30.09.2021

Wettbewerbsregister und Selbstreinigung

Was sollten (öffentliche) Auftraggeber und betroffene Bieter beachten?

Wettbewerbsregister und Selbstreinigung

Was sollten (öffentliche) Auftraggeber und betroffene Bieter beachten?

Das Wettbewerbsregister ist die erste bundesweite Datenbank, die Eintragungen sämtlicher relevanter Wirtschaftsdelikte und bestimmter Ordnungswidrigkeiten umfasst. ©Alex - stock.adobe.com
Das Wettbewerbsregister ist die erste bundesweite Datenbank, die Eintragungen sämtlicher relevanter Wirtschaftsdelikte und bestimmter Ordnungswidrigkeiten umfasst. ©Alex - stock.adobe.com

Seit Kurzem liegen die Entwürfe der „Leitlinien zur vorzeitigen Löschung einer Eintragung aus dem Wettbewerbsregister wegen Selbstreinigung“ sowie die damit korrelierenden „Praktische Hinweise für einen Antrag“ vor. Diese vom Bundeskartellamt veröffentlichten Dokumente werden für die Praxis der Selbstreinigung von zentraler Bedeutung sein – und zwar gleichermaßen für öffentliche Auftraggeber wie auch für Bieter.

Bei dem Wettbewerbsregister handelt es sich um die erste bundesweite Datenbank, die durch die Eintragung sämtlicher relevanter Wirtschaftsdelikte und bestimmter Ordnungswidrigkeiten umfassend Auskunft über die Zuverlässigkeit von Bietern gibt. Das Register wird vom Bundeskartellamt geführt. Erstmalig werden öffentliche Auftraggeber dazu verpflichtet, vor der Zuschlagserteilung an einen Bieter das Register auf die Zuverlässigkeit des konkreten Bieters zu prüfen. Dies gilt ab einem Auftragswert von € 30.000 netto. Unterhalb dieser Schwelle steht es den öffentlichen Auftraggebern frei, vor Zuschlagserteilung Auskunft aus dem Register einzuholen. Zwar entscheiden die öffentlichen Auftraggeber in eigener Verantwortung über den Ausschluss eines Unternehmens von der Teilnahme an dem Vergabeverfahren. Allerdings werden diese – jedenfalls bei einer Eintragung wegen eines Fehlverhaltens, das zum zwingenden Ausschluss vom Vergabeverfahren führt (z.B. bei rechtskräftiger Verurteilung wegen Steuerhinterziehung oder Vorteilsgewährung/Bestechung) – dem eingetragenen Bieter faktisch den Zuschlag verwehren. In Fällen, in denen der Ausschluss nicht zwingend, sondern rein fakultativ ist (z.B. im Falle von Kartellverstößen), wird dem im Wettbewerbsregister eingetragenen Fehlverhalten wohl auch ein nicht unerhebliches Gewicht im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung des Anbieters zukommen.

Demnach ist die Eintragung für die öffentliche Auftragsvergabe von wesentlicher Bedeutung. Ebenso zentral ist auch die Löschung derselben, weil das der Eintragung zugrundeliegende Fehlverhalten dann nicht mehr zum Nachteil des Bieters verwendet werden darf. Für die Löschung sieht das Wettbewerbsregistergesetz (WRegG) neben dem Ablauf eines festgelegten Zeitraums (5 Jahre im Falle zwingender, 3 Jahre im Falle fakultativer Ausschlussgründe) zusätzlich eine vorzeitige Löschung wegen Selbstreinigung vor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die öffentlichen Auftraggeber für jede Auftragsvergabe in eigener Verantwortung das Vorliegen einer erfolgreichen Selbstreinigung auch im Falle einer bestehenden Eintragung (nochmals) prüfen müssen – dies gilt selbst dann, wenn die Registerbehörde einen Löschungsantrag wegen Selbstreinigung bereits abgelehnt hat.


Die Selbstreinigung bei der öffentlichen Auftragsvergabe ist damit in doppelter Hinsicht relevant, nämlich im Verhältnis Bieter zu Registerbehörde und Bieter zu öffentlichem Auftraggeber.

