16.09.2021

Recht auf Schwangerschaftsberatung ohne „Spießrutenlauf“

VG Karlsruhe: Verfügung der Stadt Pforzheim war rechtmäßig

Recht auf Schwangerschaftsberatung ohne „Spießrutenlauf“

VG Karlsruhe: Verfügung der Stadt Pforzheim war rechtmäßig

Die Versammlung „40 days for life/Lebensrecht ungeborener Kinder“ hätte das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Frauen verletzt. | © trac1 - stock.adobe.com
Die Versammlung „40 days for life/Lebensrecht ungeborener Kinder“ hätte das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Frauen verletzt. | © trac1 - stock.adobe.com

Das Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe hält die zeitliche und örtliche Beschränkung einer abtreibungskritischen Demonstration vor der Schwangerschaftsberatungsstelle „pro familia“ durch die Stadt Pforzheim für rechtmäßig.

Die entsprechende Verfügung der Stadt Pforzheim, wonach die vom 6. März bis zum 14. April 2019 jeweils von 9-13 Uhr geplante und angemeldete Versammlung unter dem Thema „40 days for life/Lebensrecht ungeborener Kinder“ durch die Teilnehmer in der beabsichtigten Form „tägliches stilles Gebet/Mahnwache“ während der Öffnungszeiten der Beratungsstelle nur außerhalb direkter Sichtbeziehung durchgeführt werden dürfe, sei nicht rechtswidrig gewesen. Die auf eine entsprechende Feststellung gerichtete Klage wurde – ebenso wie der Antrag im Eilrechtsschutzverfahren – abgewiesen (VG Karlsruhe, Urt. v. 12.05.2021, Az.: 2 K 5046/19).

In der Begründung des Urteils führte das Gericht aus, dass ohne die erlassene Verfügung der beklagten Stadt Pforzheim die Versammlung in ihrer beabsichtigten Form das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Frauen verletzt hätte, die aufgrund eines Schwangerschaftskonflikts die Beratungsstelle aufsuchen wollen.


Die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen bei höchstpersönlichen Schwangerschaftskonflikten seien als Teil der Privatsphäre vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht geschützt. Deshalb hätten betroffene Frauen ein Recht darauf, eine solche anerkannte Beratungsstelle ohne „Spießrutenlauf“ durch eine 40 Tage und damit über mehrere Wochen dauernde blockadeartige Versammlung von Abtreibungsgegnern zu erreichen.

Die räumliche Verlagerung der Versammlung sei auch unter Berücksichtigung der Grundrechte der Klägerin auf Versammlungs-, Glaubens- und Bekenntnisfreiheit angemessen und verhältnismäßig. So sei der geplante Ort der Versammlung genau gegenüber der Beratungsstelle geradezu darauf ausgerichtet gewesen, die betroffenen Frauen einer Anprangerung und Stigmatisierung auszusetzen. Eine Ausweichmöglichkeit hätte es nämlich aufgrund des langen Zeitraums und des begrenzten Angebots anderer Beratungsstellen nicht gegeben. Außerdem wäre das Beratungskonzept des Schwangerschaftskonfliktgesetzes nachhaltig beeinträchtigt gewesen. Schließlich sei die Versammlung – durch die Auflage zwar nicht im Sichtbereich, aber doch zumindest im Nahbereich der Beratungsstelle – möglich gewesen.

 
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