08.02.2024

Update Beihilferecht

Neue De-minimis-Vorschriften am 1. Januar 2024 in Kraft getreten

Update Beihilferecht

Neue De-minimis-Vorschriften am 1. Januar 2024 in Kraft getreten

Die Erhöhung der Schwellenwerte gibt etwas mehr Spielraum für eine im Ansatz unkomplizierte Gestaltung von Förderungen als De-minimis-Beihilfen.  | © finecki - Fotolia
Die Erhöhung der Schwellenwerte gibt etwas mehr Spielraum für eine im Ansatz unkomplizierte Gestaltung von Förderungen als De-minimis-Beihilfen. | © finecki - Fotolia

Die Erhöhung der Schwellenwerte gibt etwas mehr Spielraum für De-minimis-Beihilfen.

De-minimis-Verordnungen sind ein wichtiges Instrument, um kleinere Förderungen ohne erheblichen Aufwand im Einklang mit dem EU-Beihilferecht zu gestalten. Die seit Beginn 2024 geltenden De-minimis-Verordnungen schreiben diese Erfolgsgeschichte nahtlos fort, haben aber mit der Einführung des Beihilferegisters auch eine neue administrative Anforderung geschaffen. Die Autoren geben einen Überblick über die neuen Regelungen und ordnen die Änderungen ein.

Die Reform der sog. De-minimis-Vorschriften im Beihilferecht war schon lange überfällig; zum Jahresende 2023 konnte sich die Europäische Kommission noch auf die Neuregelung einigen. Seit dem 1. Januar 2024 gelten damit für die allgemeinen De-minimis-Beihilfen und für die sog. DAWI-De-minimis-Beihilfen neue Regelungen, wobei insbesondere die Schwellenwerte erhöht wurden. Die Regelungen für De-minimis-Beihilfen im Agrar- sowie im Fischerei- und Aquakultursektor wurden bereits im Herbst 2023 aktualisiert.


I. Welche Bedeutung haben die De-minimis-Regelungen im Beihilferecht?

Beabsichtigt ein Mitgliedstaat, Unternehmen Beihilfen zu gewähren, sind diese Beihilfen grundsätzlich bei der Europäischen Kommission anzumelden (sog. Notifizierungspflicht, Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV). Solange eine anmeldepflichtige Beihilfe nicht von der Kommission genehmigt wurde, darf sie nicht gewährt werden (sog. Durchführungsverbot, Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV). Dies soll gewährleisten, dass die Wirkungen der Beihilfe nicht eintreten, bevor die Kommission diese prüfen konnte.

Die Notifizierungspflicht gilt nicht bei der Gewährung sog. De-minimis-Beihilfen. Denn bei solchen geringfügigen Begünstigungen wird davon ausgegangen, dass sie keinen Einfluss auf den Wettbewerb und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben. Eine Prüfung durch die Kommission ist dann nicht erforderlich. Jedoch ist die geringe Höhe der jeweiligen Förderung nicht allein ausreichend. Vielmehr müssen auch die weiteren Anforderungen der De-minimis-Verordnungen eingehalten werden.

Für die Einordnung als „De-minimis-Beihilfen“ kommt es insbesondere auf die Einhaltung bestimmter Schwellenwerte an. Je nach Anwendungsfall (dazu II.) kommen unterschiedliche Schwellenwerte zur Anwendung (dazu III.). Daneben muss es sich um sog. „transparente Beihilfen“ handeln (dazu IV.). Eine wichtige Frage in der Praxis ist regelmäßig die Möglichkeit der Kumulierung verschiedener Beihilfevorschriften – hier hat die Kommission sich für einen neuen Ansatz entschieden (dazu V.). Um die Kontrolle der Beihilfengewährung zu verbessern, sind die Mitgliedstaaten ab dem 1. Januar 2026 verpflichtet, ein zentrales Register zu nutzen (dazu VI.).

II. Für welche Bereiche gelten die De-minimis-Regelungen?

Zurzeit gibt es vier sog. De-minimis-Verordnungen, deren jeweilige Anwendungsbereiche voneinander abzugrenzen sind:

Für den Fischerei- und Aquakultursektor gilt die Verordnung (EU) Nr. 717/2014 (Verordnung (EU) Nr. 717/2014 der Kommission vom 27. Juni 2014 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor, EU-ABl. L 190 vom 28.6.2014, S. 45 ff. – „FuA-De-minimis-Verordnung“). Für den Agrarsektor (Primärerzeugung landwirtschaftlicher Erzeugnisse) gilt die Verordnung (EU) Nr. 1408/2013 (Verordnung (EU) Nr. 1408/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen im Agrarsektor, EU-ABl. L 352 vom 24.12.2023, S. 9 ff. – „Agrar-De-minimis-Verordnung“). Diese beiden Verordnungen wurden bereits im Herbst 2023 aktualisiert und gelten bis zum 31. Dezember 2029.

