15.03.2011

Kommunale Immobiliengeschäfte

Chancen und Risiken für Gemeinden

Kommunale Immobiliengeschäfte

Chancen und Risiken für Gemeinden

Verkauf, Kauf, Miete, Leasing – was ist die wirtschaftlich sinnvollste Lösung? | © Daniel Ernst - Fotolia
Verkauf, Kauf, Miete, Leasing – was ist die wirtschaftlich sinnvollste Lösung? | © Daniel Ernst - Fotolia

Grundstücks- und Immobiliengeschäfte gewinnen für Gemeinden zunehmend an Bedeutung. Neben rein finanziellen Gesichtspunkten treten kommunalrechtliche und -politische, (bau-)planerische und soziale Zielsetzungen, die Gemeinden im Rahmen von Immobiliengeschäften verfolgen und umsetzen. Auch die meist hohen Sanierungskosten alter Verwaltungsgebäude, Wohnhäuser, Kliniken und sonstiger Einrichtungen sowie die Kosten für Umzug, Zwischenmiete, etc. machen einen Verkauf – und ggfs. die anschließende Anmietung – bestimmter kommunaler Immobilien interessant. Spiegelbildlich ist auch der Kauf von Immobilien und die Projektentwicklung maßgeschneiderter Immobilienlösungen für Kommunen bedeutsam.

Der Kauf oder Verkauf kommunaler Liegenschaften bietet den Gemeinden vielfältige Möglichkeiten und Chancen, birgt jedoch auch Risiken und juristische Probleme.

Erwerbsmodelle – Alternativen zu Kauf oder Verkauf?

Vor der Entscheidung über Kauf oder Verkauf von Immobilien hat die Gemeinde Vorüberlegungen anzustellen. Womöglich kommt eine Anmietung des zuvor veräußerten Gemeindeeigentums in Betracht. Eine Alternative besteht jedoch auch im Immobilien-Leasing. Dieses schont das Eigenkapital städtischer Gesellschaften und deren Liquidität und ist insbesondere für Kommunen mit geringerer Finanzausstattung von Vorteil. Mit grenzüberschreitendem Leasing (Cross-Border-Leasing) versuchen viele Städte, kommunale Gebäude und Einrichtungen an ausländische Investoren zu veräußern, die den Vertragsgegenstand an die Kommune, meist auf die Dauer mehrerer Jahrzehnte, zurückvermieten (Sale-and-Lease-Back).


Vor der Veräußerung gemeindlicher Grundstücke ist zu entscheiden, ob sich die Gemeinde durch den Verkauf vollständig von dem Grundstück trennt, sich ein Rückkaufsrecht vorbehält oder nur ein Erbbaurecht für den Erwerber bestellt.

Due Diligence – Qualität und Eignung des Kauf- oder Verkaufsobjekts?

Im privaten Bereich ist es seit vielen Jahren Verkehrssitte, bei Immobiliengeschäften eine umfassende Objektprüfung, eine Due Diligence, durchzuführen. Während dies bei größeren Immobilientransaktionen Privater allein schon aus Gründen der Finanzierbarkeit des Projektes erforderlich ist, kommt eine Due Diligence für die öffentliche Hand vor allem auch bei Grundstücksgeschäften in Betracht, die den Erwerb früherer Industriegrundstücke beinhalten oder den Erwerb aus einer Insolvenz betreffen. Bei lange zurückliegenden Vornutzungen ist hierbei vor allem auf die Beurteilung der Umweltsituation Wert zu legen. Zudem ist im Rahmen technischer Prüfungen eine Nutzungs- und Betriebskostenanalyse sinnvoll. Gleichermaßen kann aber auch beim Verkauf von kommunalen Immobilien eine Due Diligence-Prüfung für die Gemeinde sinnvoll sein, nicht zuletzt, um die Angemessenheit des Kaufpreises zu beurteilen und um sich vor Gewährleistungsansprüchen des Käufers vertraglich schützen zu können.

Vergaberechtliche Aspekte – Darf die Gemeinde frei erwerben oder veräußern?

Bei kommunalen Immobiliengeschäften hat die Gemeinde vergaberechtliche Aspekte zu beachten. Neben den gesetzlichen Vorgaben, wie den Neuerungen der VOB/A, des GWB und weiteren vergaberechtlichen Normen ist die Entwicklung der Rechtsprechung von Bedeutung. Nach dem EuGH-Urteil zu der „Ahlhorn“-Entscheidung des OLG Düsseldorf (Entscheidung des EuGH v. 25. 03. 2010, Rs.C-451/08) ist ein Grundstücksverkauf mit Bebauungsverpflichtung grundsätzlich nicht mehr vergabepflichtig. Der Verkauf eines unbebauten oder auch bebauten Grundstücks durch die Gemeinde stellt in der Regel keine ausschreibungspflichtige Vergabe dar. Nur wenn die Gemeinde ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse an der jeweiligen verpflichtenden Bauleistung hat, ist eine Ausschreibung erforderlich. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Gemeinde Eigentümer der vorgesehenen Bauleistung bzw. des Bauwerks wird oder über dieses verfügen kann.

Kommunalrecht – Kann die Gemeinde eigenständig über Kauf und Verkauf entscheiden?

