15.07.2011

Bilanzrechtsmodernisierung!

BilMoG: Herausforderung für kommunale Betriebe

Bilanzrechtsmodernisierung!

BilMoG: Herausforderung für kommunale Betriebe

Der erste Jahresabschluss nach dem BilMoG fordert Anstrengungen von den Kommunen. | © Friedberg - Fotolia
Der erste Jahresabschluss nach dem BilMoG fordert Anstrengungen von den Kommunen. | © Friedberg - Fotolia

Das Bilanzrechts-modernisierungsgesetz (BilMoG), die größte Novelle des Handelsbilanzrechts seit 1985, ist am 29. 05. 2009 in Kraft getreten. Ziel der Reform war insbesondere eine aussagekräftige, transparente und vergleichbare Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (vgl. hierzu auch den Beitrag von Monika Wagner in PUBLICUS 2011.5, Seite 22 f.). Nunmehr haben viele kommunale Betriebe ihren ersten Jahresabschluss zum 31. 12. 2010 nach den neuen Grundsätzen aufzustellen.

Weitere Abkehr von der Einheitsbilanz

Bisher waren kommunale Unternehmen bestrebt, ihre Handelsbilanz an den steuerlichen Vorschriften auszurichten. Sie bemühten sich, eine Einheitsbilanz aufzustellen, die den Anforderungen des Handelsgesetzbuches und des Steuerrechts genügte. Anpassungen zum Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung erfolgten durch Zu- und Abrechnungen von den HGB-Werten gemäß § 60 Abs. 2 EStDV.

Das BilMoG führt zu weiteren Abweichungen; die umgekehrte Maßgeblichkeit des § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG a.F. wurde aufgehoben. So entfallen in der Handelsbilanz die Passivposten z. B. für die § 6b EStG-Rücklage oder die Rücklage für Ersatzbeschaffung nach R 6.6 EStR, die nach Maßgabe des Steuerrechts aufzulösen waren (§ 247 Abs. 3 HGB a. F.). Dadurch wird die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage nicht mehr durch die Übertragung der stillen Reserven verzerrt.


Demgegenüber dürfen Eigenbetriebe und kommunale Anstalten, die landesspezifische Formblätter bezüglich der Bilanzgliederung zu beachten haben, den „Sonderposten mit Rücklageanteil“ weiterführen, solange die maßgeblichen Verordnungen diesen Passivposten noch vorsehen. Dies gilt nicht für Betriebe, die in der Strom- oder Gasversorgung tätig sind und laut § 10 Abs. 1 EnWG einen Jahresabschluss nach den für Kapitalgesellschaften geltenden HGB-Vorschriften aufzustellen haben.

Bildung von Rückstellungen wird erschwert

Außerdem untersagt das BilMoG die Bildung von Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungsaufwendungen, sofern die Maßnahmen erst ab April des folgenden Geschäftsjahres nachgeholt werden (§ 249 Abs. 1 Satz 3 HGB a.F.), sowie von Aufwandsrückstellungen (§ 249 Abs. 2 HGB a.F.). Innenverpflichtungen lassen sich nicht mehr über die Rückstellungen abbilden, was dazu führt, dass die Informationsfunktion des Jahresabschlusses gestärkt wird. In der Steuerbilanz wurden sie ohnehin nicht anerkannt.

Latente Steuern

Die Unterschiede zwischen der Handels- und der Steuerbilanz führen zur Bilanzierung Aktiver und/oder Passiver latenter Steuern (§ 274 HGB). Die Differenzen, welche auf den Ansatz oder die Bewertung von Vermögensgegenständen bzw. Schulden zurückzuführen sein können, werden unter Berücksichtigung des künftig zu erwartenden Ertragssteuersatzes als Steuerlasten oder Steuervorteile bilanziert, die sich in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich ausgleichen. Aktive latente Steuern (Steuerentlastung) dürfen, nicht müssen, beispielsweise angesetzt werden für Pensionsrückstellungen, sofern der Wert in der Handelsbilanz den Wert der Steuerbilanz übersteigt, oder beibehaltene, steuerlich nicht anerkannte Aufwandsrückstellungen. Ebenso aktiviert werden können die steuerlichen Verlustvorträge, die sich innerhalb der folgenden fünf Geschäftsjahre voraussichtlich nutzen lassen. Passive latente Steuern (Steuerlasten) müssen z. B. passiviert werden für aufgelöste Sonderposten mit Rücklageanteil, sofern ein Ansatz einer entsprechenden Rücklage in der Steuerbilanz vorliegt, oder aktivierte selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände. Die sich ergebende Steuerbe- und Steuerentlastung kann – anders als bislang – auch unsaldiert bilanziert werden.