Die allgemeine De-minimis-Verordnung (Verordnung (EU) 2023/2831 der Kommission vom 13. Dezember 2023 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen, EU-ABl. L 2023/2831 vom 15.12.2023 – „De-minimis-Verordnung“) gilt grundsätzlich für alle Wirtschaftszweige, mit Ausnahme der Bereiche, die von den vorgenannten Verordnungen abgedeckt sind. Die neue Verordnung gilt vom 1. Januar 2024 bis zum 31. Dezember 2030.

Die DAWI-De-minimis-Verordnung (Verordnung (EU) 2023/2832 der Kommission vom 13. Dezember über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen, EU-ABl. L 2023/2832 vom 15.12.2023) findet auf alle Wirtschaftszweige Anwendung, wenn die begünstigten Unternehmen sog. Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (kurz: „DAWI“) erbringen. DAWI sind marktbezogene Leistungen, die im Interesse der Allgemeinheit erbracht und mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen verbunden werden. Die Kommission ordnet typischerweise bestimmte Leistungen der Verkehrs-, Energieversorgungs-, Kommunikations- und Postnetze als DAWI ein. Die neue Fassung der Verordnung gilt vom 1. Januar 2024 bis zum 31. Dezember 2030.

Über die Sonderregelungen für den Agrar- und den Fischerei- und Aquakultursektor hinaus sind vom Anwendungsbereich der allgemeinen und der DAWI-De-minimis-Verordnung jeweils nur noch ausgeschlossen:

  • Exportbeihilfen,
  • Beihilfen, die davon abhängig sind, dass heimische Waren und Dienstleistungen Vorrang vor eingeführten Waren und Dienstleistungen erhalten.

Zum 31. Dezember 2023 wurden folgende Ausnahmen aus der DAWI-De-minimis-Verordnung gestrichen, sind also neuerdings – gleichlaufend zur allgemeinen De-minimis-Verordnung – der De-minimis-Gewährung zugänglich:

  • Beihilfen für Unternehmen, die im Kohlesektor tätig sind,
  • Beihilfen für Speditionsunternehmen im gewerblichen Straßengüterverkehr,
  • Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten.

Die richtige Zuordnung einer Beihilfe zur zugehörigen Verordnung ist sowohl für die Prüfung der Schwellenwerte (siehe unter III.) als auch für die Kumulierung (siehe unter V.) wichtig.

III. Welche Schwellenwerte finden Anwendung?

Den vier De-minimis-Regelungen ist gemein, dass sie jeweils Höchstbeträge vorsehen:

Hinsichtlich der allgemeinen De-minimis-Beihilfen hat die Kommission ihre bisherige Sonderregelung für Beihilfen zugunsten von im gewerblichen Straßengüterverkehr tätigen Unternehmen aufgegeben. Es gilt seit dem 1. Januar 2024 ein einheitlicher Schwellenwert von 300.000 EUR über einen Zeitraum von drei Jahren (Art. 3 Abs. 2 De-minimis-Verordnung). Dies stellte eine Steigerung um 50 % gegenüber dem bisher geltenden Schwellenwert von 200.000 EUR dar. Berücksichtigt man, dass dieser Schwellenwert bereits seit dem Jahr 2007 galt, wird zu einem erheblichen Teil die Preissteigerung seit diesem Jahr (ca. 41 %) ausgeglichen.

Für DAWI-De-minimis-Beihilfen liegt der Höchstbetrag seit dem 1. Januar 2024 bei 750.000 EUR über einen Zeitraum von drei Jahren (Art. 3 Abs. 2 DAWI-De-minimis-Verordnung).

Für den Agrarsektor gilt seit dem 25. Oktober 2023 der Höchstbetrag grundsätzlich von 20.000 EUR über einen Zeitraum von drei Steuerjahren, wobei etwaige niedrigere nationale Obergrenzen zu berücksichtigen sind (Art. 3 Abs. 2, 3 Agrar-De-minimis-Verordnung). Unter strengen Voraussetzungen ist die Gewährung von bis zu 25.000 EUR über einen Zeitraum von drei Steuerjahren möglich (Art. 3 Abs. 3a Agrar-De-minimis-Verordnung).

