14.02.2024

Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung

Beschluss des BGH

Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung

Beschluss des BGH

Ein Beitrag aus »Die Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz« | © emmi - Fotolia / RBV
Ein Beitrag aus »Die Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz« | © emmi - Fotolia / RBV

Eine Vorsorgevollmacht macht eine Betreuung i. d. R. entbehrlich, es sei denn, sie schließt bestimmte Bereiche – etwa die Vermögenssorge – ausdrücklich aus. Der Bundesgerichtshof (BGH) verlangt in einem Fall, in dem sich zwei Söhne einer demenzkranken Frau mit Grundstückseigentum um deren Betreuung stritten, ausführliche Begründungen.

Zum Sachverhalt

Eine demenzkranke Frau hatte zwei leibliche Söhne und einen Adoptivsohn. 2015 hatte sie dem angenommenen Jungen eine Vorsorgevollmacht erteilt. Er sollte aber nicht über ihre Grundstücke verfügen können. Sollte einmal eine Betreuung erforderlich sein, sollte ebenfalls er hierfür eingesetzt werden; eine Betreuung durch ihre leiblichen Söhne schloss sie ausdrücklich aus. Sechs Jahre später regte der Adoptivsohn die Einrichtung einer Betreuung für sie an. Daraufhin legte einer der leiblichen Söhne ein kurz zuvor verfasstes Schreiben seiner Mutter vor, wonach sie die Vorsorgevollmacht widerrief und ihn selbst mit ihrer Vertretung „in allen Angelegenheiten“ betraute. Der Verfahrensbevollmächtigte der Mutter legte mit einer notariell beglaubigten Generalvollmacht zu seinen Gunsten nach. Der hiernach Begünstigte reichte auch ein Privatgutachten ein, das seiner Mutter Geschäftsfähigkeit attestierte. Das Amtsgericht (AG) Hannover zog einen Sachverständigen hinzu, der ohne Testverfahren zu dem gegenteiligen Ergebnis – ihrer Geschäftsunfähigkeit – kam. Daraufhin setzte das Gericht den Adoptivsohn als Betreuer für die Vermögenssorge mit Einwilligungsvorbehalt ein. Auf Beschwerde der demenzkranken Mutter tauschte das Landgericht (LG) Hannover den adoptierten durch den leiblichen Sohn als Betreuer aus. Hiergegen gingen sowohl die Mutter, die die Aufhebung der Betreuung forderte, als auch der Adoptivsohn vor den BGH, vorläufig mit Erfolg.

Betreuung überhaupt nötig?

Nach § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB wird eine Betreuung nur dann eingerichtet, wenn sie erforderlich ist. Wenn jemand eine Vorsorgevollmacht oder eine Generalvollmacht erteilt hat, entfällt dem BGH zufolge die Notwendigkeit einer Betreuung. Die Vorinstanz hätte deshalb nach § 26 FamFG aufklären müssen, ob die Mutter bei Erteilung der Vollmachten 2015 und 2021 geschäftsunfähig i. S. d. § 104 Nr. 2 BGB war. Dabei genüge es nicht, sich allein auf das eingeholte Sachverständigengutachten zu stützen und das von dem Beteiligten eingereichte Privatgutachten zu ignorieren. Vielmehr hätte sich das Gericht dezidiert mit dem entgegenstehenden Gutachten auseinandersetzen und ggf. weitere Sachaufklärung betreiben müssen. In jedem Fall, so der BGH, muss ausführlich begründet werden, warum es nun dem einen Gutachten – und nicht dem anderen – gefolgt ist. Das LG Hannover wird dieses nachholen müssen.


Austausch der Betreuer

Der BGH bemängelt auch die Einsetzung des leiblichen Sohns als Betreuer: Nach § 1897 Abs. 4 Satz 2 BGB ist grundsätzlich dem geäußerten Wunsch der Betroffenen hinsichtlich der Person des Betreuers zu folgen. 2015 habe die Mutter ausdrücklich ihren Adoptivsohn hierzu bestimmt. Diesem Vorschlag ist nach Darlegung des BGH grundsätzlich zu folgen. Nur wenn diese Person nicht geeignet sei oder die Bestellung aus anderen Gründen dem Wohl der Betreuten zuwiderlaufe, sei anderweitig zu entscheiden. Diese Erwägungen hat das LG dem BGH zufolge nicht angestellt und den Adoptivsohn dazu auch nicht angehört.

Einwilligungsvorbehalt erforderlich?

Schließlich war der BGH auch nicht mit der Begründung zur Anordnung des Einwilligungsvorbehalts einverstanden: § 1903 Abs. 1 BGB bestimme, dass ein solcher nur dann eingerichtet wird, wenn die Betroffene durch ihr eigenes aktives Tun ihr Vermögen erheblich selbst gefährdet. Nach den Feststellungen des LG wurde dazu überhaupt nichts vorgetragen. Allein ihre Unfähigkeit, Verfügungen eines anderen über ihr Vermögen überblicken zu können, genüge dafür nicht.

Entnommen aus der Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz Heft 12/2023, Rn. 123.

 

Burkhard Müller

Geschäftsführender Direktor, Landkreistag Rheinland-Pfalz
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