03.05.2021

Klimaschutz: Das Gebot intertemporaler Gerechtigkeit

Zur Entscheidung zum Klimaschutzgesetz des BVerfG v. 29.04.2021 (1 BvR 2656/18 u. a.)

Klimaschutz: Das Gebot intertemporaler Gerechtigkeit

Zur Entscheidung zum Klimaschutzgesetz des BVerfG v. 29.04.2021 (1 BvR 2656/18 u. a.)

In der Presse ist vielfach nur von der „Klimaklage“ die Rede. ©j-mel – stock.adobe.com
In der Presse ist vielfach nur von der „Klimaklage“ die Rede. ©j-mel – stock.adobe.com

„Epochal“ wird die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht nur in den sozialen Medien genannt, sondern auch in der traditionell durchaus zurückhaltenderen Presse. Doch was hat der 1. Senat in seinem umfangreichen Urteil nun tatsächlich entschieden? Und, auch nicht ganz unerheblich: Wo bleibt der Beschluss hinter den Anträgen der Beschwerdeführenden zurück?

I. Die vier Verfassungsbeschwerden

Zunächst zu den Verfassungsbeschwerden. In der Presse ist vielfach nur von der „Klimaklage“ die Rede. Tatsächlich handelt es sich um vier Verfassungsbeschwerden, die alle von jeweils mehreren Beschwerdeführenden eingelegt wurden. Die erste wurde schon 2018 vor dem Klimaschutzgesetz (KSG) erhoben und erst später, nach Erlass des KSG, ergänzt. Die anderen wenden sich direkt gegen das KSG. Gemeinsam ist allen Beschwerdeführenden, dass sie das KSG für unzureichend halten. Dabei war das KSG als ein Fortschritt gegenüber dem Vorzustand geplant. Es handelt sich immerhin um das erste Gesetz, das nicht fragmentiert nur einzelne Maßnahmen anordnet, die den Klimawandel bekämpfen sollen, sondern u. a. nationale Klimaziele (§ 3 KSG), Jahresemissionsmengen (§ 4 KSG), Verfahren auch im Falle von Überschreitungen und einen neuen Expertenrat installiert. Den Beschwerdeführenden reichten die hier vorgesehenen 55% bis 2030 gegenüber den 1990-Emissionen aber nicht. Auch das in § 4 KSG vorgesehene Procedere für die Jahre danach erschien den Beschwerdeführenden unzureichend: Diese Pläne seien schon unzureichend in Hinblick auf die Ziele des Paris Agreement von 2015. Dieses wiederum – bzw. die nach dem dort vereinbarten Procedere ans Klimaschutzsekretariat gemeldeten Emissionsminderungsziele – sei auch nicht ehrgeizig genug, um den Klimawandel aufzuhalten.

Die meisten Beschwerdeführenden sind deutsche Staatsangehörige, viele von ihnen Kinder oder Jugendliche, zumindest sehr junge Menschen. Sie sind nicht alle, aber viele, der Klimaschutzbewegung Fridays for Future (FFF) verbunden. Teilweise sind sie in besonderem Maße vom Klimawandel betroffen, weil sie auf Inseln oder an anderen geografisch gefährdeten Orten zuhause sind. Zwei Beschwerdeführende sind Umweltverbände, die oft als Kläger gegen konkrete umweltrelevante Vorhaben oder auf Einhaltung einer bestimmten Umweltqualität auftreten. Zwei der beschwerdeführenden natürlichen Personen leben nicht in Deutschland und besitzen auch nicht die deutsche Staatsbürgerschaft. Einer lebt in Nepal, einer in Bangladesch, beides Länder, die intensiv unter dem Klimawandel leiden.