Im Fischerei- und Aquakultursektor gilt seit dem 25. Oktober 2023 der Höchstbetrag grundsätzlich von 30.000 EUR über einen Zeitraum von drei Steuerjahren (Art. 3 Abs. 2 FuA-De-minimis-Verordnung). Führt der Mitgliedstaat ein nationales Zentralregister, ist die Gewährung von bis zu 40.000 EUR über drei Steuerjahre möglich (Art. 3 Abs. 2a FuA-De-minimis‑Verordnung).

Diese Höchstbeträge sind wie folgt anzuwenden:

  • Die Beihilfe gilt als gewährt, wenn das Unternehmen nach nationalem Recht einen Rechtsanspruch auf die Beihilfe gewährt – es kommt also nicht auf das Ob und Wie der Auszahlung an. In mehreren Tranchen gewährte Beihilfen werden auf den Gewährungszeitpunkt abgezinst.
  • Der Höchstbetrag der Beihilfe wird als Barzuschuss oder durch das sog. Bruttosubventionsäquivalent (dazu ) ausgedrückt.
  • Für den Höchstbetrag sind die Bruttobeträge (d.h. vor Abzug von Steuern und sonstigen Abgaben) maßgeblich.
  • Der Höchstbetrag gilt unabhängig davon, ob die von dem Mitgliedstaat gewährte Beihilfe ganz oder teilweise aus Unionsmitteln finanziert wird.
  • Der maßgebliche Zeitraum von drei Jahren „rolliert“, d.h. bei jeder neuen Gewährung einer De-minimis-Beihilfe soll die Gesamtsumme der in den vergangenen drei Jahren (bzw. „Steuerjahre“ bei den Agrar- und den FuA-De-minimis-Beihilfen) gewährten De-minimis-Beihilfen herangezogen werden.

Grundsätzlich ist für die Bemessung des Höchstbetrags nicht auf das einzelne Unternehmen im juristischen Sinne abzustellen. Vielmehr sind alle Unternehmen, die über ein anderes oder mehrere andere Unternehmen zueinander in einer besonderen (im Gesetz näher spezifizierten) Verbindung stehen, als ein einziges Unternehmen zu betrachten (Art. 2 Abs. 2 De-minimis-Verordnung, Art. 2 Abs. 2 Sätze 1-2 DAWI-De-minimis-Verordnung), d.h. insbesondere die Tochter-, Mutter- und Schwestergesellschaften im Falle von Mehrheitsbeteiligungen.

Beispiel: Das Unternehmenskonsortium K besteht aus den Unternehmen X, Y und Z, die alle einer gemeinsamen Kontrolle der Konzernmutter M unterstehen. Dem Unternehmen X gewährt die Stadt S zum 1. Januar 2024 eine De-minimis-Beihilfe in Höhe von 300.000 EUR. In den nächsten drei Jahren kann daher kein Unternehmen aus dem Konsortium erneut die De-minimis-Ausnahme für sich beanspruchen.

Eine Besonderheit gilt jedoch bei der Gewährung für DAWI-De-minimis-Beihilfen: Unternehmen, die DAWI erbringen und deren einzige Beziehung untereinander darin besteht, dass jedes von ihnen eine direkte Verbindung zu derselben bzw. denselben öffentlichen Einrichtungen oder derselben bzw. denselben Einrichtungen ohne Erwerbszweck“ (neu: ausdrücklich definiert in Art. 2 Abs. 1 lit. h DAWI-De-minimis-Verordnung), gelten nicht als einziges Unternehmen.

Beispiel: Für die Stadt S erbringt das stadteigene Unternehmen A DAWI im Bereich Busverkehr und das stadteigene Unternehmen B DAWI im Bereich Energieversorgung. Die Unternehmen A und B können daher jeweils über drei Jahre bis zu 750.000 EUR an De-minimis-Beihilfen erhalten.

