21.05.2021

Das novellierte Telekommunikationsgesetz

Glasfaser- und Mobilfunkausbau in Deutschland auf neuer rechtlicher Grundlage

Das novellierte Telekommunikationsgesetz

Glasfaser- und Mobilfunkausbau in Deutschland auf neuer rechtlicher Grundlage

Klarere Vorgaben für einen flächendeckenden Mobilfunkausbau. © Foto-Ruhrgebiet - stock.adobe.com
Klarere Vorgaben für einen flächendeckenden Mobilfunkausbau. © Foto-Ruhrgebiet - stock.adobe.com

Das Telekommunikationsgesetz (TKG) war zuletzt etwas in die Jahre gekommen. Vor fast genau einem Vierteljahrhundert – am 1.8.1996 – vor dem Hintergrund der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte in Kraft getreten, hatte es ursprünglich vor allem den Zweck, die überragende Marktmacht der von einer Monopolposition aus in den Wettbewerb gestarteten Deutschen Telekom zu begrenzen. Konkurrierenden Anbietern sollte dadurch eine faire Startchance eröffnet werden, dass ihnen der Zugang zu der unter Monopolbedingungen errichteten, flächendeckend bis (fast) in die letzte Jagdhütte ausgebauten kupferbasierten Leitungsinfrastruktur eingeräumt wurde, die der Telekom im Liberalisierungs- und Privatisierungsprozess belassen worden war. Wenn – so der maßgebliche Regulierungsansatz – schon kein Wettbewerb der Netze möglich war, sollte es jedenfalls innerhalb des Netzes Wettbewerb geben. Die Kunden sollten frei entscheiden können, wessen Dienstleistungen sie in Anspruch nehmen wollen.

Seither haben sich die Dinge grundlegend verändert. Die Telekom hat zwar immer noch beträchtliche Marktmacht, ist aber längst nicht mehr der alles beherrschende Akteur. Der Wettbewerb konkurrierender Dienste hat sich voll entfaltet. Auch auf der Ebene der Infrastruktur herrscht mittlerweile Wettbewerb.

Vom Telefon- zum Datennetz

Entscheidender Treiber dieser seinerzeit nicht abzusehenden Entwicklung ist gewesen, dass sich das Telefonnetz von einem Netz zur Übertragung von Sprache zu einem Datenübertragungsnetz entwickelt und die Nachfrage nach entsprechenden Übertragungskapazitäten in einem Ausmaß gestiegen ist, die das alte Kupfernetz sehr schnell an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit geführt hat. Dies hat zum einen bewirkt, dass die ursprünglich nur für die Übertragung von TV-Signalen eingesetzten Kabelnetze zu bidirektionalen Datennetzen ausgebaut wurden. Vor allem aber haben viele Unternehmen die Chance gesehen, selbst eigene – und zwar jetzt glasfaserbasierte – Infrastrukturen zu errichten, um sich so von entsprechenden Vorleistungen des ehemaligen Monopolisten unabhängig zu machen.


Auch für viele Landkreise, Städte und Gemeinden ist der Ausbau von Telekommunikationsnetzen zu einem Thema geworden, weil sich einerseits rasch abzeichnete, dass der Wechsel von dem alten Kupfer- zu einem neuen Glasfasernetz keineswegs überall marktgetrieben erfolgen würde und weil andererseits der Zugang zu solchen Netzen unverzichtbare Voraussetzung gleichwertiger Lebensverhältnisse ist. Der Netzausbau ist somit wieder das geworden, was er eigentlich immer war: ein Kernelement der Daseinsvorsorge.

Ganz ähnliche Entwicklungen hat es auch im Bereich des Mobilfunks gegeben. Hier spielt die Übertragung von Sprache ebenfalls immer noch eine große Rolle, immer wichtiger wird aber auch die drahtlose Übertragung von Daten an mobile oder auch immobile Empfänger. Deshalb ist heute eine flächendeckende Versorgung mit hochleistungsfähigen Mobilfunknetzen ebenso unverzichtbar wie der flächendeckende Glasfaserausbau.

