05.02.2024

Aberkennung des Ruhegehalts einer pensionierten Lehrerin wegen Vertretens von „Reichsbürger“-Gedankengut

Urteil vom 11.03.2022 – 3 A 10615/21

Aberkennung des Ruhegehalts einer pensionierten Lehrerin wegen Vertretens von „Reichsbürger“-Gedankengut

Urteil vom 11.03.2022 – 3 A 10615/21

Ein Beitrag aus »Die Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz« | © emmi - Fotolia / RBV
Ein Beitrag aus »Die Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz« | © emmi - Fotolia / RBV

Eine ehemalige Beamtin stand bis zur Versetzung in den Ruhestand im Jahr 2006 als Lehrerin im Dienst des Landes Rheinland-Pfalz. Etwa zehn Jahre später tätigte sie in mehreren Büchern und in etlichen Schreiben an verschiedene Behörden Äußerungen, wegen derer das Land Rheinland-Pfalz gegen die Ruhestandsbeamtin Disziplinarklage beim Verwaltungsgericht Trier (VG) erhob.

So sei seitens der Ruhestandsbeamtin in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland mehrfach von einem „Scheinstaat“ bzw. „Nichtstaat“ und von einem „Unternehmen mit Firmenstrukturen“ die Rede gewesen. Außerdem habe sie einen ehemaligen Bundespräsidenten als „Geschäftsführer“ und das demokratische Wahlsystem als „Partei- Wahldiktatur“ bezeichnet.

Ruhestandsbeamtin hatte die Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland als „ungültig“ abgelehnt

Zudem habe sie die Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland als „ungültig“ abgelehnt. Hierdurch habe die Ruhestandsbeamtin gegen ihre Treuepflicht verstoßen, die auch über das aktive Dienstverhältnis hinaus einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums darstelle. Die schwerwiegende Verletzung dieser Pflicht durch die Ruhestandsbeamtin in Gestalt einer Herabsetzung und Diffamierung des Staats und seiner Institutionen lasse sich auch nicht mit Verweis auf die Meinungs- oder die Wissenschaftsfreiheit rechtfertigen.


Die landesweit zuständige Disziplinarkammer des VG hatte der Ruhestandsbeamtin das Ruhegehalt aberkannt, weil sie sich im Ruhestand aktiv gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung i. S. d. Grundgesetzes betätigt habe. Dabei könne auch dahinstehen, ob sie der sog. Reichsbürgerbewegung wirklich angehöre, da die ihr vorgehaltenen Äußerungen jedenfalls szenetypisch und inhaltlich gezielt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung der Ruhestandsbeamtin beim Oberverwaltungsgericht Rheinland- Pfalz (OVG). Die Ruhestandsbeamtin machte dabei u. a. geltend, sie habe die Äußerungen als Wissenschaftlerin und „kritische Demokratin“ getätigt.

Auf tatsächliche Mitgliedschaft bei den „Reichsbürgern“ kommt es nicht an

Der für Landesdisziplinarsachen zuständige Senat des OVG hat die Berufung der Ruhestandsbeamtin zurückgewiesen. In ihren Äußerungen komme geradezu eine Verachtung für den deutschen Staat und seine Institutionen zum Ausdruck. Einer Lehrerin, die sich im Ruhestand gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung betätigt, indem sie das mit ihrer Verfassungstreuepflicht nicht zu vereinbarende Gedankengut der sog. Reichsbürgerbewegung verinnerlicht und aktiv nach außen getragen hat, ist das Ruhegehalt abzuerkennen.

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11.03.2022 – 3 A 10615/21 –.

Entnommen aus der Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz Heft 10/2023, Rn. 93.

 
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