15.04.2011

Förderauftrag für Frauen und Männer

Im Blickpunkt: die Gleichstellungsbeauftragte nach dem BGleiG

Förderauftrag für Frauen und Männer

Im Blickpunkt: die Gleichstellungsbeauftragte nach dem BGleiG

Der Förderauftrag des BGleiG gilt gleichermaßen für Frauen und Männer. | © Elnur - Fotolia
Der Förderauftrag des BGleiG gilt gleichermaßen für Frauen und Männer. | © Elnur - Fotolia

Die Rechtsstellung der Gleichstellungsbeauftragten ist nach dem Gesetz zur Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern (BGleiG) stark ausgeprägt. Dies bestätigt eine aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Beteiligungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten (BVerWG, Urt. v. 08.04.2010, Az. 6 C 3/09). Das Urteil soll im Folgenden zum Anlass genommen werden, den rechtlichen Rahmen des BGleiG sowie einzelne Problembereiche zu skizzieren.

Verfassungsrechtlicher und internationaler Rahmen

„Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Mit diesen Worten statuiert Art. 3 Abs. 2 S. 1 und 2 GG ein verfassungsrechtliches Gebot zur Gleichberechtigung von Mann und Frau und wirkt in Gestalt eines konkreten Förderauftrages auf die Gleichstellung hin.

Einer der wichtigsten praktischen Anwendungsfälle des Gleichstellungsgebotes ist der Zugang zum öffentlichen Dienst sowie die Aufstiegsmöglichkeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach Art. 33 Abs. 2 GG nur die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung für Personalauswahlentscheidungen ausschlaggebend sein dürfen. Eine Anknüpfung an sogenannte verpönte Gesichtspunkte wie Geschlecht, Ethnie oder Religion ist unzulässig. Das Grundgesetz selbst gibt indes keine bestimmte Geschlechterpolitik vor, sondern überlässt die inhaltliche Ausgestaltung des Fördergebotes dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber. Auch beinhaltet Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG kein subjektives Grundrecht auf eine bestimmte Interessenvertretung, sondern postuliert lediglich einen objektiven Handlungsauftrag an den Gesetzgeber und andere staatliche Instanzen.


Der Gleichstellungsauftrag folgt dabei nicht nur aus dem Grundgesetz. Die Bundesrepublik Deutschland ist vielmehr auch europarechtlich durch die Richtlinie 76/207/EWG vom 09.02.1976 (ABl. EG 1976 Nr. L 39, S. 40) sowie aus Art. 8 AEUV verpflichtet. Völkerrechtlich begründet Art. 11 des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) eine entsprechende Verpflichtung zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen.

Das Bundesgleichstellungsgesetz

Vor diesem Hintergrund hat der Bundesgesetzgeber das Gesetz zur Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern (BGleiG) erlassen, das am 05.12.2001 in Kraft trat und das bis dahin geltende Frauenfördergesetz ablöste. Durch die begriffliche Neufassung wird klar, dass es nicht um die Förderung von Frauen wegen natürlicher Defizite, sondern um die Gleichstellung von Frauen und Männern in einem umfassenden Sinn geht. Zum Vollzug des BGleiG sowie des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ist daher in jeder Dienststelle mit mindestens 100 Beschäftigten nach § 16 Abs. 1 BGleiG aus dem Kreis der weiblichen Beschäftigten eine Gleichstellungsbeauftragte zu wählen. Diese gehört der Personalverwaltung an und wird unmittelbar der Dienststellenleitung zugeordnet. Ihre Rechtsstellung, Aufgaben sowie Informations-, Mitwirkungs- und Einspruchsrechte sind in den §§ 18 bis 21 BGleiG geregelt.

Das Beziehungsgeflecht innerhalb der Dienststelle

Die Gleichstellungsbeauftragte befindet sich in einem komplexen Beziehungsgeflecht zwischen der Dienststellenleitung, der sie rechtlich zugeordnet ist, sowie den oftmals konkurrierenden Personal- und Schwerbehindertenvertretungen.

Zwischen der Gleichstellungsbeauftragten und der Personalvertretung bestehen zwar Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Berufung durch Wahl sowie der unabhängigen und weisungsfreien Amtsausübung, letztlich überwiegen aber die Unterschiede. So sind Personalräte zwar auch Teil der Verwaltung, jedoch nicht der Personalverwaltung wie die Gleichstellungsbeauftragte, welche u. a. ein direktes Akteneinsichtsrecht in die relevanten Teile von Personalakten besitzt. Die Aufgabe der Personalräte konzentriert sich dagegen auf Repräsentation und Interessenvertretung der Beschäftigtenbelange. Eine solche Funktion nimmt die Gleichstellungsbeauftragte nicht einmal hinsichtlich der weiblichen Beschäftigten wahr. Vielmehr ist sie als Teil der Dienststellenleitung umfassende „Controllerin“ sämtlicher Entscheidungsfindungen.

