24.04.2023

Wohngebäude bei Stilllegung der „Schwarzbaumaßnahmen“ illegal

Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 17.01.2022 – 10 A 167/21

Wohngebäude bei Stilllegung der „Schwarzbaumaßnahmen“ illegal

Beschluss des OVG Nordrhein-Westfalen vom 17.01.2022 – 10 A 167/21

Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Baden-Württemberg« | © emmi - Fotolia / RBV
Ein Beitrag aus »Die Fundstelle Baden-Württemberg« | © emmi - Fotolia / RBV

Das Verwaltungsgericht (VG) hatte die Klage eines Grundstückseigentümers mit dem Antrag, die Ordnungsverfügung der Bauaufsichtsbehörde vom 31.10.2018 aufzuheben, abgewiesen. Mit dieser Ordnungsverfügung war dem Grundstückseigentümer unter Androhung eines Zwangsgeldes aufgegeben worden, das ihm gehörende Wohngebäude auf dem Grundstück durch ein Abbruchunternehmen vollständig entfernen zu lassen. Das Wohngebäude sei in dem Zustand, in dem es sich bei Stilllegung der von dem Grundstückseigentümer ohne Baugenehmigung durchgeführten baulichen Maßnahmen im April 2018 befunden habe, formell und materiell illegal.

Die aus früheren Jahren stammenden Baugenehmigungen für das Wohngebäude seien durch die daran später durchgeführten baulichen Maßnahmen erloschen, weil hierdurch im Vergleich zu dem ursprünglich genehmigten Wohngebäude ein „aliud“ entstanden sei. Der Bestandsschutz für das Wohngebäude in seiner genehmigten Form sei damit entfallen.

Das nunmehr neu zu beurteilende Wohngebäude widerspreche der Festsetzung des Durchführungsplans der Stadt vom 23.07.1962, wonach das Grundstück als Grünfläche für Kleingärten vorgesehen sei. Ein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von dieser Festsetzung stehe dem Grundstückseigentümer nicht zu. Die Anordnung der Beseitigung des Wohngebäudes sei auch verhältnismäßig.


Dem setzte der Gebäudeeigentümer mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) nichts Erhebliches entgegen. Er zeigte insbesondere nicht auf, dass die Beseitigungsanordnung entgegen der Annahme des VG unverhältnismäßig sein könnte. Dass, wie er meint, das VG nicht geprüft habe, ob die Anordnung eines teilweisen Rückbaus des Wohngebäudes als milderes Mittel in Betracht gekommen wäre, trifft schon nicht zu.

Anordnung eines Umbaus des Wohngebäudes auf den ursprünglich genehmigten Bestand kam als milderes Mittel nicht in Betracht

Das VG hat vielmehr ausgeführt, dass die Anordnung eines Umbaus des Wohngebäudes auf den ursprünglich genehmigten Bestand als milderes Mittel nicht in Betracht gekommen sei, weil mit den von dem Grundstückseigentümer an dem Wohngebäude durchgeführten baulichen Maßnahmen die in der Vergangenheit erteilten Baugenehmigungen erloschen seien und somit ein genehmigter bzw. bestandsgeschützter Altbestand, auf den er das Wohngebäude hätte zurückbauen können, nicht mehr vorhanden gewesen sei. Dies lässt der Grundstückseigentümer außer Acht, soweit er sich weiter auf die Baugenehmigungen aus den Jahren 1947 bis 1996 beruft und meint, durch einen Rückbau auf den damaligen Bestand könne ein rechtmäßiger Zustand wiederhergestellt werden.

Dass das VG fehlerhaft von dem Erlöschen der besagten Baugenehmigungen bzw. dem Entfallen des dem Wohngebäude zukommenden Bestandsschutzes ausgegangen sein könnte, legt er dagegen nicht dar. Soweit er vorgetragen hat, seiner Meinung nach sei das Wohngebäude durch die von ihm daran ausgeführten baulichen Maßnahmen nicht so erheblich verändert worden, dass es nunmehr gegenüber dem ursprünglich vorhandenen Wohngebäude als „aliud“ zu betrachten sei, fehlt es an jeglicher Auseinandersetzung mit den ausführlichen, an die von der Rechtsprechung insoweit entwickelten Grundsätze anknüpfenden Ausführungen des VG, mit denen dieses seine gegenteilige Auffassung begründet hatte.

Wohngebäude wäre bei der insgesamt gebotenen erneuten Prüfung seiner Vereinbarkeit mit den einschlägigen Vorschriften materiell illegal

Das VG hat die Anordnung eines Rückbaus auf den ursprünglich genehmigten Bestand zudem nicht etwa deswegen als ein mögliches milderes Mittel verworfen, weil durch einen solchen Rückbau ein „Gebäudetorso“ entstünde, sondern weil durch einen Rückbau wegen des Erlöschens der für das ursprüngliche Wohngebäude erteilten Baugenehmigungen ein rechtmäßiger Zustand insgesamt nicht mehr hergestellt werden könne.

Das Wohngebäude wäre heute bei der insgesamt gebotenen erneuten Prüfung seiner Vereinbarkeit mit den einschlägigen bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Vorschriften auch in einer auf den ursprünglich genehmigten Zustand zurückgeführten Form materiell illegal. Den Antrag vom 08.02.2019 auf Erteilung einer Baugenehmigung für einen teilweisen Rückbau des Wohngebäudes habe die Bauaufsichtsbehörde daher zu Recht abgelehnt. An diesen Ausführungen des VG geht das Zulassungsvorbringen ebenfalls vorbei.

Die erheblichen wirtschaftlichen Folgen der angeordneten vollständigen Beseitigung des Wohngebäudes hat das VG ebenfalls berücksichtigt. Es hat die Beseitigungsanordnung aber auch deswegen für angemessen gehalten, weil der Grundstückseigentümer in Kenntnis der baurechtlichen Situation das Erlöschen der Baugenehmigungen für das Wohngebäude durch die Ausführung illegaler baulicher Maßnahmen selbst herbeigeführt habe. Es fehlte an jeglichen tatsächlichen Anknüpfungspunkten dafür, dass der Grundstückseigentümer, wie er meint, darauf hätte vertrauen können, dass das Ergebnis illegaler baulicher Maßnahmen in dem hier in Rede stehenden Ausmaß von der Bauaufsichtsbehörde nachträglich legalisiert bzw. geduldet würde.

Soweit er rügte, dass die Bauaufsichtsbehörde andere Wohnhäuser im Geltungsbereich des Durchführungsplans, die bei dessen Inkrafttreten bereits vorhanden und nach dessen Festsetzungen heute nicht mehr zulässig wären, dulde, zeigte er nicht auf, dass die Ordnungsverfügung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen könnte.

Aus seinem Vorbringen ergibt sich schon nicht, dass diese anderen Wohnhäuser durch illegale bauliche Maßnahmen derart verändert worden sein könnten, dass im jeweiligen Fall etwaig erteilte Baugenehmigungen bzw. ein ehemals gegebener Bestandsschutz erloschen wären. Nach alledem konnte der Zulassungsantrag keinen Erfolg haben.

Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.01.2022 – 10 A 167/21 –.

 

Entnommen aus der Fundstelle Baden-Württemberg 2/2023, Rn. 22

 
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