Voraussetzungen einer jeden Selbstreinigung

Jede erfolgreiche Selbstreinigung setzt (1) einen Schadensausgleich, (2) eine aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden und dem öffentlichen Auftraggeber bzw. der Registerbehörde sowie (3) die Durchführung technischer, organisatorischer und personeller Maßnahmen voraus. Für die Konkretisierung dieser Vorgaben werden die neuen Leitlinien und Praxishinweise von besonderer Relevanz sein. Zwar sind sie für den öffentlichen Auftraggeber wegen dessen Eigenverantwortlichkeit nicht bindend. Allerdings werden sie rein praktisch die maßgebliche Orientierung für die Prüfung von Selbstreinigungsmaßnahmen sein – zum einen da es keine sonstigen amtlichen (geschweige denn gesetzlichen) Leitplanken zur Bewertung von Selbstreinigungsmaßnahmen gibt, zum anderen, da das Bundeskartellamt als Registerbehörde die Prüfung entlang dieser Leitplanken durchführt.

Die wesentlichen Elemente der Leitlinien und Praxishinweise lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1.Vorab: Notwendige Darlegungen durch den Bieter

Der Bieter ist jeweils für die Maßnahmen, die zur Selbstreinigung geführt haben sollen, darlegungs- und beweisbelastet. Er hat eine vollständige und nachvollziehbare Zusammenfassung hinsichtlich der relevanten Informationen vorzulegen, wobei der Hinweis auf ergänzende Unterlagen, die übergeben werden können, sinnvoll ist. Dies gilt gerade bei umfangreichen Sachverhalten. Zweckmäßig ist auch die Darstellung von alternativen, tatsächlich nicht vorgenommenen Maßnahmen und der Begründung dieses Verzichtes. In praktischer Hinsicht relevant ist der Hinweis, nicht „ordnerweise“ Unterlagen/Anlagen einzureichen. Der Bieter sollte sich auf die im Hinblick des konkreten Fehlverhaltens relevanten Unterlagen beschränken – und so zudem sowohl eigene Ressourcen als auch die Ressourcen der Behörde/Auftraggeber schonen.

2.Schadensausgleich

Ein ausreichender Schadensausgleich liegt nur vor, wenn der Bieter zumindest die aus dem Fehlverhalten resultierenden „offenkundigen Schäden“ ausgleicht. Offenkundig sind Schäden dann, wenn an deren Bestand und (Mindest-)Höhe keine ernsthaften Zweifel bestehen. Dies ist jedenfalls bei einer rechtskräftigen Feststellung hinsichtlich Grund und Höhe einer Ausgleichspflicht der Fall. Es ist auch möglich, dass nur ein Teil eines streitigen größeren Gesamtschadens „offenkundig“ ist.

Ausnahmsweise genügt anstatt des Schadensausgleichs die Verpflichtung zur Vornahme desselben. Dies ist der Fall, wenn die Verpflichtung im Wesentlichen einer bereits erfolgten Zahlung gleichsteht, wofür diese die Qualität einer titulierten Vereinbarung oder vollstreckbaren Entscheidung aufweisen muss. Die entsprechenden Hintergründe sind dar- und die Unterlagen vorzulegen. Im Übrigen soll der Bieter erläutern, warum ein Schadensausgleich bisher nicht geleistet worden ist.

Der Bieter hat zu dem Aspekt des Schadensausgleichs umfassend vorzutragen, insbesondere welche Schäden durch sein Fehlverhalten entstanden sind oder entstehen könnten, wer (möglicherweise) Geschädigter ist, welche Schadensart vorliegt und wie hoch der Schaden ist. Sofern dem Bieter dies nicht möglich ist oder er davon ausgeht, dass kein Geschädigter existiert, ist auch dies zu begründen. Ansprüche, die mögliche Geschädigte wegen des Fehlverhaltens geltend machen, sind darzulegen. Sofern der Bieter diese für unberechtigt hält, ist auch dies darzustellen. Bei Uneinigkeit mit dem Geschädigten über Bestand und Höhe eines Schadens ist der gesamte Sach- und Streitstand vom Bieter darzulegen. Dies ist insbesondere bei Kartellverstößen relevant, da sich die Frage einer Schadensersatzverpflichtung häufig nicht so einfach (zumindest nicht ohne langjährige Gerichtsverfahren) aufklären lässt.

3.Aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden und dem öffentlichen Auftraggeber bzw. der Registerbehörde

Eine aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden liegt vor, wenn eine Gesamtschau des Verhaltens des Bieters sein Bemühen zum Ausdruck bringt, die Aufklärung des Sachverhaltes voranzutreiben. Welches Verhalten hierfür erforderlich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls, etwa der schwere des Deliktes und der Komplexität des Sachverhaltes, ab. Ausdruck der Kooperationsbereitschaft des Bieters kann auch seine geständige Einlassung sein. Ein gewichtiges Indiz für oder gegen die aktive Zusammenarbeit ist weiterhin eine Aussage der Ermittlungsbehörde über die Kooperationsbereitschaft.

