08.03.2021

Zuwendungsrichtlinien: „Bayerische Betriebsstätte“

Bayerische Richtlinien für Corona-Soforthilfen

Zuwendungsrichtlinien: „Bayerische Betriebsstätte“

Bayerische Richtlinien für Corona-Soforthilfen

Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Bayern« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Bayern« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

Im unten vermerkten Beschluss vom 25.08.2020 befasste sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) erstmals mit dem Vollzug der „Überbrückungshilfen des Bundes für die von der Corona-Virus- Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Soloselbstständigen“ in Bayern. Für diesen Vollzug wurden bayerische Richtlinien erlassen (BayMBl 2020 Nr. 175), denen zufolge Unternehmen und Personen dann Zuwendungen erhalten können, wenn sie – neben anderen Voraussetzungen – in Bayern ihre Betriebsstätte haben.

Der Begriff der „Betriebsstätte“ ist allerdings weder im allgemeinen Sprachgebrauch noch in den Corona-Richtlinien eindeutig definiert. Der VGH hat ihn im vorläufigen Rechtsschutzverfahren präzisiert.

Zur Annahme einer „bayerischen Betriebsstätte“ reicht die steuerliche Erfassung des Unternehmens durch ein bayerisches Finanzamt alleine nicht aus

„Der Antragsteller hat … schon mit seiner Beschwerdebegründung … geltend gemacht, seine Betriebsstätte liege in M. und der Betrieb sei … beim Finanzamt M. steuerlich erfasst. Zur Glaubhaftmachung dieses Vortrags legte der Antragsteller eine Bestätigung des Finanzamts M. vom 22.2.2018 sowie eine eigene eidesstattliche Versicherung (vom 06.07.2020) … bei: Er betreibe ein Einzelunternehmen und trete im Rechtsverkehr nach außen unter der Bezeichnung M. auf.


Das Unternehmen werde steuerlich beim Finanzamt M. unter der Steuernummer … geführt … Dieser Vortrag des Antragstellers überzeugt nicht und führt nicht dazu, dass seine Behauptung einer in M. existierenden ,Betriebsstätte‘, wie sie in den Corona-Richtlinien vorausgesetzt wird, glaubhaft wäre. Gemäß Nr. 2.1 Satz 1 Spiegelstrich 2 der Corona-Richtlinien setzt die Antragsberechtigung u.a. voraus, dass – neben anderen kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen – der antragstellende Soloselbständige (oder der Angehörige der Freien Berufe oder das kleine Unternehmen) seine ,Tätigkeit von einer bayerischen Betriebsstätte oder einem bayerischen Sitz der Geschäftsführung aus ausführen‘ muss. Eine weitere dieser Voraussetzungen ist, dass der Antragstellende ,bei einem deutschen Finanzamt angemeldet‘ ist (Spiegelstrich 3).

Aus der letztgenannten Voraussetzung (Anmeldung bei einem deutschen Finanzamt) ergibt sich bereits mittelbar, dass die steuerliche Erfassung bei einem bayerischen Finanzamt nicht die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass auch der bei diesem Finanzamt erfasste Betrieb in Bayern liegt bzw. seine ,Betriebsstätte‘ im Sinn der Corona-Richtlinien in Bayern hat.

Andernfalls wäre nicht erklärlich, weshalb auch die Anmeldung bei einem außerbayerischen Finanzamt die Zuwendungsvoraussetzung unter Nr. 2.1 Satz 1 Spiegelstrich 2 der Corona-Richtlinien erfüllen können sollte. Die vom Antragsteller vorgelegte Bestätigung des Finanzamts M. vom 22.02.2018 ist daher für sich genommen nicht geeignet, glaubhaft zu machen, dass der in dieser Bestätigung gemeinte M. Betrieb die ,Betriebsstätte‘ des Antragstellers im Sinn der Corona-Richtlinien ist. Davon unabhängig taugt diese Bestätigung auch inhaltlich nicht zu einer solchen Glaubhaftmachung. Denn mit ihr wird nur bestätigt, ,dass der Betrieb ,Ingenieurbüro‘ von Herrn H. seit dem 01.01.2011 unter der Steuernummer…geführt wird‘. Offen bleibt in dieser Bestätigung dagegen, ob der Betrieb ,Ingenieurbüro‘ und die Firma M., um die es vorliegend geht und für die die Zuwendung begehrt wird, identisch sind.“