Die Gemeinde hat stets kommunalrechtliche Vorschriften zu beachten. So stellen Immobiliengeschäfte regelmäßig Verpflichtungsgeschäfte dar, die den besonderen form- bzw. vertretungsrechtlichen Bestimmungen der Gemeindeordnungen genügen müssen. Auch sind gegebenenfalls kommunalaufsichtsrechtliche Genehmigungen erforderlich, um das Immobiliengeschäft der Gemeinde rechtlich zulässig umsetzen zu können. So ist für eine eventuell notwendige Kreditaufnahme für das konkrete Immobiliengeschäft, den Abschluss eines Leasingvertrages oder anderer kreditähnlicher Projektverträge die Genehmigung der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde unerlässlich. Hierbei prüft die Kommunalaufsicht insbesondere, ob die Gemeinde die Grundsätze der geordneten Haushaltswirtschaft einhält, mithin ob die Verträge dem Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung entsprechen. Die Einhaltung dieser kommunalrechtlichen Vorschriften ist für die Wirksamkeit des Immobiliengeschäfts von immenser Bedeutung.

Baurecht – Optimierung der Grundstücksnutzung

Bauplanungsrechtlich stellen insbesondere Konversionsgrundstücke Gemeinden vor große Herausforderungen. Hier sind oftmals für große Teile des Gemeindegebietes umfangreiche Planungen aufzustellen und damit die Weichen für die künftige zivile Nutzung zu stellen. Dabei ist auch zu entscheiden, ob gegebenenfalls städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen in Eigenregie durchgeführt werden oder ob die planungsrechtliche Entwicklung allein auf der Grundlage (vorhabenbezogener) Bebauungspläne einzelner Investoren vollzogen wird. Planungsrechtliche Probleme ergeben sich auch aus der Umnutzung früherer Sondergebiete (z. B. Bahn, Post), die die Gemeinde nunmehr für eigene, nicht festsetzungskonforme Zwecke gebrauchen möchte. Hier stehen einer sachgerechten Festsetzung neuer Nutzungen oftmals die Regelungen der BauNVO entgegen. Schließlich muss die Gemeinde bei Ihrer Planung entscheiden, ob sie soziale Aspekte, beispielsweise die Schaffung günstigen Baulands für Familien, die spätere Ausweisung von Gewerbeflächen oder die Aufwertung bestimmter Gebiete mit dem Grundstückserwerb tatsächlich realisieren kann.

Um gemeindeeigene Grundstücke effektiv und effizient vermarkten zu können, bieten sich im Vorfeld bauordnungsrechtliche Maßnahmen nach dem jeweiligen Landesrecht an. So kann die Gemeinde selbst Baulasten, insbesondere auch in Form der Vereinigungsbaulasten, für ihre Grundstücke vorsehen, um eine bestimmte Nutzung, die aufgrund ungeeigneter Grundstückszuschnitte anders nicht zulässig wäre, zu forcieren und damit die gewünschte Käufergruppe anzusprechen. Selbstverständlich ist die Gemeinde bei einem Grundstückskauf ihrerseits gehalten, sich gleichsam nach bestehenden Baulasten und grundstücksbezogenen Verfügungen zu erkundigen. So können beispielsweise brandschutztechnische Defizite die gewünschte Nutzung der Immobilie vereiteln. Ob ein bestandsgeschütztes Gebäude bei Aufnahme einer neuen Nutzung durch die Gemeinde noch zulässig betrieben werden darf, ist vorab zu klären. Im schlimmsten Fall bestehen sogar Nutzungseinschränkungen oder -untersagungen, die die Immobilie deutlich in ihrem Nutzwert mindern.

Faktor Umweltrecht – Welche Risiken verbleiben?

Risiken aus umweltrechtlichen Aspekten ergeben sich häufig im Zusammenhang mit dem Verkauf oder dem Erwerb von Wohnungen, die zum Bestand von kommunalen Wohnungsbaugesellschaften gehören oder hierzu erworben werden sollen. Viele ältere Bestandsobjekte von Wohnungsbaugesellschaften stammen aus Baujahren, in denen eine Sensibilität für Gebäudeschadstoffe viel weniger ausgeprägt war als heute. Oftmals bleibt aufgrund dringenden Sanierungsbedarfes dann keine andere Möglichkeit als das gemeindliche Eigentum zu veräußern oder – im Rahmen von PPP-Modellen – Private in die Sanierung einzubinden. Auch beim Verkauf von kommunalen Grundstücken muss sich die Gemeinde selbstverständlich vor Rückgriffansprüchen, insbesondere nach den Regelungen des Bundesbodenschutzgesetzes, absichern, ebenso wie dies ein privater Grundstücksverkäufer tun würde.

Fazit

Alles in allem sind Gemeinden bei kommunalen Grundstücksgeschäften einem privaten Grundstückseigentümer in wesentlichen Belangen gleichgestellt. In vielen Bereichen ergeben sich für Kommunen jedoch weitergehende Pflichten. Diese dürfen nicht außer Acht gelassen werden, wenn die Entscheidung über den Verkauf des „Tafelsilbers“ ansteht oder angesichts schwieriger Haushaltslagen über den Wunsch nach Kostenersparnis im Immobilienbereich diskutiert wird.

 

Dr. Bastian Hirsch

Fachbereichsleiter der Bauaufsicht einschließlich der Unteren Denkmalschutzbehörde sowie der Unteren Immissionsschutzbehörde des Hochtaunuskreises
 

Prof. Dr. Stefan Pützenbacher, Notar

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Kanzlei Kapellmann und Partner, Frankfurt am Main; Honorarprofessor für Baurecht an der Frankfurt University of Applied Sciences
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