Auf diese neuen Herausforderungen war das TKG nur unzureichend vorbereitet, auch wenn es insbesondere mit dem sog. „DigiNetz-Gesetz“, dem „Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze“ bereits erste Anpassungen an die neue Wirklichkeit der Telekommunikationsmärkte erlebt hat. Auch diese Änderungen liegen aber bereits wieder fünf Jahre zurück. Es war daher höchste Zeit für eine umfassende Novellierung des TKG, zumal auch der Europäische Gesetzgeber nicht untätig geblieben war. Die Richtlinie EU 2018/1972 über den europäischen Kodex für die Kommunikation ist bereits am 21.12.2018 in Kraft getreten und hätte bis zum 21.12.2020 in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Diese Hürde hat der deutsche Gesetzgeber deutlich gerissen. Immerhin liegt jetzt – kurz vor Ende der laufenden Legislaturperiode – das neue TKG vor. Der Bundesrat hat dem zuvor schon vom Bundestag verabschiedeten Gesetzgebungspaket am 7.5.2021 zugestimmt. In Kraft treten wird das neue Gesetz aber erst zum 1.12.2021.

Was ist neu am neuen TKG?

Auch das neue TKG ist in erster Linie ein Gesetz, das für die Telekommunikationsmärkte besondere, vom allgemeinen Wettbewerbsrecht des GWB abweichende Regelungen vorsieht (§§ 10 ff. TKG n.F.). Diese Vorschriften haben zwar eine breite Wirkung und eine erhebliche Bedeutung, sind aber vor allem etwas für Spezialisten. Deshalb richtet sich der Fokus im Folgenden auf diejenigen Bestimmungen, mit denen der Gesetzgeber das oben angesprochene Ziel des flächendeckenden Ausbaus hochleistungsfähiger Glasfaser- und Mobilfunknetze befördern will.

Klarere Vorgaben für einen flächendeckenden Mobilfunkausbau

Dass dies in der Tat in seiner Absicht lag, zeigt bereits ein Blick auf die gegenüber dem TKG a. F. insoweit deutlich geschärften Zielbestimmungen des TKG n. F. Ziel der Regulierung ist nunmehr auch die „Förderung des Zugangs zu und der Nutzung von Netzen mit sehr hoher Kapazität durch alle Bürger und Unternehmen“ (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 TKG n. F.), deren Ausbau die Bundesnetzagentur (BNetzA) sicherzustellen hat (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 lit a) TKG n. F.). Hier taucht der Begriff „flächendeckend“ zwar nicht auf, wird aber mitgedacht, weil anders eine Versorgung „aller“ Bürger und Unternehmen nicht vorstellbar ist. Das zeigt auch ein Blick in die Begründung zur Neufassung (BT-Drs. 19/28865). Noch deutlicher wird der Gesetzgeber, wenn es um den Ausbau der Mobilfunknetze geht. Ziel der Frequenzregulierung ist nunmehr explizit „die Versorgung der Bundesrepublik Deutschland mit hochwertigen, leistungsfähigen, flächendeckenden und unterbrechungsfreien drahtlosen Sprach- und Datendiensten“ (§ 87 Abs. 2 Nr. 1 TKG n. F.).

Das Gesetz verharrt aber nicht bei bloßen Zielbestimmungen, sondern stattet die BNetzA auch mit Instrumenten aus, mit denen diese Vorgaben besser als bislang umgesetzt werden können. Insoweit ist die Ausgangslage im Mobilfunkbereich eine grundlegend andere als im Bereich der Festnetzinfrastruktur. Im Letzteren hat der Staat keine direkten Möglichkeiten, die Marktakteure zum (flächendeckenden) Ausbau ihrer Netze zu zwingen. Der Weg, selbst Netze zu errichten und zu betreiben, ist ihm durch Art. 87f. Abs. 2 GG versperrt. Deshalb bleibt nur, durch Förderung monetäre Anreize zu setzen. Anders im Bereich des Mobilfunks: Hier sind die Unternehmen auf die Nutzung einer äußerst knappen und vom Staat verwalteten Ressource angewiesen: das Frequenzspektrum. Dies bietet dem Staat die Chance, an die Zuteilung eines Nutzungsrechts Auflagen – und zwar insbesondere auch Versorgungsauflagen – zu knüpfen. Davon hat die BNetzA in der Vergangenheit schon Gebrauch gemacht, nach Meinung vieler allerdings zu zögerlich.

