15.05.2023

Flächenziele für die Ausweisung von Windenergiegebieten vorgegeben

Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land

Flächenziele für die Ausweisung von Windenergiegebieten vorgegeben

Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land

Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Bayern« | © emmi - Fotolia / RBV
Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Bayern« | © emmi - Fotolia / RBV

Mit dem unten vermerkten Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land vom 20.7.2022 wurden einige wesentliche Hürden und Hemmnisse für den Ausbau der Windenergie an Land beseitigt. Das Gesetz dient der Verbesserung der Flächenverfügbarkeit und der Vereinfachung der Planungsverfahren.

Mit dem im Zentrum des Artikelgesetzes stehenden Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) werden den Ländern verbindliche, mengenmäßige Flächenziele (Flächenbeitragswerte) für die Ausweisung von Windenergiegebieten vorgegeben. Den Ländern wird ein Gesamtziel für Ende des Jahres 2032 vorgegeben. Daneben legt das Gesetz ein Zwischenziel für Ende des Jahres 2026 fest, das eine kontinuierlich steigende und mit den Ausbaumengen des EEG 2023 konsistente Flächenausweisung sicherstellen soll. Weiterhin werden Handlungspflichten konkretisiert, die ein frühes Monitoring bereits im Jahr 2024 erlauben.

Durch die Integration der gesetzlichen Mengenvorgaben für die Flächenausweisung in das Planungsrecht nach dem Baugesetzbuch (BauGB) wird zudem das Ziel verfolgt, die Planung zu vereinfachen. Die gesetzgeberischen Mengenvorgaben ersetzen die komplexen methodischen Anforderungen an die planerische Ausweisung von Windenergiegebieten mit Konzentrationswirkung, die von der Rechtsprechung mit Blick auf das sogenannte „Substanzgebot“ entwickelt wurden. Die Privilegierung wird nunmehr bereits von Gesetzes wegen unter den Vorbehalt ihrer räumlichen Zuweisung entsprechend den Mengenvorgaben gestellt, wenn die Ausweisung der im WindBG vorgegebenen Fläche innerhalb bestimmter Zeiträume abgeschlossen ist.


Sobald das Erreichen eines einschlägigen Flächenziels gemäß § 5 Abs. 1 oder Abs. 2 WindBG festgestellt wird, entfällt kraft Gesetzes die Privilegierung außerhalb der ausgewiesenen Flächen. Werden die Ziele verfehlt, sind Windenergieanlagen im gesamten Planungsraum als privilegierte Vorhaben im Außenbereich genehmigungsfähig. Gegebenenfalls bestehende landesgesetzliche Mindestabstandsregelungen werden im Falle der Zielverfehlung unanwendbar und auch Festlegungen in Raumordnungsplänen oder Darstellungen in Flächennutzungsplänen können Windenergieanlagen fortan nicht mehr entgegengehalten werden.

Im Wesentlichen kann dem Gesetz, welches am 1.2.2023 in Kraft getreten ist, Folgendes entnommen werden:[1]

