03.05.2021

Datenschutz – Auskunft nach dem Bestattungsgesetz über im Zusammenhang mit dem Corona-Virus stehende Todesfälle

Beschluss des Verwaltungsgerichtshof BW

Datenschutz – Auskunft nach dem Bestattungsgesetz über im Zusammenhang mit dem Corona-Virus stehende Todesfälle

Beschluss des Verwaltungsgerichtshof BW

Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Baden-Württemberg« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Baden-Württemberg« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

Mit seiner Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) verfolgt der Antragsteller im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Landratsamts (LRA), ihm eine anonymisierte Auskunft zu den Gesundheitsangaben und Todesursachen in Zusammenhang mit Covid-19-Infektionen zu erteilen.

Während dieses Verfahrens wurden an den Antragsteller anonymisierte Meldungen übermittelt. Jetzt begehrt der Antragsteller noch eine anonymisierte Auskunft über Gesundheitsangaben und Todesursachen, die sich aus den Todesbescheinigungen gem. § 22 Bestattungsgesetz Baden-Württemberg (BestattG) ergeben.

Zur abschließenden Regelung des § 22 Abs. 4 und 5 BestattG

Das BestattG in § 22 Abs. 4 und 5 enthält gegenüber § 1 Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) eine Regelung über einen abschließenden Informationszugang hinsichtlich der Todesumstände.


Der Informationsanspruch nach LIFG tritt nach § 1 Abs. 3 LIFG insoweit zurück, als besondere Rechtsvorschriften den Zugang zu amtlichen Informationen abschließend regeln. Der Regelungsgehalt von § 1 LIFG und § 22 Abs. 4 und 5 BestattG ist identisch, sodass das Fachrecht das LIFG verdrängt, wobei unbeachtlich ist, ob es jünger oder älter ist als das LIFG. Zwar ist § 22 BestattG auf die Todesumstände einer gewissen Person gerichtet, aber die Vorschrift will schutzwürdige Belange der Verstorbenen und/oder der Hinterbliebenen schützen.

Der Zugang zu anonymisierten Daten aus den Todesbescheinigungen ist nur für konkrete wissenschaftlich-medizinische Forschungsvorhaben zulässig. Ob eine abschließende Regelung nach § 1 Abs. 3 LIFG vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Vorschriften in § 22 Abs. 4 und 5 BestattG enthalten eine umfassende Regelung auch für die Überlassung anonymisierter Informationen aus den Todesbescheinigungen. Die abschließende Regelung ergibt sich bereits aus den Gesetzesmaterialien.

Die sensiblen Daten der Leichenschauscheine

Die Leichenschauscheine enthalten sehr sensible Daten. Auskünfte aus der Todesbescheinigung sind auf die in § 22 Abs. 4 und 5 BestattG genannten Fälle beschränkt, da Todesbescheinigungen auch das persönliche Umfeld einer verstorbenen Person betreffen. Gesundheitsangaben sind ein wesentlicher Aspekt der Persönlichkeit und unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht. Die Todesursache kann auch mittelbar Gesundheitsdaten von Verwandten enthalten wie z. B. bei Erbkrankheiten. Personenbezogene Daten sind alle Daten, die sich auf eine identifizierbare Person beziehen. Das Datenschutzrecht kennt kein erlaubtes Risiko, sodass es ausreicht, wenn die Daten potenziell personenbezogen sind.

Der Antragsteller hatte Anfang 2020 einen Antrag auf Information über Personen gestellt, die im Landkreis verstorben sind und bei denen ein Zusammenhang mit dem Corona-Virus angenommen wird. Die Zahl der Toten ist überschaubar, sodass aufgrund weiterer Daten wie Todeszeitpunkt, Ursache, Gesundheitsangaben, Alter nicht hinreichend gewährleistet werden kann, dass eine anonymisierte Auskunft nur Angaben enthält, die keinen individualisierbaren Bezug aufweisen. Eine Anonymisierung der sensiblen, gesundheitlichen Daten aus den Todesbescheinigungen kann daher nicht ausschließen, dass die Daten einer bestimmten Person zugeordnet werden können, zumal die Auskunft auf den Landkreis und auf den Zusammenhang mit einer Covid-19-Infektion beschränkt ist.

Der VGH hat daher die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Das BestattG regelt den Auskunftsanspruch abschließend.

 

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.08.2020 – 10 S 1856/20

FstBW 2021/92

 
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