08.11.2021

Wann liegt eine verbotene Ansammlung vor?

Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 08.03.2021

Wann liegt eine verbotene Ansammlung vor?

Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 08.03.2021

Ein Beitrag aus »RdW Kurzreport« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »RdW Kurzreport« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

Beim Oberlandesgericht Koblenz war streitig, ob bereits ein kurzes Zusammentreffen mehrerer Personen aus verschiedenen Haushalten zum Austausch von Begrüßungen eine verbotene Ansammlung darstellt.

Hintergrund

Die Corona-Bekämpfungs-Verordnung eines Bundeslandes lautete wie folgt:

»Ansammlung von Personen und Aufenthalt im öffentlichen Raum ist nur alleine oder mit einer weiteren, nicht im Haushalt lebenden Person zulässig. «


Entsprechende Regelungen gab es in sämtlichen anderen Bundesländern auch. Beim Oberlandesgericht Koblenz1 war streitig, ob bereits ein kurzes Zusammentreffen mehrerer Personen aus verschiedenen Haushalten zum Austausch von Begrüßungen eine verbotene Ansammlung darstellt.

Der Sachverhalt

Ein Mann (A) war in Begleitung eines Freundes auf dem Weg zu einem Geldautomaten. Zufällig traf er auf einen anderen Bekannten, der seinerseits in Begleitung eines Freundes unterwegs war. Die vier Personen (aus verschiedenen Haushalten) standen ungefähr ein bis zwei Minuten vor der Bankfiliale im Halbkreis zusammen und unterhielten sich; die beiden Personenpaare hielten einen Abstand von 1,5 bis 2 m ein. Anlass des Gesprächs war, dass A einem der anderen Bekannten wegen des Todes der Großmutter kondolieren wollte.

Die Gruppe wurde von Polizeibeamten beobachtet und einer Personenkontrolle unterzogen; diese ergab, dass alle vier Personen unterschiedlichen Haushalten angehörten. Das Amtsgericht sah in diesem Zusammentreffen der vier Personen eine verbotene Ansammlung nach der Corona- Bekämpfungs-Verordnung. Anders das Oberlandesgericht Koblenz.

Zusammentreffen als Ansammlung erfordert längeren Zeitraum

Die Corona-Bekämpfungs-Verordnung verfolge den Zweck, eine weitere Ausbreitung des Infektionsgeschehens zu verhindern. Dieser müsse jedoch in einem angemessenen und vernünftigen Bezug zu den Bedürfnissen und unantastbaren Rechten der Bürger stehen.

Ausgehend hiervon sei bei der Beurteilung, ob eine »Ansammlung« vorliege, zum einen maßgeblich, ob dem Zusammentreffen die Absicht zugrunde liege, sich über einen längeren als nur flüchtigen Moment gemeinsam an einem bestimmten Ort aufzuhalten. Durch dieses Kriterium werde vermieden, die eine rein zufällige gleichzeitige Anwesenheit mehrerer Personen aus verschiedenen Haushalten, wie beispielsweise beim Einkaufen des täglichen Lebensbedarfs oder bei einem Spaziergang, zur Ordnungswidrigkeit werde. Das Verbot jeglicher Personenansammlung ohne Differenzierung danach, ob das Verbot zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung des Infektionsgeschehens erforderlich sei, würde zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit des Bürgers führen.

Zum anderen sei entscheidend, dass bei dem Zusammentreffen der durch die Verordnung ebenfalls vorgegebene Mindestabstand von 1,5 m zwischen den Personen eingehalten werde. Beide Kriterien waren im konkreten Fall hier erfüllt, sodass es sich nicht um eine verbotene Ansammlung gehandelt hatte.

 

1 Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 08.03.2021 – 3 Owi 6 SsRs 395/20

RdW 11/2021, Rn 203

 

Klaus Krohn

Lektor im Fachbereich Steuerrecht, Richard Boorberg Verlag
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