Nunmehr hat der Gesetzgeber den insoweit bestehenden Spielraum der BNetzA deutlich beschränkt. Einerseits dadurch, dass die das Handeln der Behörde normativ anleitenden Regulierungsziele viel klarer als noch im TKG a. F. Versorgungsziele vorgeben (vgl. nochmals § 87 Abs. 2 Nr. 1 TKG n. F.). Andererseits dadurch, dass auch die einschlägigen Ermächtigungsgrundlagen der BNetzA nun präziser gefasst und eindeutiger mit den Regulierungszielen verknüpft sind als bislang. § 100 Abs. 1 Satz 3 TKG sieht nunmehr ausdrücklich vor, dass die Behörde bei der Vergabe von Frequenzen nicht nur die Förderung des Wettbewerbs im Blick haben darf, sondern – und zwar gleichrangig – auch die „Verbesserung der Versorgung, insbesondere in ländlichen Gebieten“ anzustreben hat. Dazu kann sie – wie nach altem Recht – insbesondere auch Versorgungsauflagen machen (§ 100 Abs. 4 Nr. 4 TKG n. F.). Neu ist aber, dass die BNetzA bei der Festlegung des Versorgungsgrades und seiner zeitlichen Umsetzung neben den Regulierungszielen (!) auch zu berücksichtigen hat, dass die Inhaber von Frequenznutzungsrechten auf mit öffentlichen Mitteln ausgebaute Infrastrukturen zurückgreifen bzw. selbst solche Mittel zum Ausbau von Infrastrukturen in Anspruch nehmen können. Diese Bestimmung trägt dem Umstand Rechnung, dass der Bund mittlerweile auch ein Mobilfunkförderprogramm aufgelegt hat, mit dem in wirtschaftlich schwer erschließbaren Gebieten Mobilfunkmasten mit Hilfe von öffentlichen Geldern gebaut und an das Netz angeschlossen werden können. Damit verlagern sich die finanziellen Lasten des Netzausbaus in diesen Gebieten auf die öffentliche Hand und es ist nunmehr eher als bislang verhältnismäßig, den Mobilfunkunternehmen die Versorgung auch dieser Gebiete aufzuerlegen.

Weniger Überzeugendes im Festnetzbereich

Während die neuen Regelungen für den Mobilfunkbereich, die noch durch Regelungen über eine bessere Zusammenarbeit der Unternehmen (vgl. insb. § 99 Abs. 2 TKG n. F.) und das sog. „lokale Roaming“ (§ 106 TKG n. F.) ergänzt und durch eine Monitoringpflicht der BNetzA (§ 103 Abs. 3, 4 TKG n. F.) akzentuiert werden, uneingeschränkt zu überzeugen vermögen, gilt das für die neuen Bestimmungen im Festnetzbereich nur mit Abstrichen. Um hier zu einem beschleunigten Netzausbau zu gelangen, setzt der Gesetzgeber einerseits auf sog. alternative Verlegeverfahren, andererseits auf Regelungen, die zu schnelleren Genehmigungsverfahren führen sollen.

Mit alternativen Verlegeverfahren für Glasfaserleitungen ist insbesondere das sog. „Trenching“ gemeint, bei dem der Straßenkörper nur „aufgeschlitzt“ und das Kabel in geringer Tiefe unterhalb der Deckschicht verlegt wird. Dieses Verfahren bietet unbestreitbare Vorteile im Hinblick auf die Verlegegeschwindigkeit und kann auch preisgünstiger sein als traditionelle Verlegemethoden. Andererseits besteht bei den Straßenbaulastträgern zu Recht die Befürchtung, dass auf diese Weise die Stabilität und Lebensdauer der Straßenkörper gefährdet wird. Den bislang erforderlichen Anträgen der ausbauenden Unternehmen, diese Technologien einsetzen zu dürfen, wurde daher bislang nur zögerlich stattgegeben.

