Technologien zu sehen, oder auch Technologien, deren Einsatz zu einem schnelleren und kostengünstigeren Bau von Kraftwerken führen.

Vor allem die speziell auf den CleanTech-Bereich ausgerichteten Fonds investieren selbstverständlich auch außerhalb des Energiebereichs in grundsätzlich jede Art von Wachstum versprechende Technologien, die zur Umwelt und Ressourcenschonung beitragen. Darüber hinaus haben Private Equity-Unternehmen inzwischen die großen Anlagen zur Stromerzeugung aus regenerativen Primärenergiequellen (wie z. B. Off-Shore-Windparks, Solargroßkraftwerke und große Biomasseanlagen) und die Hersteller der Anlagen als lukrative Investitionen entdeckt. Man denke etwa an Blackstone, die sich am Off-Shore-Windparkprojekt Meerwind in der Nordsee beteiligt haben. Auch gibt es Fonds, die auf das Thema Emissionszertifikate, einschließlich der Beteiligung an und der Finanzierung von CDM-Projekten spezialisiert sind.

Worauf müssen Investoren bei Beteiligungen an Wind- oder Solarparks besonders achten? Welche Schwerpunkte sehen Sie bei der rechtlichen Due-Diligence in M&A-Transaktionen im Renewables-Sektor?

Dr. Alexander Dlouhy: Es kommt natürlich darauf an, woran sich ein Investor beteiligen will. Will er in ein einzelnes Projekt (z. B. Off-Shore-Windpark) investieren oder ein Projektportfolio (z. B. On-Shore-Windparkportfolio) erwerben, bei dem einzelne Anlagen in Betrieb, andere aber in der Planung sind? Oder will er eine Beteiligung an einem Anlagen- oder Komponentenhersteller kaufen? Allgemein gesprochen sehen wir drei große Themenbereiche:

– Bei Investitionen in Projekte sind die regulatorischen Rahmenbedingungen für die Erzeugung ein entscheidender Werttreiber für Transaktion. Es kommt darauf an, für den Investor sichtbar zu machen, wie der regulatorische Rahmen funktioniert, z. B. ob es eine feste Einspeisevergütung gibt oder ob ein Quotensystem gilt, und ob und in welchem Umfang die regulatorischen Voraussetzungen im Land des Projektstandorts erfüllt sind. Dies erfordert umfangreiches Spezialwissen und eine tiefe Branchenkenntnis.
– Ein zweiter Punkt betrifft den Bereich „Intellectual Property“: Wer sich an einem Hersteller für Anlagen oder Anlagenkomponenten z. B. für Offshore-Windparks oder Solarparks beteiligt, muss auf das Patentportfolio achtgeben. Dies ist in Bezug auf die in diesem Sektor entwickelten neuen Technologien von herausragender Bedeutung.
– Als drittes, sehr wichtiges Thema ist die bereits bestehende Finanzierung des Zielunternehmens zu nennen. Hier ist die Welt recht bunt: Wir sehen in diesem Sektor von Genussscheinen und anderen Mezzanine-Finanzierungsmodellen bis hin zur klassischen Projektfinanzierung alle Spielarten. Hier ist unter anderem darauf zu achten, welche Folgen der Beteiligungserwerb auf die bestehenden Verträge hat (Stichwort: „Change-of-Control-Klauseln“) und ob ggf. Möglichkeiten für eine Refinanzierung bestehen.

Wenn wir uns die Kapitalbeschaffung für einzelne Projekte im Energiesektor etwas konkreter ansehen – welche Trends sehen Sie in der Finanzierung?

Dr. Alexander Dlouhy: Gerade Großprojekte im Bereich der Stromerzeugung aus regenerativen Energiequellen und Maßnahmen zur Energieeffizienz sind kapitalintensiv. Dies liegt vor allem an den hohen Kosten für Forschung und Entwicklung neuer Technologien, aber auch an den mit solchen Projekten häufig verbundenen infrastrukturellen Herausforderungen (Netzanschlüsse, Trafostationen, Transportschiffe für die Errichtung von Off-Shore-Windparks usw.)

Vor allem während der Finanzkrise und den damit verbundenen Schwierigkeiten im Kreditwesen haben die großen Energiekonzerne Schuldverschreibungen ausgegeben, um den Finanzbedarf der nächsten Jahre zu decken. So legte EnBW im November 2008 zwei Anleihen im Wert von insgesamt EUR 1,5 Milliarden mit einer Laufzeit von 5 bzw. 10 Jahren auf. Die Anleihen sind mit einem Zins-Kupon von 6 % bzw. 6,875 % ausgestattet. Nach Konzernangaben war die Anleihe deutlich überzeichnet. Das ist aber nur ein Beispiel. Auch E.ON, RWE, Vattenfall und viele andere Unternehmen platzierten in der jüngeren Vergangenheit Anleihen.