Im Falle von Kartellverfahren indiziert eine reduzierte Geldbuße aufgrund umfassender Kooperation (d.h. Anwendung der Bonusregelung durch das Bundeskartellamt) die aktive Zusammenarbeit.

Soweit Aspekte vorliegen, die Zweifel an der aktiven Zusammenarbeit rechtfertigen könnten (z.B. nicht fristgerechte oder nicht vollständige Abgabe von Erklärungen), schließen diese die aktive Zusammenarbeit nicht kategorisch aus. Vielmehr ist dann eine Gesamtschau vorzunehmen, wobei auch die Verfahrens- und Verteidigungsrechte des Bieters hinreichend berücksichtigt werden müssen.

Die aktive Zusammenarbeit ist nachvollziehbar zusammenzustellen. Dabei ist neben den wesentlichen Mitwirkungshandlungen auch darzustellen, welche Beweismittel und Unterlagen zur Verfügung gestellt worden sind. Außerdem ist es erforderlich, dass Angaben gemacht werden, welche Ebenen in der Unternehmensstruktur mit der Zusammenarbeit konkret befasst waren. Eine Besonderheit besteht zudem darin, dass der Bieter auch solche Aspekte, die die aktive Zusammenarbeit in Zweifel ziehen, offenbaren soll.

4.Technische, organisatorische und personelle Maßnahmen

Ob angemessene technische und organisatorische Maßnahmen (letztendlich handelt es sich hier um klassische Compliance-Vorkehrungen) ergriffen wurden, bemisst sich nach einer „unternehmens- und deliktsbezogenen Analyse des Risikos weiteren Fehlverhaltens“. Maßgeblich ist dabei vor allem, dass die getroffenen Maßnahmen einen Reflex des konkreten Fehlverhaltens darstellen und ein solches künftig effektiv vermeiden sowie dass die Risikoanalyse des Bieters und dessen Maßnahmen den etablierten Standards effektiver Compliance genügen. Hierfür sind insbesondere folgende Aspekte näher zu beleuchten:

  • Risikoanalyse: Wichtig ist die Analyse, ob sich ein strukturell bedingtes Risiko oder das individuelle Vorgehen einzelner Personen in dem Fehlverhalten realisiert hat bzw. haben. Von Bedeutung ist auch die Frage, ob es zu vergleichbarem Fehlverhalten bereits in der Vergangenheit kam. Wenn dies der Fall sein sollte, ist etwa von Interesse, welche Schritte hiergegen unternommen wurden und warum es gleichwohl erneut zur Verfehlung kam.
  • Anpassungen der Organisations- und Aufsichtsstruktur: Je nach Ergebnis der Risikoanalyse kann eine solche Anpassung angezeigt sein, um etwa Verfahrens- und Entscheidungsabläufe oder die Aufsichtsstruktur zu ändern, um Fehlverhalten künftig effektiv zu unterbinden.
  • Bekenntnis der Unternehmensleitung zu rechtskonformem Handeln: Dieses Element ist zentraler Bestandteil der Compliance, wobei dies auch für Führungspersonal im mittleren Management-Bereich gilt. Maßgeblich kann etwa sein, wie ein solches Bekenntnis kommuniziert und dokumentiert wird und ob klar wird, dass diesem andere Unternehmensziele untergeordnet sind.
  • Sorgfältige Auswahl, Schulung und Kontrolle der Beschäftigten: Relevant ist weiterhin, ob die Beschäftigten, vor allem diejenigen, die in risikobehafteten Bereichen entscheidungsbefugt sind, über die geltenden Regeln (regelmäßig) informiert werden (z.B. durch interne Richtlinien, Schulungen). Dabei kommt es auch auf die Verständlichkeit der Informationen und deren Zuschnitt auf die konkrete Gefährdungslage des Bieters an. Weiterhin sind die Sicherstellung der Teilnahme an Informationsmaßnahmen und die Erzielung von Lernerfolgen der Beschäftigten zu berücksichtigen. Wichtig ist zudem, ob Vorgaben zum Verhalten in Zweifelsfällen bestehen, ob hierfür konkrete Ansprechpartner benannt sind und diese anonym kontaktiert werden können.
  • Umgang mit Hinweisen und Hinweisgebersystem: Für die Bewertung der Maßnahmen relevant ist weiterhin, ob ein vertrauliches Hinweisgebersystem zur Meldung von Fehlverhalten vorhanden ist. Zu berücksichtigen ist unter anderem, ob Hinweisgeber vor internen Konsequenzen geschützt sind, ob Hinweisen nachgegangen wird und, wenn ja, wie. Auch der Umgang mit Hinweisen in den vergangenen zwei Jahren kann in die Bewertung miteinfließen. Das Thema Hinweisgebersystem ist unabhängig von etwaigen Selbstreinigungsmaßnahmen auch deshalb relevant, da eine Vielzahl von Unternehmen aufgrund einer entsprechenden europäischen Richtlinie ab Ende 2021 verpflichtet sind, ein internes Hinweisgebersystem mit besonderen Schutzvorkehrungen für potentielle Hinweisgeber einzurichten.
  • Angemessene Ressourcen und Kompetenzen der für die Compliance-Maßnahmen verantwortlichen Personen: Bewertet wird etwa, welcher hierarchischen Ebene diese Beschäftigten angehören und ob eine Berichterstattung unmittelbar an die Unternehmensleitung erfolgt. Zu berücksichtigen ist auch, ob die Verantwortlichen ihre Compliance-Funktion unabhängig und durchsetzungsfähig wahrnehmen können, wofür entsprechende Kenntnisse, Kompetenzen, organisatorische Strukturen und finanzielle Mittel eine Rolle spielen.
  • Anreize für die Beachtung der Compliance-Anforderungen und Ahndung von Zuwiderhandlungen: Bei der Prüfung, ob angemessene Compliance-Standards umgesetzt wurden, wird das Augenmerk zudem auf das Vorhandensein und die Ausgestaltung von Mechanismen zur Beachtung der Compliance-Anforderungen und zur Ahndung von Zuwiderhandlungen gelegt. So kann etwa die Aufnahme von internen Haftungs- und Entschädigungsregelungen in Arbeitsverträgen berücksichtigt werden. Auch die interne Aufbereitung von Fehlverhalten einzelner Beschäftigter innerhalb der letzten zwei Jahre kann positive oder negative Indizwirkung entfalten.
  • Evaluation und Anpassung der Compliance-Maßnahmen: Relevant ist auch, ob ein angemessener Monitoring- und Evaluierungsmechanismus existiert, um so einen geänderten Compliance-Bedarf erkennen und sodann begegnen zu können.

