15.05.2023

Straßengebundener Transport von Klärschlamm

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.06.2022 – 7 C 3.21

Straßengebundener Transport von Klärschlamm

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.06.2022 – 7 C 3.21

Ein Beitrag aus »Die Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz« | © emmi - Fotolia / RBV
Ein Beitrag aus »Die Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz« | © emmi - Fotolia / RBV

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat sich in einer Entscheidung mit dem straßengebundenen Transport von Klärschlamm auseinandergesetzt. Es hat entschieden, dass der straßengebundene Transport von Klärschlamm dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) auch dann unterliegt, wenn vor und nach dieser Beförderung eine Abwasserbeseitigung stattfindet und insoweit das Wasserhaushaltsgesetz gilt.

Zum Sachverhalt

Ein Pharma-Unternehmen klagte und begehrte die Feststellung, dass der Transport von Klärschlamm in einem Saug- und Pumpfahrzeug von einer betrieblichen Abwasserbehandlungsanlage über öffentliche Straßen zu einer kommunalen Kläranlage, in der der Klärschlamm weiterbehandelt wird, nicht den Regelungen des KrWG unterfällt. Die entsprechende Feststellungsklage des Unternehmens hatte vor dem VG zunächst keinen Erfolg.

Auf die Berufung des Unternehmens hin stellte der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim allerdings fest, dass für die Beförderung von Klärschlamm von dessen Aufnahme durch ein Saug- und Pumpfahrzeug am Standort der Abwasserbehandlungsanlage der Klägerin bis zur Übergabestelle an der kommunalen Kläranlage nicht die Rechtspflichten für den Abfalltransport gelten, die aus den Vorschriften der §§ 53 bis 55 KrWG folgen (vgl. Urt. v. 20.04.2021 – 10 S 2566/19 –).


Das Absaugen eines Teils der in einer Abwasserbehandlungsanlage anfallenden Stoffe mittels eines Saug- und Pumpfahrzeugs zum Zweck des Transports der Stoffe zu einer weiteren Abwasserbehandlung bzw. zur Trocknung in einer Kläranlage führte nach Auffassung des VGH Mannheim nicht dazu, dass die genannten Stoffe wieder dem Anwendungsbereich des KrWG unterfielen. Dies deshalb, weil – so das Gericht – mit der Entnahme der Stoffe die mit der Behandlung begonnene Abwasserbeseitigung noch nicht abgeschlossen sei.

Unabhängig davon handele es sich bei dem Saug- und Pumpfahrzeug um eine weitere Abwasseranlage i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG (sog. rollender Kanal). Nach dieser Bestimmung gelten die Vorschriften des KrWG nicht für „Stoffe, sobald sie in Gewässer oder Abwasseranlagen eingeleitet oder eingebracht werden“. Das BVerwG ist zu einer anderen rechtlichen Bewertung als der VGH Mannheim gelangt und hat der Revision stattgegeben.

Kein Fall des § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG

Das BVerwG stellt in seiner Entscheidung fest, dass der VGH Mannheim unter Verstoß gegen § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG die Geltung der Vorschriften des KrWG für den straßengebundenen Transport von Reststoffen aus einer privaten zu einer kommunalen Abwasseranlage verneint habe.

In der Rechtsprechung des BVerwG sei geklärt, dass mit der Verwendung des Worts „sobald“ in § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG lediglich der Zeitpunkt des Übergangs vom Abfall- zum Wasserrecht geregelt werde. Dies stehe aber – so das BVerwG – einer Wiedereröffnung des Anwendungsbereichs des Abfallrechts nicht entgegen.

Aus dem systematischen Zusammenhang mit dem Wasserrecht – § 54 Abs. 2 Satz 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) – ergibt sich nach Feststellung des BVerwG mit der gebotenen Klarheit, dass das Regelungsregime des Wasserrechts endet und das Abfallrecht wieder anwendbar wird, wenn die Abwasserbeseitigung abgeschlossen ist. Der VGH Mannheim hat nach den Feststellungen des BVerwG auch zu Unrecht angenommen, dass es sich bei dem Saug- und Pumpfahrzeug, mit dem die Stoffe entnommen und transportiert werden, um eine Abwasseranlage i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG handelt.

Der Begriff der Abwasseranlage setze eine Abwasserbeseitigung voraus, vgl. § 60 Abs. 1 WHG. Das Fahrzeug diene aber ausschließlich dem Abpumpen und dem Transport des in der betrieblichen Anlage behandelten Wassers. Eine Behandlung der entnommenen Stoffe finde in dem Fahrzeug nicht statt. Zwar gehört nach der Rechtsprechung des BVerwG das Sammeln des in Kleinkläranlagen anfallenden Schlamms durch Transportfahrzeuge zur Abwasserbeseitigung, vgl. § 54 Abs. 2 Satz 2 WHG. Diese Vorschrift ist nach Feststellung des BVerwG hier aber nicht anwendbar, weil sie allein für Kleinkläranlagen gilt und es sich bei der betrieblichen Anlage der Klägerin nicht um eine solche handelt.

Auslegung muss vereinbar mit Unionsrecht sein

Die Auslegung des § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG durch den VGH Mannheim ist zudem nach der Entscheidung des BVerwG nicht mit dem Unionsrecht vereinbar. Abwässer unterfallen – so das BVerwG – nur dann nicht dem Abfallrecht, wenn sie von anderen Unionsrechtsvorschriften als der Abfallrahmenrichtlinie abgedeckt sind, die genaue Bestimmungen über deren Bewirtschaftung – hier den Transport – enthalten und ein zumindest gleichwertiges Schutzniveau gewährleisten.

Das Unionsrecht erfordert nach Feststellung des BVerwG mithin eine Auslegung von § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG, wonach die straßengebundene Beförderung von Abwasser den Vorschriften der §§ 53 bis 55 KrWG unterfällt. Im WHG gebe es – so das BVerwG – keine entsprechenden Vorschriften, die für den Beförderer solcher Abfälle insbesondere eine Anzeige- und Erlaubnispflicht und u. U. die Pflicht zum Nachweis der Zuverlässigkeit und der Fach- und Sachkunde des Betriebsinhabers und seines Personals fordern.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23.06.2022 – 7 C 3.21 –.

 

Entnommen aus der Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz, 02/2023, Rn. 12.

 

Dr. Daniela Franke

Geschäftsführende Direktorin, Landkreistag Rheinland-Pfalz
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