  1. Ziel des Gesetzes: § 1 WindBG Nach § 1 Abs. 1 WindBG ist das Gesetz Teil eines umfassenden Regelungspaketes mit dem Ziel einer nachhaltigen und treibhausgasneutralen Energieversorgung, das den Ausbau der erneuerbaren Energien drastisch beschleunigen und alle Hürden und Hemmnisse für den beschleunigten Ausbau aus dem Weg räumen soll. Unmittelbares Ziel des WindBG ist gemäß § 1 Abs. 2 WindBG die Förderung von Flächenausweisungen für die Windenergie an Land, um die energiewirtschaftlichen Flächenbedarfe zu decken. Das Gesetz verankert verbindliche Flächenziele für die Ausweisung von Windenergiegebieten in den Ländern, die sich aus den Ausbauzielen des EEG 2023 ableiten.
  2. Begriffsbestimmungen: § 2 WindBG § 2 WindBG definiert die Begriffe „Windenergiegebiete“, „Rotor-innerhalb-Flächen“ und „Windenergieanlagen an Land“.
  3. Verpflichtungen der Länder: § 3 WindBG § 3 Abs. 1 WindBG regelt die erfolgsbezogene Pflicht der Länder und gibt in Verbindung mit Anlage 1 verbindliche Flächenziele (Flächenbeitragswerte) für die Windenergie an Land vor. Werden die Flächenbeitragswerte ab den in § 3 Abs. 1 Satz 2 WindBG genannten Stichtagen nicht eingehalten, ergibt sich die Rechtsfolge aus § 249 Abs. 7 BauGB. Windenergieanlagen sind dann im gesamten, von der Zielverfehlung betroffenen Planungsraum privilegiert und Mindestabstandsregelungen auf der Grundlage des § 249 Abs. 3 BauGB sind nicht mehr anwendbar.
  4. Anrechenbare Fläche: § 4 WindBG § 4 WindBG normiert die Anrechnung ausgewiesener Flächen auf die Flächenbeitragswerte. Die Regelung bestimmt, ob, wann und in welchem Maße Flächen bei der Feststellung des Erreichens der Flächenbeitragswerte nach § 5 Abs. 1 oder Abs. 2 WindBG berücksichtigt werden. Die Anrechenbarkeit von Flächen nach dem WindBG ist von der Frage der Wirksamkeit der Pläne zu unterscheiden, die sich nach den Regelungen des Raumordnungs- und Bauplanungsrecht richtet. Obwohl durch die Grundregel des § 4 Abs. 2 Satz 1 WindBG ein weitgehender Gleichlauf zwischen Wirksamkeit des Plans und Anrechenbarkeit der Fläche erzeugt wird, trifft das Gesetz für die Anrechnung Sonderregelungen.
  5. Feststellung und Bekanntmachung des Erreichens der Flächenbeitragswerte: § 5 WindBG § 5 Abs. 1 WindBG regelt die Prüfung, Feststellung und Publizität des Erreichens der Flächenbeitragswerte bzw. der aus diesen abgeleiteten regionalen oder kommunalen Teilflächenziele nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder Satz 2 WindBG und dient als Anknüpfungspunkt für die Rechtsfolge nach § 249 Abs. 2 BauGB. Die Prüfung und Feststellung erfolgt im Rahmen des jeweils maßgeblichen Planungsverfahrens. Der Planungsträger ist an die Flächenbeitragswerte bzw. die aus diesen nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder Satz 2 WindBG abgeleiteten Teilflächenziele gebunden. Nimmt ein Land die Flächenausweisung selbst vor, so ergibt sich die Bindung an die Flächenbeitragswerte unmittelbar aus diesem Gesetz. Im Fall der Ausweisung auf regionaler oder kommunaler Ebene erfolgt die Bindungswirkung mit der Festsetzung regionaler oder kommunaler Flächenziele durch Landesgesetz oder als Ziele der Raumordnung. Der jeweilige Planungsträger muss daher bei der Planaufstellung auch die Vereinbarkeit mit den Flächenbeitragswerten bzw. den hieraus abgeleiteten Teilflächenzielen prüfen. § 5 Abs. 2 WindBG trifft eine Sonderregelung für existierende Pläne, die bereits den Flächenbeitragswerten oder den nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder Satz 2 WindBG festgelegten regionalen oder kommunalen Teilflächenzielen entsprechen. Um auch in diesem Fall Publizität im Hinblick auf die Rechtsfolge des § 249 Abs. 2 BauGB zu gewährleisten, bedarf es einer Bekanntmachung oder Verkündung der Feststellung über die Zielerreichung. Mit dem Eintritt der Bindungswirkung der Flächenbeitragswerte, regionalen oder kommunalen Teilflächenziele sind die Planungsträger in einem ersten Schritt gehalten, zu prüfen, ob es weiterer Planungen bedarf. Sofern der Planungsträger dabei feststellt, dass Bestandspläne den Flächenbeitragswerten oder geltenden Flächenzielen entsprechen, entfällt der Bedarf für Neuplanungen. Mit Blick auf den Eintritt der Rechtsfolge muss diese Feststellung nach § 5 Abs. 2 Satz 2 WindBG öffentlich bekannt gemacht oder verkündet werden. § 5 Abs. 3 WindBG regelt die Feststellung und Publizität der Erfüllung der Pflicht nach § 3 Abs. 3 WindBG. Die Feststellung ist Anknüpfungspunkt für die Rechtsfolge des § 249 Abs. 7 Satz 2 BauGB.
  6. Verordnungsermächtigung: § 9a Abs. 2 BauBG n.F. Um die Aufstellung von Bauleitplänen rechtssicherer zu gestalten, sollen die Anforderungen an die Berücksichtigung artenschutzrechtlicher Belange in einer Verordnung konkretisiert werden, § 9a Abs. 2 BauBG n.F.
  7. Bauen im Außenbereich: § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauBG n.F. Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, sollen weiterhin im planungsrechtlichen Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F. privilegiert zulässig sein. Allerdings erhält die Privilegierung durch die Sonderregelungen in § 249 BauGB n.F. eine besondere Ausgestaltung. Insbesondere wird die Privilegierung an die neuen Zielvorgaben in Form von Flächenbeitragswerten und Teilflächenzielen im WindBG geknüpft.
  8. Überleitungsvorschriften aus Anlass des Gesetzes zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land: § 245e BauBG n.F. § 245e BauGB n.F. ist als Überleitungsvorschrift konzipiert und regelt, inwieweit § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB weitergilt.
  9. Sonderregelungen für Windenergieanlagen an Land: § 249 BauBG n.F. Mit § 249 Abs. 1 BauGB n.F. gilt § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F., die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, nicht mehr. Eine Ausschlusswirkung nach dieser Vorschrift soll für die genannten Anlagen durch Planung, also durch Ziele der Raumordnung oder Darstellungen in Flächennutzungsplänen, nicht mehr erzielt werden können. An dessen Stelle tritt die Sonderregelung des § 249 Abs. 2 BauGB n.F.