Zu den notwendigen Darlegungen des Bieters im Zusammenhang mit den Compliance-Maßnahmen zählen daneben Informationen zur Größe und Struktur des Unternehmens sowie zu den Tätigkeitsbereichen und zum Umsatz. Sofern der Bieter zu einem Unternehmensverbund (d.h. Konzern) gehört, sind auch Angaben zum Unternehmensverbund selber erforderlich.

Für den Umfang der erforderlichen personellen Maßnahmen kommt es unter anderem auf die Größe des Bieters, die hierarchische Stellung der am Fehlverhalten beteiligten Beschäftigten sowie den Umstand an, ob das Fehlverhalten einzelner Beschäftigter durch Vorgesetzte befördert wurde. Berücksichtigt wird zudem, ob dem Beschäftigten bewusst war, dass er Vorgaben zuwidergehandelt hat. Etwaige Aufsichtspflichtverletzungen und personelle Maßnahmen gegen Aufsichtspflichtige oder Anpassungen von Aufsichtsmaßnahmen spielen ebenfalls eine Rolle.

Der Aspekt der personellen Maßnahme muss nicht zwangsläufig zu einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses führen. So kann etwa die Kündigung eines Beschäftigten der Compliance-Abteilung, der nur im Rahmen einer nachrangigen formalen Prüfung ein Fehlverhalten eines anderen Beschäftigten leicht fahrlässig übersieht, ansonsten aber zuverlässig handelt, eine unzutreffende Wirkung entfalten. Hierdurch würde gerade das Bemühen um Compliance an Ernsthaftigkeit einbüßen.

Darzulegen hat der Bieter insbesondere die Beteiligung konkreter Personen an dem Fehlverhalten, deren hierarchische Stellung im Unternehmen, die Beteiligungsbeiträge derselben an der Aufklärung und deren Beteiligung bei der Einführung von technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Vermeidung künftigen Fehlverhaltens. Sofern keine personellen Maßnahmen ergriffen wurden, hat der Bieter die Angemessenheit eines solchen Verzichtes zu begründen, und zwar in Bezug auf sämtliche relevante Personen.

Regelmäßig ist die namentliche Benennung der relevanten Personen erforderlich. Wichtig ist dies insbesondere dann, wenn Personen im Urteil oder Bußgeldbescheid namentlich aufgeführt werden. Sofern keine Klarnamen verwendet werden, bedarf es einer Begründung für den Verzicht. Dabei muss die Zuordnung einzelner Personen zum Sachverhalt auch bei dieser Darstellung unproblematisch möglich sein.