II. Zum Sachverhalt

Der Sachverhalt liest sich wahrhaft dramatisch. In den Rn. 16ff. fasst das BVerfG zusammen, wie der Klimawandel wirkt und wie er sich – von Hitzewellen über Sturmfluten und die Bedrohung küstennaher Städte bis zu Wasserknappheit, Dürren und mehr Migration – auf Deutschland auswirkt. Dafür ist auch Deutschland mitverantwortlich und zwar überproportional: 1,1% der Weltbevölkerung emittieren ca. 2% der THG-Emissionen. Damit begegnet der Senat schon auf der Sachebene dem verbreiteten Argument, Deutschland bräuchte nicht aktiv zu werden, weil die Bundesrepublik allein ohnehin nichts ausrichten könnte. Das stimmt so nicht, stellt das BVerfG klar: Die Bundesrepublik kann und muss in ihren internationalen Kontexten handeln. Weiter führt der Senat aus, dass der Ausstoß von CO2 tatsächlich reduziert werden muss (Rn. 31ff.). Der Gesetzgeber darf sich also nicht auf Innovationen verlassen, die den Klimawandel durch neue Technologien wirksam eindämmen, weil diese derzeit nicht realisierbar sind und zudem neue ökologische Risiken beinhalten.

III. Zur Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden

  1. Umweltverbände

Der Senat erteilt der Beschwerdebefugnis der Umweltverbände eine deutlich, für diese sicher schmerzhafte Absage. Sie selbst hätten keine ähnlich umfassenden Freiheitseinbußen dargelegt wie die beschwerdeführenden Menschen. Eine von der Selbstbetroffenheit abstrahierte Beschwerdebefugnis aus Art. 2 Abs. 1 i. V.m. Art. 19 Abs. 3 und Art. 20a GG im Lichte des Art. 47 GrCh als „Anwälte der Natur“ würde das Grundgesetz nicht vorsehen. Auch der gemeinschaftsrechtliche Ansatz überzeugt die Richter nicht.

Allerdings scheint der Senat dies ausdrücklich zu bedauern, wenn er in Rn. 136f. ausführt, dass der Umweltschutzauftrag sicher profitieren würde, wenn auch Umweltverbände Verfassungsbeschwerden erheben könnten. Hier muss nun die Politik abwägen, ob – möglicherweise mit einem neuen Bundestag – Umweltverbänden mehr Einflussmöglichkeiten verliehen werden sollte.

  1. Nepal und Bangladesch

Die Verfassungsbeschwerden der klagenden Menschen wurden alle als zulässig angesehen, auch die der Beschwerdeführenden aus Nepal und Bangladesch. Dies liegt an der Konstruktion der Beschwerdebefugnis: Es reicht an dieser Stelle, wenn eine Verletzung zumindest nicht von vornherein auszuschließen ist. Wie die Ausführungen zur Begründetheit zeigen, manifestiert sich diese Möglichkeit hier aber nicht zu einer Verletzung, die den ausländischen Beschwerdeführenden zum Erfolg verholfen hätte.

  1. Die Beschwerdegegenstände

Interessant sind auch die Ausführungen zum zulässigen Beschwerdegegenstand. Die Beschwerdeführenden wollten teilweise nämlich deutlich mehr als „nur“ die Nachbesserung des KSG um Regelungen für die Jahre nach 2031. Hier unterstreicht der Senat in Rn. 95 seine bisherige Rechtsprechung: Ein Antrag auf gesetzgeberisches Tätigwerden ist nur bei völliger Untätigkeit des Gesetzgebers zulässig. Ansonsten muss eine Verfassungsbeschwerde sich gegen das erlassene Gesetz – hier also das KSG – richten. Auch nicht als zulässig betrachtet der Senat die Beschwerden gegen die Möglichkeit, von anderen Mitgliedstaaten Emissionsrechte zu kaufen. Der Senat spricht hier von Begründungsmängeln, aber tatsächlich dürfte es kaum möglich sein, eine Verringerung des Klimaschutzes insgesamt darzulegen, wenn Deutschland etwas weniger, die anderen aber mehr mindern. Auf die Grenzen einer Verlagerung auf andere kommt der Senat aber an anderer Stelle noch zu sprechen. Auch nicht zulässig waren die Beschwerden, soweit andere Grundrechte als Lebens- und Gesundheitsschutz und das Eigentumsgrundrecht gerügt wurden.

