15.06.2011

Dachflächen für Solarinvestoren

Neue Einnahmequelle: die Vermietung kommunaler Dachflächen

Dachflächen für Solarinvestoren

Neue Einnahmequelle: die Vermietung kommunaler Dachflächen

Ein neuer Trend: Kommunen vermieten ihre Dachflächen. | © Holger B. - Fotolia
Ein neuer Trend: Kommunen vermieten ihre Dachflächen. | © Holger B. - Fotolia

Photovoltaikanlagen boomen in Deutschland. Es gibt kaum noch Wohn- oder Gewerbegebiete, in denen nicht großflächige Photovoltaikanlagen weithin sichtbar auf vielen Dachflächen installiert wären. Auch bei Gebäuden der öffentlichen Hand, wie Schulen, Verwaltungsgebäuden oder Sporthallen, ist zunehmend das Aufstellen von Photovoltaikanlagen auf den Dachflächen zu beobachten. Dieser Trend wird sich durch die beschlossene Abkehr von der Stromerzeugung durch Kernenergie weiter verstärken.

Solarzellen bzw. Solarmodule können einen Teil der Sonnenstrahlung in elektrische Energie umwandeln. Die so erzeugte elektrische Energie kann in das vorhandene Stromnetz eingespeist werden. Hinzu kommt, dass sich mit Photovoltaikanlagen – im Vergleich zu den derzeit geringen Guthabenzinsen – eine akzeptable Rendite erzielen lässt, die zudem aufgrund der über 20 Jahre gleich bleibenden Einspeisevergütung für solaren Strom nach dem Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) langfristig gesichert ist. Die Einspeisevergütung sinkt zwar. Der Rückgang der Einspeisevergütung konnte bislang jedoch durch den deutlichen Rückgang der Anschaffungskosten für die Solarzellen kompensiert werden.

Die Vermietung von Dachflächen für die Errichtung und den Betrieb von Photovoltaikanlagen kann für die öffentliche Hand als Eigentümer und Vermieter der Dachflächen und für den Mieter und Betreiber der Photovoltaikanlagen eine „Win-Win-Situation“ darstellen. Der Vermieter, d. h. die öffentliche Hand, erzielt Einnahmen aus der Vermietung von Dachflächen, die sie in der Regel ohnehin nicht nutzt. Der Mieter kann auf geeigneten Dachflächen, über die er nicht selbst verfügt, Photovoltaikanlagen errichten sowie betreiben und Einnahmen aus der Einspeisung elektrischer Energie erzielen.


Bei der Gestaltung von Mietverträgen über Dachflächen für Photovoltaikanlagen sind jedoch eine ganze Reihe an Besonderheiten zu beachten. Zudem ergeben sich bei der Vermietung kommunaler Dachflächen bzw. von Dachflächen der öffentlichen Hand weitere Besonderheiten aufgrund der besonderen Stellung der öffentlichen Hand.