Demgegenüber sieht das neue TKG ein solches Antragserfordernis nicht mehr vor. Dass Glasfaserleitungen oder Leerrohre untief verlegt werden sollen, ist dem Wegebaulastträger nur noch anzuzeigen (§ 127 Abs. 7 TKG n.F.). Auch in Zukunft bleibt aber jede Verlegung von Leitungen von der Zustimmung des Wegebaulastträgers abhängig. Das gibt diesem zwar nicht die Möglichkeit, den Einsatz untiefer Verlegemethoden zu verhindern, er kann aber durch den Erlass von Nebenbestimmungen auf der Leistung einer angemessenen Sicherheit für mögliche Beeinträchtigungen des Straßenkörpers bestehen und den Unternehmen Vorgaben im Hinblick auf die Bauausführung machen, wenn dies durch Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerechtfertigt ist (§ 127 Abs. 8 Satz 2 u. 3 TKG n. F.). Ob auf diese Weise die weit verbreitete Skepsis gegenüber dem Trenching überwunden werden kann, ist zweifelhaft. Vielmehr steht zu erwarten, dass sich der Streit nur verlagert und in Zukunft die Frage betreffen wird, ob ggf. verfügte Nebenbestimmungen rechtmäßig sind. Hier wäre es besser gewesen, ein ohnehin schon laufendes DIN-Verfahren für solche Verlegungsmethoden abzuwarten.

Was die erwähnte Zustimmung des Wegebaulastträgers angeht, so arbeitet das Gesetz nunmehr noch weitgehender als schon bisher mit Genehmigungsfiktionen. § 127 Abs. 3 TKG n. F. sieht insoweit vor, dass die Zustimmung drei Monate nach Eingang des vollständigen Antrags als genehmigt gilt. Auf die fehlende Vollständigkeit kann sich der Wegebaulastträger nunmehr nicht mehr unbegrenzt, sondern nur noch innerhalb des ersten Monats nach Eingang berufen. Durch Verwaltungsvorschriften können die Wegebaulastträger das Verfahren noch weiter vereinfachen und auf eine bloße Anzeigenotwendigkeit reduzieren (§ 127 Abs. 4 TKG n. F.).

Allerdings ist die Zustimmung des Wegebaulastträgers nicht die einzige Genehmigung, die im Zusammenhang mit der Errichtung von Telekommunikationsinfrastrukturen eingeholt werden muss. Vielmehr können auch Entscheidungen nach Maßgabe des Naturschutz-, des Wasserhaushalts-, des Denkmalschutz- und des Straßenrechts notwendig sein. Um insoweit die Prozesse für die Unternehmen zu vereinfachen, sieht das Gesetz nunmehr die Einrichtung eines „einheitlichen Ansprechpartners“ vor, der die entsprechenden Verfahren koordinieren soll (§ 127 Abs. 5 TKG). Aus verfassungsrechtlichen Gründen bleibt es den Ländern freigestellt, ob sie solche Stellen schaffen wollen; wenn sie sich dafür entscheiden, kommen insbesondere die Landkreise und kreisfreien Städte aufgrund ihrer Bündelungsfunktion als Träger in Betracht. Da viele Kommunen entsprechende Ansprechstellen heute schon vorsehen, dürfte der Beschleunigungsfortschritt auch hier eher bescheiden ausfallen.

Nur kurz erwähnt sei noch, dass der Gesetzgeber einen mit dem DigiNetzG begangenen Fehler leider nicht korrigiert hat. Seither trifft die Gemeinden eine subsidiäre Netzausbaupflicht, wenn ein eigenwirtschaftlicher Ausbau durch die Unternehmen nicht stattfindet. Eine solche Ausbaupflicht der Gemeinden ist angesichts der Gewährleistungspflicht des Bundes aus Art. 87f. Abs. 1 GG systemfremd. Sie wurde gleichwohl in das neue TKG übernommen (§ 145 Abs. 2 Satz 2 TKG). Zu begrüßen ist allerdings, dass die BNetzA nunmehr Unternehmen verpflichten kann, von den Gemeinden errichtete Infrastrukturen zu betreiben (§ 161 Abs. 3 TKG). Das kann eine Lösung für das bisher häufig auftretende Problem sein, dass Gemeinden zwar Infrastruktur bauen, sich dann aber kein Anbieter findet, der diese Infrastrukturen nutzen will.

 

Dr. Klaus Ritgen

Referent beim Deutschen Landkreistag
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