13.09.2021

Sofortabschreibung für digitale Wirtschaftsgüter

Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26.02.2021

Sofortabschreibung für digitale Wirtschaftsgüter

Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26.02.2021

Ein Beitrag aus »RdW Kurzreport« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »RdW Kurzreport« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

Auf dem sog. »Corona-Gipfel« am 19.01.2021 beschlossen die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder, dass zur weiteren Stimulierung der Wirtschaft und zur Förderung der Digitalisierung bestimmte digitale Wirtschaftsgüter rückwirkend zum 01.01.2021 sofort abgeschrieben werden können. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF)1 erließ eine entsprechende Verwaltungsanweisung. Darin definierte das BMF, welche Wirtschaftsgüter als »digitale Wirtschaftsgüter « anzusehen sind und wie die Sofortabschreibung steuerlich umzusetzen ist. Von der Regelung profitieren sowohl Unternehmen, als auch Arbeitnehmer.

Umsetzung der Sofortabschreibung

Grundsätzlich können die Anschaffungskosten von mehrjährig verwendbaren Wirtschaftsgütern im Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung nicht vollständig steuerlich geltend gemacht werden. Vielmehr sind die Anschaffungskosten über die sog. betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzusetzen (handelsrechtlich: »abzuschreiben«) und damit regelmäßig über mehrere Jahre zu verteilen (§ 7 Abs. 1 EStG). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur für sog. geringwertige Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungskosten netto maximal 800 € betragen dürfen. Die Finanzverwaltung hat für eine Vielzahl von Wirtschaftsgütern die jeweilige betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer festgelegt. Die Anschaffungskosten von Computern waren danach beispielsweise bislang über drei Jahre abzusetzen. In seinem Schreiben vom 26.02.2021 merkt das BMF zunächst an, dass die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von digitalen Wirtschaftsgütern schon seit über 20 Jahren nicht mehr geprüft worden und daher an die geänderten tatsächlichen Verhältnisse anzupassen sei.

Wahlrecht zum Ansatz einer Nutzungsdauer von einem Jahr

Nach Ansicht des BMF kann für digitale Wirtschaftsgüter eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden. D. h., es besteht ein steuerliches Wahlrecht, für digitale Wirtschaftsgüter von der verkürzten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer auszugehen.


Begriff des digitalen Wirtschaftsguts – Computerhardware

Das BMF hat sich zur Spezifizierung des Begriffs Computerhardware an die Begrifflichkeiten des Artikels II der EU-Verordnung Nr. 617/20132 angelehnt. Dabei hat das BMF den in dieser Richtlinie verwendeten Begriff »Computerserver« – wohl auch wegen deren unstreitiger mehrjähriger Nutzungsdauer – ausdrücklich nicht in dem BMF-Schreiben genannt und damit nicht in den Bereich der begünstigten Wirtschaftsgüter aufgenommen. Das Wahlrecht gilt demzufolge für die nachfolgend aufgeführte Computerhardware:

1.»Computer« bezeichnet ein Gerät, das Logikoperationen ausführt und Daten verarbeitet, das in der Lage ist, Eingabegeräte zu nutzen und Informationen auf Anzeigegeräten auszugeben und das in der Regel eine Zentraleinheit (ZE) beinhaltet, die die Operationen ausführt. Ist keine ZE vorhanden, muss das Gerät als Client Gateway zu einem Computerserver fungieren, der als Computerverarbeitungseinheit dient.

2.»Desktop-Computer« bezeichnet einen Computer, dessen Haupteinheit an einem festen Standort aufgestellt wird, der nicht als tragbares Gerät ausgelegt ist und der mit einem externen Anzeigegerät sowie externen Peripheriegeräten wie Tastatur und Maus genutzt wird. Bei einem »integrierten Desktop-Computer« funktionieren der Computer und das Anzeigegerät als Einheit, deren Wechselstromversorgung über ein einziges Kabel erfolgt.

