Präsidentenposten am OLG Stuttgart bleibt weiter unbesetzt
Streit über die Kompetenzen der Richterselbstverwaltung
Präsidentenposten am OLG Stuttgart bleibt weiter unbesetzt
Streit über die Kompetenzen der Richterselbstverwaltung
Streit über die Kompetenzen der Richterselbstverwaltung im Verhältnis zur Personalhoheit des Ministeriums bei der Ernennung von Richtern in Baden-Württemberg noch nicht entschieden.
Mit Beschluss vom 17.11.2022 (10 K 3383/22) hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klage und einen Eilantrag der baden-württembergischen Justizministerin gegen einen Personalvorschlag des Präsidialrats der ordentlichen Gerichtsbarkeit als unzulässig abgewiesen.
Auf die ab dem 1. Juni 2022 freigewordene und vom Ministerium der Justiz und Migration ausgeschriebene Stelle zur Neubesetzung des Präsidenten/der Präsidentin des OLG Stuttgarts bewarben sich der Präsident des Landgericht Stuttgarts und die Leiterin der Abteilung 1 des Ministeriums der Justiz und für Migration.
Danach teilte die Ministerin dem Präsidialrat der Ordentlichen Gerichtsbarkeit mit, es sei beabsichtigt, die Abteilungsleiterin dem Ministerpräsidenten zur Ernennung und zur Einweisung in die benannte Planstelle vorzuschlagen.
Der aus neun Richtern bestehende Präsidialrat stimmte allerdings dem Besetzungsvorschlag der Ministerin nicht zu, sondern schlug seinerseits den Präsidenten des Landgerichts mit folgender Begründung vor: Zum einen sei ein Vorsprung der Abteilungsleiterin nach Vergleich der Beurteilungen nicht herleitbar. Zum anderen sei in Bezug auf die Stelle und das Anforderungsprofil „Leitung des Gerichts“ die Verwendungsbreite der Bewerber zu berücksichtigen. Im konkreten Einzelfall sei die Leitung des größten Landgerichts in BaWü ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal und begründe einen relevanten Erfahrungsvorsprung des Präsidenten des Landgerichts.
Daraufhin teilte die Ministerin dem Präsidialrat mit, dass sie sich nicht in der Lage sehe, dessen Besetzungsvorschlag aufzugreifen. Ein anschließend durchgeführter Erörterungstermin zwischen Ministerin und Präsidialrat brachte keine Einigung. In der Folge leitete die Ministerin einen Rechtsstreit gegen den Präsidialrat vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart ein und begehrte zudem den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das Verwaltungsgericht Stuttgart lehnte den Antrag der Ministerin im Beschlussverfahren als unzulässig ab. Dies hatte auch die Unzulässigkeit des Eilverfahrens zur Folge.
Die Anträge seien deshalb unzulässig, weil ein Rechtsschutz gegen den Gegenvorschlag des Präsidialrats nicht statthaft sei. Komme es nämlich zu keiner Einigung zwischen dem Präsidialrat und der Ministerin, so entscheide die Ministerin gemeinsam mit dem Richterwahlausschuss. Dessen Entscheidung sei unverzüglich herbeizuführen. Nach Ansicht des Gerichts sei der Richterwahlausschuss in jedem Konfliktfall zwischen Ministerin und Präsidialrat berufen, ohne dass diesem Schritt eine gerichtliche Prüfung vorangehen könne, ob einer der am Verfahren Beteiligten sich rechtmäßig verhalten habe.
Diese mangelnde Rechtswegmöglichkeit sei auch keine rechtsstaatswidrige Beschränkung der Rechte der Beteiligten. Zum einen könnten Betroffene Bewerber im Falle ihrer Nichtberücksichtigung ihre Rechte aus Art. 33 Abs.1 Grundgesetz (Bewerberverfahrensanspruch) geltend machen. Zum anderen sei die Personalhoheit und das Organisationsrecht der Ministerin als oberste Dienstbehörde und Teil der Exekutive durch die Einführung eines Richterwahlausschusses beschränkt worden. Dies sei gemäß Art. 98 Absatz IV Grundgesetz zulässig und vom Gesetzgeber so gewollt.
Ob die Rechte der Ministerin durch den Präsidialrat verletzt wurden, sei nach Ansicht des Gerichts somit erst nach der Mit-Entscheidung des Richterwahlausschusses feststellbar. Damit wurde die Ministerin vom Verwaltungsgericht auf die Möglichkeit eines nachfolgenden Rechtsschutzes verwiesen. Ergänzend führte das Verwaltungsgericht aus, dass auch die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Besetzung des Richterwahlausschusses mit 8 Richtern, einem Rechtsanwalt und sechs Mitgliedern des Landtags von Baden-Württemberg in einer abstrakten Normenkontrolle geklärt werden könne.