15.05.2023

Erneuerbare Energien sollen noch zügiger ausgebaut werden

Viertes Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes

Erneuerbare Energien sollen noch zügiger ausgebaut werden

Viertes Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes

Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Bayern« | © emmi - Fotolia / RBV
Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Bayern« | © emmi - Fotolia / RBV

Das Vierte Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 20.07.2022 bezweckt den zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien und dabei insbesondere auch der Windenergie an Land.

Im Wesentlichen kann dem Gesetz, welches, soweit nicht anders vermerkt, am 29.7.2022 in Kraft getreten ist, Folgendes entnommen werden:

  1. Landschaftsschutzgebiete: § 26 Abs. 3 BNatSchG n.F.

Der neu eingeführte § 26 Abs. 3 BNatSchG soll zu einer größeren Flächenverfügbarkeit für den Ausbau von Windenergie an Land führen; er tritt am 1.2.2023 in Kraft. Landschaftsschutzgebiete sollen bei der Planung vollumfänglich betrachtet und Gebiete für Windenergie dort ausgewiesen werden können. Innerhalb von Landschaftsschutzgebieten sollen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen zugelassen werden können, wenn sich der betreffende Standort in einem Gebiet befindet, das nach § 2 Nr. 1 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes für die Windenergienutzung – Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) ausgewiesen ist.


Dies gilt auch bei entgegenstehenden Bestimmungen der Erklärung zur Unterschutzstellung nach § 22 BNatSchG. Eine zusätzliche Ausnahme nach der Landschaftsschutzgebietsverordnung oder eine Befreiung nach § 67 BNatSchG ist nicht erforderlich. Solange ein Land bzw. ein regionaler oder kommunaler Planungsträger die von ihm zu erfüllenden Flächenausweisungsziele nach dem Windenergieflächenbedarfsgesetz nicht erreicht, sollen Windenergieanlagen innerhalb von Landschaftsschutzgebieten zudem auch außerhalb von planerisch für die Windenergie ausgewiesenen Gebieten zugelassen werden können. Die vorgenannten Regelungen gelten jedoch nicht für Standorte, die in Natura 2000-Gebieten oder Stätten zum Schutz des Weltkultur- oder Naturerbes liegen.

  1. Betrieb von Windenergieanlagen an Land: § 45b BNatSchG n.F.

Der neue § 45b BNatSchG enthält Regelungen, die bei der artenschutzrechtlichen Prüfung mit Blick auf den Betrieb von Windenergieanlagen an Land zu beachten sind. Diesbezüglich wurden zum einen bundeseinheitliche Vorgaben für die fachliche Beurteilung festgelegt, ob sich das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Brutvögel beim Betrieb von Windenergieanlagen im Umfeld ihrer Brutplätze signifikant erhöht, und zum anderen konkretisierende Maßgaben für die artenschutzrechtliche Ausnahmenerteilung im Rahmen der Genehmigung von Windenergieanlagen an Land vorgegeben. § 45b Abs. 1 bis 5 BNatSchG n.F. enthält Konkretisierungen für die Prüfung des Signifikanzkriteriums nach § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG für den Betrieb von Windenergieanlagen an Land in Bezug auf den gegebenen Abstand zwischen Anlagenstandort und Brutplätzen kollisionsgefährdeter Brutvögel.

Nach § 45b Abs. 2 BNatSchG n.F. gilt, dass das Tötungs- und Verletzungsrisiko signifikant erhöht ist, wenn zwischen dem Brutplatz einer kollisionsgefährdeten Brutvogelart und der Windenergieanlage ein geringerer Abstand besteht, als in Anlage 1 zu § 45b, Spalte 2 der Tabelle jeweils artspezifisch als „Nahbereich“ festgelegt ist. Nach § 45b Abs. 3 BNatSchG n.F. bestehen in der Regel Anhaltspunkte für das Vorliegen eines signifikant erhöhten Tötungs- und Verletzungsrisikos, wenn ein Brutplatz einer kollisionsgefährdeten Brutvogelart zwar weiter von einer Windenergieanlage entfernt liegt als der „Nahbereich“ (Spalte 2 der o.g. Tabelle), aber noch innerhalb des in Spalte 3 der o.g. Tabelle jeweils artspezifisch festgelegten „zentralen Prüfbereichs“. Diese Regelvermutung kann durch den Einsatz verschiedener Instrumente wie einer Habitatpotenzialanalyse, fachlich anerkannter Schutzmaßnahmen oder einer Raumnutzungsanalyse im jeweiligen Einzelfall widerlegt werden.

