31.05.2021

Elternteil darf Kindes-Umgang wegen Corona-Pandemie nicht ändern

Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 08.07.2020 – 1 WF 102/20

Elternteil darf Kindes-Umgang wegen Corona-Pandemie nicht ändern

Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 08.07.2020 – 1 WF 102/20

Ein Beitrag aus »RdW Kurzreport« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »RdW Kurzreport« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

Durch Beschluss des Familiengerichts war der Umgang des gemeinsam mit der Mutter sorgeberechtigten Vaters mit dem zehnjährigen Kind geregelt worden. Demnach bestand zugunsten des Vaters ein regelmäßiger Wochenendumgang sowie ein Ferienumgang mit dem bei der Mutter wohnenden Kind. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Regelung konnte ein Ordnungsgeld angeordnet werden.

Im März 2020 kam es zum Konflikt zwischen den Eltern hinsichtlich des Umgangs. Ende März teilte die Mutter dem Vater mit, dass sie den direkten Umgang zwischen ihm und dem Kind aussetze, da in ihrem Haushalt Corona-Risikogruppen lebten, nämlich sie selbst und die Großeltern des Kindes. Der Vater könne mit dem Kind telefonieren und es auf dem Balkon sehen.

Auf Antrag des Vaters setzte das Familiengericht Ende Mai wegen Zuwiderhandlung gegen die gerichtlich festgelegte Umgangsregelung ein Ordnungsgeld gegen die Mutter in Höhe von 300 € fest. Dies wollte sie nicht hinnehmen und ging gerichtlich gegen diese Entscheidung vor; sie hatte beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main1 damit jedoch keinen Erfolg.


Kein Grund für Aussetzung des Umgangsrechts

Da die Mutter dem Vater ab Mitte März bis Ende Mai 2020 keinen persönlichen Kontakt mit dem gemeinsamen Kind zugestand, lag nach Einschätzung des Gerichts eine Zuwiderhandlung gegen die gerichtliche Umgangsregelung vor. Diese Zuwiderhandlung habe die Frau auch zu vertreten.

Der Hinweis der Mutter, dass der gerichtlich geregelte Umgang wegen der Kontaktbeschränkungen und der Gefahr der Verbreitung des Corona-Virus nicht habe stattfinden können, da sie selbst zu einer Risikogruppe gehöre und das Kind mit seinen Großeltern in einem Mehr-Generationen-Haus wohne, sei nicht durchschlagend.

Denn der umgangsverpflichtete Elternteil (hier: Die Mutter) sei ohne Einverständnis des umgangsberechtigten Elternteils (hier: der Vater) grundsätzlich nicht befugt, entgegen einer familiengerichtlichen Regelung eigenmächtig über die Ausgestaltung des Umgangsrechts zu entscheiden.

Umgangsrecht der Kernfamilie war stets zulässig

Grundsätzlich hätten zudem die Kontaktbeschränkungen wegen der Verbreitung des Corona-Virus zu keinem Zeitpunkt dazu geführt, dass Umgangskontakte von Elternteilen mit ihren Kindern nicht mehr stattfinden konnten. Das Bundesministerium für Justiz habe vielmehr darauf hingewiesen, dass das Umgangsrecht aufgrund der Corona-Pandemie nicht ausgeschlossen sei.

Die Empfehlung, soziale Kontakte möglichst zu vermeiden, bezog sich nicht auf die Kernfamilie. Hierzu gehören auch Eltern in verschiedenen Haushalten. Der Umgang zwischen dem nicht betreuenden Elternteil und dem Kind gehöre zum absolut notwendigen Minimum zwischenmenschlicher Kontakte und stelle daher eine Ausnahme von den Kontaktbeschränkungen dar, so das Oberlandesgericht.

Schließlich blieb auch der Hinweis der Mutter auf eine freiwillige Quarantäne im Hinblick auf ihre eigene Vorerkrankung und das Alter der im Haus lebenden Großeltern ohne Erfolg. Die Entscheidung, das Kind ebenfalls einer freiwilligen Quarantäne zu unterstellen, hätte vielmehr von den Eltern gemeinsam im Rahmen ihrer Sorgerechtsbefugnis getroffen werden müssen; hieran fehlte es jedoch.

 

1 Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 08.07.2020 – 1 WF 102/20

RdW  20/2020, Rn. 367

 

Klaus Krohn

Lektor im Fachbereich Steuerrecht, Richard Boorberg Verlag
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