25.01.2024

Steuerrecht und Digitalisierung

20. Finanzgerichtstag in Köln

Steuerrecht und Digitalisierung

20. Finanzgerichtstag in Köln

Professor Jürgen Brandt, der Präsident des Finanzgerichtstags, rückte die "Steuergerechtigkeit" in den Fokus.
Professor Jürgen Brandt, der Präsident des Finanzgerichtstags, rückte die "Steuergerechtigkeit" in den Fokus.

Die Ungleichbehandlung im Steuerrecht und damit auch die „Steuergerechtigkeit“ rückte Professor Jürgen Brandt, der Präsident des Finanzgerichtstags, zur Eröffnung der Tagung sogleich in den Fokus. Denn dies sei seit der ersten Tagung im Jahr 2004 immer wieder Thema gewesen.

Dr. Benjamin Limbach (Grüne), der nordrhein-westfälische Justizminister, setzte in seinem Grußwort einen Schwerpunkt auf den digitalen Wandel in der Justiz, die bürgerfreundlicher werden müsse. Er würdigte die Vorreiterrolle seines Bundeslandes bei der Digitalisierung und dem Thema e-Akte sowie der Arbeit eines auf Landesebene eingesetzten „Think Tanks“ zu digitalen Themen, an dem sich die Richterschaft engagiert beteilige. Zur Frage, wie zukünftig Gerichtsverfahren ablaufen sollten, bezog Limbach klar Position. Er sprach sich gegen den „Sofa-Richter“ aus.

Schwab: „KI löst Normendschungel nicht auf“


Ebenfalls positiv beschrieb Dr. Hans-Josef Thesling, der Präsident des Bundesfinanzhofs, die digitale Entwicklung in der Finanzgerichtsbarkeit. Er kritisierte aber das Fehlen einer e-Steuerakte. Vor zu großen Hoffnungen, die mit der „künstlichen Intelligenz“ verknüpft würden, warnte der Präsident der Bundessteuerberaterkammer, Prof. Dr. Hartmut Schwab. Selbst die KI könne den „Normendschungel“ nicht auflösen, der durch die „Unmengen von Vorschriften“ entstanden sei. Die mit immer neuen Steuergesetzen einhergehende wachsende Bürokratie werde zwar allenthalben beklagt, aber keiner mache sich ans „Entrümpeln“. Zwar sei der Wille auch in der Politik vorhanden und durch das im Entwurf vorliegende Bürokratieentlastungsgesetz dokumentiert. Doch dabei handele es sich nicht „um den großen Wurf“, so Schwab.

Der Steuerberater veranschaulichte die zunehmenden administrativen Belastungen am Beispiel der Nachhaltigkeitsberichterstattung, die von kleinen und mittleren Unternehmen nicht zu leisten sei. Die „Kontroll- und Regelungswut“ habe „uns nicht weitergebracht“, so Schwabs – letztlich – resignative Bestandsaufnahme.

ChatGPT, Avatare und „reverse prompting“

KI im steuerlichen Kontext nicht nur beschreiben, sondern konkret veranschaulichen war das Ziel von Stefan Groß. Dies gelang dem Münchner Steuerberater auf sehr anschauliche Weise, in dem er ChatGPT mit steuerrechtlichen Prompts fütterte und Avatare – auch in fremden Sprachen – zum Reden brachte. Schließlich präsentierte Groß den bemerkenswerten Ansatz des „reverse prompting“.

Weit gefasstes Themenspektrum

Die rechtlichen Kuriositäten der Videoverhandlungen an den Gerichten, stellte der Richter am Bundesfinanzhof, Dr. Nils Trossen vor.

Sehr pointiert befasste sich Professor Dr. Gregor Kirchhof mit der „Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer“. Dabei stellte er die verfassungsrechtlichen Probleme beim „Bundesmodell“ und beim baden-württembergischen „Bodenwertmodell“ dar.

Die „Aktuelle Rechtsprechung zur Besteuerung von Personengesellschaften“ und wie die eine Gesellschaft steuerrechtlich auf die andere „abfärbt“ – war das Thema von Trossens Kollege Dr. Christian Graw.

Die „Kapitaleinkünftebesteuerung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten“ erläuterte der Richter am FG Münster, Dr. Ingo Oellerich. „Aktuelle Streitfragen der Umsatzbesteuerung“ wurden von Alexandra Schütze, Richterin am FG Düsseldorf beleuchtet. Und der „Haftung im Steuerrecht“ widmete sich Dr. Katja Roth, Richterin am Bundesfinanzhof in München.

Wer dies alles nochmal en Detail nachlesen möchte: Der begleitende Tagungsband wird im Lauf des Jahres im Richard Boorberg Verlag erscheinen.

Dokumentation zum 18. und zum 19. Deutschen Finanzgerichtstag

Die Dokumentation zum 18. und 19. Finanzgerichtstag ist rechtzeitig vor der diesjährigen Tagung erschienen. Sie trägt den (Doppel-)Titel: „Steuern und öffentliche Finanzen nach der Pandemie“ sowie „Steuerrecht, Steuergerechtigkeit und Steuerrechtskultur in Krisenzeiten“.

 

Marcus Preu

Ltg. Lektorat und Redaktion, Rechtsanwalt
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