Aus Art. 20a GG, der Staatszielbestimmung Umweltschutz, resultiert dagegen keine Beschwerdebefugnis. Zwar ist der Klimaschutz von dessen Reichweite umfasst. Die Norm zeigt auch in der Begründetheit der Beschwerden, dass es sich nicht um reine „Verfassungslyrik“ handelt. Doch subjektive Rechte, die verletzt sein könnten, vermittelt sie nicht.

  1. Die gegenwärtige und eigene Beschwer

Die für die Zulässigkeit erforderliche „gegenwärtige Beschwer“ begründet das BVerfG elegant in den Rn. 108 mit einer Vorwirkung des KSG auf die Zukunft: Die Nachteile sind zwar jetzt noch nicht eingetreten, aber sie werden bedingt durch das bereits jetzt erlassene Gesetz unumkehrbar eintreten. Es geht hier aber gerade nicht um Menschen, die noch nicht geboren sind, sondern um die Beschwerdeführenden selbst.

Dieser Twist ist weniger frappierend, als er auf den ersten Blick klingt: Man stelle sich ein Gift vor, das heute eingenommen wird, aber den Vergifteten erst in zwei Wochen tötet. Ihm nun entgegenzuhalten, er sei ja noch nicht heute, sondern erst in zwei Wochen betroffen, käme einer Rechtsschutzverweigerung gleich. So ähnlich sieht das BVerfG die Sache hier. Interessant auch: Zwar ist praktisch jeder, der heute nicht schon sehr alt ist, betroffen, aber das steht (anders als nach der Plaumann-Formel beim EuGH) der Zulässigkeit nicht entgegen. Eine besondere, über die Allgemeinheit hinausgehende eigene Betroffenheit ist bei Verfassungsbeschwerden nicht nötig.

IV. Zur Begründetheit der Verfassungsbeschwerden

  1. Es reicht nicht für verletzte Schutzpflichten

Die Beschwerdeführenden haben sich auf Schutzpflichten berufen, eine Rechtsfigur, die man aus dem Zusammenhang mit der Abtreibungsdebatte kennt: Der Staat muss sich schützend vor das Individuum stellen, wenn andere Private ihn zu verletzen drohen, hier durch exzessive Emissionen. Vater Staat sollte diesen Schutz durch strengere Klimagesetze gewährleisten, doch dem erteilte der Senat eine Absage. Zwar gibt es eine solche Schutzverpflichtung des Staates vor Gefahren des Klimawandels. Aber sie ist eine primär politische, verfassungsgerichtlich deswegen nur begrenzt überprüfbar. Dies resultiert aus der Abstufung zwischen der Primärfunktion der Grundrechte als Abwehrechte und den deutlich mehr Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielräumen unterliegenden Schutzpflichten. Auf eine Schutzpflichtverletzung könnten sich Beschwerdeführende nur berufen, wenn gar keine oder völlig ungeeignete und unzulängliche Schutzvorkehrungen getroffen wurden. Das sieht das BVerfG in Hinblick auf den Klimaschutz nicht. Der Gesetzgeber muss Klimaneutralität anstreben, das hat er für das Jahr 2050 aber auch getan. Völlig unzulänglich sind die deutschen Bemühungen in den Augen von Karlsruhe nicht. Es mag sein, dass die Verpflichtungen nach dem Paris Agreement nicht ambitioniert genug sind, und zudem die deutschen Anstrengungen nicht einmal ausreichen, diesen Pflichten nachzukommen, das ist aber eine politische und nicht juristische Frage.

In Hinblick auf die Beschwerdeführenden im Ausland hält das BVerfG Schutzpflichten für denkbar, aber hier nicht verletzt. Sie könnte aber nicht denselben Inhalt haben wie Schutzpflichten gegenüber Menschen in Deutschland. Deutschland hat im Ausland nicht dieselben Schutzmöglichkeiten, vor allem auch keine Möglichkeit zu Anpassungsmaßnahmen wie höheren Deichen, lokaler Aufforstung etc.