IV. Was sind „transparente“ Beihilfen?

Die De-minimis-Regelungen finden nur Anwendung, wenn für die Beihilfe das sog. Bruttosubventionsäquivalent im Voraus genau berechnet werden kann, ohne dass eine Risikobewertung erforderlich ist und sichergestellt ist, dass der jeweils festgelegte Höchstbetrag nicht überschritten wird (vgl. Art. 4 Abs. 8 De-minimis-Verordnung, Art. 4 Abs. 7 DAWI-De-minimis-Verordnung). Die Beihilfe gilt dann als „transparent“.

Das „Bruttosubventionsäquivalent“ ist die Höhe der Beihilfe, wenn diese als Zuschuss für den Empfänger gewährt worden wäre, vor Abzug von Steuern und sonstigen Abgaben.

Beihilfen in Form von Zuschüssen und Zinszuschüssen sind also stets transparent (Art. 4 Abs. 2 De-minimis-Verordnung, Art. 4 Abs. 2 DAWI-De-minimis-Verordnung), da die Höhe des Vorteils schlicht dem Zuschuss entspricht. Beihilfen in Form von Kapitalzuführungen (Art. 4 Abs. 4 De-minimis-Verordnung, Art. 4 Abs. 4 DAWI-De-minimis-Verordnung) und Risikofinanzierungsmaßnahmen (Art. 4 Abs. 5 De-minimis-Verordnung, Art. 4 Abs. 5 DAWI-De-minimis-Verordnung) sieht die Kommission ebenfalls als transparent an, wenn sichergestellt ist, dass die eingesetzten öffentlichen Mittel den jeweils geltenden Höchstbetrag nicht übersteigen. Es wird also im Sinne einer worst case-Betrachtung unterstellt, dass die gesamten staatlichen Mittel als Beihilfen anzusehen sind, auch wenn möglicherweise dem Kapitaleinsatz ein gewisser Gegenwert gegenübersteht (in der Form des Werts der Beteiligung).

Differenzierte Anforderungen gelten bei anderen Formen der Beihilfegewährung:

  • Beihilfen in Form von Darlehen (Art. 4 Abs. 3 De-minimis-Verordnung, Art. 4 Abs. 3 DAWI-De-minimis-Verordnung) – ab dem 1. Januar 2024 laufen die Vorschriften für die De-minimis– und die DAWI-De-minimis-Beihilfen gleich,
  • Beihilfen in Form von Garantien (Art. 4 Abs. 6 De-minimis-Verordnung, Art. 4 Abs. 6 DAWI-De-minimis-Verordnung) – hier gelten seit dem 01. Januar 2024 strengere Voraussetzungen,
  • Beihilfen unter Beteiligung eines Finanzintermediärs (Art. 4 Abs. 8 De-minimis-Verordnung) – ab dem 1. Januar 2024 neu aufgenommen.

V. Dürfen mehrere De-minimis-Beihilfen kumuliert werden?

Von der sog. „Kumulierung“ wird gesprochen, wenn mehrere Beihilfen gewährt werden. In solchen Fällen ist sicherzustellen, dass die jeweils geltenden De-minimis-Höchstgrenzen nicht überschritten werden.

Die Kumulierungsregelungen hat die Kommission ab dem 1. Januar 2024 teilweise neugestaltet:

  • Beihilfen nach der allgemeinen und der DAWI-De-minimis-Verordnung dürfen kumuliert werden (Art. 5 Abs. 1 De-minimis-Verordnung).
  • Beihilfen nach der allgemeinen De-minimis-Verordnung dürfen mit Beihilfen der Agrar-De-minimis-Verordnung bzw. der FuA-De-minimis-Verordnung nur kumuliert werden, wenn damit der Höchstbetrag der allgemeinen De-minimis-Verordnung nicht überschritten wird. D.h. ein Unternehmen darf die unter der Agrar-De-minimis-Verordnung möglichen 25.000 EUR über drei Steuerjahre unter Anwendung des allgemeinen Schwellenwerts auf insgesamt 300.000 EUR über drei Jahre aufstocken (Art. 5 Abs. 2 De-minimis-Verordnung). Dies setzt freilich voraus, dass für diese (zusätzlichen) De-minimis-Beihilfen nicht die Bereichsausnahmen für landwirtschaftlichen Erzeugnisse gelten.
  • DAWI-De-minimis-Beihilfen dürfen nicht mit Ausgleichsleistungen für dieselbe DAWI kumuliert werden, unabhängig davon, ob es sich bei dem Ausgleich um eine staatliche Beihilfe handelt oder nicht (Art. 5 Abs. 2 DAWI-De-minimis-Verordnung). Eine DAWI-De-minimis-Beihilfe darf daher beispielsweise nicht mit einer nach dem sog. DAWI-Beschluss (Beschluss 2012/21/EU, EU-ABl. L 7 vom 11.1.2012, S. 3 ff.) freigestellten Beihilfe kumuliert werden.
  • Soll eine De-minimis-Beihilfe mit einer nach der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) oder im Rahmen einer genehmigten Beihilferegelung gewährten Beihilfe hinsichtlich der gleichen beihilfefähigen Kosten kumuliert werden, bildet der in der AGVO bzw. der Beihilferegelung festgelegte Höchstbetrag die Obergrenze (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 De-minimis-Verordnung, Art. 5 Abs. 3 Satz 2 DAWI-De-minimis-Verordnung). Betreffen die Beihilfen unterschiedliche Kosten, gibt es keine Überschneidung, sodass die Höchstbeträge getrennt zu betrachten sind (Art. 5 Abs. 3 Satz 2 De-minimis-Verordnung, Art. 5 Abs. 3 Satz 2 DAWI-De-minimis-Verordnung).