Besonderheiten der Mietvertragsgestaltung

1. Vertragslaufzeit: Aufgrund der gemäß dem EEG gesetzlich garantierten Einspeisevergütung für einen Zeitraum von 20 Kalenderjahren zuzüglich des Inbetriebnahmejahres ist eine Festlaufzeit der Mietverträge von mindestens 20 Jahren die Regel.
2. Laufzeitbeginn – Inbetriebnahme: Der Beginn der Laufzeit wird regelmäßig an den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Photovoltaikanlage geknüpft. Der Dokumentation der Inbetriebnahme kommt entscheidende Bedeutung zu. Das Interesse an einer möglichst raschen Inbetriebnahme, insbesondere bei einem einspeiseabhängigen Mietzins, kann durch Kündigungs- oder Vertragsstrafenregelungen berücksichtigt werden.
3. Mietzins: Es bestehen zwei Gestaltungsmöglichkeiten. Es kann ein fester Mietzins oder ein Mietzins abhängig von der eingespeisten Strommenge vereinbart werden. Ein Mietzins abhängig von der Einspeisevergütung ist für den Mieter mit einem geringeren Risiko verbunden, da der Mietzins in Jahren schlechterer Sonneneinstrahlung geringer ist.
4. Vermieterpfandrecht, Mieterdienstbarkeit: Großflächige Photovoltaikanlagen werden regelmäßig fremdfinanziert. Es ist üblich, dass die Photovoltaikanlagen der finanzierenden Bank als Kreditsicherheit übereignet werden. Um Kollisionen mit dem gesetzlichen Vermieterpfandrecht zu verhindern, ist darauf zu achten, dass das Vermieterpfandrecht entweder vertraglich ausgeschlossen oder sein Entstehen durch geeignete Abläufe verhindert wird. Häufig verlangen finanzierende Banken zudem zur Absicherung vor einer Insolvenz des Vermieters die Eintragung einer sog. „Mieterdienstbarkeit“ im Grundbuch. Aufgrund der besonderen Stellung der öffentlichen Hand ist die Stellung einer Mieterdienstbarkeit in vielen Fällen verzichtbar.
5. Gesetzlicher Eigentumsverlust: Um zu verhindern, dass der Betreiber der Photovoltaikanlage sein Eigentum an der Anlage (bzw. die Bank ihr Sicherungseigentum) aufgrund der festen Verbindung mit dem Gebäude möglicherweise an den Gebäudeeigentümer verliert, sind vertragliche Regelungen zur Vermeidung eines solchen Eigentumsverlusts aufzunehmen.
6. Instandhaltung: Sowohl die Instandhaltung der Photovoltaikanlage als auch der Dachflächen bedarf besonderer Regelungen. Instandhaltungen an der Photovoltaikanlage dürfen regelmäßig nur durch den Mieter vorgenommen werden. Gerade bei größeren Flachdächern, die für Photovoltaikanlagen besonders interessant sind, stellt sich jedoch häufig das Problem der Sanierung von Undichtigkeiten des Flachdachs. Da im Falle der Instandhaltung der Dachflächen die Photovoltaikanlage regelmäßig ganz oder teilweise abgebaut werden muss und während dieses Zeitraums kein Strom erzeugt werden kann, sind besondere Regelungen für solche Fälle zu treffen. Üblich sind Verpflichtungen, Instandhaltungsarbeiten nur in den sonnenarmen Wintermonaten durchzuführen. Bei längeren Ausfallzeiten ist vom Vermieter in der Regel eine Ausgleichszahlung an den Mieter zu leisten.
7. Verschattung: Die möglichst ungehinderte Sonneneinstrahlung auf die Solarzellen ist für den Betrieb der Photovoltaikanlage von grundlegender Bedeutung. Bei der Mietvertragsgestaltung werden deshalb regelmäßig Vereinbarungen zur Verhinderung von Verschattungen durch Baumwuchs oder bauliche Veränderungen getroffen.
8. Brandschutz: In letzter Zeit beschäftigt das Thema Brandschutz die Praxis in erheblichem Maße, nachdem bei Bränden von Photovoltaikanlagen die Immobilien nicht gelöscht werden konnten, da die Photovoltaikanlage trotz des Brandes nicht abgeschaltet werden konnte. Die Problematik ist inzwischen bekannt und technisch lösbar. Die Stromproduktion der Anlage kann durch einen „Not-Aus-Schalter“ abgestellt werden. Vermieter sollten sich die technische Umsetzung dieser Möglichkeit im Mietvertrag zusichern lassen.
9. Vertragsbeendigung, Rückbau: Nach dem Ablauf der Vertragslaufzeit ist der Vermieter regelmäßig daran interessiert, dass die Photovoltaikanlage von den Dachflächen zurückgebaut und vollständig entfernt wird. Es kann für den Vermieter und für den Mieter jedoch auch attraktiv sein, dass der Vermieter die Anlage bei Vertragsende zu einem marktüblichen Preis übernimmt.

Besonderheiten aufgrund der Stellung der öffentlichen Hand

Beabsichtigt die öffentliche Hand, auf eigenen Dachflächen eine Photovoltaikanlage selbst zu betreiben, wurde vereinzelt der Vorwurf erhoben, dass sich die öffentliche Hand die staatlich bezuschusste Einspeisevergütung in die eigene Tasche stecken würde. Ein Verzicht auf die staatlich bezuschusste Einspeisevergütung ist jedoch auch keine Lösung, da die öffentliche Hand bei ihrem Handeln haushaltsrechtlich zur Wirtschaftlichkeit verpflichtet ist und auf bestehende Ansprüche nicht verzichten darf.

Bei der Vermietung von Dachflächen an Dritte stellt sich dieses Problem nicht. Hierbei stellt sich vielmehr die Frage, ob die öffentliche Hand den Mieter und Betreiber der Photovoltaikanlage frei auswählen kann oder ob die Auswahl in einem besonderen Verfahren erfolgen muss. Zwar findet das Vergaberecht keine Anwendung, da es letztlich nicht um eine Beschaffung (Einkauf) geht, sondern es sich um die Zurverfügungstellung einer Fläche für Anbieter von Photovoltaikanlagen handelt. Allerdings hat die Auswahl in einem wettbewerblichen Verfahren zu erfolgen, das den Grundsätzen der Publizität und Transparenz sowie der Gleichbehandlung der Interessenten Rechnung trägt.

In der Praxis wird ein solches Verfahren auch unter dem Begriff eines „Bieterverfahrens“ durchgeführt: Kennzeichnend für ein solches Bieterverfahren ist, dass seitens der öffentlichen Hand ihre Absicht, eine Dachfläche für die Photovoltaiknutzung zur Verfügung zu stellen, durch eine öffentliche Bekanntmachung bekanntgegeben wird. In der hieran anschließenden Angebotsphase können interessierte Unternehmen Angebote abgeben, die seitens der öffentlichen Hand anhand vorab genannter Kriterien zu bewerten sind. Der Vertrag wird sodann mit dem besten Bieter abgeschlossen.

Fazit

Die Vermietung von Dachflächen zur Errichtung und zum Betrieb von Photovoltaikanlagen kann für den Vermieter und für den Mieter eine echte „Win-Win-Situation“ sein. Aufgrund der besonderen Interessenlage bei der Vermietung von Dachflächen für Photovoltaikanlagen sind jedoch ausgewogene Regelungen im Mietvertrag unumgänglich. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Auswahl des zukünftigen Vertragspartners in einem diskriminierungsfreien und transparenten Bieterverfahren zu erfolgen hat.

 

Dr. Frank Meininger

Rechtsanwalt, Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart
 

Jochen Stockburger

Rechtsanwalt, Menold Bezler Rechtsanwälte, Stuttgart
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