  1. Modell: Das CO2-Budget als Freiheitsvorrat

Dass die Verfassungsbeschwerden teilweise erfolgreich waren, liegt also nicht an einer Anerkennung einer Schutzpflicht für nachfolgende Generationen vor der Klimakatastrophe. Sondern in einer unzureichend gerechtfertigten Verteilung des Emissionsbudgets zwischen jungen und alten, schon heute lebenden Menschen (Rn. 182ff.):

Das dahinterstehende Modell ist aus dem Klimaschutzrecht bekannt: Es gibt ein Budget, das politisch festgelegt, aber (im besten Fall) naturwissenschaftlich basiert ist. Die Beschwerdeführenden beziffern es mit 3,465 Gigatonnen CO2. Hier geht das BVerfG nicht komplett mit, denn hier gäbe es in beide Richtungen Unsicherheiten. Doch der grundlegende Ansatz, von den bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen ein Restbudget abzuleiten, das für Gegenwart und Zukunft reichen muss, überzeugt das BVerfG und bildet den Ausgangspunkt seiner weiteren Überlegungen. In den zehn Jahren bis 2030 sollen 55% der Emissionen gegenüber 1990 verringert werden, so dass sich diese 55% auf 40 Jahre verteilen. Alle übrigen Einsparungen bis zur Emissionsneutralität müssen bis 2050 erbracht werden. Daraus ergibt sich schon rechnerisch, dass im Zeitraum 2030 bis 2050 pro Jahr viel mehr eingespart werden muss als in den 40 Jahren zuvor. In Rn. 233 legt der Senat dar, dass ausgehend von den Budgetberechnungen des Sachverständigenrats für Umweltfragen und des IPCC nach 2030 nur noch eine Gigatonne verbleiben würde.

Mit Emissionsberechtigungen versinnbildlicht wäre das die Gesamtmenge an Zertifikaten nach dem EU ETS und dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG), die noch ausgegeben werden könnte. Aus der Begrenztheit dieses Budgets ergibt sich: Jedes Zertifikat, das die A AG verbraucht, steht der B GmbH nicht mehr zur Verfügung. Jedes Zertifikat, das Herr X heute mit seinem Auto verfährt, kann Frau N 2050 nicht mehr verfahren. Die Freiheit des einen heute bedeutet deswegen, dass dem anderen morgen diese Freiheit nicht mehr zu Gebote steht. Plakativ ausgedrückt: Wenn eine Schüssel Kekse nicht nachgefüllt wird, reicht sie nur dann für die ganze Woche, wenn sie nicht schon am ersten Tag geleert wird.

  1. Die allgemeine Handlungsfreiheit von übermorgen

Anknüpfungspunkt für die sich anschließende Prüfung ist jedenfalls die allgemeine Handlungsfreiheit der Beschwerdeführenden. In dieses Recht, zu tun und zu lassen was sie wollen, wird nun durch die dem KSG innewohnende Budgetverteilung eingegriffen: Wenn ab 2030 nur noch eine Gigatonne zur Verfügung steht, müsste sodann umgehend Klimaneutralität erreicht werden. Das bezeichnet das BVerfG als unwahrscheinlich, die damit verbundene „Vollbremsung“ wäre in jedem Fall ein drastischer Verlust an Freiheiten in nahezu jedem Lebensbereich.

  1. Rechtfertigung entlang Art. 20a GG und Verhältnismäßigkeit

Jeder Eingriff bedarf der Rechtfertigung. Rechtfertigungen müssen den Grundentscheidungen und Verfassungsgrundsätzen des GG entsprechen. Hier kommt nun Art. 20a GG ins Spiel. Er mag kein Grundrecht sein (s. o.), aber er gehört zu den justitiablen Verfassungsgrundsätzen, gegen die eine Eingriffsrechtfertigung nicht verstoßen darf. Art. 20a GG wird nämlich nicht allein durch den Gesetzgeber konkretisiert, auch wenn er ihm erhebliche Spielräume lässt. An dieser Stelle hebt das BVerfG hervor, dass das Ziel einer Erwärmung von maximal 2°C und möglichst nicht mehr als 1,5°C eine verfassungsrechtlich maßgebliche Konkretisierung von Art.20a GG darstellt. Daran gemessen sei das KSG nicht verfassungswidrig. Der Gesetzgeber hat also zwar nicht gegen diese Dimension des Art. 20a GG verstoßen, aber er muss sich weiter um die Realisierung seiner Klimaschutzobliegenheiten bemühen, und zwar international wie national, denn er kann zwar allein nichts ausrichten, aber auch Deutschland kann und muss einen Beitrag leisten.