Die Durchführung einer Raumnutzungsanalyse kann dabei auf Verlangen des Trägers des Vorhabens erfolgen, von der Genehmigungsbehörde jedoch nicht eingefordert werden. Soweit tatsächliche Flugdaten vorliegen, z. B. aus Telemetriestudien, können diese berücksichtigt werden.  Sofern ein Brutplatz einer kollisionsgefährdeten Brutvogelart außerhalb des „zentralen Prüfbereichs“ (Spalte 3 der o.g. Tabelle), aber noch innerhalb des in Spalte 4 der o.g. Tabelle jeweils artspezifisch festgelegten „erweiterten Prüfbereichs“ um die Windenergieanlage liegt, besteht nach § 45b Abs. 4 BNatSchG n.F. die Regelvermutung, dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko vorliegt.

Etwas anderes gilt nur, wenn im jeweiligen Einzelfall festzustellen ist, dass die Aufenthaltswahrscheinlichkeit von Exemplaren einer kollisionsgefährdeten Brutvogelart im Gefahrenbereich der Anlage deutlich erhöht ist und die sich dadurch grundsätzlich ergebende signifikante Risikoerhöhung nicht durch fachlich anerkannte Schutzmaßnahmen ausgeschlossen werden kann. § 45b Abs. 6 BNatSchG n.F. regelt die Zumutbarkeit von Schutzmaßnahmen, die die Abschaltung von Windenergieanlagen betreffen.

Danach sind Anordnungen von entsprechenden Schutzmaßnahmen auch unter Berücksichtigung von weiteren Schutzmaßnahmen für andere besonders geschützte Arten (beispielsweise für Fledermäuse) unzumutbar, wenn sie bei überdurchschnittlich windhöffigen Standorten den Jahresenergieertrag um mehr als acht Prozent, bei anderen Standorten um mehr als sechs Prozent verringern. Investitionskosten von Schutzmaßnahmen werden auf die Zumutbarkeit erst ab 17.000 Euro pro Megawatt angerechnet.

Brut- und Nistplätze von kollisionsgefährdeten Vogel- und Fledermausarten in der Nähe von Windenergieanlagen rufen regelmäßig artenschutzrechtliche Konflikte hervor. Um zu vermeiden, dass sich bestehende Konflikte verschärfen oder neue Problematiken geschaffen werden, bestimmt § 45bAbs. 7 BNatSchGn.F., dass Nisthilfen zugunsten dieser Arten nicht in einem Umkreis von 1.500mumWindenergieanlagen und innerhalb von Gebieten, die in einem Raumordnungsplan oder einem Flächennutzungsplan für die Windenergienutzung ausgewiesen sind, angebracht werden dürfen. Ziel der Regelung ist es, die geschützten Arten vor etwaigen Kollisionen zu schützen.

Der räumliche Geltungsbereich orientiert sich hierbei an den für die kollisionsgefährdeten Arten anzulegenden zentralen Prüfradien, in denen regelmäßig mit artenschutzrechtlichen Verstößen zu rechnen ist. § 45b Abs. 8 BNatSchG n.F. enthält eine Reihe von Maßgaben mit Blick auf die Regelung des § 45 Abs. 7 BNatSchG, um die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahmeerteilung für den Betrieb von Windenergieanlagen zu erleichtern und rechtssicherer zu gestalten.

Die Maßgaben nach Nr. 4 und Nr. 5 zur Verschlechterung des Erhaltungszustands im Sinne des § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG sind auch im Rahmen des § 19 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG zu beachten. § 45b Abs. 9 BNatSchG n.F. trifft eine Regelung zum sogenannten „Basisschutz“ in Fällen, in denen für den Betrieb einer Windenergieanlage an Land eine Ausnahme nach § 45 Satz 7 Satz 1 bis 3 BNatSchG erteilt wird.

  1. Repowering von Windenergieanlagen an Land: § 45c BNatSchG n.F. § 45c

BNatSchG n.F. trifft Regelungen für das Repowering von Windenergieanlagen an Land und überführt die Regelungen des § 16b Abs. 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) a.F. im Hinblick auf Windenergieanlagen an Land in das BNatSchG. Die erforderliche Berücksichtigung der Auswirkungen der zur ersetzenden Bestandsanlage als Vorbelastung erfolgt auf der Grundlage von Kriterien, die in § 45c Abs. 2 BNatSchG n.F. beispielhaft aufgeführt werden. § 45c Abs. 4 BNatSchG n.F. sieht gegenüber der Regelung im neuen § 45b Abs. 8 Nr. 2 und 3 BNatSchG n.F. die weitergehende Privilegierung vor, dass bei einem Repowering von Windenergieanlagen nach § 16b Abs. 1 und 2 BImSchG für die Alternativenprüfung bei einer artenschutzrechtlichen Ausnahmeerteilung nach § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG die Maßgabe gilt, dass Standortalternativen in der Regel nicht zumutbar sind.

Viertes Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 20.7.2022

 

Entnommen aus der Fundstelle Bayern, 02/2023, Rn. 19.

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