Bewertung von Vermögen und Schulden

Vermögensgegenstände sind wie bisher höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Abschreibungen anzusetzen (§ 253 Abs. 1 Satz 1 HGB). Verbindlichkeiten sind mit ihrem Erfüllungsbetrag und Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages zu bewerten (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Bei der Rückstellungsbewertung fließen damit – im Gegensatz zur steuerlichen Bewertung (§ 6 Abs. 1 Nr.3a Buchst. f EStG) – künftige Preis- und Kostensteigerungen in die Berechnung mit ein.

Soweit sich die Höhe von Altersversorgungsverpflichtungen ausschließlich nach dem beizulegenden Zeitwert von Aktien, Fonds oder Schuldverschreibungen bestimmt, sind Rückstellungen zum beizulegenden Zeitwert dieser Wertpapiere anzusetzen, falls er einen evtl. garantierten Mindestbetrag übersteigt (§ 253 Abs. 1 Satz 3 HGB).

Im Übrigen sieht das BilMoG mit § 253 Abs. 2 HGB eine Abzinsung der Rückstellungen vor, sofern diese nicht eine Restlaufzeit von bis zu einem Jahr haben. Rückstellungen mit einer (Rest-)Laufzeit von mehr als einem Jahr müssen mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre abgezinst werden.

Pensionsrückstellungen oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen (Altersteilzeit, Jubiläen) dürfen pauschal mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz diskontiert werden, der sich bei einer angenommenen Laufzeit von 15 Jahren ergibt.

Anhangsangaben

Der Anhang (§ 285 HGB) ist Bestandteil des Jahresabschlusses kommunaler Unternehmen. Das BilMoG führt nun zu einer quantitativen und qualitativen Erweiterung des Anhangs. Anzugeben sind z. B. das Honorar des gesetzlichen Abschlussprüfers in aufgeschlüsselter Form oder die nicht zu marktüblichen Bedingungen zustande gekommenen, wesentlichen Geschäfte mit nahestehenden Unternehmen und Personen.

Der Anhang wird durch das BilMoG deutlich aufgewertet

Im Anhang wird auch einzugehen sein auf Art und Zweck sowie Risiken und Vorteile von nicht in der Bilanz enthaltenen Geschäften. Dadurch kann der Abschlussadressat die Finanzlage des kommunalen Unternehmens besser beurteilen. Einklang finden zudem die Verpflichtungen aus schwebenden Rechtsgeschäften oder Haftungsverhältnisse, etwa für zwangsläufige Folgeinvestitionen bereits begonnener Investitionsvorhaben. Ferner ist die Risikoeinschätzung der Inanspruchnahme aus den für die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage wesentlichen Eventualverbindlichkeiten (§ 251 HGB), die unter der Bilanz vermerkt sind, zu begründen. Beim Einsatz von Finanzinstrumenten sind besondere Angabepflichten zu beachten, sofern sie über ihrem beizulegenden Zeitwert ausgewiesen werden. Angesichts der Wesentlichkeit der Pensionsrückstellungen sind künftig das angewandte versicherungsmathematische Berechnungsverfahren und die grundlegenden Annahmen der Berechnung, insbesondere der Zinssatz und die erwarteten Lohn- und Gehaltssteigerungen, sowie die zugrunde gelegten Sterbetafeln mit anzuführen.

Hinweis der Redaktion: Im neu erschienenen Buch „Jahresabschluss und Lagebericht kommunaler Unternehmen„, Boorberg Verlag 2011, behandelt der Autor die Ausweis- und Bewertungsprobleme im Jahresabschluss kommunaler Unternehmen ausführlich (s. dazu S. 44).

Schwerpunkte sind dabei die Neuerungen aufgrund des BilMoG sowie die unterschiedlichen Bilanzierungsgrundsätze von Kapitalgesellschaften einerseits und Eigenbetrieben bzw. Kommunalunternehmen andererseits.

 

Martin Kronawitter

Dipl.-Bw. (FH) / Dipl.-Vw. / Dipl.-Hdl., Untergriesbach
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