29.06.2023

Nullsteuersatz für Umsätze mit bestimmten Photovoltaikanlagen

Gesetzliche Neuregelung des UStG

Nullsteuersatz für Umsätze mit bestimmten Photovoltaikanlagen

Gesetzliche Neuregelung des UStG

Photovoltaikanlagen dienen einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, da der produzierte Strom gegen Entgelt in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird. © electriceye – Fotolia.com
Photovoltaikanlagen dienen einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, da der produzierte Strom gegen Entgelt in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird. © electriceye – Fotolia.com

Durch den mit dem Jahressteuergesetz 2022 neu eingefügten § 12 Abs. 3 Nr. 1 – 4 UStG ermäßigt sich der Umsatzsteuersatz für die Lieferung von bestimmten Photovoltaikanlagen auf 0 %. Erfasst werden Lieferungen von PV-Anlagen, die auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen, öffentlichen Gebäuden oder anderen Gebäuden installiert werden, die dem Gemeinwohl dienen. Diese Voraussetzungen gelten stets als erfüllt, wenn die Bruttoleistung der PV-Anlagen nicht mehr als 30 kWp beträgt. Die Ermäßigung betrifft auch wesentliche Komponenten der Anlage und die Speicher, die den mit der PV-Anlage erzeugten Strom speichern. Wichtig für liefernde Unternehmer ist, dass ihr eigener Vorsteuerabzug bei der Lieferung zum Nullsteuersatz erhalten bleibt.

Zur gesetzlichen Neuregelung und einigen der sich daraus ergebenden offenen Fragen hat das BMF mit Schreiben v. 27.02.2023, BStBl. I 2023, 351 Stellung genommen und den UStAE geändert und insbesondere um einen neuen Abschnitt 12.18 ergänzt.

Das BMF stellt im Wesentlichen klar, dass bei Lieferung durch einen „Generalunternehmer“ auch verschiedene notwendige Nebenleistungen zum Nullsteuersatz erbracht werden dürfen, wenn diese keinem eigenen Zweck dienen, sondern nur das Mittel darstellen, um die PV-Anlage optimal zu nutzen. Dazu zählen insbesondere die Übernahme der Anmeldung in das Marktstammdatenregister (MaStR), die Bereitstellung von Software zur Steuerung und Überwachung der PV-Anlage, die Montage der Solarmodule, die Kabelinstallationen sowie die Lieferung und der Anschluss des Wechselrichters oder des Zweirichtungszählers. Ebenso begünstigt sein sollen die Lieferung von Schrauben und Stromkabeln, die Herstellung des AC-Anschlusses, die Bereitstellung von Gerüsten, die Lieferung von Befestigungsmaterial oder auch die Erneuerung des Zählerschranks, wenn diese vom Netzbetreiber verlangt wird oder aufgrund technischer Normen für den Betrieb der PV-Anlage erforderlich ist.


Werden jedoch einzelne dieser Leistungen nicht vom Lieferanten der Anlage selbst erbracht, ist sehr fraglich, ob der Nullsteuersatz dann auch für sie Anwendung findet. Denn durch das Auseinanderfallen der leistenden Unternehmer scheidet eine Qualifikation als Nebenleistung grundsätzlich aus.

Sollten nur die Lieferung und die Installation der PV-Anlage durch unterschiedliche Unternehmer erbracht werden, kann aber für bestimmte Installationsleistungen die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 3 Nr. 4 UStG eingreifen. Die Installationsleistungen müssen dann allerdings immer direkt an den Anlagenbetreiber erbracht werden. (Vor-)Arbeiten, die auch anderen Verbrauchern oder Zwecken zugutekommen, unterliegen jedoch nur im Fall von einheitlichen Leistungen (Haupt- und Nebenleistungen) dem Nullsteuersatz. Die Frage, ob einzelne Leistungen, die vom örtlichen Versorger (bspw. Stadtwerk) ausgeführt werden – ohne dass der Versorger auch Lieferer der PV-Anlage wäre – ebenfalls begünstigt sind, ist individuell zu klären. Die Anwendung des Nullsteuersatzes dürfte gleichwohl in vielen Konstellationen ebenfalls erreichbar sein.