Deutlich schwächer ausgestaltet ist die Position der Schwerbehindertenvertretung, die zwar eine echte Interessenvertretung darstellt, jedoch über keinerlei Durchsetzungsmöglichkeiten verfügt. Die Schwerbehindertenvertretung kann lediglich in den Planungsphasen Einfluss nehmen, besitzt aber keine Mitentscheidungskompetenz.

Rechte der Gleichstellungsbeauftragten

Obwohl die Rechtsstellung der Gleichstellungsbeauftragten nach dem Wortlaut des Bundesgleichstellungsgesetzes stark ausgeprägt ist, gibt es im Einzelfall doch immer wieder Zweifel. Dazu zählen insbesondere die Frage der Teilnahme der Gleichstellungsbeauftragten an Führungsklausuren sowie der Mitwirkung im Beurteilungswesen.

Die Frage, ob und inwieweit die Gleichstellungsbeauftragte an sogenannten Führungsklausuren in ihrer Dienststelle zu beteiligen ist, beschäftigt immer wieder die Gerichte. Es geht dabei um regelmäßig stattfindende Dienstbesprechungen der Führungskräfte über künftige Schwerpunkte des Verwaltungshandelns, ohne dass bereits Entscheidungen getroffen werden. Die Dienststellen laden die Gleichstellungsbeauftragten zu diesen Klausuren oftmals nicht ein, obwohl personelle, organisatorische und soziale Angelegenheiten besprochen werden, bei denen die Gleichstellungsbeauftragte nach § 19 Abs. 1 S. 2 BGleiG zu beteiligen ist. Nach vereinzelter Instanzrechtsprechung soll sich dieses Mitwirkungsrecht jedoch lediglich auf ein unmittelbares Vortragsrecht bei der Dienststellenleitung nach § 20 Abs. 2 BGleiG beziehen und kein Recht auf Anwesenheit in Führungsklausuren begründen.

Dieser Ansicht ist das Bundesverwaltungsgericht jedoch mit seinem Urteil vom 08.04.2010 entgegengetreten: Als Teil der Dienststellenleitung sei die Gleichstellungsbeauftragte aktiv in den Willensbildungsprozess einzubinden. Auch eine bloße schriftliche Stellungnahme reiche insoweit nicht aus. Steuert die Führungsklausur einen Entscheidungsprozess in personeller, organisatorischer und sozialer Hinsicht wesentlich, so sei die Gleichstellungsbeauftragte zu beteiligen.

Auch die Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten im Beurteilungswesen stellt einen praktisch relevanten Problembereich dar. Da die dienstliche Anlass- oder Regelbeurteilung maßgeblich über den beruflichen Aufstieg entscheidet und hierbei nach Art. 33 Abs. 2 GG, wie ausgeführt, nur Eignung, Befähigung und fachliche Leistung eine Rolle spielen dürfen, kommt der Gleichstellungsbeauftragten im Beurteilungsverfahren – gerade angesichts der Bestrebungen, den Frauenanteil in Spitzenpositionen zu erhöhen – eine wichtige Rolle zu. Die Gleichstellungsbeauftragte ist deshalb bei der Abfassung von Beurteilungsrichtlinien zwingend zu beteiligen. Der allein auf fachlichen Kriterien fußende Beurteilungsvorgang selbst unterliegt jedoch nicht der Beteiligungspflicht. Zwischen diesen beiden Polen liegen die sogenannten Beurteilungskonferenzen, auf denen die einheitliche Anwendung der Beurteilungsrichtlinien diskutiert wird. Hieran ist die Gleichstellungsbeauftragte zu beteiligen, wenn die Konferenzen eine endgültige Entscheidung maßgeblich vorbereiten, § 19 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 BGleiG.

Schlussendlich ist von den Dienststellenleitungen in Zukunft zu berücksichtigen, dass die Gleichstellungsbeauftragte nicht nur bei personellen Maßnahmen gegenüber Frauen zu beteiligen ist, sondern auch bei Entscheidungen gegenüber Männern. Dies folgt aus dem umfassenden Förderauftrag des Grundgesetzes, der Frauen und Männer einschließt. Die Gleichstellungsbeauftragte erfüllt dabei eine vielseitige „Controllingfunktion“, die zugleich das entscheidende Leitbild zur Auslegung des BGleiG ist.

 

Richard Hopkins

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht sowie Verwaltungswissenschaften (Prof. Dr. Dr. h.c. Battis), Humboldt-Universität zu Berlin
 

Eva Marie Schnelle

Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht sowie Verwaltungswissenschaften (Prof. Dr. Dr. h.c. Battis), Humboldt-Universität zu Berlin
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