3.»Notebook-Computer« bezeichnet einen Computer, der speziell als tragbares Gerät und für den längeren Betrieb mit oder ohne direkten Anschluss an eine Wechselstromquelle konzipiert ist. Notebook-Computer verfügen über ein integriertes Anzeigegerät mit einer sichtbaren Bildschirmdiagonale von mindestens 22,86 cm (9 Zoll) und können mit einem integrierten Akku oder einer anderen tragbaren Stromquelle betrieben werden. Unterkategorien des Notebook-Computers sind unter anderen:

a)»Tablet-Computer«: eine Notebook- Computerart, die sowohl über ein eingebautes berührungsempfindliches Anzeigegerät, als auch über eine eingebaute physische Tastatur verfügt.

b)»Slate-Computer«: eine Notebook- Computerart, die über ein eingebautes berührungsempfindliches Anzeigegerät, nicht aber über eine eingebaute physische Tastatur verfügt.

c)»mobiler Thin-Client«: eine Notebook- Computerart, die eine Verbindung zu entfernten Rechenressourcen (z. B. Computerserver, Remote- Workstation) benötigt, mit denen die hauptsächliche Datenverarbeitung erfolgt, und die über kein eingebautes Rotations- Speichermedium verfügt.

4.»Desktop-Thin-Client« bezeichnet einen Computer, der eine Verbindung zu entfernten Rechenressourcen (z.B. Computerserver, Remote-Workstation) benötigt, mit denen die hauptsächliche Datenverarbeitung erfolgt, und der über kein eingebautes Rotations- Speichermedium verfügt. Die Haupteinheit eines Desktop-Thin- Clients wird an einem festen Standort (z.B. auf einem Schreibtisch) aufgestellt und ist nicht als tragbares Gerät ausgelegt. Desktop-Thin-Clients können Informationen entweder auf einem externen oder, soweit vorhanden, auf einem eingebauten Anzeigegerät ausgeben.

5.»Workstation« bezeichnet einen Hochleistungs-Einzelplatzcomputer, der neben anderen rechenintensiven Aufgaben hauptsächlich für Grafikanwendungen, Computer Aided Design, Softwareentwicklung sowie finanzwirtschaftliche und wissenschaftliche Anwendungen genutzt wird.

6.»Mobile Workstation« bezeichnet einen Hochleistungs-Einzelplatzcomputer, der neben anderen rechenintensiven Aufgaben mit Ausnahme von Spielen hauptsächlich für Grafikanwendungen, Computer Aided Design, Softwareentwicklung sowie finanzwirtschaftliche und wissenschaftliche Anwendungen genutzt wird, und der speziell als tragbares Gerät und für den längeren Betrieb mit oder ohne direkten Anschluss an eine Wechselstromquelle konzipiert ist. Mobile Workstations haben ein integriertes Anzeigegerät und können mit einem integrierten Akku oder einer anderen tragbaren Stromquelle betrieben werden. Die meisten mobilen Workstations verfügen über ein externes Netzteil sowie eine integrierte Tastatur und ein integriertes Zeigegerät.

7.»Small-Scale-Server« bezeichnet eine Computer-Art, die in der Regel Desktop- Computer-Komponenten im Desktopgeräteformat verwendet, jedoch in erster Linie als Speicherhost für andere Computer und zur Ausführung von Funktionen wie der Bereitstellung von Netzinfrastrukturdiensten und dem Daten-/Medien- Hosting bestimmt ist und

a)als Standgerät, Turmgerät oder in einem sonstigen Format ausgelegt ist, das dem Format von Desktop- Computern ähnelt, sodass alle Datenverarbeitungs-, Speicher- und Netzschnittstellenkomponenten in einem Gehäuse untergebracht sind;

b)die für den Betrieb 24 Stunden pro Tag an 7 Tagen in der Woche ausgelegt ist;

c)die in erster Linie für den Simultanbetrieb in einer Mehrbenutzer- Umgebung ausgelegt ist, in der mehrere Benutzer an vernetzten Client-Geräten arbeiten können;

d)die über ein Betriebssystem verfügt, das für Heimserver oder Serveranwendungen im unteren Leistungsbereich ausgelegt ist, sofern das Gerät mit einem Betriebssystem in Verkehr gebracht wird.

8.»Dockingstation« bezeichnet ein separates Produkt, das an einen Computer angeschlossen wird und dazu dient, Funktionen wie z. B. die Erweiterung der Anschlussmöglichkeiten oder das Zusammenlegen von Anschlüssen für Peripheriegeräte zu übernehmen. Dockingstations können auch das Laden von internen Akkus im angeschlossenen Computer erleichtern.