Mit den Flächenbeitragswerten des WindBG definiert der Gesetzgeber den energiewirtschaftlichen Flächenbedarf für Windenergieanlagen. Die Regelung in § 249 Abs. 2 BauGB n.F. integriert die im WindBG neu geregelten Flächenziele wie folgt in die Systematik des Planungsrechts: Werden die Flächenbeitragswerte bzw. die aus diesen abgeleiteten Teilflächenziele erreicht oder überschritten, besteht für den Fortbestand der gesetzlichen Privilegierung außerhalb der nach dem WindBG anrechenbaren Windenergiegebiete kein Bedürfnis mehr. Daher entfällt im Sinne des Außenbereichsschutzes dort die Privilegierung, wenn das Erreichen oder Überschreiten eines Flächenziels gemäß § 5 Abs. 1 oder Abs. 2 WindBG festgestellt wurde. § 249 Abs. 3 BauGB n.F. normiert eine Ausnahme von der Rechtsfolge des § 249 Abs. 2 BauGB n.F.

Diese greift, sobald das Erreichen eines einschlägigen Flächenziels festgestellt wurde. Mit der Feststellung entfällt die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB n.F. für den sonstigen Planungsraum. Die Ausnahme in § 249 Abs. 3 BauGB n.F. bewirkt, dass trotz des Erreichens der Flächenbeitragswerte ein Repowering von Bestandsanlagen auch außerhalb ausgewiesener Flächen bis zum Ablauf des Jahres 2030 weiter möglich bleibt. Dies korrespondiert mit der Möglichkeit der Anrechenbarkeit von Bestandsanlagen außerhalb ausgewiesener Flächen gemäß § 4 Abs. 1 Sätze 3 und 4 Flächenbeitragswerte angerechnet werden können, soll bei diesen Flächen zumindest für einen vorübergehenden Zeitraum auch ein vereinfachtes Repowering ermöglicht werden. Nach Ablauf des Jahres 2030 läuft die Sonderregelung aus.

Dies bedeutet, dass ein Repowering nach diesem Zeitraum entsprechend dem Grundsatz der Positivplanung nur dann möglich ist, wenn die Flächen planerisch für die Windenergie an Land ausgewiesen wurden. Durch § 249 Abs. 4 BauGB n.F. wird klargestellt, dass es den Planungsträgern unbenommen bleibt, auch nach Feststellung des Erreichens der Flächenbeitragswerte zusätzliche, über die Flächenziele des WindBG hinausgehende Flächen planerisch auszuweisen.

Für diese zusätzlichen Flächen entfällt die Rechtsfolge des § 249 Abs. 2 BauGB n.F. mit Wirksamwerden des Plans, da die Flächen dann innerhalb der Windenergiegebiete im Sinne des WindBG liegen. Das WindBG stellt es den Ländern frei, zu bestimmen, auf welcher Planungsebene die Flächenausweisungen für die Windenergie erfolgen soll. § 249 Abs. 5 BauGB n.F. stellt sicher, dass der nach § 3 Abs. 2 WindBG zuständige Planungsträger unverzüglich mit der Planung beginnen kann, ohne an etwaige entgegenstehende Planinhalte in Plänen auf anderen Planungsebenen gebunden zu sein. § 249 Abs. 9 BauGB n.F. entspricht im Wesentlichen § 249 Abs. 3 BauGB a.F. Er enthält eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass von Landesgesetzen, die einen Mindestabstand für Windenergieanlagen zu im Landesgesetz näher bezeichneten Nutzungen zu Wohnzwecken vorsieht. Der Mindestabstand darf höchstens 1000 Meter betragen.

Damit sich die Länderöffnungsklausel in die Systematik von § 249 BauGB n.F. einfügt, wurde der durch den Bundesgesetzgeber den Ländern eröffnete Regelungsspielraum für die Zukunft verändert. Neu erlassenes Landesrecht muss vorsehen, dass die Mindestabstände auf Flächen in Windenergiegebieten nach § 2 Nr. 1 WindBG keine Anwendung finden. Dies gilt sowohl für wirksam ausgewiesene Gebiete in Bestandsplänen als auch für Ausweisungen von Flächen für die Windenenergie an Land in neuen Raumordnungs- und Bauleitplänen. Bestehende Landesgesetze, die auf Grundlage des § 249 Abs. 3 BauGB a.F. in einer vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung erlassen wurden, müssen bis zum Ablauf des 31.5.2023 entsprechend angepasst werden.

Nach dem 01.06.2023 ist landesgesetzlichen Regelungen, die der Verpflichtung des § 249 Abs. 9 Satz 5 BauGB n.F. nicht genügen, die Kompetenzgrundlage entzogen.

 

Entnommen aus der Fundstelle Bayern 02/2023, Rn. 20.

[1] Art. 1 betrifft das WindBG und wird in den nachfolgenden Ziffern 1–5 dargestellt. Art. 2 betrifft Änderungen im BauGB; diese werden in den nachfolgenden Ziffern 6–9 dargestellt.

n/a