Ob eine „bayerische Betriebsstätte“ vorliegt, ist nach den Kriterien zu untersuchen, die sich aus Sinn und Zweck der Zuwendung ergeben

„Der Antragsteller verkennt … die Bedeutung des Begriffs ,Betriebsstätte oder Sitz der Geschäftsführung‘, wie er in den Corona-Richtlinien unter Nr. 2.1 Satz 1 Spiegelstrich 2 zur Umschreibung einer der Voraussetzungen für die Zuwendung verwendet wird. Der Zweck der vom Antragssteller begehrten Zuwendung besteht insbesondere darin, bei Unternehmen, die aufgrund von Liquiditätsengpässen in Folge der Corona-Krise in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sind, diese ,Liquiditätsengpässe nachrangig zu kompensieren und Arbeitsplätze zu erhalten‘ (vgl. Nr. 1 Satz 3 der Corona-Richtlinien). Die Überwindung von Liquiditätsengpässen oder der Erhalt von Arbeitsplätzen kann aber nur dort stattfinden, wo entweder – wie am Sitz der Geschäftsführung – unternehmensleitende Entscheidungen getroffen werden oder/und wo Arbeitsplätze in der Produktion oder im Dienstleistungssektor tatsächlich bestehen, also durch die Corona-Pandemie gefährdet und durch die staatliche Zuwendung möglicherweise gerettet werden können.

In Konsequenz dessen reicht den Corona-Richtlinien zufolge eine bloße Geschäftsadresse nicht aus, um die Zuwendung erhalten zu können. Vielmehr muss (gemäß Nr. 2.1 Satz 1 Spiegelstrich 2) von der verpflichtend in Bayern gelegenen Betriebsstätte aus eine ,Tätigkeit‘ entfaltet oder es müssen von Bayern aus die Geschäfte geführt werden. Ein Firmenbüro, das lediglich als Kontaktstelle zum Kunden dient, kann demzufolge weder als ,Betriebsstätte‘ noch als Sitz der Geschäftsführung im Sinn der Corona-Richtlinien angesehen werden.

Um ein solches bloßes ,Kontaktbüro‘, mit dem der Antragsteller offenbar seine leichtere Erreichbarkeit in Süddeutschland sicherstellen möchte …, handelt es sich vorliegend aber bei der vom Antragsteller als Betriebssitz genannten Adresse in M. Hierfür sprechen die von der Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung – unter Vorlage entsprechender Ausdrucke von Internetseiten der Firma V. – genannten Gründe. Diese Firma verdient Geld damit, dass sie grundsätzlich beliebigen anderen Unternehmen zum einen eine Adresse – nämlich die Adresse…M. – als Kontaktstelle für Kunden und Interessenten verschafft und zum andern den Unternehmen für die Akquirierung und Betreuung von Kunden einen Telefonservice anbietet.

Die Firma V. wirbt auf ihren Internetseiten folgendermaßen:

,Mehr Geschäft durch eine optimale Erreichbarkeit – Die Visitenkarte für einen kundenorientierten Außenauftritt beinhaltet, jedem Anrufer zu jeder Zeit eine persönliche und kompetente Ansprache bzw. Erreichbarkeit zu garantieren. Vermeiden Sie die Erreichbarkeitsfalle! …‘ Gestützt wird diese Einschätzung durch die bereits beim Verwaltungsgericht als Teil der Behördenakte ins Verfahren eingeführten Ausdrucke aus dem Internetauftritt der Firma des Antragstellers (M.).

An keiner Stelle des Internetauftritts der Firma M. (auch nicht im Impressum) findet sich ein Anhaltspunkt für die Annahme, dass die Betriebsstätte oder der Sitz der Geschäftsführung des Unternehmens nicht A., sondern M. sein könnte.“

 

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 25.08.2020 – 22 CE 20.1426

FStBay 2021/3

Die Fundstelle Bayern

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