14.07.2011

Im Aufwind: Onshore-Windparks

Planung, Errichtung und Betrieb aus rechtlicher Sicht

Im Aufwind: Onshore-Windparks

Planung, Errichtung und Betrieb aus rechtlicher Sicht

Grüner Strom ohne Atomkraft – im Wind liegt großes Potential. | © Kzenon - Fotolia
Grüner Strom ohne Atomkraft – im Wind liegt großes Potential. | © Kzenon - Fotolia

Die Stromerzeugung mittels Windenergieanlagen gewinnt nicht zuletzt aufgrund der aktuellen Atomkraftdebatte immer mehr an Bedeutung. Der Windenergiesektor ist ein zukunftsträchtiger Wirtschaftszweig, dessen Potential sich gerade erst richtig entwickelt. Für die Planung, die Errichtung und letztlich auch den Betrieb von Windkraftanlagen bzw. groß angelegten Onshore-Windparks sind vielfältige rechtliche Vorgaben, Genehmigungsverfahren, privatrechtliche Verträge und Regelungen zu beachten. Vorliegend werden die öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen und weitere Aspekte der Projektrealisierung beleuchtet.

Frühzeitige Planung unabdingbar: Die Vorplanungsphase

Ist die Entscheidung zur Realisierung eines Windpark-Projektes gefallen, empfiehlt sich die Einschaltung eines auf die Entwicklung von solchen Projekten spezialisierten Unternehmens. Häufig übernehmen diese Unternehmen umfassende Planungs- und Beratungsaufgaben von der Vorplanung bis zur Betriebsführung. Für den Betreiber empfiehlt sich oftmals eine stufenweise Beauftragung. Bei dieser werden zunächst nur einzelne Leistungsphasen in Auftrag gegeben; die restlichen Leistungsphasen zwar vertraglich festgeschrieben, jedoch erst später abgerufen.

Das Planungsbüro kann z. B. zunächst mit der Potentialflächenanalyse beauftragt werden, bevor in die (kostenintensive) Detailplanung eingestiegen wird. In dieser Phase findet lediglich eine Grobprüfung statt. Die genehmigungsrechtlich in Frage kommenden Standorte werden identifiziert, Wind-, Schall- und Schattenverhältnisse grob berechnet, um die generelle Machbarkeit des Projektes zu prüfen. Vorteil einer stufenweisen Beauftragung ist, dass sie einen gewissen Schutz vor den Unwägbarkeiten der Projektrealisierung (z. B. bei Genehmigungs- oder Finanzierungsunsicherheiten) bietet.


Erhält das Planungsbüro einen Vollauftrag, hat diese bei vorzeitiger Beendigung gemäß §649 BGB Anspruch auf volle Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen. Bei stufenweiser Beauftragung sind nur die abgerufenen Leistungsphasen zu zahlen.

Rechtzeitige Standortsicherung wichtig

Sind geeignete Flächen identifiziert, müssen diese frühzeitig gesichert werden. Die Standortsicherung sollte neben dem Windparkstandort auch Abstandsflächen, Zuwegung und Kabeltrassen erfassen. Denkbar ist ein Ankauf oder die Bestellung eines Erbbaurechts. In der Regel wird ein Pachtvertrag geschlossen. Zudem sollte eine Absicherung durch Eintragung von Abstandsbaulasten im Baulastenverzeichnis erfolgen.

Insolvenzrisiken absichern

Seitens des zukünftigen Betreibers sollte besonderes Augenmerk auf die Absicherung vor einer Insolvenz des Grundstückseigentümers oder einer Zwangsversteigerung des Grundstücks gelegt werden. In diesem Zusammenhang sind einige juristische Stolperstricke zu beachten. Gemäß §946 BGB geht die Windenergieanlage in das Eigentum des Grundstückseigentümers über, wenn sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird. Durch Vertragsgestaltung muss sichergestellt werden, dass sie nur Scheinbestandteil wird, d. h. nur zu einem vorübergehenden Zweck oder in Ausübung eines dinglichen Rechts mit dem Grundstück verbunden wird. Zur Dokumentation des vorübergehenden Zwecks sollte eine Rückbauverpflichtung in den Pachtvertrag aufgenommen werden. Zusätzlich sollte das Nutzungsrecht grundbuchrechtlich durch Eintragung einer Dienstbarkeit abgesichert werden. Eine uneingeschränkte Koppelung der Dienstbarkeit an die Laufzeit des Pachtvertrages muss vermieden werden, da sonst etwa der Erwerber des in der Zwangsversteigerung nach Kündigung des Pachtvertrages gem. §57a ZVG auch die Dienstbarkeit beseitigen könnte. Schließlich sollte sichergestellt sein, dass die Pachtverträge bei einer Umfinanzierung oder Veräußerung des Windparks übertragen werden können.

Bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Zulässigkeit von Windenergieanlagen

Die Errichtung von Windkraftanlagen muss auch nach bauplanungsrechtlichen Regelungen zulässig sein. Windenergieanlagen stellen grundsätzlich privilegierte Vorhaben nach §35 BauGB dar. Jedoch ist auch die großflächigere öffentlich-rechtliche Bauplanung zu berücksichtigen. Insbesondere in Regionalplänen werden Vorrang- bzw. Vorbehaltsflächen für Windenergieanlagen festgeschrieben. Wie auch bei jedem anderem Bauvorhaben muss die Erschließung gesichert sein. Für Windenergieanlagen genügen hierfür unter Umständen bereits Wirtschafts- und Feldwege. Neben bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen und Vorschriften ist bei der Planung bzw. Errichtung von Windenergieanlagen auch das Bauordnungsrecht zu beachten. Insbesondere sind hier die Anforderungen an die bereits genannten Abstandsflächen, die Standsicherheit und auch den Brandschutz aus den jeweiligen landesrechtlichen Bauordnungen zwingend zu erfüllen. Weitere öffentlich-rechtliche Vorgaben enthalten die Windkrafterlasse der Länder. In diesen werden weitere Voraussetzungen und konkrete Anforderungen im Bereich des öffentlichen Rechts normiert.