9.»Externes Netzteil« bezeichnet ein Gerät, das dafür konzipiert ist, Wechselstrom (AC) aus dem Stromnetz in Wechselstrom (AC) oder Gleichstrom (DC) niedrigerer Spannung umzuwandeln; das die Umwandlung jeweils nur in eine Gleichstrom- oder eine Wechselstromausgangsspannung vornehmen kann; das zum Betrieb mit einem separaten Gerät – dem Primärverbraucher – bestimmt ist; das sich in einem vom Primärverbraucher physisch getrennten Gehäuse befindet; das über einen abnehmbaren oder fest verdrahteten elektrischen Anschluss mit Stecker und Kupplung, ein Kabel, eine Litze oder eine sonstige Verdrahtung mit dem Primärverbraucher verbunden ist und das über eine Ausgangsleistung laut Typenschild von höchstens 250 Watt verfügt.

10.»Peripherie-Geräte« sind alle Geräte, die nach dem EVA-Prinzip (Eingabe- Verarbeitung-Ausgabe) zur Ein- und Ausgabe von Daten genutzt werden. Peripheriegeräte lassen sich funktional in drei Gruppen gliedern:

a)Eingabegeräte: Tastatur, Maus, Grafiktablett, Scanner, Kamera, Mikrofon, Headset, u. ä.

b)Externe Speicher: Festplatte, DVD-/CD-Laufwerk, Flash Speicher (USB-Stick), Bandlaufwerke (Streamer)

c)Ausgabegeräte: Beamer, Plotter, Headset, Lautsprecher und »Computer- Bildschirm« oder auch Monitor oder Display (dient der Darstellung der Benutzeroberfläche und der Datenausgabe) sowie »Drucker« (Geräte, die Computerdaten in graphischer Form auf Papier oder Folien bringen), Non- Impact-Drucker (anschlagfrei, Laserdrucker, Tintenstrahldrucker) und Impact-Drucker [Nadeldrucker]). Der Begriff der Peripherie-Geräte ist nicht der o. g. EU-Verordnung abschließend definiert. Das BMF-Schreiben lässt daher zu, dass die Identifizierung der Peripherie- Geräte in enger Anlehnung an die oben unter Nr. 10 aufgeführten Geräte vorzunehmen ist. Damit ist die Aufzählung unter Nr. 10 nicht abschließend.

Begriff des digitalen Wirtschaftsguts – Betriebs- und Anwendersoftware

Bei Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung kann zudem eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr angenommen werden. Dazu gehören auch die nicht technisch physikalischen Anwendungsprogramme eines Systems zur Datenverarbeitung, sowie neben Standardanwendungen auch auf den individuellen Nutzer abgestimmte Anwendungen wie ERP-Software, Software für Warenwirtschaftssysteme oder sonstige Anwendungssoftware zur Unternehmensverwaltung oder Prozesssteuerung.

Anwendungskreis

Die Regelung gilt sowohl für digitale Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, als auch für zur Einkünfteerzielung verwendete digitale Wirtschaftsgüter des Privatvermögens. Damit können auch Arbeitnehmer, die entsprechende Hard- oder Software auf eigene Kosten erwerben und diese beruflich nutzen, die Anschaffungskosten entsprechend des beruflich genutzten Anteils als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abziehen.

Anwendungszeitpunkt

Die neugefasste betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer wird auf nach dem 31. 12. 2020 angeschaffte Wirtschaftsgüter angewandt. Sofern ein digitales Wirtschaftsgut vor dem 01. 01. 2021 angeschafft wurde und zu diesem Stichtag noch ein Restbuchwert besteht, kann dieser Restbuchwert in 2021 sofort abgesetzt werden.

Anmerkung:

Bislang waren die Anschaffungskosten der in dem BMF-Schreiben genannten Wirtschaftsgüter über eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von drei bis fünf Jahren abzusetzen. Durch die nun ansetzbare betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr kommt es faktisch zu einer Sofortabschreibung der Anschaffungskosten und damit zu einer sofortigen Steuerminderung.

 

1 Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26.02.2021, derzeit abrufbar unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Einkommensteuer/2021-02-26-nutzungsdauer-von-computerhardware-undsoftware-zur-dateneingabe-und-verarbeitung.html. Das Schreiben wird im Bundessteuerblatt veröffentlicht.

2 Verordnung (EU) Nr. 617/2013 der Kommission vom 26. 06. 2013 zur Durchführung der Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Computern und Computerservern (ABl. L 175 vom 27. 06. 2013, S. 13).

RdW  9/2021, Rn. 162

 

Christian Kubik

Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg
 

Birgit Reindl

Ministerium für Finanzen Baden-Württemberg
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