Sofern der Bieter seinen Beschäftigten, die an dem Fehlverhalten beteiligt waren, Zusicherungen macht bzw. Zuwendungen gewährt (z.B. Übernahme von Anwaltskosten oder Erstattung einer verhängten Geldbuße), schließt dies die Selbstreinigung nicht aus. Allerdings muss ein solches Vorgehen offen dargelegt werden.

Einleitung der Prüfung – Besonderheiten in den verschiedenen Verhältnissen

Hat der Bieter die aus seiner Sicht erforderlichen Maßnahmen im Rahmen einer Selbstreinigung durchgeführt, stellt sich die Frage, welche Schritte eingeleitet werden müssen, um den Prüfprozess zu starten.

Der bei der Registerbehörde zu stellende Löschungsantrag erfordert ein berechtigtes Interesse des Bieters mit Blick auf die vorzeitige Löschung der Eintragung. Hiervon ist bei Glaubhaftmachung des Bieters, dass er zumindest beabsichtigt, an der Vergabe öffentlicher Aufträge teilzunehmen, auszugehen. Daher sollte er konkrete Vergabeverfahren, bei denen er sehr wahrscheinlich ein Angebot abgeben wird und an denen er in den vergangenen zwei Jahren teilgenommen hat, aufführen. Auch die Höhe der mit öffentlichen Aufträgen insgesamt erzielten Umsätze in den vergangenen zwei Jahren ist darzulegen. Ebenfalls ist eine Erläuterung sinnvoll, warum der Bieter angesichts seines Geschäftsbereichs auf die öffentliche Auftragsvergabe angewiesen ist. Der Löschungsantrag bedarf der Textform (z.B. per E-Mail). Bei einer Mehrfacheintragung eines Bieters im Wettbewerbsregister ist es möglich, mehrere Löschungsbegehren in einem Antragsschreiben zusammenzufassen. Trotz der bestehenden Darlegung- und Beweislast des Bieters ist die Registerbehörde mit umfangreichen Ermittlungsbefugnissen ausgestattet, sodass sie eigene Ermittlungen anstellen kann.

Gegenüber des öffentlichen Auftraggebers ist kein wie auch immer gearteter Antrag auf Prüfung der Selbstreinigungsreinigungsmaßnahmen erforderlich. Der Auftraggeber muss vielmehr eigenständig (spätestens) vor der Zuschlagserteilung prüfen, ob eine Selbstreinigung erfolgt ist. Das bedeutet allerdings nicht, dass öffentliche Auftraggeber zur Sachverhaltserforschung verpflichtet wären. Vielmehr bleibt der Bieter für die Tatsachen, die nach seiner Auffassung zur Selbstreinigung geführt haben, darlegungs- und beweisbelastet. Er ist also gut beraten, die erfolgte Selbstreinigung bereits im frühestmöglichen Stadium des Vergabeverfahrens gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber vorzutragen. Öffentliche Auftraggeber können zur Prüfung der Selbstreinigung die Registerbehörde um Übermittlung der (ablehnenden) Entscheidung zu dem Löschungsantrag sowie weiterer Unterlagen ersuchen. In praktischer Hinsicht besonders relevant ist dabei die Möglichkeit für Bieter, informatorisch eine Mitteilung beim Wettbewerbsregister über durchgeführte Selbstreinigungsmaßnahmen zu hinterlegen, die einem nachfragenden öffentlichen Auftraggeber von der Registerbehörde ungeprüft übermittelt werden müssen. Die so gewonnenen Ergebnisse können in die vorzunehmende Prüfung miteinfließen, sind jedoch nicht bindend.

Fazit

Durch die Einführung des Wettbewerbsregisters wird die Praxis der Selbstreinigung zunehmend in den Fokus rücken. Für Unternehmen, die sich (auch) um öffentliche Aufträge bewerben, wird es von höchster Priorität sein, möglichst erst gar nicht im Wettbewerbsregister eingetragen zu sein bzw. zeitnah eine Löschung aus dem Register aufgrund erfolgreicher Selbstreinigung zu erwirken. Auch öffentlichen Auftraggebern ist zu raten, sich (noch einmal) vertieft mit den Anforderungen an eine angemessene Selbstreinigung vertraut zu machen. Die Leitlinien und Praxishinweise des Bundeskartellsamts geben hierfür eine gute und praxisnahe Orientierung.

 

Dr. Gregor Schiffers

Rechtsanwalt bei Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbH
 

Sadderick Thiele

Assessor; zurzeit Leitung der Zentralen Steuerungsunterstützung einer Gemeinde.
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