VI. Welchen Meldepflichten unterliegt der die Beihilfe gewährende Mitgliedstaat?

Die Mitgliedstaaten dürfen Beihilfen erst gewähren, nachdem sie sich vergewissert haben, dass die einschlägigen Höchstbeträge und die weiteren Voraussetzungen der unterschiedlichen De-minimis-Vorschriften gewahrt sind (vgl. Art. 6 Abs. 4 De-minimis-Verordnung).

Bislang mussten die Mitgliedstaaten im Fall der Inanspruchnahme der De-minimis-Vorschriften eine sog. De-minimis-Erklärung der begünstigten Unternehmen einholen. Darin teilten die Unternehmen mit, ob und in welchem Umfang sie bereits De-minimis-Beihilfen erhalten haben. Die De-minimis-Erklärung ermöglichte den Behörden die Prüfung der Voraussetzungen und die Nachweisführung im Falle von Nachfragen der Kommission.

Ab dem 1.1.2026 wird dieses Vorgehen nicht mehr ausreichend sein, da ab diesem Zeitpunkt die De-minimis-Beihilfen in einem zentralen Register erfasst werden sollen. Die zentrale Datenerfassung soll eine schnelle Überprüfung der gewährten Beihilfebeträge je Unternehmen ermöglichen. Die Kommission verspricht sich hiervon eine Vereinfachung für alle Beteiligten. Offen ist zum jetzigen Zeitpunkt noch, wie die Datenpflege in Deutschland genau erfolgen wird.

Zudem ist es absehbar, dass jedenfalls in der Anfangsphase erhebliche praktische Probleme bestehen werden, um die Empfängerinnen und Empfänger richtig zu erfassen. Dies setzt zum einen ein Eintragungssystem voraus, das erlaubt, die Unternehmen eindeutig zu identifizieren. Zum anderen müssen nicht nur die natürlichen oder juristischen Personen erfasst werden, welche die Förderung erhalten, sondern alle Personen, die zum „einzigen Unternehmen“ (dazu oben, III.) gehören. Es ist auch fraglich, ob die digitale Erfassung tatsächlich zu mehr Transparenz und einer besseren Kontrolle führt oder eher zu einer ungenutzten Datenmasse. Nachvollziehbar ist daher grundsätzlich die Kritik, die es bereits an der Einführung der Registerpflicht gab. Der administrative Aufwand erscheint allerdings bereits jetzt unverhältnismäßig groß, wenn für Kleinstbeihilfen De-minimis-Erklärungen eingeholt werden. Sofern es gelingt, ein unkompliziertes Registersystem zu etablieren, könnte die zentrale und elektronische Erfassung vielleicht sogar Vorteile bieten.

VII. Fazit

Die Erhöhung der Schwellenwerte gibt etwas mehr Spielraum für eine im Ansatz unkomplizierte Gestaltung von Förderungen als De-minimis-Beihilfen. Wie unkompliziert oder kompliziert es ab der Einführung des De-minimis-Registers wird, bleibt abzuwarten. Es ist jedenfalls zu hoffen, dass es Deutschland gelingt, ein eindeutiges, einfaches und benutzerfreundliches elektronisches Register zu entwickeln.

 

Valentine Lemonnier

Rechtsanwältin bei Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, Brüssel
 

Dr. Christian Wagner

Rechtsanwalt, Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, Brüssel
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