Das BVerfG leitet aus Art. 20a GG aber nicht nur einen Schutzauftrag gegenüber den natürlichen Lebensgrundlagen selbst ab, sondern auch das Gebot, Umweltlasten gerecht zwischen den Generationen zu verteilen. Außerdem verlangt das BVerfG auch hier, dass die Eingriffe in die Freiheit der Beschwerdeführenden, auch künftig noch emittieren zu können, verhältnismäßig ausfällt. Der Senat sagt in Rn. 192 sehr deutlich, dass es nicht einer Generation zugestanden werden darf, so viel zu verbrauchen, dass der nächsten Generation kaum mehr Budget verbleibt. Das BVerfG mahnt deswegen einen schonenden Umgang mit der Freiheit an, damit es auch nach 2030 noch Freiheitsräume gibt. Um auf das Beispiel mit der Schale Kekse zurückzukommen: Der Vater darf nicht am Montag so viele Kekse essen, dass seinem Sohn am Freitag nur noch Krümel bleiben.

  1. Konsequenzen: Gesetzgeber muss bis Ende 2022 neu regeln

In Rn. 248 zieht der Senat die Konsequenz aus seiner Argumentation, nach der Freiheitsvorrat nicht bis 2030 aufgebraucht werden darf. Der Gesetzgeber muss frühzeitiger, als ihm lieb ist, zur Klimaneutralität finden. Dabei hat er erhebliche Gestaltungsspielräume. Er muss sich dieser Aufgabe aber stellen. In seiner gegenwärtigen Gestalt leistet das KSG dies nicht, da es die Entscheidungen über den Klimaschutz nach 2030 auf eine Festlegung 2025 verschiebt, die zudem nicht sichert, dass 2025 die Zukunft hinreichend absehbar wird. Außerdem muss auch das Parlament tätig werden, nicht nur in Form einer Beteiligung an einer Verordnung, und entweder die Minderungsschritte selbst vorgeben oder wesentliche Kriterien formulieren.

Entsprechend gibt das BVerfG dem Gesetzgeber auf, bis Ende 2022 die § 3 Abs. 1 S. 2 und § 4 Abs. 2 S. 3 KSG neu zu regeln und die Minderungen für die Jahre ab 2031 bis 2050 fortzuschreiben. Dies erscheint zunächst machbar; ist Papier doch geduldig. Was sollte den Gesetzgeber nun daran hindern, im Vertrauen auf künftige technische Innovationen gigantische Einsparungen für die Zukunft ins KSG zu schreiben? Doch es ergibt sich sehr klar aus dieser Entscheidung, dass eine solche Regelung nicht der verfassungsrechtlich gebotenen Generationengerechtigkeit entspricht. Sie würde sicher schnell wieder in Karlsruhe landen.

Ergo: Will der Gesetzgeber in der „nächsten Runde“ ein verfassungskonformes Gesetz, so kann er die Jahre bis 2030 eigentlich schon rechnerisch nicht aussparen, denn ansonsten bleibt für die Zukunft praktisch kein Budget, das er noch gerecht verteilen könnte. Konsequenz dieser Entscheidung ist damit optimal eine Neuverteilung des Budgets für den gesamten Zeitraum bis 2050. Dies ist eine Mammutaufgabe, denn das führt zwangsläufig gerade in den von EU-Regeln bisher weitgehend unerreichten Sektoren Verkehr und Gebäude zu kurzfristigen Verschärfungen. Die nächste Bundesregierung hat viel zu tun.

 

Dr. Miriam Vollmer

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verwaltungsrecht, re|Rechtsanwälte, Berlin
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