Nach dem neuen Abschnitt 12.18 UStAE können im Übrigen auch Pacht-, Leasing- oder Mietkaufverträge über PV-Anlagen je nach konkreter Ausgestaltung umsatzsteuerrechtlich als Lieferung einzustufen sein, die dem Nullsteuersatz unterliegt. Maßgeblich für die Abgrenzung zur sonstigen Leistung (zum Regelsteuersatz) sind die jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien, wobei u. a. Laufzeit, Zahlungsbedingungen und mögliche Kombinationen mit anderen Leistungselementen zu berücksichtigen sind. Abschnitt 12.18 Abs. 1 UStAE enthält hierzu ein instruktives Beispiel. Viele Stadtwerke sehen hier ein neues Geschäftsfeld für sich.

Der Verpächter darf hingegen nicht übersehen, dass die Nutzungsüberlassung von PV-Anlagen unter Umständen nach § 32 KWG (Gesetz über das Kreditwesen) erlaubnispflichtig sein kann. Dies ist dann der Fall, wenn es sich hierbei um eine sog. Finanzdienstleistung i. S. d. § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 10 KWG („Finanzierungsleasing“) handelt. Nach § 32 KWG bedarf nämlich derjenige, der im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Finanzdienstleistungen erbringen will, der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsauf­sicht (BaFin) als Aufsichtsbehörde. Für einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb können nach Ansicht der BaFin schon zehn laufende Finanzierungsleasingverträge ausreichen. Gleichzeitig ist bereits ein Herantreten an den Markt oder an potenzielle Kunden mit einem konkreten Angebot erlaubnispflichtig.

Finanzierungsleasing ist insofern eine Sonderform des Kreditgeschäfts, bei dem die Finanzierung eines Wirtschaftsgutes (und nicht seine Gebrauchsüberlassung) im Vordergrund steht. Für die Einstufung als Finanzierungsleasing kann sprechen, dass der Verpächter einer PV-Anlage das Investitionsrisiko auf den Pächter verlagert und damit eine finanzierungsleasingtypische Beziehung begründet. Maßgeblich von Bedeutung ist daher, inwiefern im Überlassungsvertrag über die PV-Anlage mietvertragliche Gewährleistungspflichten des Verpächters zum Nachteil des Grundstückseigentümers abbedungen sind. Soll eine Erlaubnispflicht ausgeschlossen werden, ist darauf zu achten, dass die Gebrauchsüberlassung der mietrechtlichen Gewährleistung unterliegt. Das wirtschaftliche Risiko des Wertverlustes der PV-Anlage durch höhere Gewalt, Einwirkung Dritter oder sich während der Vertragslaufzeit realisierende Mängel darf nicht umfassend auf den Grundstückeigentümer abgewälzt werden.

Die BaFin betrachtet aber jeden Einzelfall gesondert. Soll daher für eine konkrete Vertragsgestaltung das Restrisiko, dass die BaFin den Abschluss eines Finanzierungsleasingvertrages annehmen könnte, ausgeschlossen sein, könnte nach § 4 KWG ein sog. schriftliches Negativtestat (im Sinne einer gebührenfreien Auskunft ohne Verwaltungsakts-Charakter) eingeholt werden. Der BaFin ist dazu eine vollständige Dokumentation der vertraglichen Vereinbarungen vorzulegen.

 

Karl-Hubert Eckerle

Dipl.-Finw. (FH), Steuerberater und Partner der KPMG AG WPG
 

Eike Christian Westermann

Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht und für Handels- und Gesellschaftsrecht bei der KPMG AG WPG
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