22.11.2021

Rücklage für die Beschaffung eines Ersatzwirtschaftsguts

Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13.01.2021

Rücklage für die Beschaffung eines Ersatzwirtschaftsguts

Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13.01.2021

Ein Beitrag aus »RdW Kurzreport« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »RdW Kurzreport« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

Diese Rücklage ist nicht gesetzlich geregelt. Sie wurde durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs1 entwickelt und in R 6.6 EStR übernommen. In bestimmten Fällen sollen danach zwangsläufig realisierte stille Reserven auf angeschaffte oder hergestellte Ersatzwirtschaftsgüter übertragen werden können, um die sofortige Aufdeckung stiller Reserven, d. h. eine erhebliche Steuerbelastung zu vermeiden. Die Fristen zur Ersatzbeschaffung wurden Corona-bedingt nun um jeweils ein Jahr verlängert.

Voraussetzungen

– Ausscheiden eines Wirtschaftsguts aus dem Anlage- oder Umlaufvermögen

– Ausscheiden infolge höherer Gewalt/ infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs


– gegen die Leistung einer Entschädigung

– Anschaffung eines funktionsgleichen Ersatzwirtschaftsguts

Ausscheiden eines Wirtschaftsguts aus dem Anlage- oder Umlaufvermögen

Im Vergleich zur Rücklage für Reinvestitionen nach § 6 b EStG kann es sich auch um ein Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens handeln.

Ausscheiden durch höhere Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs

Ein Ausscheiden in diesem Sinn ist nicht bei einer Entnahme gegeben. Ausscheiden durch höhere Gewalt liegt vor, wenn ein außergewöhnliches Ereignis eingetreten ist, das der Steuerpflichtige nicht verhindern konnte. Dazu zählen: Brand, Sturm und andere Naturkatastrophen sowie Diebstahl und unverschuldete Verkehrsunfälle.

Ausscheiden infolge eines behördlichen Eingriffs

Liegt vor bei Enteignung, Inanspruchnahme für Verteidigungszwecke. Liegt nicht vor bei Veräußerung wegen wirtschaftlicher Zwangslage.

Gegen die Leistung einer Entschädigung

Es muss eine Entschädigung von dritter Seite gezahlt werden, die höher als der Buchwert des ausgeschiedenen Wirtschaftsguts ist. Die Entschädigung muss für das ausgeschiedene Wirtschaftsgut selbst geleistet werden. Andere Entschädigungen, z. B. für Gewinnausfall oder Folgekosten, fallen nicht unter die Vergünstigung.

Anschaffung oder Herstellung eines Ersatzwirtschaftsguts

Das angeschaffte oder hergestellte Ersatzwirtschaftsgut muss wirtschaftlich dieselbe oder eine entsprechende Aufgabe erfüllen wie das ausgeschiedene Wirtschaftsgut. Es muss Funktionsgleichheit zwischen beiden Wirtschaftsgütern bestehen, nicht Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit. Keine Ersatzbeschaffung ist die Einlage eines Wirtschaftsguts.

Übertragung aufgedeckter stiller Reserven

Bei einem ausgeschiedenen, betrieblich genutzten, bebauten Grundstück können beim Grund und Boden und beim Gebäude aufgedeckte stille Reserven jeweils auf neu angeschafften Grund und Boden oder auf ein neu angeschafftes oder hergestelltes Gebäude übertragen werden. Soweit eine Übertragung der bei dem Grund und Boden aufgedeckten stillen Reserven auf die Anschaffungskosten des erworbenen Grund und Bodens nicht möglich ist, können die stillen Reserven auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes übertragen werden. Entsprechendes gilt für die bei dem Gebäude aufgedeckten stillen Reserven.

Bildung eines Sonderpostens mit Rücklageanteil

Soweit am Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist, noch keine Ersatzbeschaffung vorgenommen wurde, kann in Höhe der aufgedeckten stillen Reserven eine steuerfreie Rücklage gebildet werden, wenn zu diesem Zeitpunkt eine Ersatzbeschaffung ernstlich geplant und zu erwarten ist. Eine Rücklage, die aufgrund des Ausscheidens eines beweglichen Wirtschaftsgutes gebildet wurde, ist am Schluss des ersten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn bis dahin ein Ersatzwirtschaftsgut weder angeschafft oder hergestellt, noch bestellt worden ist. Eine Rücklage, die aufgrund des Ausscheidens eines Grundstücks oder Gebäudes oder Binnenschiffs gebildet wurde, ist am Schluss des vierten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn bis dahin ein Ersatzwirtschaftsgut weder angeschafft oder hergestellt, noch bestellt worden ist. Bei neu hergestellten Gebäuden beträgt die Frist sechs Jahre. Die Frist von einem Jahr kann im Einzelfall angemessen verlängert werden, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass die Ersatzbeschaffung noch ernstlich geplant und zu erwarten ist, aber aus besonderen Gründen noch nicht durchgeführt werden konnte. Im Zeitpunkt der Ersatzbeschaffung ist die Rücklage durch Übertragung auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Ersatzwirtschaftsguts aufzulösen.

Mehrentschädigung

Aufgedeckte stille Reserven können nur anteilig übertragen werden, wenn die erhaltene Entschädigung nicht in voller Höhe zur Beschaffung des Ersatzwirtschaftsguts verwendet wurde.

»Corona«

Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Auswirkung der Corona-Pandemie haben die obersten Finanzbehörden der Länder und das BMF beschlossen, die Reinvestitionsfrist der Rücklage für Ersatzbeschaffung zu verlängern.

Danach gilt: Die in R 6.6 Abs. 4, Abs. 5 sowie Abs. 7 EStR geregelten Fristen für die Ersatzbeschaffung oder Reparatur bei Beschädigung nach Bildung einer Rücklage nach R 6.6 Abs. 4 EStR verlängern sich jeweils um ein Jahr, wenn die Rücklage ansonsten am Schluss des nach dem 29. 02. 2020 und vor dem 01. 01. 2021 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.

Anmerkung:

§ 52 Abs. 14 Satz 5 EStG schafft darüber hinaus die Möglichkeit, durch Verordnung des Bundesministeriums der Finanzen bei fortbestehender Pandemielage diese Fristen erneut um ein Jahr zu verlängern.

 

1 Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13.01.2021, BStBl I 2021, 102

RdW  12/2021, Rn. 218

 

 

 

Christian Kubik

Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg
 

Birgit Reindl

Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg
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