Dr. Monika Pasetti: Ein kritisches Thema für jedes Kraftwerk im Bereich Renewables, das maßgebend unter Verwendung neuer Technologien errichtet werden soll, ist die „Bankability“. Als Folge der Finanzmarktkrise halten sich die Banken bei der Finanzierung innovativer Anlagen immer noch deutlich zurück. Deshalb empfiehlt es sich z. B. für Modulhersteller, die eine neue Technologie anbieten, zunächst kleinere, eigene Projekte auf Equity-Basis zu realisieren.

Welche Rolle spielen private Fonds bei der Finanzierung von Wind- und Solarparks, aber auch Biomasseanlagen?

Dr. Monika Pasetti: Zur Finanzierung von Wind-, Solarparks und Biomasseanlagen bieten die unterschiedlichsten Initiatoren zahlreiche geschlossene Fonds an. Die eingezahlten Mittel werden entweder für ein bestimmtes Projekt verwendet, z. B. für einen Windpark, für mehrere Wind- oder Solarprojekte in einem bestimmten Land, oder allgemein für Investitionen in Projekte auf dem Gebiet der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien. Auch Stadtwerke nutzen das Interesse von Privatanlegern an Investments in Erneuerbare Energien: So haben mehrere kommunale Unternehmen für ihre Kunden Fonds in Form von Inhaberschuldverschreibungen aufgelegt. Das Geld fließt ausschließlich in Projekte, die Erneuerbare Energien fördern, z. B. On- und Off-Shore-Windkraft, Geothermie, Biomasse oder auch Photovoltaik.

Dr. Sabine Schulte-Beckhausen: Stadtwerke nutzen auch besondere Stromtarife, um Klimaschutzprojekte zu finanzieren. Hierbei setzen sie auf das Umweltbewusstsein ihrer Kunden. Die Differenz zwischen dem höheren Preis pro Kilowattstunde und dem Marktpreis, i.d.R. zwischen einem und zwei Cent/kWh, fließt in einen zu diesem Zweck errichteten Fonds, aus dem regionale Klimaschutzprojekte finanziert werden. Manche Stadtwerke leisten dann noch Zusatzbeiträge in diese Fonds, indem sie z. B. die gesammelten Gelder zu einem bestimmten Stichtag verdoppeln.

Und wie sieht es mit staatlichen oder staatlich gespeisten Fonds aus, gibt es hier einen Trend?

Dr. Alexander Dlouhy: In der Tat sind neben den privaten, überwiegend geschlossenen Fonds mittlerweile zahlreiche Fonds der öffentlichen Hand oder öffentlicher Unternehmen aufgelegt worden. So vergibt beispielsweise ein Stadtwerk über einen „Klimafonds“ an Unternehmen Investitionszuschüsse in Höhe von maximal 80 %, wenn diese die vom Stadtwerk angebotenen Dienstleistungen zum Energiesparen in Anspruch nehmen. Diese Energieeinsparmaßnamen können anschließend aus Krediten aus dem Energieeffizienzprogramm (ERP) der KfW finanziert werden.

Dr. Monika Pasetti: Dies bringt uns auf das nächste Thema, nämlich auf die Rolle der Banken für kleine und mittlere Unternehmen sowie regulierte Institutionen, insbesondere der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und der Europäischen Investitionsbank (EIB). Ein globaler Fonds soll bei der Einrichtung von Klimaschutzprojekten helfen und neue Formen von Emissionsgutschriften aus Entwicklungsländern ermöglichen. Die EIB gibt auch Klimaschutzanleihen aus. Der erzielte Emissionserlös wird ausschließlich zur Finanzierung von Darlehen für Investition in Erneuerbare Energien und Energieeffizienz verwendet.

Aber auch bei der klassischen Fremdfinanzierung im Wege der Projektfinanzierung ist das Engagement dieser Banken ein wesentlicher Baustein, der oft die Finanzierung erst ermöglicht. Die EIB- sowie KfW-Programme „Erneuerbare Energien“ bieten den Geschäftsbanken günstige Refinanzierungskonditionen. Über ihre Tochter KfW IPEX ist die KfW ebenso wie die EIB als Darlehensgeberin an vielen Großprojekten im Energiesektor im In- und Ausland beteiligt.

 

Dr. Alexander Dlouhy

LL.M, Rechtsanwalt, M&A im Energiesektor, Joint Ventures/Kooperationen White & Case LLP, Berlin
 

Dr. Monika Pasetti

LL.M, Rechtsanwältin, M&A und Private Equity im Energie-/ insb. Solarsektor White & Case LLP, Berlin
 

Dr. Sabine Schulte-Beckhausen

Rechtsanwältin, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten, Köln
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