Umweltrechtliche Fragen und Prüfung

Neben der rein baurechtlichen Zulässigkeit muss die Errichtung einer Windenergieanlage auch umweltrechtlichen Anforderungen genügen. Hierbei ist insbesondere eine Genehmigung nach dem BImSchG erforderlich. Entsprechend wird auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig sein. Weitere umweltrechtliche Belange ergeben sich im Zusammenhang mit nachbarrechtlichen Vorschriften und deren Prüfungsmaßstäben.

Nachbarrechtliche Fragestellungen, Drittschutz

Im Rahmen der bauplanungsrechtlichen und umweltrechtlichen Zulässigkeit der Windenergieanlage sind die Belange von betroffenen Nachbarn oder der Gemeinden, in deren Gemeindegebiet die geplante Windkraftanlage stehen soll, bei der Abwägung zu berücksichtigen. Hierbei sind gemäß dem allgemeinen Gebot der Rücksichtnahme sowie den einzelnen nachbar- bzw. drittschützenden Normen die von den Windenergieanlagen ausgehenden möglichen Beeinträchtigungen im konkreten Einzelfall zu bewerten und zu gewichten. Zu diesen möglichen Auswirkungen gehört neben Infraschall, Eiswurf, Schattenwurf, optisch bedrängender Wirkung und Lichtemissionen auch die Einwirkung auf die Planungshoheit der Gemeinden. Im Rahmen dieser Auseinandersetzung ist jedoch zu berücksichtigen, dass nach §1 Abs.1 EEG wohl grundsätzlich von einem überwiegenden öffentlichen Interesse für den Ausbau von Windenergieanlagen ausgegangen wird.

Wichtige Verträge in der Errichtungsphase

Zentraler Projektvertrag in der Errichtungsphase ist der Windenergieanlagen-Liefervertrag. Auf diesen Vertrag findet gemäß §651 BGB in der Regel Kaufrecht Anwendung, weil Windenergieanlagen regelmäßig in Serie gefertigt werden und die Montagezeit gering ist. Die kaufrechtlichen Regelungen bedürfen jedoch der Modifizierung. Die kaufvertragliche Rügeobliegenheit des §377 HGB, deren Verletzung zum Verlust jeglicher Gewährleistungsansprüche führt, sollte durch eine angemessenere Regelung zum Gewährleistungsregime ersetzt werden. Zudem sollten Vereinbarungen zu Inbetriebnahme und Probebetrieb getroffen werden, wonach der Auftragnehmer die Erreichung der vereinbarten Leistungsparameter nachzuweisen hat. Ferner sollte eine förmliche Abnahme vereinbart werden.

Vergaberechtliche Aspekte

Auch ist bei Windenergieanlagen im Einzelfall das Vergaberecht zu beachten. Öffentliche Auftraggeber im Sinne der GWB, z. B. auch kommunale Energieversorger, haben die Bestimmungen der Sektorenverordnung bei der Vergabe von Aufträgen, die im Zusammenhang mit Tätigkeiten auf dem Gebiet der Energieversorgung vergeben werden, anzuwenden. Windparks sind daher auch unter vergaberechtlichen Gesichtspunkten auf ihre Zulässigkeit hin zu untersuchen. Dies kann alle Phasen im Zusammenhang mit der Windkraftanlage betreffen.

Besonderheiten der Betriebsphase

Die geplante Wirtschaftlichkeit wird vor allem durch technische Ausfälle und Abweichungen von der geplanten Verfügbarkeit beeinflusst. Der Instandhaltung kommt daher besondere Bedeutung zu. Diese wird regelmäßig durch einen Wartungsvertrag dem Hersteller übertragen. Bei der Gestaltung des Wartungsvertrages sollte auf die Ausgestaltung einer effektiven Verfügbarkeitsgarantie und/oder Leistungskennliniengarantie Wert gelegt werden. Bei Letzterer übernimmt der Hersteller die Garantie, dass ein bestimmter Ertrag erwirtschaftet wird, Ertragsdifferenzen werden ausgeglichen.

Neben dem Wartungsvertrag wird regelmäßig ein Vertrag über die technische und kaufmännische Betriebsführung geschlossen, mit dem dem Betriebsführer die Überwachung und Steuerung der Wartung sowie die kaufmännische Betreuung des Windparks übertragen wird.

Fazit und Ausblick

Windkraftanlagen sind ein zukunftsträchtiger Wirtschaftsfaktor im Energiesektor. Planung, Errichtung und Betrieb dieser Anlagen erfordern zahlreiche Genehmigungen und Verträge. Aufgrund der Komplexität des Themas Windenergieanlagen und der damit verbundenen (rechtlichen) Risiken ist eine umfassende rechtliche Prüfung und Begleitung für die umfangreichen Fragestellungen des öffentlichen und privaten Rechts für den Erfolg unabdingbar.

 

Dr. Bastian Hirsch

Fachbereichsleiter der Bauaufsicht einschließlich der Unteren Denkmalschutzbehörde sowie der Unteren Immissionsschutzbehörde des Hochtaunuskreises
 

Dr. Martin Wittemeier

Rechtsanwalt, Kapellmann und Partner Rechtsanwälte, Düsseldorf
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